Die „offene Kirche“ feiert Ostern hinter verschlossenen Türen

Coronavirus


Papst zu Fuß auf Roms beliebtester Einkaufsstaße zum Kreuz von San Marcello al Corso.
Papst Franziskus zu Fuß auf Roms beliebtester Einkaufsstaße, die gestern wegen des Coronavirus fast menschenleer war, unterwegs zum Kreuz von San Marcello al Corso.

(Rom) Die „offe­ne Kir­che“, die Papst Fran­zis­kus am Beginn sei­nes Pon­ti­fi­kats ver­kün­de­te, wird die Kar­wo­che und das Oster­fest hin­ter ver­schlos­se­nen Türen feiern. 

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Papst Fran­zis­kus bete­te am gest­ri­gen Sonn­tag den Ange­lus vor einem gespen­stisch lee­ren Peters­platz. Die Nach­richt, daß auch Ostern für die Gläu­bi­gen gestri­chen wird, lag bereits in der Luft, als ver­gan­ge­ne Woche bekannt wur­de, daß der nie­der­län­di­sche Blu­men­lie­fe­rant für den Palm­sonn­tag und das Oster­fest kei­nen Blu­men­schmuck lie­fern wür­de. Als Grund wur­de das Coro­na­vi­rus genannt. 

Auf­merk­sa­me Beob­ach­ter frag­ten sich, ob das ein erstes Indiz dafür sei, daß der Vati­kan die Aus­set­zung der Mes­sen nicht nur bis zum 3. April, son­dern bis nach Ostern plant. Gestern folg­te die Bestä­ti­gung. Die Prä­fek­tur des Päpst­li­chen Hau­ses gab gestern bekannt: 

„Auf­grund des aktu­el­len inter­na­tio­na­len Gesund­heits­not­stan­des wer­den alle lit­ur­gi­schen Zele­bra­tio­nen der Hei­li­gen Woche ohne phy­si­sche Anwe­sen­heit der Gläu­bi­gen statt­fin­den. Zudem wird infor­miert, daß bis zum 12. April [Oster­sonn­tag] die Gene­ral­au­di­en­zen des Hei­li­gen Vaters und das Ange­lus-Gebet nur in Inter­net-Direkt­über­tra­gung auf der offi­zi­el­len Sei­te von Vati­can News nutz­bar sein werden.“

Rot die Verlautbarung, daß der Papst auch Ostern ohne Volk zelebrieren wird.
Rot die Ver­laut­ba­rung, daß der Papst auch Ostern ohne Volk zele­brie­ren wird.

Vati­kan­spre­cher Matteo Bruni ergänz­te, daß alle lit­ur­gi­schen Zele­bra­tio­nen laut Kalen­der des Amtes für die päpst­li­chen Zele­bra­tio­nen bestä­tigt wer­den. Nicht genannt wur­de, wo in die­sem Jahr die unsicht­bar gemach­te Grün­don­ners­tags­lit­ur­gie des Pap­stes statt­fin­den wird. Der offi­zi­el­le Kalen­der weist wie schon in den ver­gan­ge­nen Jah­ren die­se Zele­bra­ti­on nicht ein­mal mehr aus.

Die Maß­nah­men sei­en not­wen­dig, um „Sicher­heit“ vor einer Aus­brei­tung des Coro­na­vi­rus zu schaf­fen. Wei­te­re Maß­nah­men wür­den von der „Ent­wick­lung der epi­de­mi­schen Situa­ti­on“ abhän­gen. Offen­bar ver­fügt der Vati­kan über Infor­ma­tio­nen der ita­lie­ni­schen Regie­rung, daß die­se den Not­stand über Ostern hin­aus ver­län­gern wird.

Die Details, so Bruni, wür­den gera­de geklärt. Fest ste­he, daß die Zele­bra­tio­nen als Inter­net­strea­ming von den Vati­kan­me­di­en zur Ver­fü­gung gestellt werden.

Auch die mor­gend­li­che Meß­über­tra­gung aus San­ta Mar­ta wird ohne Volk fortgesetzt.

Das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus erweist sich auf eigen­ar­ti­ge Wei­se als Abbau des höch­sten Festes der Chri­sten­heit. Nach­dem das regie­ren­de Kir­chen­ober­haupt seit sei­nem Amts­an­tritt die Grün­don­ners­tags­lit­ur­gie unsicht­bar mach­te, wird nun die gesam­te Kar­wo­che und Oster­fest in den vir­tu­el­len Raum verschoben.

Fußwallfahrt zum wundertätigen Kreuz von San Marcello al Corso

Gestern setz­te Papst Fran­zis­kus hin­ge­gen eine unge­wöhn­li­che Geste. Er ging zu Fuß über die fast men­schen­lee­re Haupt­ein­kaufs­stra­ße Roms, wel­che die Piaz­za Vene­zia mit der Piaz­za del Popo­lo ver­bin­det, um die Kir­che San Mar­cel­lo al Cor­so auf­zu­su­chen. Sie ist dem hei­li­gen Papst Mar­cel­lus I. geweiht, der noch unter dem heid­ni­schen Kai­ser Maxen­ti­us zur Zwangs­ar­beit ver­ur­teilt wur­de. Wahr­schein­lich bereits im 4. Jahr­hun­dert ent­stand am Ort, wo er nach sei­ner Flucht die letz­ten Jah­re wie ein Gefan­ge­ner im Haus­ar­rest ver­brin­gen muß­te, eine Haus­kir­che und um 400 der erste früh­christ­li­che Kirchenbau.

Dort wird ein wun­der­tä­ti­ges Kreuz auf­be­wahrt und ver­ehrt, das 1519 einen Brand der Kir­che unbe­scha­det über­stand und 1522 in Pro­zes­si­on gegen die Pest durch die Stra­ßen getra­gen wur­de. Als das Kreuz 18 Tage spä­ter alle Stadt­tei­le erreicht hat­te, ging die Pest zu Ende.

Papst Fran­zis­kus bete­te vor dem Kreuz für das Ende der Coro­na­vi­rus-Pan­de­mie, die Ita­li­en am här­te­sten trifft.

Prozession 1931 mit dem Kreuz der Kirche des Heiligen Marcello
Pro­zes­si­on 1931 mit dem Kreuz der Kir­che des Hei­li­gen Marcello 

Die Geste ist auch des­halb bemer­kens­wert, da Fran­zis­kus anson­sten nicht ein­mal an der tra­di­tio­nel­le Fron­leich­nams­pro­zes­si­on durch Rom teilnimmt.

Zuvor hat­te Fran­zis­kus bereits in der päpst­li­chen Mari­en­kir­che San­ta Maria Mag­gio­re vor dem Gna­den­bild Salus Popu­li Roma­ni gebe­tet, das er gewöhn­lich vor der Abrei­se zu einem Aus­lands­auf­ent­halt und wie­der nach sei­ner Rück­kehr aufsucht. 

Beim Ange­lus dank­te er den Prie­stern, die auf „tau­send­fach ver­schie­de­ne Wei­se“ dem Volk nahe sind.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Vati​can​.va/​W​i​k​i​c​o​m​m​ons (Screen­shots)

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