(Rom) Unter den Bischöfen macht sich kollektive Panik breit. Nach Italien wurden auch in Belgien sämtliche Messen untersagt. Gleiches gilt ab Montag für Österreich. In Teilen der Welschschweiz weitete der Bischof von Lausanne, Genf und Freiburg, Msgr. Charles Morerod, die Suspendierung der Messen auch für die Kar- und Osterfesttage aus. Damit wird mit Ostern das höchste Kirchenfest, die Auferstehung Jesu Christi von den Toten, ausgesetzt. Gläubige sprechen deshalb von apokalyptischen Zuständen. Ist Papst Franziskus anderer Meinung als seine Mitbrüder im Bischofsamt?
Die Maßnahmen treffen die praktizierenden Katholiken ins Mark, jene, die den Glauben ernstnehmen. Für sie ist es ein Stich ins Herz, der von ihren eigenen Bischöfen gegen sie ausgeführt wird. Warum? Weil die jeweiligen Regierungen Maßnahmen ergriffen haben, die von Bischöfen ohne Widerspruch übernommen und noch verschärft werden.
Bis 15. Mai keine öffentlichen Zelebrationen im Kanton Genf
Bischof Charles Morerod von Lausanne, Genf und Freiburg gab bekannt, daß bis zum 15. Mai im Kanton Genf keine Messen mehr stattfinden dürfen. Auch er folgte damit den Anweisungen der zuständigen Kantonsregierung, die einen Mindestabstand von zwei Metern zwischen den Personen vorschreibt. Das könne nicht gewährleistet werden, also entschied der Bischof auch die Karwoche und Ostern abzusagen. Wie und ob die Zelebrationen hinter verschlossenen Türen stattfinden werden, ist noch nicht bekannt.
Österreichs Regierung beispielsweise erließ Bestimmungen, daß in geschlossenen Räumen keine Veranstaltungen mit mehr als 100 Personen stattfinden dürfen. Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob die Regierung solche Maßnahmen überhaupt auf den kirchlichen Kultus ausweiten kann. Doch die Bischöfe stellten diese Frage erst gar nicht in den Raum. Sie verschärften die Maßnahmen noch deutlich, indem sie ab Montag die Messen suspendiert haben.
In wie vielen österreichischen Kirchen nehmen an Werktagen mehr als hundert Menschen an einer Messe teil?
Wahrscheinlich in keiner. Warum also diese Verschärfung?
Belgiens Bischofskonferenz gab bekannt, daß alle Messen und öffentlichen Zelebrationen landesweit vom 14. März – 3. April untersagt sind. Geben Österreichs Bischöfe den Gläubigen noch die Gelegenheit, zumindest am Dritten Fastensonntag die Messe zu besuchen, ist für Belgiens Gläubige bereits das unmöglich.
Es stellt sich nicht nur die Frage, ob eine Regierung die Zuständigkeit besitzt, den katholischen Kultus zu unterbinden, sondern mehr noch die Frage, ob Bischöfe die Zelebration der Messe unterbinden und damit die Erfüllung der Sonntagspflicht unmöglich machen können. In dieser Frage geht es nicht nur um Rechtsformalismus, sondern um eine meritorische Frage ersten Ranges.
Im Gegensatz zum Bischof von Graz-Seckau erlauben Belgiens Bischöfe immerhin die Abhaltung von Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen, wenn auch nur „im engen Kreis“. Die Kirchen bleiben für das persönliche Gebet offen. Das Bistum Gurk-Klagenfurt, ebenfalls Österreich, untersagt die Kommunionspendung.
Übte Franziskus Kritik an seinen eigenen Maßnahmen?
Die italienischen Bischöfe sind mit schlechtem Beispiel vorangegangen. Da der Papst formal deren Oberhaupt ist und sein Bistum Rom zur Italienischen Bischofskonferenz gehört, kann kein Zweifel bestehen, daß bei ihm Rücksprache gehalten wurde und seine Einwilligung zu einem so beispiellos drastischen Schritt vorliegt. So verstehen es auch die Bischöfe weltweit, wie die Reaktionen zeigen.
Umso mehr erstaunt seine heutige Kritik an „drastischen Maßnahmen“. Papst Franziskus mahnte heute morgen vor Beginn der Messe in Santa Marta, für die Hirten zu beten, damit der Herr ihnen die „Kraft und die Fähigkeit“ gebe, die „besten“ Maßnahmen in dieser „Krise“ zu ergreifen. Das seien nicht immer die „drastischen“ Methoden. Es sei wichtig, daß die Hirten Entscheidungen treffen, damit sich das „heilige Volk Gottes“ nicht alleingelassen fühle. Die Gläubigen bräuchten den „Trost des Wortes Gottes und der Sakramente“.
Konkreter wurde das Kirchenoberhaupt nicht.
Die Aussagen kontrastieren mit den Maßnahmen, die auch für das Bistum Rom gelten, wo ebenfalls alle Messen abgesagt wurden. Weiß der Papst nicht, was der Bischof von Rom tut?
Franziskus zelebriert in Santa Marta selbst sine populo. Bei der morgendlichen Messe waren lediglich drei Priester und eine Ordensfrau anwesend. Da nicht angenommen werden kann, daß der Papst seine eigenen Maßnahmen im Bistum und in Santa Marta kritisierte, billigte er implizit die „drastischen Maßnahmen“, die Messen auszusetzen.
La Nuova Bussola Quotidiana tadelt mit harten Worten die Maßnahmen der italienischen Bischöfe:
„Sie wollen die Hoffnung töten.“
Noch gelten in Italien die Maßnahmen nur bis zum 3. April, dennoch ist noch nicht sicher, ob die öffentlichen Zelebrationen der Karwoche und des Ostertriduums, der heiligen drei Tage, stattfinden werden.
Im offiziellen Kalender der päpstlichen Zelebrationen werden die Termine ab dem Palmsonntag angeführt. Die entsprechenden Veröffentlichungen dazu stehen noch aus. Auch in diesem Jahr beabsichtigt Franziskus die Liturgie des Gründonnerstags unter Ausschluß der Öffentlichkeit und vor allem der Gläubigen seines Bistums zu zelebrieren. Ein Ort dafür wurde noch nicht genannt.
Unterdessen sorgen die Medien durch ihre Berichterstattung, aber auch Regierungen für immer mehr Verunsicherung. Bilder aus Österreich dokumentieren, daß Hamsterkäufe stattfinden, weil die Menschen ähnliche Situationen wie in Italien befürchten. In Supermärkten finden sich kaum mehr Toilettenpapier, Obst, Reis, Mehl und andere Grundnahrungsmittel. Ein Zeichen dafür, wie schlecht Österreichs Medien und Regierung ihre Aufgabe erfüllen.
Argentiniens Bischöfe verweisen in ihrer Anordnung vom 11. März darauf, daß den Gläubigen sowohl die Hand- als auch die Mundkommunion zur Verfügung stehen, geben aber zu verstehen, daß ausschließliche Nutzung der Handkommunion erwünscht ist.
Die Bischöfe Panamas wurden noch deutlicher und zwingen den Gläubigen die Handkommunion auf. Noch drastischer sind die Maßnahmen im Erzbistum Panama Stadt, wo alle Vorabendmessen und Sonntagsmessen ausgesetzt wurden. Werktagsmessen dürfen höchstens von 20–50 Personen besucht werden.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Vatican.va/Iglesia.org.pa/Cathobel /Screenshots)