Kardinal Cordes: „Synodaler Weg“ illegitim und gefährlich

Warnung an die Deutsche Bischofskonferenz


Kardinal Cordes warnt seine deutsche Mitbrüder im Bischofsamt, mit dem "synodalen Weg" werde ein illegitimer, vor allem aber ein "gefährlicher Weg" beschritten.
Kardinal Cordes warnt seine deutsche Mitbrüder im Bischofsamt, mit dem "synodalen Weg" werde ein illegitimer, vor allem aber ein "gefährlicher Weg" beschritten.

Die Deut­sche Bischofs­kon­fe­renz geht mit dem „Syn­oda­len Weg“ einen „sehr gefähr­li­chen“ Weg, der die Tür zu einem mög­li­chen Schis­ma auf­stößt. Mit deut­li­chen Wor­ten kri­ti­siert der deut­sche Kar­di­nal Paul Josef Cor­des den von Kar­di­nal Rein­hard Marx und Bischof Franz-Josef Bode ange­sto­ße­nen Syn­oden­weg, den die deut­schen Bischö­fe heu­te in Frank­furt am Main eröff­nen wollen. 

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Vier Dis­kus­si­ons­fo­ren zie­len auf die Kom­mu­ni­on für die wie­der­ver­hei­ra­te­ten Geschie­de­nen, das Frau­en­prie­ster­tum, die Zöli­bats­ab­schaf­fung, die Seg­nung der Homo­se­xua­li­tät und die Über­win­dung von Hum­a­nae vitae und der kirch­li­chen Sexu­al­mo­ral ab.

Die Mehr­heit der deut­schen Bischö­fe und der Ver­band­s­ka­tho­li­zis­mus wol­len heu­te nach­mit­tag im Frank­fur­ter Dom zu einer zwei­jäh­ri­gen „syn­oda­len“ Rei­se in eine „pro­gres­si­ve“ Zukunft star­ten. La Nuo­va Bus­so­la Quo­ti­dia­na sprach aus die­sem Anlaß mit dem deut­schen Kar­di­nal Paul Josef Cor­des, dem eme­ri­tier­ten Vor­sit­zen­den des Päpst­li­chen Rates Cor Unum und engen Mit­ar­bei­ter der Päp­ste Johan­nes Paul II. und Bene­dikt XVI. Er sieht am Hori­zont die kon­kre­te Gefahr eines pro­vo­zier­ten Schis­mas auf­stei­gen und ermahnt die deut­schen Bischöfe.

Fra­ge: Emi­nenz, Sie haben kürz­lich dem Zöli­bat ein Buch gewid­met, in dem Sie sich an des­sen Ver­bin­dung mit dem Prie­ster­tum um des Him­mel­reichs wil­len erin­nern. In einem Brief sag­ten zehn Gene­ral­vi­ka­re der deut­schen Diö­ze­sen vor­aus, daß „die Ergeb­nis­se des Syn­oda­len Weges unse­re der­zei­ti­ge Pra­xis erheb­lich ver­än­dern wird“. Befürch­ten Sie, daß es tat­säch­lich zur Abschaf­fung des prie­ster­li­chen Zöli­bats kom­men könnte?

Kar­di­nal Cor­des: Wäh­rend der Pres­se­kon­fe­renz auf dem Rück­flug aus Pana­ma (2019) sag­te Papst Fran­zis­kus: „Ein Satz des hei­li­gen Paul VI. fällt mir ein: Ich gebe lie­ber mein Leben, bevor ich das Zöli­bats­ge­setz ände­re“. Dann aber signa­li­sier­te der Papst Aus­nah­men in Fäl­len pasto­ra­ler Dring­lich­keit. Der hei­li­ge Johan­nes Paul II. for­mu­lier­te das auf ein­deu­ti­ge­re Wei­se in sei­nem ersten Kar­sams­tags­brief an die Prie­ster: „Die latei­ni­sche Kir­che woll­te und will, indem sie sich auf das Bei­spiel Chri­sti, des Herrn, auf die apo­sto­li­sche Leh­re und auf die gesam­te Tra­di­ti­on beruft, die ihr eigen ist, daß alle, die das hei­li­ge Wei­he­sa­kra­ment emp­fan­gen, die­sen Ver­zicht um des Him­mel­reichs wil­len annehmen.“

Fra­ge: Tei­len Sie die Bemer­kun­gen, die Kar­di­nal Ouel­let an den Prä­si­den­ten der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz, Kar­di­nal Marx, über­mit­tel­te, in denen er bestrei­tet, daß eine Orts­kir­che Fra­gen erör­tern und ent­schei­den kann, die Gegen­stand der Welt­kir­che sind?

Kar­di­nal Cor­des: Mit dem „Syn­oda­len Weg“ hat die Deut­sche Bischofs­kon­fe­renz einen sehr ris­kan­ten kirch­li­chen Pro­zeß ein­ge­lei­tet. De fac­to wird die Mög­lich­keit eines Schis­mas auf­ge­tan. Auch wenn die Spre­cher in Wor­ten immer ihre Katho­li­zi­tät beto­nen, sind die Dis­kus­si­ons­the­men in den Diö­ze­sen und auf natio­na­ler Ebe­ne weit­ge­hend eine Fra­ge der Zustän­dig­keit der Welt­kir­che, wes­halb sie nicht im Ermes­sen einer Orts­kir­che lie­gen. Abge­se­hen vom Gegen­stand der Dis­kus­si­on ist das Sub­jekt die­ses „Weges“ nicht legi­ti­miert. In der katho­li­schen Kir­che beruht die Ver­ant­wor­tung, über Leh­re und Moral zu ent­schei­den, auf dem Wei­he­sa­kra­ment. Die Betei­li­gung des Zen­tral­ko­mi­tees der deut­schen Katho­li­ken (ZdK) macht daher eine ver­bind­li­che Ent­schei­dung unmög­lich. Der sehr schwer­wie­gen­de Scha­den die­ses „Pro­zes­ses“ liegt dar­in, daß man – ange­trie­ben von den anti­ka­tho­li­schen oder athe­isti­schen Mas­sen­me­di­en – die Idee einer „neu­en Kir­che“ vor­schla­gen will: eine Insti­tu­ti­on, um eine inner­welt­li­che Phil­an­thro­pie zu ver­brei­ten, die  Öko­lo­gie, Gerech­tig­keit und Frie­den zum Zweck hat. Joseph Ratz­in­gers stän­di­ge War­nung „Ver­geßt Gott nicht!“, wird von sei­nen Lands­leu­ten in den Wind geschlagen.

NBQ: Nach Anga­ben der Kom­mis­si­on für Ehe und Fami­lie der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz ist die homo­se­xu­el­le Ori­en­tie­rung eine „nor­ma­le Form“ der sexu­el­len Ver­an­la­gung wie die hete­ro­se­xu­el­le. Ist die­se Posi­ti­on mit den Aus­sa­gen des Kate­chis­mus ver­ein­bar, laut dem homo­se­xu­el­le Hand­lun­gen „auf kei­nen Fall gebil­ligt wer­den können“?

Kar­di­nal Cor­des: Die Erklä­rung die­ser Bischofs­kom­mis­si­on hat in Deutsch­land hef­ti­ge Kri­tik aus­ge­löst. Ethisch gese­hen wider­spricht die Aus­sa­ge nicht nur dem Kate­chis­mus, son­dern leug­net auch die Hei­li­ge Schrift. In der Offen­ba­rung Got­tes ist die Ver­ur­tei­lung der prak­ti­zier­ten Homo­se­xua­li­tät mehr als offen­sicht­lich. Eine indi­vi­du­el­le kirch­li­che Hil­fe für den ein­zel­nen Chri­sten, der sich zu Men­schen des glei­chen Geschlechts hin­ge­zo­gen fühlt, ist offen­sicht­lich not­wen­dig. Aber wirk­lich bedau­er­lich sind jene pasto­ra­len kirch­li­chen Initia­ti­ven (Seg­nung homo­se­xu­el­ler Paa­re, Que­er-Lit­ur­gie), die die gan­ze Grup­pe der Schwu­len oder Les­ben wie irgend­ei­ne kirch­li­che Grup­pe behan­deln – wie Pfad­fin­der, katho­li­sche Akti­on oder eine neue geist­li­che Bewe­gung. Die­se offi­zi­el­len kirch­li­chen Pro­gram­me akzep­tie­ren als katho­li­sche „Nor­ma­li­tät“, was der hei­li­ge Pau­lus „nie­der­träch­ti­ge Lei­den­schaf­ten“ nennt, mit denen sie „unwür­di­ge Taten“ bege­hen, gegen die „der Zorn Got­tes vom Him­mel offen­bar wird“ (Röm 1,18.27f). Was für eine Verwirrung!

NBQ: Die Zulas­sung von wie­der­ver­hei­ra­te­ten Geschie­de­nen zur Hei­li­gen Kom­mu­ni­on ist eines der Zie­le, die die Anfüh­rer des ZdK für die­sen syn­oda­len Pro­zeß fest­ge­legt haben. Glau­ben Sie immer noch, daß die Alter­na­ti­ve der geist­li­chen Kom­mu­ni­on für die­se Per­so­nen vor­zu­zie­hen ist? Kön­nen Sie uns erklä­ren warum?

Kar­di­nal Cor­des: Auf der Bischofs­syn­ode von 2014 prä­sen­tier­te Kar­di­nal Kas­per ein „Schlupf­loch der Barm­her­zig­keit“, weil er wie­der­ver­hei­ra­te­ten Geschie­de­nen erlau­ben möch­te, den Leib Chri­sti in der Hei­li­gen Kom­mu­ni­on zu emp­fan­gen. Nach sei­nen bei­den Berich­ten griff ich sofort ein, um mei­ne Per­ple­xi­tät zum Aus­druck zu brin­gen. Ich erin­ner­te dar­an, daß der Herr selbst in der Berg­pre­digt lehr­te: „Ich aber sage euch: Wer sei­ne Frau ent­läßt, obwohl kein Fall von Unzucht vor­liegt, lie­fert sie dem Ehe­bruch aus; und wer eine Frau hei­ra­tet, die aus der Ehe ent­las­sen wor­den ist, begeht Ehe­bruch“ (Mt 5,32). In jedem Fall wür­de auch eine beding­te Zulas­sung zum Emp­fang des eucha­ri­sti­schen Bro­tes den Emp­fang der Eucha­ri­stie für Men­schen öff­nen, die in einem Zustand schwe­rer Sün­de leben. Wäh­rend der Syn­ode erwähn­te ich vor dem Papst und den Bischö­fen den pro­te­stan­ti­schen Exege­ten Ulrich Luz, der die Kon­se­quen­zen bestä­tigt, die die katho­li­sche Kir­che aus die­sem Vers schon seit Urzei­ten gezo­gen hat, sodaß der­sel­be Ver­fas­ser fest­stellt, daß schon in den früh­christ­li­chen Gemein­den geschie­de­ne und wie­der ver­hei­ra­te­te Per­so­nen kei­ne Kom­mu­ni­on emp­fan­gen durf­ten. Ande­rer­seits erin­ner­te ich an eine Pra­xis, eine inni­ge Bezie­hung zu Jesus Chri­stus ein­zu­ge­hen, die seit vie­len Jahr­hun­der­ten gro­ße Früch­te der Fröm­mig­keit trägt: gei­sti­ge oder men­ta­le Gemein­schaft, die lei­der weder im Kate­chis­mus noch im nach­syn­oda­len Schrei­ben erwähnt wird. Die gei­sti­ge Gemein­schaft als inne­re Bewe­gung unter­liegt kei­nen kano­ni­schen Bedin­gun­gen. weil das kano­ni­sche Recht sagt: „de inter­nis non iudi­cat iudex – der Rich­ter beur­teilt nicht das Inne­re der Seele“.

NBQ: Zur Frau­en­or­di­na­ti­on sag­te Kar­di­nal Marx, daß die Dis­kus­si­on offen sei, wäh­rend sein Mit­bru­der Kar­di­nal Woel­ki ihn tadel­te mit dem Hin­weis, daß vom hei­li­gen Johan­nes Paul II. mit sei­ner lehr­amt­li­chen Ent­schei­dung das Wort Ende gespro­chen wur­de. Kann der deut­sche Syn­oden­pro­zeß das 1994 vom pol­ni­schen Papst bekräf­tig­te „Nein“ in Fra­ge stellen?

Kar­di­nal Cor­des: Zur Zulas­sung von Frau­en zum Wei­he­sa­kra­ment ist alles gesagt wor­den. Daher ist die Dis­kus­si­on zu die­sem The­ma nicht offen. Der Druck von Femi­ni­stin­nen und die Stur­heit eini­ger Per­so­nen schwä­chen das vor­ge­brach­te theo­lo­gi­sche Argu­ment nicht.

NBQ: Das Pro­blem des Miß­brauchs scheint in der Dis­kus­si­on als Grund­la­ge zu die­nen, um eine Über­prü­fung der gan­zen katho­li­schen Sexu­al­mo­ral zu for­dern. Glau­ben Sie nicht, daß viel­mehr die man­geln­de Beach­tung der­sel­ben durch vie­le Prie­ster – die­ser „mora­li­sche Zusam­men­bruch“, von dem Bene­dikt XVI. in sei­nem Brief vom ver­gan­ge­nen April schreibt – die Ursa­che für den Miß­brauchs­skan­dal in der Kir­che ist?

Kar­di­nal Cor­des: Was der eme­ri­tier­te Papst sagt, wird durch die empi­ri­sche Wis­sen­schaft zur Gän­ze bestä­tigt. In den 1960er Jah­ren voll­zog sich eine radi­ka­le Ver­än­de­rung des mensch­li­chen Ver­hal­tens. In Deutsch­land hat die Par­tei der Grü­nen Schrit­te unter­nom­men, um die Ent­kri­mi­na­li­sie­rung der Pädo­phi­lie zu for­dern. In Frank­reich postu­lier­ten eine Rei­he berühm­ter Intel­lek­tu­el­ler – Sart­re, de Beau­voir, Mini­ster Lang und ande­re – das­sel­be. Hier fin­den wir die Wur­zeln die­ses schmerz­haf­ten kirch­li­chen Skan­dals, der uns beschämt und trau­rig macht.

Einleitung/​Übersetzung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Nuo­va Bus­so­la Quotidiana

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