„Wem Papst Franziskus nicht gefällt, ist frei zu gehen“

Irritierende Empfehlungen eines Kardinals


Papst Franziskus mit dem von ihm zum Kardinal kreiierten Erzbischof Gualtiero Bassetti von Perugia.
Papst Franziskus mit dem von ihm zum Kardinal kreierten Erzbischof Gualtiero Bassetti von Perugia.

(Rom) Wie in der Poli­tik zeigt sich auch in der Kir­che eine Ver­wil­de­rung der Spra­che. Das gab es näm­lich noch nicht: Der Vor­sit­zen­de der Ita­lie­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz, Gual­tie­ro Kar­di­nal Bas­set­ti, sag­te, wem der Papst nicht paßt, der sol­le bes­ser die Kir­che Chri­sti verlassen. 

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Es gab vie­le, denen Papst Johan­nes Paul II. „nicht paß­te“, und sol­che, denen Papst Bene­dikt XVI. „nicht paß­te“. Abge­se­hen davon, daß zunächst nach den Beweg­grün­den zu fra­gen wäre, war­um etwas nicht paßt: Wur­den sie von einem Vor­sit­zen­den der Bischofs­kon­fe­renz oder einem Kar­di­nal jemals auf­ge­for­dert, „die Kir­che Chri­sti“ zu verlassen?

In einem Gespräch mit der Pres­se sei­nes Erz­bis­tums Peru­gia am 24. Janu­ar, das am Ran­de der dies­jäh­ri­gen Fei­er mit den Jour­na­li­sten anläß­lich des Gedenk­ta­ges des hei­li­gen Franz von Sales statt­fand, sag­te Kar­di­nal Bassetti:

„Wenn jemand die­sen Papst nicht mag, ist er frei, ande­re Wege zu gehen. Kri­tik ist in Ord­nung, aber die­se Destruk­ti­vi­tät nicht.“

Car­los Este­ban der Chef­re­dak­teur von Info­Va­ti­ca­na schreibt heu­te dazu:

„Aus dem Mund irgend­ei­nes Katho­li­ken wären die­se Wor­te bereits schwer­wie­gend und unver­ant­wort­lich. Aus dem Mund eines Bischofs und Kar­di­nals, ja sogar Ober­haupt der ita­lie­ni­schen Bischö­fe, ist das skandalös.“

Die Wort­mel­dung von Kar­di­nal Bas­set­ti, den Papst Fran­zis­kus zum Kar­di­nal kre­ierte und als Vor­sit­zen­den der Ita­lie­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz ein­setz­te, läßt eine bedenk­li­che Ent­wick­lung in der Kir­che erken­nen. Vor ihr wur­de von ver­schie­de­ner Sei­te in den ver­gan­ge­nen Jah­ren bereits gewarnt, aber offen­sicht­lich ohne aus­rei­chen­den Erfolg. Es ist eine unter Fran­zis­kus erkenn­ba­re Nei­gung zur Über­zeich­nung des Papst­am­tes fest­zu­stel­len, die leicht in eine Papo­la­trie kippt. „Die Kir­che gehört nicht Berg­o­glio“, mahn­te am 17. Sep­tem­ber 2019 besorgt der katho­li­sche Schrift­stel­ler Vitto­rio Messori.

Die Kir­che gehör­te eben­so­we­nig Bene­dikt XVI. oder Johan­nes Paul II. Sie gehört Jesus Chri­stus. An ihm allein haben sich alle nach bestem Wis­sen und Gewis­sen und in Treue aus­zu­rich­ten und Sei­nen Wil­len zu tun. 

Kar­di­nal Bas­set­ti sag­te zu sei­nem Aus­bruch, er habe sei­nen „Gefüh­len frei­en Lauf gelas­sen“. Für sein „Urteil“ gebrauch­te er das Verb „mi pia­ce“ (like, mag ich), wie man es von Face­book kennt. Dau­men nach oben, oder Dau­men nach unten. Ent­we­der oder. Kla­re Tren­nung in Schwarzweiß. 

Der Vor­sit­zen­de einer Bischofs­kon­fe­renz soll­te aller­dings wis­sen, daß der „Aus­schluß“ aus der Kir­che durch hart­näcki­ge Leug­nung von Glau­bens­wahr­hei­ten geschieht. Es geht also um einen Abfall vom Glau­ben, um Apo­sta­sie. Bis­her wur­de gefor­dert, daß die Gläu­bi­gen dem Papst ihren Respekt zol­len und ihm in Gehor­sam ver­bun­den sind, vor allem auch für ihn beten, aber nicht, daß ihnen ein Papst „gefal­len“ muß. Und schon gar nicht ver­bun­den mit der „Alter­na­ti­ve“, andern­falls „bes­ser zu gehen“. 

Gehen?

Weil man den gera­de regie­ren­den Papst „nicht mag“, sich viel­leicht vom Gewis­sen zu Kri­tik an bestimm­ten Äuße­run­gen und Ent­schei­dun­gen gedrängt fühlt, soll man den Weg der Erlö­sung ver­las­sen und „ande­re Wege“ gehen? Ist es nicht Chri­stus, der uns lehrt, daß es nur einen Weg zum Heil gibt? 

Irritierende Empfehlungen eines Kardinals

Es sind in der Tat selt­sa­me „Emp­feh­lun­gen“, die Kar­di­nal Bas­set­ti den Gläu­bi­gen gibt.

Muß man einen Papst mögen? Jeder Katho­lik wird den Papst lie­ben, wenn er in ihm den treu­en Hir­ten erkennt, der ihn lei­tet und der Chri­stus verteidigt.

Aber will der Kar­di­nal allen Ern­stes zum Kri­te­ri­um erhe­ben, daß jeder Gläu­bi­ge jeden Papst „mögen“ muß. Jeden? 

Ein kur­zer Blick in die Kir­chen­ge­schich­te könn­te des­il­lu­sio­nie­rend wir­ken, und das weit mehr bei soge­nann­ten pro­gres­si­ven Katho­li­ken als jenen, die der Kar­di­nal im Visier haben könn­te. Da wird es schnell dünn, denn laut den Her­me­neu­ti­kern des Bruchs ist im Rück­blick mit Johan­nes XXIII. schon Schluß. Und was ist mit den übri­gen mehr als 1.920 Jah­ren seit der Grün­dung der Kir­che durch Christus? 

Ist es nicht Chri­stus, dem wir fol­gen, und dem unser Bekennt­nis gilt? Gilt die Ver­eh­rung für den Papst nicht nur inso­weit, als er der Stell­ver­tre­ter Chri­sti ist und auch danach handelt?

Das Schwer­wie­gen­de an Bas­set­tis Aus­sa­ge ist also die Kop­pe­lung des Glau­bens an eine bestimm­te Per­son. Müs­sen Gläu­bi­ge auch alle pri­va­ten und per­sön­li­chen Lau­nen und jeden Eigen­sinn eines Pap­stes gut­hei­ßen? Davon fin­det sich aber nichts im Katechismus.

„Päp­ste kom­men und gehen“, schreibt Esteban.

Die Römer hat­ten dazu immer ihre eige­ne Gelas­sen­heit und sagen:

„Stirbt ein Papst, kommt ein neuer.“

Kar­di­nal Bas­set­ti recht­fer­tig­te sei­nen „Aus­bruch“ mit dem Zusatz, er habe jeman­dem gesagt, „dann soll er eben“ Pro­te­stant wer­den. Kein Katho­lik, erst recht nicht ein Bischof und Kar­di­nal, kann einen Katho­li­ken ernst­haft auf­for­dern, zum Pro­te­stan­ten, Juden, Mus­lim, Bud­dhi­sten, Agno­sti­ker, Athe­isten oder sonst was zu werden.

Im erz­bi­schöf­li­chen Palais in Peru­gia ist die Rede von einem „Miß­ver­ständ­nis“, man dür­fe die Wor­te nicht auf die Gold­waa­ge legen.

Es gesche­hen der­zeit wirk­lich abson­der­li­che Dinge.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Vati​can​.va (Screen­shot)

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