Der Protest mit der Brieftasche

Kirchenabgaben haben sich unter Franziskus in Italien halbiert


Papst Franziskus mit einem Harlekin, gestern bei der Generalaudienz.
Papst Franziskus mit einem Harlekin, gestern bei der Generalaudienz.

(Rom) Die Zuwen­dun­gen der Gläu­bi­gen an die Kir­che in Ita­li­en haben sich inner­halb weni­ger Jah­re hal­biert. Dies ent­hüll­te Vitto­rio Fel­tri, der Chef­re­dak­teur der Tages­zei­tung Libe­ro, der dar­in einen Zusam­men­hang mit dem Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus sieht.

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„Je rei­cher wir wer­den, desto weni­ger geben wir“, schluß­fol­gert der bekann­te Journalist.

Der Spen­den­ein­bruch kann auch ein Warn­si­gnal an die Kir­che im deut­schen Sprach­raum sein. Die­se sitzt auf Mil­li­ar­den­ein­nah­men, die ihr die Kir­chen­steu­er besche­ren. Das ist aller­dings die Aus­nah­me und nicht die Regel. In Ita­li­en wie in den mei­sten Län­dern finan­ziert sich die Kir­che auf frei­wil­li­ger Basis.

Der Zehnt, die Abga­be, von der das Alte Testa­ment spricht, gehört eigent­lich zu den Pflich­ten der Gläu­bi­gen, wobei längst nicht mehr der zehn­te Teil des Ein­kom­mens gemeint ist, son­dern nur ein Teil davon. Vie­le Getauf­te wol­len aber selbst davon nichts mehr wis­sen. Im Kir­chen­steu­er­sy­stem ist die Ein­stel­lung der Zah­lung mit dem Kir­chen­aus­tritt gekop­pelt, was einer­seits abschreckend wirkt, ande­rer­seits eine Rei­he von Kom­pli­ka­tio­nen mit sich bringt, was selbst von Rom mah­nend fest­ge­stellt wur­de. In Ita­li­en fehlt die­se Kop­pe­lung, wes­halb alles flie­ßend ist, und das in alle Rich­tun­gen. Bei der Steu­er­erklä­rung sind 0,8 Pro­zent der Ein­kom­mens­steu­er abzu­füh­ren, aller­dings ent­schei­det der Steu­er­zah­ler jedes Jahr neu, wem das Geld zufließt. Er ist dabei völ­lig frei, auch von sei­ner for­ma­len Reli­gi­ons­zu­ge­hö­rig­keit. Als Mög­lich­keit bie­ten sich 13 Insti­tu­tio­nen an, das sind neben der katho­li­schen Kir­che auch die Ortho­do­xen, die Luthe­ra­ner, die Wal­den­ser (ita­lie­ni­sche Cal­vi­ni­sten), die Pfingst­ler, die Evan­ge­li­ka­len, die Bap­ti­sten, die Adven­ti­sten, die Juden, die Bud­dhi­sten und die Hin­dus. Die Mus­li­me ver­fü­gen über kei­ne Insti­tu­ti­on, die bis­her vom Staat als Ver­tre­tung der Reli­gi­ons­ge­mein­schaft aner­kannt wur­de. Neben den zwölf Reli­gi­ons­ge­mein­schaf­ten, die Nutz­nie­ßer die­ser steu­er­li­chen Zuwen­dung sein kön­nen, besteht noch die Mög­lich­keit, die 0,8 Pro­zent dem Staat zuzu­wen­den. Das Geld fließt auto­ma­tisch dem Staat zu, wenn kei­ne Reli­gi­ons­ge­mein­schaft bedacht oder in der Steu­er­erklä­rung kein Wil­le geäu­ßert wird.

Tat­sa­che ist, daß die Zuwen­dun­gen an die Kir­che inner­halb weni­ger Jah­re mas­siv zurück­ge­gan­gen sind. Eine Wirt­schafts­kri­se ist nicht der Grund dafür. Nahe­lie­gen­der ist die Glei­chung: weni­ger Gläu­bi­ge, weni­ger Ein­nah­men. Das Phä­no­men sei aber so aus­ge­prägt, wie Fel­tri betont, daß es über den schlei­chen­den Rück­gang der Gläu­bi­gen­zah­len, der seit dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil anhält, hinausgeht. 

„Es geht eher um eine bewuß­te Ableh­nung, um einen Pro­test ‚mit der Brief­ta­sche‘ und auch um das Miß­trau­en, was mit dem Geld geschieht.“

Damit haben Finanz­skan­da­le des Vati­kans zu tun, wie sie auch in den ver­gan­ge­nen Mona­ten bekannt wur­den, dar­un­ter ver­lust­rei­che Inve­sti­tio­nen in Lon­do­ner Luxus­im­mo­bi­li­en im Wert von 200 Mil­lio­nen Euro. Die Gläu­bi­gen sei­en im Grun­de sehr groß­zü­gig und wür­den der Kir­che einen weit grö­ße­ren Ver­trau­ens­vor­schuß gewäh­ren als ande­ren Orga­ni­sa­tio­nen. Mel­dun­gen über Finanz­skan­da­le wie den genann­ten könn­ten die­ses Ver­trau­en aber schwer erschüt­tern. Die Gläu­bi­gen wol­len mit ihrem hart erar­bei­te­ten Geld: 

  • für Bau, Ver­schö­ne­rung oder Instand­hal­tung des Hau­ses Got­tes aufkommen, 
  • für den Lebens­un­ter­halt ihrer Prie­ster sor­gen und 
  • den Bedürf­ti­gen helfen. 

Prak­ti­zie­ren­de Gläu­bi­ge wol­len in der Regel aber nicht, daß ihr Geld von kir­chen­na­hen, aber ideo­lo­gi­sier­ten Wohl­fahrts­or­ga­ni­sa­tio­nen für ideo­lo­gi­sche Zwecke ein­ge­setzt wird. Zu den ideo­lo­gi­schen Zwecken könn­te man bei­spiels­wei­se das Migran­ten­denk­mal zäh­len, das vom Vati­kan in Auf­trag gege­ben und auf dem Peters­platz vor­ge­stellt wurde.

Das Miß­trau­en der Gläu­bi­gen spei­se sich der­zeit aus zwei Quel­len, so Feltri: 

  • einer­seits aus alar­mie­ren­den Berich­ten über den zwei­fel­haf­ten Ein­satz des Peters­pfen­nigs, etwa für die Finan­zie­rung eines bio­gra­phi­schen Films über den beken­nen­den Homo­se­xu­el­len Elton John in der Höhe von einer Mil­li­on Euro oder durch Betei­li­gun­gen an einer Ölför­der­platt­form; ganz zu schwei­gen von den Gel­dern, die abge­zweigt wer­den und in pri­va­te Taschen fließen;
  • ande­rer­seits wegen der poli­ti­schen Aus­rich­tung, für die Geld ein­ge­setzt wird; es sei mehr­fach gezeigt wor­den, so Fel­tri, daß die Über­zeu­gun­gen der prak­ti­zie­ren­den Katho­li­ken, also der bereit­wil­lig­sten Geber, mehr­heit­lich mei­len­weit von den poli­ti­schen Posi­tio­nen ent­fernt sind, die unter Papst Fran­zis­kus von der Römi­schen Kurie und zuneh­mend auch von bischöf­li­chen Kuri­en ver­tre­ten werden. 

Mit der demon­stra­ti­ven For­de­rung nach „offe­nen Gren­zen“ und „offe­nen Häfen“ und mit dem panik­ar­ti­gen „Kampf“ gegen den Kli­ma­wan­del, der dem gesun­den Haus­ver­stand wider­spre­che, könn­ten vie­le Katho­li­ken, die ihren Glau­ben ernst­neh­men, immer weni­ger anfan­gen. Spen­den­freu­dig­keit kön­ne damit jeden­falls kei­ne erzeugt wer­den, schon gar nicht, wenn sich immer mehr her­um­spricht, daß bei­de Anlie­gen von welt­li­chen Finanz­eli­ten gewollt und finan­ziert werden.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: vati​can​.ca (Screen­shot)

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