Er betet vor einem Abtreibungszentrum und wird verhaftet

Die Kultur des Todes


An Rollstuhl gefesselter Lebensschützer wird verhaftet, weil er vor einer Kindertötungsanstalt betete.
An Rollstuhl gefesselter Lebensschützer wird verhaftet, weil er vor einer Kindertötungsanstalt betete.

(Lon­don) Wer vor einer Abtrei­bungs­kli­nik betet, läuft in man­chen Län­dern Gefahr, ver­haf­tet zu wer­den – und die Abtrei­ber und ihre Unter­stüt­zer fin­den das in Erman­ge­lung eines ethi­schen Mini­mums sogar noch gut. 

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So ergan­gen ist es dem 29 Jah­re alten Chri­sti­an Hack­ing. Er wur­de im ver­gan­ge­nen August von der Poli­zei fest­ge­nom­men, weil er in Lon­don vor einer Abtrei­bungs­kli­nik der Abtrei­bungs­or­ga­ni­sa­ti­on Marie Sto­pes bete­te. „Bum­sen statt beten“, lau­te­te in den 70er Jah­ren eine Paro­le der Sexu­el­len Revo­lu­ti­on – und wur­de unge­mein lustig gefun­den. Die Fol­gen zeig­ten sich in den War­te­sä­len der Abtreibungszentren.

Hack­ing sitzt seit einem schwe­ren Klet­ter­un­fall im Roll­stuhl. Er hat dem Tod ins Auge gese­hen und weiß das Leben, sei­ne Bedeu­tung und Schön­heit mit Dank­bar­keit zu schät­zen. Die­se Schön­heit und Grö­ße will er auch den Müt­tern ver­mit­teln, die sich im Schwan­ger­schafts­kon­flikt befin­den, damit sie Ja zum Leben ihres Kin­des sagen. Das unge­bo­re­ne Kind – ein­mal gezeugt – ver­fügt über die­sel­ben Men­schen­rech­te und Per­sön­lich­keits­rech­te wie jeder ande­re Mensch, ein­schließ­lich der Mut­ter und des Kin­des­va­ters – jeden­falls soll­te es so sein. In Wirk­lich­keit wur­de eine for­mal bestrit­te­ne, doch fak­tisch auf grau­sa­me Wei­se ver­wirk­lich­te Rang­fol­ge geschaf­fen, wer Anspruch auf die ver­fas­sungs­mä­ßig garan­tier­ten Rech­te hat – und wer nicht. Vie­le Män­ner (unter­stützt von radi­ka­len Femi­ni­sten) schie­ben die Fra­ge an die Frau­en ab („Schwan­ger­schaft ist Frau­en­sa­che“) und drücken ihnen aber zugleich das bru­ta­le „Lösungs­in­stru­ment“ in die Hand: die Abtrei­bung. Um die Tötungs­spi­ra­le am Dre­hen zu hal­ten, muß das unge­bo­re­ne Kind aus­ge­blen­det wer­den. Die­se Tabui­sie­rung des unsicht­bar gemach­ten Kin­des, das zum stö­ren­den „Etwas“ umge­deu­tet wird, bil­det das Rück­grat der Abtrei­bungs­in­du­strie. Da stört alles, was die­ses Tabu durch­bricht, selbst ein Gebet.

Die Lon­do­ner Poli­zei nahm Hack­ing fest, weil er angeb­lich gegen eine Ver­ord­nung „zum Schutz des öffent­li­chen Raums“ ver­sto­ßen hat­te. Gemeint sind damit soge­nann­te Bann­mei­len vor Abtrei­bungs­kli­ni­ken, die in Eng­land kurz PSPO genannt und rich­ter­lich ver­hängt werden.

Zuerst lega­li­sier­te der Gesetz­ge­ber die Tötung unschul­di­ger, unge­bo­re­ner Kin­der. In Eng­land geschah das bereits 1967.
Para­do­xer­wei­se wur­de gleich­zei­tig die Todes­stra­fe abge­schafft, die bis dahin die Hin­rich­tung von Schwer­ver­bre­chern durch den Strang ermög­lich­te, aller­dings kaum mehr exe­ku­tiert wur­de.
Damit noch nicht zufrie­den, wol­len sich die Betrei­ber der Kin­destö­tungs­zen­tren und ihre ideo­lo­gi­schen Spon­so­ren auch jeden Wider­spruchs durch Lebens­schüt­zer ent­le­di­gen. Sie wol­len ihr Geschäft mit dem Tod unge­stört abwickeln kön­nen. Lebens­schüt­zer, die sagen, was Abtrei­bung wirk­lich ist und auf die Hei­lig­keit eines Men­schen­le­bens hin­wei­sen, durch­kreu­zen das „Geschäfts­mo­dell“. Daher wur­den 2018 vom Ober­sten Gerichts­hof die Ver­hän­gung von „buf­fer zones“ bestä­tigt

So pol­ter­ten Abtrei­bungs­or­ga­ni­sa­tio­nen, daß Hack­ing, der betend in sei­nem Roll­stuhl sitzt, vor­sätz­lich die PSPO nicht ein­ge­hal­ten habe. Allei­ne sei­ne Anwe­sen­heit sei eine „Belä­sti­gung“ für jene, die den „Abtrei­bungs­dienst“ in Anspruch neh­men wol­len, sagen die Abtrei­bungs­lob­by­isten. Prompt wur­de vom Abtrei­bungs­zen­trum nach der Poli­zei gerufen.

Das Chri­sti­an Legal Cen­ter (CLC), Hackings Rechts­bei­stand, lenkt das Augen­merk auf einen ganz ande­ren Aspekt: 

„Poli­zei­be­am­te, die einen behin­der­ten Men­schen fest­neh­men und ihn samt sei­nen Roll­stuhl auf einem Bereit­schafts­wa­gen beför­dern und abtrans­por­tie­ren, nur weil er betet, sind etwas zutiefst Beunruhigendes.“

Der Vor­fall ereig­ne­te sich am 8. August 2019. Laut dem Chri­sti­an Legal Cen­ter han­delt es sich um die erste Ver­haf­tung im demo­kra­ti­schen Euro­pa, weil jemand gebe­tet hat. Das ist auch der Grund, wes­halb der Vor­fall in der eng­li­schen Lebens­rechts­be­we­gung für gro­ße Empö­rung sorg­te. Acht Stun­den wur­de Hack­ing in Poli­zei­ge­wahr­sam gehalten.

Der Crown Pro­se­cu­ti­on Ser­vice (CPS), die Straf­ver­fol­gungs­be­hör­de in Eng­land und Wales, teil­te dem jun­gen Mann inzwi­schen schrift­lich mit, daß der Fall archi­viert wur­de, weil es kei­ne „aus­rei­chen­den Bewei­se“ gebe, die eine Ver­ur­tei­lung „rea­li­stisch“ erschei­nen lassen.

Aus dem Video­ma­te­ri­al, der von der Poli­zei bei ihrem Einstz auf­ge­zeich­net wur­de, ist ein bemer­kens­wer­ter Dia­log zu hören. Als Chri­sti­an Hack­ing nach dem Grund sei­ner Fest­nah­me frag­te, sag­te ein Poli­zist: „Ich sage, Sie haben gegen die gericht­li­che Anord­nung verstoßen“.

Hack­ing ant­wor­te­te darauf: 

„Ist es also laut Gerichts­be­schluß eine Straf­tat, außer­halb eines Ortes zu beten, an dem Kin­der getö­tet werden?“ 

Von der zustän­di­gen Gerichts­be­hör­de wur­de die Ange­le­gen­heit nie­der­ge­schla­gen. Die Lebens­schüt­ze­rin Chia­ra Chie­ssi schrieb dazu:

„Es sind schwe­re Zei­ten für Lebens­schüt­zer, aber die­ser klei­ne Sieg der Gerech­tig­keit gibt uns Hoff­nung für die Zukunft.“

Den­noch zeigt der Vor­fall, wie sich die Abtrei­bungs­lob­by den Staat, das Recht, die Poli­zei und die Justiz dienst­bar machen möchte.

Ent­täuscht äußer­te sich Hack­ing auch über Justin Wel­by, den Erz­bi­schof von Can­ter­bu­ry und angli­ka­ni­schen Pri­mas. Die­ser war in einer Radio­sen­dung von einem Hörer gefragt wor­den, was er von den Bann­mei­len vor Abtrei­bungs­kli­ni­ken hält. Wel­by drück­te sich vor einer Ant­wort, mein­te aber zunächst, er sei damit „ein­ver­stan­den“, denn man kön­ne sagen, was man wol­le und Mei­nung haben zur Abtrei­bung, die man wol­le, aber „die“ – er mein­te die abtrei­bungs­ent­schlos­se­nen Frau­en –, die eine Abtrei­bungs­kli­nik auf­su­chen, sei­en „alles Men­schen“. Schließ­lich beton­te er, die angli­ka­ni­sche Kir­che habe eine „kla­re Posi­ti­on“ zur Fra­ge, auf die er aber nicht ein­ge­hen woll­te, weil die Sen­de­zeit zu knapp sei. Die „kla­re Posi­ti­on“ der „Kir­che von Eng­land“, von der ihr Pri­mas sprach, woll­te er nicht nennen. 

Hack­ing warf sei­nem Pri­mas vor, damit nicht nur die Bann­mei­le und sei­ne Ver­haf­tung gut­ge­hei­ßen zu haben, son­dern letzt­lich auch die Tötung von mehr als 7.000 unge­bo­re­nen Kin­dern, die im ver­gan­ge­nen Jahr in die­sem Abtrei­bungs­zen­trum von Marie Sto­pes Inter­na­tio­nal voll­zo­gen wurden.

Ein Armuts­zei­chen mit Signal­wir­kung, denn die von Justin Wel­by vor offe­nem Mikro­phon voll­zo­ge­ne Kapi­tu­la­ti­on vor der Abtrei­bungs­ideo­lo­gie, zeigt sich auch bei man­chen Ver­tre­tern der katho­li­schen Kir­che, wie es jüngst bei einer Abstim­mung der Ame­ri­ka­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz erkenn­bar wurde.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Cor­ri­spon­den­za Romana

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