(New York) Anfang der Woche erschien nicht nur das Buch „Il Dio unico e la società moderna“ (Der eine Gott für die moderne Gesellschaft) des Papst-Freundes Eugenio Scalfari, sondern auch das neue Buch „Wounded Shepherd: Pope Francis and His Struggle to Convert the Catholic Church“ (Der verwundete Hirte. Papst Franziskus und sein Kampf um die Bekehrung der katholischen Kirche) des Papst-Biographen Austen Ivereigh.
Beide Bücher liegen bisher nur in den Originalsprachen Italienisch und Englisch vor. Angekündigt hatte Ivereigh sein Buch unter anderem am vergangenen 10. August in einem Interview mit der chilenischen Tageszeitung La Tercera. Darin sagte der britische Journalist und ehemalige Pressesprecher des Primas von England, Kardinal Cormack Murphy-O’Connor, als wäre er der Stratege von Papst Franziskus:
„Wir müssen das Umfeld von Benedikt XVI. unter Kontrolle bringen.“
Zwei Tage nachdem sein neues Buch über Papst Franziskus am 5. November in den Buchhandel gelangte, reagierte die Amerikanische Bischofskonferenz auf das Buch.
Gestern versammelte sich zudem die erste Gruppe von US-Bischöfen mit Papst Franziskus anläßlich ihres Ad-limina-Besuches in Rom. Wegen der Größe der Amerikanischen Bischofskonferenz erfolgt der traditionelle Besuch des Petrusgrabes, aufgeteilt auf mehrere Gruppen, bis Februar 2020. Die erste Gruppe wurde von Kardinal Sean Patrick O’Malley OFM Cap. angeführt, dem Erzbischof von Boston, Vertreter für Nordamerika im geschrumpften C9-Kardinalsrat und Vorsitzenden der Kinderschutzkommission des Vatikans.
Ob das Ivereigh-Buch auch Thema der Papst-Audienz war, ist nicht bekannt, die öffentliche Reaktion der US-Bischofskonferenz aber schon. Unterzeichnet ist die Stellungnahme von James Rogers, dem Pressesprecher der Bischofskonferenz.
Darin heißt es, das neue Buch von Austen Ivereigh, wiederhole einen „unglücklichen und ungenauen Mythos“, daß Papst Franziskus bei der Führungsspitze und dem Personal der Amerikanischen Bischofskonferenz auf Widerstand stoße. Der Autor verbreite eine abschätzige Meinung über den Generalsekretär und einen Berater der Kommission für kirchenrechtliche Fragen. Zu Dokumenten, die im Oktober 2018 im Zusammenhang mit Maßnahmen gegen Bischöfe, die sich des sexuellen Mißbrauchs oder der Vertuschung schuldig machen, seien Ivereighs Behauptungen „falsch und irreführend“.
Die Pressestelle der Bischofskonferenz schildert in der Stellungnahme die Entstehung der entsprechenden Vorschläge, die ihren Ursprung in einer Initiative von Kardinal Daniel DiNardo, dem Vorsitzenden der Bischofskonferenz, vom August 2018 hatten. Die Dokumente hätten alle zuständigen Gremien durchlaufen. Im November 2018 zog Kardinal DiNardo auf der Herbstvollversammlung der Bischofskonferenz den ausgearbeiteten Vorschlag aber zurück. Es kam zu keiner Abstimmung. Das sei, so die Aussendung, ein klares Signal der Zusammenarbeit und des Gehorsams der Bischöfe gegenüber dem Papst gewesen. Als Papst Franziskus ein neues, für die gesamte Kirche geltendes Gesetz in derselben Frage ankündigte, habe Kardinal DiNardo dieses mit Nachdruck unterstützt. Man habe sich anschließend auch schnell daran gemacht, die nötige Umsetzung der neuen Bestimmungen in die Wege zu leiten. Im Juni 2019 seien die entsprechenden Beschlüsse bei der Frühjahrsvollversammlung gefaßt worden, und das ohne Einwände des Heiligen Stuhls.
„Durch die entscheidenden Aktionen von Papst Franziskus und der Bischofskonferenz der USA ist die Kirche ein sicherer Ort für Kinder und Erwachsene in verwundbaren Situationen.“
Die Hintergründe
Die Bischofskonferenz bemüht sich mit dieser Reaktion, ein einheitliches Bild der Kirche und eine völlige Übereinstimmung im Handeln zwischen ihr und Rom zu zeichnen. Der Seitenhieb des Bergoglianers Ivereigh hat aber seinen Grund. Nach dem Skandal des damaligen Kardinals Theodor McCarrick, emeritierter Erzbischof von Washington, der inzwischen seiner Kardinalswürde entkleidet und laisiert wurde, krachte es heftig im Gebälk der Amerikanischen Bischofskonferenz. Die Mehrheit um Kardinal DiNardo wollte mit strengen Maßnahmen und strikter Transparenz, durch den Einsatz einer unabhängigen Untersuchungskommission, künftige Verdachtsmomente oder Anschuldigungen gegen Bischöfe untersuchen lassen. Einer Minderheit um Kardinal Blase Cupich, Erzbischof von Chicago, und Kardinal Donald Wuerl, Erzbischof von Washington, gingen die Maßnahmen zu weit. Sie schlug Rom eine interne Regelung vor. Hintergrund waren Bemühungen, McCarrick zu schützen, vor allem aber den homophilen McCarrick-Kreis, den sich der entthronte Kardinal im Laufe der Jahre, vor allem aber unter Papst Franziskus aufgebaut hatte, darunter auch Cupich und Wuerl selbst. Wuerl sollte bald darauf selbst zu Fall kommen und wurde als Erzbistum von Washington emeritiert.
Um die beiden Modelle im Umgang mit Vorwürfen gegen Bischöfe kam es zu einem heftigen Tauziehen zwischen Rom und der Mehrheit, also der Führungsebene der Bischofskonferenz. Da diese entschlossen war, ihren strengeren Weg zu gehen, kam es nach entsprechenden Interventionen durch Cupich, Wuerl und andere zu einem autoritären Eingriff Roms. Als sich im November 2018 die Bischofskonferenz zu ihrer Herbstvollversammlung versammelte, untersagte Papst Franziskus den Bischöfen, über ihren Vorschlag abzustimmen. Begründet wurde der Eingriff, weil der Heilige Stuhl selbst bereits für Februar 2019 in derselben Sache zu einem Gipfeltreffen in den Vatikan geladen habe, wo ein einheitliches Gesetz für die Weltkirche vorgelegt werde.
Der Unmut unter den amerikanischen Bischöfen war groß. Die empörte Öffentlichkeit wollte nach dem Bekanntwerden des Mißbrauchsskandals im Sommer Fakten sehen. Durch den Maulkorberlaß wurde den Bischöfen aber von Franziskus die Hände gebunden. Da sie öffentlich nicht aufbegehren konnten oder wollten, wodurch eine Spaltung in der Kirche sichtbar geworden wäre, mußten sie die enttäuschten Prügel der Öffentlichkeit und den Vorwurf der Untätigkeit einstecken.
Beobachter vermuteten dahinter eine nicht unwillkommene Absicht Roms, die nicht-bergoglianische Mehrheit der Bischofskonferenz zu schwächen. Gestützt wurde diese Annahme durch die Französische Bischofskonferenz. Diese hatte nur wenige Tage zuvor ihr Modell gegen sexuellen Mißbrauch verabschiedet, das ebenfalls den Einsatz einer unabhängigen Untersuchungskommission vorsieht, ohne ein Veto aus Rom.
Trotz ihrer Fügsamkeit muß sich die Mehrheit der US-Bischöfe nun auch eine schlechte Darstellung durch den Papst-Biographen Austen Ivereigh gefallen lassen. Dieser ließ sein Buch bei einem New Yorker Verlag herausbringen. Auf die USA zielt es auch primär ab, denn dort sehen die Bergoglianer das Zentrum eines Kulturkampfes am Werk und die eigentliche „Hausmacht“ der Kritiker von Papst Franziskus.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MiL
Petrusgrab in Rom? Petrus war niemals in Rom, sondern Paulus. Petrus starb inJerusalem oder Babylon, aber nicht in Rom.
Siehe https://www.heiligenlexikon.de/Literatur/Grab_des_Petrus.html