Die jesuitische List

„Eure Heiligkeit, es ist peinlich – und tragisch“


„Was die katholische Kirche derzeit anbietet, ist das, was die Anglikaner vor 20 Jahren angeboten haben... bevor sie zusammengebrochen sind“
„Was die katholische Kirche derzeit anbietet, ist das, was die Anglikaner vor 20 Jahren angeboten haben... bevor sie zusammengebrochen sind“

Ana­ly­se zur Ama­zo­nas­syn­ode von Mar­co Tosatti.

Anzei­ge

Er hat es wie­der getan. Die­ses Mal aber mit noch grö­ße­rer Arro­ganz als das vori­ge Mal. Auf den Punkt gebracht: Er orga­ni­sier­te eine loka­le Syn­ode, die vor Ort hät­te durch­ge­führt wer­den müs­sen, um vor Ort even­tu­el­le Pro­ble­me einer Situa­ti­on zu über­prü­fen, von der weni­ge der welt­weit 1,3 Mil­li­ar­den Katho­li­ken berührt wer­den, um als Spit­ze des Keils Ver­än­de­run­gen durch­zu­set­zen, die schnell von inter­es­sier­ten Bischö­fen da und dort und über­all auf­ge­grif­fen wer­den, und die nicht appro­biert wor­den wären, wenn sie einer „ech­ten“ Welt­syn­ode vor­ge­legt wor­den wären.

Ich ver­su­che katho­li­schen Freu­den und Kol­le­gen zu erklä­ren, was pas­siert ist. Die Deut­sche Bischofs­kon­fe­renz, die der größ­te Geld­ge­ber des Hei­li­gen Stuhls ist und folg­lich glaubt, ihre Poli­tik dik­tie­ren zu kön­nen, will Ände­run­gen in ver­schie­de­nen Punk­ten der katho­li­schen Leh­re: Prie­ster­zö­li­bat, die Rol­le von Frau­en, Lai­en, Homo-Ehe usw.

Die Deut­schen sind seit Jahr­zehn­ten auch der gro­ße Geld­ge­ber der Kir­che in Bra­si­li­en, und die bra­si­lia­ni­sche Befrei­ungs­theo­lo­gie, die dann zur Indio-Theo­lo­gie wur­de, ist in Deutsch­land ent­stan­den und gedeiht in Bra­si­li­en auch dank deut­scher Bischö­fe: Kräut­ler zum Bei­spiel, ein gro­ßer Ideen­ge­ber der Syn­ode (der foto­gra­fiert wur­de, wie er in Rom spa­zie­ren­ging und mit einer unbe­kann­ten Frau Händ­chen hielt…), der sich damit rühm­te, noch nie einen Indio getauft zu haben; und Speng­ler und Hum­mes und ande­re mehr…

Die von den Deut­schen gewoll­ten Ände­run­gen, wären nicht ange­nom­men wor­den, wenn sie einer kol­lek­ti­ven Prü­fung durch den Wel­tepi­sko­pat unter­zo­gen wor­den wären – wie es sein soll­te, da sie Aus­wir­kun­gen auf die gan­ze Kir­che haben wer­den. Des­halb wur­de der Trick mit der Ama­zo­nas­syn­ode erfun­den und mit einem Schuß Öko-Sau­ce gar­niert, die heu­te in der Spra­che der Her­ren der Welt so in Mode ist – und daher auch jener des Papstes.

Aber war­um in Rom? 

Hier liegt die List.

Einer­seits ist die Mehr­heit der Teil­neh­mer „lokal“, da es sich um eine „loka­le“ Syn­ode han­delt, das heißt, es muß­ten nur Bischö­fe gela­den wer­den, die die Ände­run­gen befür­wor­ten. Dadurch konn­te man sich sicher sein, daß die Vor­schlä­ge, wenn auch nur mit bera­ten­der Wir­kung, durch­ge­hen. Wenn man es aber in Rom tut, kön­nen die Ergeb­nis­se sofort ein Upgrade auf eine höhe­re Ebe­ne erfah­ren. So wur­de vom Papst bereits die Hoff­nung geäu­ßert, das nach­syn­oda­le Schrei­ben bereits in zwei Mona­ten vor­le­gen zu kön­nen. Es wird mit Sicher­heit auf­grei­fen, was von der Lokal­syn­ode emp­foh­len wur­de, und da das Schrei­ben vom Papst kommt, kann es gar nicht anders, als Aus­wir­kun­gen auf die gan­ze Kir­che zu haben…

Meßgewänder für den neuen amazonischen Pachamama-Ritus?
Meß­ge­wän­der für den neu­en ama­zo­ni­schen Pachamama-Ritus?

Des­halb spre­che ich vom Papst „der drei Kar­ten“, weil die­se Schläue, die es an Klar­heit und Trans­pa­renz ver­mis­sen läßt, der Kir­che nicht wür­dig ist. Sie riecht nach einer jesui­ti­scher List im schlimm­sten Sinn des Wor­tes. Und alles deu­tet dar­auf hin, daß das nach­syn­oda­le Schrei­ben zumin­dest in ihren wesent­li­chen Zügen bereits fer­tig ist. Sech­zig Tage sind sehr wenig, um die Sache zu stu­die­ren und ein Doku­ment vor­zu­be­rei­ten, wenn das der Papst wirk­lich selbst tun woll­te. Er ist vol­ler Ver­pflich­tun­gen (ein­schließ­lich einer Rei­se nach Thai­land und Japan). Viel­leicht liegt es also fer­tig zwar nicht in einer Schub­la­de im Büro des Pap­stes, aber dafür in der eini­ger sei­ner Mitarbeiter.

Das Schluß­do­ku­ment ent­hält eine Viel­zahl von kul­tu­rel­len, öko­lo­gi­schen, sozia­len und pasto­ra­len The­men­be­rei­che (sie­he dazu Die Ama­zo­nas­syn­ode hat beschlos­sen – was geplant war).

Gewiß, das Pro­blem der Frau­en­äm­ter wird schwer zu lösen sein, da die Kom­mis­si­on, die mit der Unter­su­chung des Pro­blems beauf­tragt war, zu einem nega­ti­ven Ergeb­nis gelangt ist. Offen­bar hat­ten die Dia­ko­nis­sen der frü­hen Kir­che nichts mit dem Wei­he­sa­kra­ment zu tun. Aber kei­ne Sor­ge: Der Papst hat bereits eine neue Kom­mis­si­on ange­kün­digt, mit neu­en Leu­ten … , und wol­len wir wet­ten, daß ihr die Mit­glie­der, die dage­gen waren, nicht mehr ange­hö­ren wer­den, und daß die Kom­mis­si­on solan­ge wei­ter­ma­chen wird, bis sie nicht in irgend­ei­nem ent­le­ge­nen Win­kel in den Ber­gen des Kau­ka­sus die Frau­en gefun­den haben wird, die im 6. Jahrhundert…? 

Die gute Nach­richt ist, zumin­dest für den der schreibt, daß trotz der Zusam­men­set­zung der syn­oda­len Ver­samm­lung und dem völ­li­gen Man­gel an Trans­pa­renz (beschä­mend in einer Kir­che, die sie in Wor­ten pro­kla­miert) und an frei­er Infor­ma­ti­on über die Syn­oden­ar­bei­ten, von 169 abstim­men­den Syn­oda­len 41 die Nr. 111 über die „viri pro­ba­ti“ abge­lehnt haben. Und daß bei dem Wunsch nach Fort­set­zung des Stu­di­ums des Frau­en­dia­ko­nats 30 mit Nein stimm­ten. Das heißt: Es gibt jene, die kei­ne Angst haben, das Lehr­amt aller Zei­ten zu verteidigen.

Das muß auch der Papst bemerkt haben, denn er warn­te und schimpf­te wie üblich und wie jeder unzu­frie­de­ne Des­pot. Wir zitie­ren von Vati­can News, der offi­zi­el­len Nachrichtenseite:

„An die Mas­sen­me­di­en: Nie­mand hat ver­lo­ren, alle haben wir gewonnen

Fran­zis­kus dankt schließ­lich dem Syn­oden­se­kre­ta­ri­at und allen, die an der Orga­ni­sa­ti­on mit­ge­ar­bei­tet haben, und bit­tet die Medi­en, denen er für ihre Arbeit dank­te, daß sie bei der Ver­brei­tung des Schluß­do­ku­ments ‚vor allem dem Teil der Dia­gno­se fol­gen soll­ten, der der stärk­ste Teil  ist‘: kul­tu­rel­le, sozia­le, pasto­ra­le Dia­gno­se, öko­lo­gi­sche Dia­gno­se. Und sich nicht damit auf­hal­ten, was ‚zur Fra­ge der Ord­nung beschlos­sen wur­de‘ und sich nicht fra­gen, ‚ob die­se Par­tei oder jene Par­tei ver­lo­ren hat‘.

Die katho­li­schen Eli­ten, ‚die auf die klei­nen Din­ge ach­ten und die Gro­ßen vergessen‘.

Dies auch des­halb, weil es ‚immer eine Grup­pe von Chri­sten gibt, von Eli­ten ob die­se Art der Dia­gno­se sehr klein wäre, die­se Art der Redu­zie­rung auf die Ord­nung‘. ‚Nein‘, erklärt der Papst mit Nach­druck, ‚wir haben alle gewon­nen mit der gemach­ten Dia­gno­se, und wird wer­den in den pasto­ra­len und inter­kirch­li­chen Ange­le­gen­hei­ten wei­ter vor­an­ge­hen.‘ Die­se Eli­ten, heu­te ‚vor allem die katho­li­schen‘, beklag­te sich Papst Fran­zis­kus, ‚legen Wert auf Klei­nig­kei­ten und ver­ges­sen das Gro­ße‘. ‚Weil sie‘, und er zitiert [Charles] Peguy, ‚nicht den Mut haben, sich auf die Optio­nen des Men­schen und die Lebens­lö­sun­gen des Men­schen ein­zu­las­sen, glau­ben sie, für Gott zu kämp­fen. Weil sie nie­man­den lie­ben, glau­ben sie, Gott zu lie­ben.‘

Die näch­ste Syn­ode könn­te über die Syn­oda­li­tät sein.

Der Papst teilt mit, er wol­le ’noch vor Jah­res­en­de‘ das nach­syn­oda­le Schrei­ben ver­öf­fent­li­chen kön­nen, ‚damit nicht zuviel Zeit ver­geht‘. ‚Alles hängt von der Zeit ab, die ich haben wer­de, um den­ken zu kön­nen.‘“

Eure Hei­lig­keit, bit­te! Die Eli­ten sind jene der Theo­lo­gen und Bischö­fe der 70er Jah­re, die mit unbe­kann­ten Frau­en an der Hand her­um­lau­fen und ver­su­chen, The­sen und Prak­ti­ken vor­zu­schla­gen, die allein in Bra­si­li­en dazu füh­ren, daß Hun­dert­tau­sen­de von Katho­li­ken eine ideo­lo­gi­sche Kir­che ver­las­sen wer­den, und das glei­che pas­siert im Ama­zo­nas, wäh­rend welt­weit eine wach­sen­de Zahl von „nor­ma­len“ Katho­li­ken ver­wirrt und ent­täuscht das kirch­li­che Thea­ter beobachtet.

Wir schlie­ßen mit dem, was ein Prie­ster über die Syn­ode schreibt, der zuvor Angli­ka­ner war und heu­te katho­li­scher Prie­ster ist:

„Zum ersten Mal seit mei­ner Bekeh­rung zum katho­li­schen Glau­ben glau­be ich, wenn ich noch Angli­ka­ner wäre, daß ich mir jetzt die Mühe nicht gemacht hät­te, mich zu bekeh­ren. Ver­steht mich nicht falsch, ich wür­de nie­mals zum Angli­ka­nis­mus zurück­keh­ren … aber ich glau­be nicht, daß ich als Angli­ka­ner jetzt den Sinn erken­nen könn­te, katho­lisch zu sein. Momen­tan bie­tet die katho­li­sche Kir­che nur an, was die Angli­ka­ner schon vor 20 Jah­ren geför­dert haben … kurz bevor sie zusam­men­ge­bro­chen sind … es ist peinlich.“

Oh ja, es ist pein­lich, Eure Hei­lig­keit. Und auch tragisch.

Über­set­zung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Vati­can News/​Marco Tosat­ti (Screen­shot)

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