(Rom) Während in der Synodenaula die Arbeiten vorangehen und die unter Franziskus eingeführte, vom vatikanischen Presseamt täglich ausgerichtete und kontrollierte Pressekonferenz stattfindet, gab Kardinal Marx außerhalb der Synodenaula Presseerklärungen ab – und ist damit nicht der einzige. Die offiziellen katholischen Medien begnügen sich mit jenen Stimmen, die ihrer progressiven Zielsetzungen entsprechen. Kardinal Marx bediente diese.
Er forderte zunächst via Medien auf, die Debatte über die Zulassung von „viri probati“ zur Priesterweihe anzugehen. Seine Ergänzung, dies solle „klug“ und auf „angemessene Weise“ geschehen, fiel dabei weniger ins Gewicht.
Die für Nicht-Lateiner geheimnisvolle Bezeichnung „viri probati“ meint schlicht und einfach die Abschaffung des priesterlichen Zölibats.
Dann sprach der deutsche Kardinal in der Synodenaula – Greta Thunberg läßt grüßen – über die „Verantwortung“ der reichen Länder für den „Klima-Notstand“. Das Klima sei ein „kollektives, globales Gut“, das für die künftigen Generationen zu schützen sei – „im Amazonas wie im Rest der Welt“. Als konkreten Schritt dafür forderte Marx den „schnellen Ausstieg aus fossilen Energiequellen“ und eine „ökologische Wende“. Der Kardinal äußerte die Überzeugung, daß die Amzonassynode „einen Beitrag leisten kann zum Überleben der Welt und der Menschen“.
Man staunt. Der histrionische Auftritt läßt einigermaßen sprachlos zurück. In der Ära Thunberg allerdings auch wieder nicht.
Erst nach seiner Begegnung mit den Medien hatte der Kardinal am späteren Nachmittag des ersten Synodentages das Wort in der Aula ergriffen. Während Kardinal Gerhard Müller in der Tageszeitung Il Foglio kritisierte, daß ständig von einem „Recht“ auf die Sakramente die Rede sei, wiederholte Kardinal Marx genau diese Behauptung in seiner Rede an die Synodalen.
Er unterstützte es, über Zölibatsabschaffung und Zulassung verheirateter Männer zum Priestertum zu diskutieren, denn es sei „dem Recht der Gläubigen Rechnung zu tragen, an der Eucharistie teilnehmen zu können“.
Kritikern der Amazonas-Agenda begegnete er bemüht subtil mit der Aufforderung, „den anderen zuzuhören“, denn es gebe nunmal „verschiedene Meinungen“. Es sei aber schwierig, eine Debatte zu führen, wenn ein „anderes theologisches Denken“ als „häretisch“ bezeichnet werde.
Anders ausgedrückt: Marx zeigte den Verteidigern des überlieferten Kirchenverständnisses und des Weihesakraments die rote Karte. Zugleich erklärte er die „verschiedenen Meinungen“ zum legitimen theologischen Denken – „häretisch“ hin oder her –, indem er auf die Inhalte der Kritik nicht einging.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Twitter/Christopher Lamb (Screenshot)