
(Rom) Das argentinische Kirchenoberhaupt hält den Mitarbeitern der Römischen Kurie seit Jahren lautstarke Standpauken und diagnostiziert zahlreiche Krankheiten, die unter ihnen grassieren würden. Was aber zählt unter Papst Franziskus? Eine jüngste Personalentscheidung belegt: Es ist die Loaylität – Krankheiten hin, Krankheiten her.
Msgr. Dario Edoardo Viganò war von Franziskus zum ersten Präfekten des von ihm errichteten Kommunikationssekretariats ernannt worden. Viganò, nicht verwandt mit dem bekannteren, ehemaligen Apostolischen Nuntius in den USA, Carlo Maria Viganò, wurde international aber nicht so sehr aufgrund besonderer Leistungen bekannt, sondern wegen eines peinlichen Übereifers, mit dem er Papst Franziskus schmeicheln wollte.
Der Sturz
Zum fünften Jahrestag der Wahl von Franziskus wollte Viganò ihm 2018 ein außergewöhnliches Geschenk machen: einen Brief von Benedikt XVI., mit dem dieser das Wirken von Franziskus lobt. Damit wollte das Kommunikationstalent Viganò gleich zwei Fliegen auf einen Streich erlegen. Zum einen sollte das derzeitige Pontifikat gefeiert werden und zum anderen die zentrale Bezugsgestalt der Papstkritiker, nämlich Benedikt XVI., als „Kronzeuge“ für die Richtigkeit der Linie von Franziskus aufgeboten werden.
De ganze Operation hätte natürlich den wohl nicht unbedeutenden Nebeneffekt gehabt, Dario Edoardo Viganò bei Papst Franziskus in ein besonders günstiges Licht zu rücken.
Doch dann enthüllte der Vatikanist Sandro Magister das Ganze als Manipulation. Dario Edoardo Viganò hatte sich bei Benedikt XVI. um eine Stellungnahme zu einer Publikationsreihe bemüht und das Antwortschreiben des deutschen Papstes nicht nur selektiv zitiert, sondern eigenmächtig „verbessert“, nachdem Benedikt nicht geschrieben hatte, was gewünscht gewesen wäre.

Nachdem der Skandal aufgeflogen war, mußte Viganò zurücktreten. „Der Fälscher fällt“ titelte damals die unabhängige, spanische Internetzeitung InfoVaticana. Aus der großen Schmeichelei war eine peinliche Bauchlandung geworden. Franziskus, der sich sonst über die „Krankheiten“ seiner Kurialen so massiv echauffiert, empörte sich aber keineswegs über die Mauschelei seines Vertrauten.
Nur widerwillig akzeptierte er dessen Rücktritt, der ihm – daran ließ Franziskus keinen Zweifel – durch die Öffentlichkeit aufgezwungen wurde. Die meinungsbildenden „Leitmedien“ meinten es aber gut mit dem Papst und berichteten kaum mehr, daß dieser seinen gefallenen Vertrauten keineswegs fallenließ. Vielmehr sorgte Franziskus dafür, daß Dario Edoardo Viganò weich fiel, sehr weich. Er ernannte ihn umgehend zum Chefberater, nicht etwa an ganz anderer Stelle, wie es in der Politik nicht selten vorkommt, sondern just wieder im selben Dikasterium. Anders ausgedrückt, Viganò mußte zwar den Stuhl des Präfekten räumen, wurde aber still und leise nur eine Stufe tiefer geparkt und behielt hinter den Kulissen ein entscheidendes Wort im Kommunikationsbereich.
Die Beförderung
18 Monate nach dem selbstverschuldeten Sturz durch ein fachlich wie moralisch bedenkliches Verhalten wurde Dario Edoardo Viganò von Papst Franziskus wieder befördert. Der inzwischen 69 Jahre alte Prälat wird neuer Vize-Kanzler der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften und der Päpstlichen Akademie der Sozialwissenschaften. Diese Ämter gab es bisher nicht. Er soll mit besonderer Zuständigkeit für die Kommunikation, die Arbeit des künftigen Kanzlers beider Institutionen unterstützen.
Kanzler der beiden Akademien, ebenfalls in Personalunion, ist bisher der „politische Arm“ von Papst Franziskus, der Argentinier Marcelo Sanchez Sorondo.
Sanchez Sorondo, der am kommenden 8. September 77 wird, war in den vergangenen Jahren der engste politische Berater des Papstes und der wichtigste Architekt seiner politischen Agenda, ob das die Annäherung an die globalen Eliten, an die UNO, die politische Linke (besonders die radikale) oder die Kommunisten in der Volksrepublik China betrifft. Unter Sanchez Sorondo begannen Neo-Malthusianer, Abtreibungslobbyisten und Verfechter einer angeblich menschenverschuldeten Erderwärmung im Vatikan ein und aus zu gehen. Letztere sogar exklusiv. Die große Schar sogenannter klimaskeptischer Wissenschaftler, mindestens ebenso zahlreich wie erstere, wurde ausgesperrt.

Von Sanchez Sorondo stammt das bezeichnende „Bonmot“, ausgesprochen im Juli 2017:
„Die Menschheit erlebt einen magischen Moment: Erstmals stimmt das Lehramt des Papstes und das Lehramt der Vereinten Nationen überein.“
Sanchez Sorondo, hochintelligent und Sproß der argentinischen Oberschicht, weiß sich auf jedem politischen Parkett zu bewegen.
Sanchez Sorondos Nachfolger in der Casina Pio IV, dem Sitz beider Akademien in den Vatikanischen Gärten, soll der italienische Prälat Angelo Vincenzo Zani werden. Kurienerzbischof Zani ist seit 2012 Sekretär der römischen Bildungskongregation. Im Zuge der Kurienreform sieht die künftige Apostolische Konstitution deren Zusammenlegung mit dem Päpstlichen Kulturrat vor.

Welchen formalen Posten Sanchez Sorondo künftig erhalten wird, ist nicht bekannt. Als politischer Berater wird der Argentinier sicher an der Seite von Franziskus bleiben.
Die Ernennung von Dario Edoardo Viganò bestätigt, daß Franziskus seine Vertrauten nicht im Stich läßt, auch wenn sie an „Krankheiten“ leiden, die er selbst diagnostiziert und an anderen geißelt.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Religion Digital/Vatican.va (Screenshots)