(Madrid) Ein spanischer Nuntius in Ruhe verteidigte die unter Häresieverdacht stehende Behauptung, Frauen könnten zu Priestern geweiht werden.
Titularerzbischof Pablo Puente Buces ist heute 88 Jahre alt. 2004 wurde er, erst 73 Jahre alt, aus dem aktiven Dienst des Diplomatischen Corps ausgeschieden.
1980 erlangte er den Dienstrang eines Botschafters und wurde Titularerzbischof von Macri. Zunächst als Pro-Nuntius, dann als Nuntius vertrat er den Heiligen Stuhl in Indonesien, auf den Kapverdischen Inseln, in Senegal, Guinea-Bissau, Mauretanien, Mali, im Libanon, in Kuwait und schließlich ab 1997 sieben Jahre in Großbritannien.
Die Nuntiatur in London war seine letzte Mission. Warum dies seine Karriere vorzeitig beendete ist nicht bekannt.
Am vergangenen Sonntag zelebrierte Msgr. Puente in seinem Geburtsort Colindres in Kantabrien den Gedenktag des heiligen Genesius von Arles (San Ginés im Spanischen). In seiner Predigt erhob der ehemalige Apostolische Nuntius die Forderung, daß Frauen zu Priestern geweiht werden sollten.
Der Augenblick war mit Bedacht gewählt, da der Messe der Regierungschef von Kantabrien, Miguel Angel Revilla, beiwohnte. Dieser zollte dem ehemaligen Vatikandiplomaten in der Kirche kräftig Applaus, was die mediale Aufmerksamkeit sicherte. Revilla war es, der die Behauptung Puentes über die sozialen Netzwerke verbreitete:
„Mitten in der Messe ergriff Msgr. Puente das Mikrofon und sagte: Morgen wird er an Seine Heiligkeit den Papst einen harten Brief richten, in dem er darum bittet, daß Frauen dringend als Priester eingesetzt werden.“
Wörtlich habe der emeritierte Nuntius in Großbritannien seine Forderung mit den Worten begründet:
„Wir können diese krasse Diskriminierung der Frauen durch die Kirche nicht dulden.“
Nach dieser Ankündigung begann der Regierungschef von Kantabrien in der Kirche zu applaudieren „und ein Gutteil der etwa tausend Anwesenden“ folgte ihm, so seine eigene Darstellung. Auf Facebook und Twitter schrieb Revilla:
„Anschließend bin ich in die Sakristei gegangen, um ihn zu umarmen.“
Dieser Moment wurde auf fotografisch festgehalten.
Miguel Angel Revilla ist der Gründer und Vorsitzende der Kantabrischen Regionalpartei (PRC). Seit 2015 ist er Regierungschef einer Koalition aus PRC und den Sozialisten (PSOE). Im vergangenen Mai wurde der PRC mit 37,7 Prozent stimmenstärkste Partei des Landes – erstmals seit der 1978 erfolgten Parteigründung. Die Partei gehört dem sozialliberalen Spektrum an und positioniert sich links der Mitte. Bevor Revilla seine Regionalpartei gründete, war er Funktionär der Einheitsgewerkschaft unter General Franco.
In der Kirche Jesu Christi gab es nie ein Frauenpriestertum. Den seit 1968 anhaltenden Diskussionen schob Papst Johannes Paul II. mit dem Apostolischen Schreiben Ordinatio sacerdotalis vom 22. Mai 1994 einen Riegel vor:
„Damit also jeder Zweifel bezüglich der bedeutenden Angelegenheit, die die göttliche Verfassung der Kirche selbst betrifft, beseitigt wird, erkläre ich kraft meines Amtes, die Brüder zu stärken (Lk 22,32), daß die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden, und daß sich alle Gläubigen der Kirche endgültig an diese Entscheidung zu halten haben.“
Die von Johannes Paul II. gewählte Formulierung „endgültig“ führte Kirchenrechtler und Dogmatiker seither dazu, von einer dogmatischen Lehraussage zu sprechen, mit der definiert wird, was alle zu glauben haben.
Msgr. Puente und Regierungschef Revilla haben Ordinatio sacerdotalis nach 25 Jahren noch immer nicht zur Kenntnis genommen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Religion Digital (Screenshot)