Rom zertrümmert die nächste Priesterbruderschaft

Die „Barmherzigkeit“ des Kommissars


Traditionsverbundene Priesterbruderschaft Familia Christi vom päpstlichen Kommissar faktisch aufgelöst.
Traditionsverbundene Priesterbruderschaft Familia Christi vom päpstlichen Kommissar faktisch aufgelöst.

(Rom) Der von Papst Fran­zis­kus ein­ge­setz­te Kom­mis­sar hat eine tra­di­ti­ons­ver­bun­de­ne Prie­ster­bru­der­schaft de fac­to auf­ge­löst. Ein Grund für die dra­sti­sche Maß­nah­me wur­de nicht genannt. Die Prie­ster­bru­der­schaft Fami­lia Chri­sti ist die erste genu­in ita­lie­ni­sche Eccle­sia-Dei-Gemein­schaft. So wer­den die tra­di­ti­ons­ver­bun­de­nen Gemein­schaf­ten genannt, die der über­lie­fer­ten Form des Römi­schen Ritus ver­pflich­tet sind und daher der Päpst­li­chen Kom­mis­si­on Eccle­sia Dei, heu­te eine Abtei­lung der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, unter­stellt sind. Dar­in scheint auch der Grund für die tie­fe Abnei­gung gegen die Bru­der­schaft zu suchen zu sein, die pro­gres­si­ve, ita­lie­ni­sche Kir­chen­krei­se gegen sie und den Erz­bi­schof hegen, der sie kirch­lich anerkannte.

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Die Prie­ster­bru­der­schaft Fami­lia Chri­sti (FSFC) ist kir­chen­recht­lich eine kle­ri­ka­le Gesell­schaft Apo­sto­li­schen Lebens Diö­ze­sa­nen Rechts. Ihr Grün­der, damals noch als Lai­en­ver­ei­ni­gung, ist der Vati­kan­di­plo­mat Msgr. Giu­sep­pe Cano­vai, der 1942 im Alter von erst 37 Jah­ren ver­stor­ben ist. Bevor Cano­vai in den diplo­ma­ti­schen Dienst des Hei­li­gen Stuhls trat, war er Stu­den­ten­seel­sor­ger in Ita­li­en. In die­ser Funk­ti­on grün­de­te er die Lai­en­ver­ei­ni­gung Fami­lia Chri­sti, die 1938 kir­chen­recht­lich aner­kannt wur­de. Sein geist­li­ches Tage­buch, das er ab dem 15. Lebens­jahr führ­te, gilt als beson­de­rer Schatz und Hilfs­mit­tel für die per­sön­li­che Hei­li­gung. Sein Selig­spre­chungs­ver­fah­ren ist im Gan­ge. Nach einem lan­gen Weg erwuch­sen aus der Lai­en­ver­ei­ni­gung Prie­ster­be­ru­fun­gen, die schließ­lich zur Grün­dung der Prie­ster­bru­der­schaft führ­ten. 2014 wur­de sie nach län­ge­rer Prü­fung vom dama­li­gen Erz­bi­schof von Fer­ra­ra-Com­ac­chio, Msgr. Lui­gi Negri, in einem ersten Schritt aner­kannt und am 8. Sep­tem­ber 2016, dem Fest Mariä Geburt, mit dem Wohl­wol­len der Päpst­li­chen Kom­mis­si­on Eccle­sia Dei nach diö­ze­sa­nem Recht kano­nisch errichtet. 

Erz­bi­schof Negri, von Papst Bene­dikt XVI. geschätzt, war unter den Diö­ze­san­bi­schö­fen Ita­li­ens eine Aus­nah­me­ge­stalt. Ent­spre­chend ange­fein­det wur­de er. Nach der Wahl von Papst Fran­zis­kus ver­such­ten sei­ne Geg­ner ihn so schnell als mög­lich los­zu­wer­den. Dabei wur­de auch vor öffent­li­cher Dis­kre­di­tie­rung  nicht zurück­ge­schreckt. Msgr. Negri blieb zwar bis zur Voll­endung sei­nes 75. Lebens­jah­res im Amt, aber kei­nen Tag län­ger. In sei­nem von ihm ver­faß­ten Buch sprach er im Zusam­men­hang mit die­sen Anfein­dun­gen von einem „Kli­ma der Ver­gel­tung“. Der Wech­sel an der Kir­chen­spit­ze mach­te es möglich.

Mit sei­ner Eme­ri­tie­rung, obwohl bei bester Gesund­heit, began­nen auch die Pro­ble­me für die Prie­ster­bru­der­schaft Fami­lia Chri­sti. Die Ernen­nung des Nach­fol­gers bedeu­te­te einen pro­vo­kan­ten Bruch mit Negris Linie. Neu­er Erz­bi­schof wur­de im Febru­ar 2017 Msgr. Gian­car­lo Pere­go, ein „Stra­ßen­prie­ster“, der „an den Rän­dern wirkt“, wie es offi­zi­ell hieß. Ein „super-pro­gres­si­ver Migra­ti­ons­ver­fech­ter“, wie es der Vati­ka­nist Mar­co Tosat­ti formulierte. 

Es wie­der­hol­te sich in Fer­ra­ra, was zuvor bereits im Erz­bis­tum Mecheln-Brüs­sel gesche­hen war. Auch dort eme­ri­tier­te Papst Fran­zis­kus den in pro­gres­si­ven Kir­chen­krei­sen ver­haß­ten Erz­bi­schof André Joseph Leo­nard sobald die­ser das 75. Lebens­jahr voll­endet hat­te. Zuvor hat­te er ihm bereits die Kar­di­nals­wür­de ver­wei­gert, die tra­di­tio­nell mit dem bedeu­tend­sten Bischofs­stuhl von Bel­gi­en ver­bun­den ist. Kaum war Leo­nards Nach­fol­ger, der pro­gres­si­ve Jozef De Kesel, instal­liert, begann die­ser die von Leo­nard aner­kann­te, neu­ri­tu­el­le, aber „zu kon­ser­va­ti­ve“ Prie­ster­bru­der­schaft der hei­li­gen Apo­stel zu zer­le­gen. Die zahl­rei­chen Prie­ster­be­ru­fun­gen der Bru­der­schaft spra­chen nicht etwa für die­se, son­dern waren den pro­gres­si­ven Kir­chen­krei­sen mit ihren lee­ren Prie­ster­se­mi­na­ren ein Dorn im Auge. Schließ­lich wur­de die Prie­ster­bru­der­schaft, deren Prie­ster in den ihnen in Brüs­sel und Umge­bung anver­trau­ten Pfar­rei­en sehr beliebt waren, von De Kesel, den Fran­zis­kus im Gegen­satz zu Leo­nard sofort zum Kar­di­nal erhob, aus Bel­gi­en ver­bannt und von Papst Fran­zis­kus auf­ge­löst.

Christmette 2017, der Generalobere der Priesterbruderschaft erteilt in Santa Maria in Vado den Segen.
Ostern 2017, der Gene­ral­obe­re der Prie­ster­bru­der­schaft erteilt in San­ta Maria in Vado den Segen.

Wie De Kesel zeig­te auch Msgr. Pere­go sofort eine offe­ne Abnei­gung gegen­über der tra­di­ti­ons­ver­bun­de­nen Prie­ster­bru­der­schaft Fami­lia Chri­sti. Er ent­zog den Prie­stern die Pfarr­kir­che San­ta Maria in Vado, eine alte Basi­li­ka im Zen­trum von Fer­ra­ra, an der sich 1171 ein Eucha­ri­sti­sches Blut­wun­der ereig­net hat­te, die ihnen Erz­bi­schof Negri anver­traut hat­te. Der Raus­wurf erfolg­te unter dem Vor­wand einer „struk­tu­rel­len Reform“ durch Pfarr­zu­sam­men­le­gun­gen zu Seel­sor­ge­ein­hei­ten. Am 1. Okto­ber 2016 hat­te Erz­bi­schof Negri per­sön­lich in Anwe­sen­heit des Bür­ger­mei­sters von Fer­ra­ra und ande­rer Behör­den­ver­tre­ter den Gene­ral­obe­ren der Prie­ster­bru­der­schaft im über­lie­fer­ten Ritus kano­nisch als Pfar­rer von San­ta Maria in Vado und wei­te­re Prie­ster der Bru­der­schaft als Kaplä­ne eingesetzt.

Wei­te­re Unfreund­lich­kei­ten durch Erz­bi­schof Pere­go folg­ten. Er ver­bann­te die Bru­der­schaft in eine abge­le­ge­ne Kir­che und unter­sag­te ihr die öffent­li­che Zele­bra­ti­on der hei­li­gen Mes­se im über­lie­fer­ten Ritus in den ihr anver­trau­ten Kir­chen. Gleich­zei­tig ließ er in einer zen­tra­len Kapel­le der Kathe­dra­le von Fer­ra­ra, in der unter Erz­bi­schof Negri die Hei­li­ge Mes­se im über­lie­fer­ten Ritus zele­briert wur­de, einen „Volks­al­tar“ aufstellen.

Am 1. Dezem­ber 2018 ernann­te der Prä­fekt der römi­schen Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, Kar­di­nal Luis Lada­ria Fer­rer SJ, den Weih­bi­schof von Rom, Msgr. Danie­le Liba­n­ori SJ, zum „vom Hei­li­gen Stuhl ent­sand­ten bevoll­mäch­tig­ten Kom­mis­sar“. Pater Liba­n­ori, Mit­bru­der des Pap­stes im Jesui­ten­or­den, war von Fran­zis­kus im Novem­ber 2017 zu sei­nem Weih­bi­schof ernannt worden. 

Der Kom­mis­sar über­nahm mit allen Voll­mach­ten die Lei­tung der Prie­ster­bru­der­schaft mit dem Auf­trag, zu klä­ren, ob „die Ele­men­te und Schluß­fol­ge­run­gen“, die im Zuge einer kano­ni­schen Visi­ta­ti­on auf­ge­taucht waren, begrün­det sind, und um „gege­be­nen­falls zukünf­ti­ge Wege für die Prie­ster­bru­der­schaft festzulegen“.

Um wel­che „Ele­men­te und Schluß­fol­ge­run­gen“ es sich han­del­te, wur­de nicht gesagt.

Mar­co Tosat­ti schrieb damals:

„Und wie­der stellt sich die Fra­ge: Was an so Schwer­wie­gen­dem kön­nen die­se Prie­ster nur getan haben, um wie die Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta, die Herol­de des Evan­ge­li­ums oder die Schwe­stern von Laval die kano­ni­sche Auf­merk­sam­keit einer Kir­che auf sich zu zie­hen, die jede Art von dok­tri­nell und theo­lo­gisch Bizar­rem gut­heißt und begün­stigt und Prä­la­ten anstands­los in wich­ti­gen und deli­ka­ten Ämtern bestä­tigt, die sich für die Homo-Ehe und das Frau­en­prie­ster­tum aussprechen.“

Erz­bi­schof Pere­go hat­te 2018 eine kano­ni­sche Visi­ta­ti­on der Bru­der­schaft durch­füh­ren las­sen und am 30. Sep­tem­ber sei­nen Bericht an Rom über­mit­telt. Der Wunsch, den er dar­in äußer­te, wur­de ihm vom Hei­li­gen Stuhl prompt erfüllt: Rom schick­te einen Kom­mis­sar. Dazu Tosat­ti im Dezem­ber 2018: 

„Und dann will man uns weis­ma­chen, daß die­ses Pon­ti­fi­kat barm­her­zig, reich an Dia­log und tole­rant gegen­über den ver­schie­de­nen Sen­si­bi­li­tä­ten und mit­nich­ten vor­ein­ge­nom­men und feind­se­lig gegen­über bestimm­ten kirch­li­chen Rea­li­tä­ten ist.“

Kommissar Daniele Libanori SJ
Kom­mis­sar Danie­le Liba­n­ori SJ

Am 30. Juni erließ der Kom­mis­sar ein Dekret, mit dem er alle Prie­ster, Novi­zen und Pro­ban­den aller Ver­spre­chen und Ver­pflich­tun­gen ent­band. Im Klar­text: Er löste die Bru­der­schaft auf und schick­te alle, die noch nicht zu Prie­stern geweiht sind, nach Hause. 

Die Prie­ster­bru­der­schaft Fami­lia Chri­sti wur­de damit zwar for­mal­recht­lich nicht auf­ge­löst, doch sind ihr alle Akti­vi­tä­ten unter­sagt. Sie darf kei­ne Beru­fun­gen mehr anneh­men, wecken oder betreu­en. Die Mit­glie­der der Bru­der­schaft, die bereits Prie­ster sind, „blei­ben in einer Art von Lim­bus“, so die tra­di­ti­ons­ver­bun­de­ne Sei­te Mes­sa in Lati­no.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Prie­ster­bru­der­schaft Fami­lia Chri­sti (Screen­shots)

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