Und die Neuübersetzung des „pro multis“?

In Italien erscheint dritte Ausgabe der Editio typica des Missale Romanum


Nach unwillig beschrittenen Weg, der 16 Jahre dauerte, geht die neue Ausgabe der Editio typica in italienischer Sprache in Druck: Was aber ist mit den Wandlungsworten pro multis?

(Rom) Papst Fran­zis­kus erteil­te grü­nes Licht für die Ver­öf­fent­li­chung der neu­en Aus­ga­be der Edi­tio typi­ca des Mis­sa­le Roma­num in der ita­lie­ni­schen Volks­spra­che. Der Avve­ni­re, die Tages­zei­tung der ver­öf­fent­lich­te dazu einen Arti­kel, ohne den wich­tig­sten Punkt zu erwäh­nen, der zur neu­en Aus­ga­be führ­te: die Über­set­zung der Wand­lungs­wor­te pro mul­tis.

Anzei­ge

Ein Ver­se­hen darf aus­ge­schlos­sen wer­den. Zunächst der Arti­kel in sei­ner zen­tra­len Passage:

Die ita­lie­ni­sche Neu­über­set­zung des Mis­sa­le ist bereit, in die Pfar­rei­en der Halb­in­sel zu gelan­gen. Noch gibt es kein siche­res Datum, aber das „grü­ne Licht“ des Pap­stes ist ein­ge­langt. Wäh­rend des ersten Sit­zungs­ta­ges der Früh­jahrs­voll­ver­samm­lung der Ita­lie­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz gab der Vor­sit­zen­de, Kar­di­nal Gual­tie­ro Bas­set­ti, den Bischö­fen bekannt, daß Fran­zis­kus die Ver­öf­fent­li­chung der drit­ten Aus­ga­be des Mis­sa­le Roma­num von Paul VI. auf ita­lie­nisch auto­ri­siert hat. Der ita­lie­ni­sche Text wur­de von der Kon­gre­ga­ti­on für den Got­tes­dienst und die Sakra­men­ten­ord­nung für die not­wen­di­ge con­fir­ma­tio geprüft. Es ist noch zu früh, um zu wis­sen, wann eini­ge For­meln sich ändern wer­den, mit denen die Eucha­ri­stie in unse­rer Spra­che zele­briert wird. Wahr­schein­lich wer­den eini­ge Mona­te not­wen­dig sein, bis das „erneu­er­te“ lit­ur­gi­sche Buch in Kraft tritt.
Die Neu­über­set­zung wur­de im ver­gan­ge­nen Novem­ber von der Voll­ver­samm­lung der Bischö­fe beschlos­sen. Zu den ein­ge­führ­ten Neu­hei­ten gehö­ren jene des Vater­un­sers: Wir wer­den nicht mehr sagen, „und füh­re uns nicht in Ver­su­chung“, son­dern: „laß uns nicht in die Ver­su­chung fal­len“. Zudem ist im sel­ben Gebet der Ein­schub eines „auch“ vor­ge­se­hen („wie auch wir ver­ge­ben“).[1] In die­ser Form fin­det sich der Text des Vater­un­sers bereits in der neu­en, ita­lie­ni­schen Über­set­zung der Bibel, die 2008 von der Bischofs­kon­fe­renz beschlos­sen wur­de, und fand bereits Ein­gang in die erneu­er­te ita­lie­ni­sche Aus­ga­be des Lek­tio­nars, wo das klas­si­sche „Frie­den auf Erden den Men­schen guten Wil­lens“ ersetzt wur­de durch die Neu­fas­sung „Frie­den auf Erden den von Gott gelieb­ten Men­schen“.
Die Ver­än­de­run­gen erfol­gen am Ende eines Weges, der mehr als 16 Jah­re dauerte.

Der Wunsch von Johan­nes Paul II. und beson­ders von Joseph Kar­di­nal Ratz­in­ger und spä­te­ren Papst Bene­dikt XVI. war, die Über­set­zun­gen in die Volks­spra­chen so nahe als mög­lich an das latei­ni­sche Ori­gi­nal her­an­zu­füh­ren. Die erste ita­lie­ni­sche Aus­ga­be der Edi­tio typi­ca trat 1970 in Kraft und setz­te die Lit­ur­gie­re­form um. Die Defi­zi­te die­ser Über­set­zung mach­ten bereits 1975 die zwei­te Aus­ga­be not­wen­dig. Sie ist noch heu­te in Gebrauch, aller­dings in der Über­set­zung von 1983. Nun wird sie durch die drit­te Aus­ga­be ersetzt.

Bene­dikt XVI. ord­ne­te 2006, bald nach sei­ner Wahl zum Papst an, daß die Wand­lungs­wor­te pro mul­tis nicht län­ger als „für alle“, son­dern als „für vie­le“ über­setzt wer­den sol­len. Dage­gen reg­te sich zum Teil hef­ti­ger Wider­stand vor allem durch die Deut­sche Bischofs­kon­fe­renz und die Ita­lie­ni­sche Bischofs­kon­fe­renz. Nach sechs Jah­ren, 2012, leg­te Bene­dikt XVI. noch ein­mal nach, und das gleich in deut­scher Spra­che. Durch sei­nen Amts­ver­zicht konn­te sei­ne Anwei­sung aber wei­ter ver­zö­gert werden. 

Wäh­rend ande­re Sprach­räu­me bereits seit eini­gen Jah­ren die neue Aus­ga­be ver­öf­fent­licht und in Gebrauch haben, hat sich im deut­schen und ita­lie­ni­schen Sprach­raum noch nichts getan. 13 Jah­re nach­dem Bene­dikt XVI. die ihrem Sinn nach ori­gi­nal­ge­treue­re Über­set­zung ver­ord­ne­te, wird in deut­schen und ita­lie­ni­schen Kir­chen das pro mul­tis noch immer als „für alle“ gespro­chen. Die Müh­len der Kir­che mah­len lang­sam ist ein geflü­gel­tes Wort, doch im kon­kre­ten Fall geht es um eine boy­kott­ähn­li­che Verschleppung.

Im Avve­ni­re-Arti­kel fällt auf, daß der zen­tra­le Punkt, wes­halb es zur Neu­aus­ga­be der Edi­tio typi­ca kam, die von Bene­dikt XVI. ange­ord­ne­ten Neu­über­set­zung des pro mul­tis, gar nicht erwähnt wird. Eini­gen Kir­chen­krei­sen scheint selbst die­ses Erbe Bene­dikts XVI. ein Dorn im Auge, wes­halb sie lie­ber dar­über schweigen.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Avve­ni­re (Screen­shot)


[1] Die­ses „auch“ ist in der deut­schen Fas­sung bereits enthalten. 

Print Friendly, PDF & Email
Anzei­ge

Hel­fen Sie mit! Sichern Sie die Exi­stenz einer unab­hän­gi­gen, kri­ti­schen katho­li­schen Stim­me, der kei­ne Gel­der aus den Töp­fen der Kir­chen­steu­er-Mil­li­ar­den, irgend­wel­cher Orga­ni­sa­tio­nen, Stif­tun­gen oder von Mil­li­ar­dä­ren zuflie­ßen. Die ein­zi­ge Unter­stüt­zung ist Ihre Spen­de. Des­halb ist die­se Stim­me wirk­lich unabhängig.

Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

Das ist müh­sam, es ver­langt eini­ges ab, aber es ist mit Ihrer Hil­fe möglich.

Unter­stüt­zen Sie uns bit­te. Hel­fen Sie uns bitte.

Vergelt’s Gott!