
(Brasilia) Brasilien erlebt heute einen großen Tag. Das wird aber nicht überall so gesehen. Wenn nicht im Apostolischen Palast, so zumindest in Santa Marta gehen im Vatikan andere Sorgen um: die universale Brüderlichkeit, der Klimawandel, ein Recht auf grenzenlose Migration und neuerdings vor allem die Ablehnung der Souveränitätsbewegung. Das betrifft nicht nur die USA und wegen der bevorstehenden Wahlen vor allem die EU, sondern auch Brasilien. Dort weiht heute Staatspräsident Bolsonaro das Land dem Unbefleckten Herz Mariens. Doch die Bischofskonferenz und Santa Marta signalisierten Desinteresse und die offiziellen katholischen Medien schweigen die Weihe tot.
Papst Franziskus hätte in Brasilien gerne weiterhin die Arbeiterpartei (PT) an der Macht gesehen, die aber an ihrer eigenen Korruption gescheitert ist. Zum neuen Staats- und Regierungschef wurde im vergangenen Herbst Jair Bolsonaro gewählt. Seine Koalition besteht aus mehreren dezidiert christlichen Parteien, manche aus dem evangelikalen Bereich. Er selbst ist Katholik, aber mit einer Freikirchlerin verheiratet. In Brasilien kann es daher vorkommen, daß der Staats- und Regierungschef auf Twitter einen Bibelvers zitiert. Heute morgen Ortszeit begrüßte Staatspräsident Bolsonaro die Brasilianer mit dem Tweet:
„Und ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen“ Johannes 8:32. Diese Botschaft geht unserer Mission immer voraus. Guten Morgen allerseits!
Diese Twitter-Nachricht hängt mit der Besonderheit des heutigen Tages zusammen. Heute fand um 19 Uhr Mitteleuropäischer Zeit in der Bundeshauptstadt Brasilia die Weihe Brasiliens an das Unbefleckte Herz Mariens statt. Sie fand nicht nur in Anwesenheit von Staatspräsident Bolsonaro, sondern direkt im Präsidentenpalast statt. Präsident Bolsonaro verlieh dem Weiheakt durch seine Unterschrift die höchste staatliche Autorität.
Die Weihe ist, bedauerlichweise, kein Akt der Brasilianischen Bischofskonferenz, sondern geht auf die Initiative katholischer Laien zurück. Vorgenommen wurde die Weihe von Don Fernando Areas Rifan, dem Apostolischen Administrator der Apostolischen Personaladministration Sankt Johannes Maria Vianney. Die Apostolische Personaladministration ist die weltweit einzige De-facto-Diözese im überlieferten Ritus.
Treibende Kraft der Weihe sind die Marianische Kongregation und andere katholischen Organisationen sowie der Frente Parlamentario Catolico, in dem sich katholische Bundesabgeordnete zusammengeschlossen haben.
Initiative von zwei Parlamentsabgeordneten
Die Idee selbst stammt von den beiden Abgeordneten Chris Tonietto und Eros Biondini. Sie betonten, daß es bei der Weihe auch und gerade um einen Staatsakt gehe, mit dem das ganze Land dem Herzen Marien geweiht wurde.
Der Tierarzt Biondini, der an der Päpstlichen Katholischen Universität von Minas Gerais, auch ein Studium der Politikwissenschaften absolvierte, wurde in Brasilien bekannt durch die größte, katholische Musikveranstaltung des Landes, die er ins Leben rief und organisierte. Der heute 48-Jährige moderierte einige Jahre eine Musiksendung des katholischen Fernsehsenders TV Canção Nova. 2006 wurde er zum Abgeordneten seines Heimatstaates Minas Gerais gewählt. Seit 2010 gehört er dem brasilianischen Bundesparlament an. Zu den Schwerpunkten seiner parlamentarischen Arbeit gehören die politische Erneuerung Brasiliens, der Widerstand gegen Versuche, die Hypothese eines angeblich menschenverschuldeten Klimawandels, bzw. die Vorstellung, „das Klima“ kontrollieren zu können, zur Grundlage der Politik zu machen, die Stärkung der Familie und der Schutz der ungeborenen Kinder. 2017 stimmte er für das Gesetz, das die Tötung ungeborener Kinder strafrechtlich belangt.
Christine „Chris“ Nogueira do Reis Tonietto ist Rechtsanwältin und Mitglied des Katholischen Kulturzentrums Don Bosco. Bekannt wurde sie 2017 durch ihre Initiative gegen die Beleidigung der katholischen Kirche und des katholischen Glaubens in der brasilianischen YouTube-Komödie Port dos Fundos. Bei den Parlamentswahlen im Oktober 2018 wurde sie zur Abgeordneten des Bundesparlaments gewählt. Ihre Aussendungen und Twitter-Nachrichten beendete sie meist mit „Viva Cristo Rei!“ (Hoch lebe Christus König).
Tonietto schrieb heute auf Twitter:
„Wir werden mit der gesamten Gruppe der katholischen Parlamentsabgeordneten da sein, der ich angehöre. Wir drücken unsere innigste Unterstützung aus und beten zu Gott, daß er unser geliebtes Brasilien, das Land des Heiligen Kreuzes, segnet!“
Als die Gouverneurin von Alabama das Gesetz zur Abschaffung der Abtreibung unterzeichnete, schrieb Tonietto am 16. Mai auf Twitter:
„Ein großer Tag für das Lebensrechtsanliegen.“
Am 17. Mai konnte sie bereits die nächste Stärkung des Lebensrechts der ungeborener Kinder weiterverbreiten:
„Mit 66 Stimmen Vorsprung stimmte das Staatsparlament von Missouri für mehrere Gesetze gegen die Abtreibung, die diese schändliche Praxis in diesem Staat massiv einschränken.“
Tonietto unterstützt die Initiative von Staatspräsident Bolsonaro, der den „Antikommunistischen Katechismus“ des 1999 verstorbenen Steyler Missionars und Erzbischofs von Diamantina, Geraldo de Proença Sigaud, jenen „empfiehlt, die sagen katholisch zu sein, aber den Kommunismus verteidigen“. Während des Zweiten Vatikanischen Konzils gehörte Erzbischof Sigaud dem Coetus Internationalis Patrum an und galt in Brasilien als der schärfste Gegner von Helder Camara, dem Erzbischof von Olinda und Recife.
Kühle Distanz durch Bischofskonferenz und Santa Marta
Die Brasilianische Bischofskonferenz, seit langem befreiungstheologisch angehaucht, verhält sich distanziert gegenüber dem neuen Staatsoberhaupt, erst recht, da von Papst Franziskus seine Sympathien (und Antipathien) klar bekundet wurden. Zur Marienweihe herrscht Schweigen. Nichts ist aus Rom von der Herzlichkeit zu vernehmen, mit der Franziskus die beiden vorigen Präsidenten Luis Inacio Lula da Silva und Dilma Rousseff von der Arbeiterpartei bedachte. Lula da Silva, der wegen Korruption zu zwölf Jahren Gefängnis verurteilt wurde, sandte er eine Solidaritätsbekundung sogar ins Gefängnis.
Anstatt sich zu freuen, katholische Ansprechpartner unter den Abgeordneten zu haben, versetzten der Bischofskonferenz und Santa Marta nahestehe Journalisten der Initiative Nadelstiche. Die Rede war, offen oder andeutungsweise, von „politischem Mißbrauch“ der Religion.
Weil der Staatspräsident sein Land dem Unbefleckten Herzen Mariens weiht? Weil katholische Parlamentsabgeordnete die Idee zu dieser Weihe hatten und sie auch in die Tat umsetzen?
Die Politisierung der Kirche führt in bedenkliche Sackgassen, wie bischöfliche Reaktionen auf die Weihe Brasiliens an Maria zeigt.
Dessen ungeachtet ist die Weihe ein großer Tag für Brasilien.
Wer sich über die Weihe informieren möchte, hat die Möglichkeit dazu unter anderem über den Twitter-Hashtag #OrePeloBrasil (Bete für Brasilien).
Text: Giuseppe Nardi/Andreas Becker
Bild: Twitter/Chris Tonietto (Screenshots)
Als Brasilianerin und Katholikin muss ich sagen: ich unterstütze diese Weihe nicht. Bolsanaro gehört zu der Kirche von Edir Macedo, eine ultrakonservative Kirche, die der katholischer Glaube attackiert.Diese Weihe ist eine neue Strategie seinerseits um die Gunst von ultrakonservative Katholiken zu gewinnen, denn sonst, und das weißt er ganz genau, bleibt er nicht länger an der Macht Brasiliens.
Ich wundere mich gar nicht mehr dass Katholiken und manche katholische Medien gegen Papst Franziskus hetzen, aber das sie Faschisten wie Bolsanaro begrüßen schon.
Wer ist Edir Macedo?
Was soll diese Politisierung? Darf eine Marienweihe nur vornehmen, wer einer ganz bestimmten politischen Richtung angehört? Das widerspricht doch dem katholischen Denken, und deshalb ist die Politisierung unter Papst Franziskus bedenklich. Die Marienweihe eines Landes ist immer richtig, und dafür ist Präsident Bolsonaro zu danken. Die Unterstützung Bolsonaros im Präsidentschaftswahlkampf durch freikirchliche Prediger wie Edir Macedo hat mit damit rein gar nichts zu tun.
Das ist ein Zeichen des nahenden Gerichts, das die Laien frömmer sind als der Klerus.
Rom ist durch das Konzil ein Religionskonzern geworden der seinen Stifter verleugnet.
Gerade heute, in all den Wirrnissen wäre ein 24 stündiges Sturmgebet zur Allerheiligsten Jungfrau nötig.
Darum sollte der Papst sich kümmern und die Gelegenheit nutzen nach Brasilien zu fahren um den mutigen Präsidenten dort
zu unterstützen.
Dieser kann seines Lohnes gewiss sein.
Bitte für uns o heilige Gottesgebärerin, Amen !
Ich bin Brasilianer und kann Bolsonaro nur unterstützen. Seit Jahrzehnten wird Brasilien systematisch zu eine komunistische Nation zu werden. Aber dank die noch zahlreiche Christen in Brasilien wurde dieses Blatt gewendet bei die Wahlen letztes Jahr. Der Papst muss seinen Worten gut überlegen… Europa ist kein sicheres Land für Christen mehr…
Das müssen dringend alle Länder der ganzen Welt tun. Dann wird der Sieg des Unbefleckten Herzens Mariens kommen und Maria wird dem Teufel den Kopf zertreten.
Bolsonaros Mitgliedschaft bei Edir Macedo ist sicher keine Empfehlung. Ob er daher überhaupt bevollmächtigt war, eine solche Weihe gültig vorzunehmen, erscheint fraglich. Bei ihm mischt sich viel Richtiges mit gewissen Einseitigkeiten, die nicht ganz unbedenklich sind. Wir leben in Zeiten, in denen allenthalben ein Verlust der gesunden [katholischen] Tradition und Mitte zu beklagen ist. Ob Matteo Salvinis Übegabe Italiens an das Unbefleckte Herz Mariens am Wochende bei einer Großkundgebung vor dem Mailänder Dom mehr Glaubwürdigkeit besitzt, sei dahin gestellt. Die bestenfalls noch in Teilen linkskatholischen C‑Parteien in Europa hinterlassen jedenfalls ein Vakuum, das von Parteien aufgefüllt wird, deren geistige Wurzeln uneindeutig bleiben und somit vorerst eher als brauchbar für eine Proteststimme denn als generelle Alternative anzusehen sind.
Sehr geehrter @FJansen, Sie haben Recht. Die Ursache allen Übels ist die Abwendung der Kirche von Glaubenswahrheiten nach dem Konzil.
Bitte nicht vergessen das es die Bischöfe waren die vielen Lateinamerikanischen Ländern „abgewöhnt“ haben die Katholische Religion als allein seligmachende zu sehen. Es wurde Glaubenspluralität bewusst durchgedrückt.
Als Folge ist der Glaube bei Klerus und Volk verdunstet, so kommt es das die Laien teilweise frömmer sind als der Klerus.
Man bestreitet in Kirchenkreisen eher die Jungfrauengeburt, als die hl. Gottesmutter zu verehren.
Eine totale Katastrophe und auch der Grund warum das 3.Geheimnis von Fatima verschlossen bleibt, denn es handelt 100%ig vom Glaubensabfall der Kirche im 20 Jhdt.