Kirchlicher „Kampf gegen rechts“ statt einer Antwort

Die Reaktion von Katholisch.de auf den Häresie-Vorwurf gegen Papst Franziskus


Kirchlicher Kampf gegen rechts - statt einer Antwort auf präzise Vorwürfe.

Von Giu­sep­pe Nardi

Anzei­ge

Die römi­sche Jesui­ten­zei­tung macht es mit Druck­erlaub­nis von Papst Fran­zis­kus vor. Katho​lisch​.de macht es mit Erlaub­nis der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz eif­rig nach. Es geht um Feind­be­stim­mung, und der Feind steht für die der­zei­ti­ge Kir­chen­füh­rung „rechts“, was immer das auch hei­ßen soll.

Mit media­len Attacken gegen jene Tei­le der katho­li­schen Kir­che, die sich dem kirch­li­chen Marsch ins Abseits nicht anschlie­ßen wol­len, exer­zie­ren kir­chen­amt­li­che Medi­en ihren spe­zi­el­len „Kampf gegen rechts“. Den ver­ant­wort­li­chen Redak­teu­ren wird es viel­leicht sogar Freu­de machen, auch in die­sem Bereich den Gleich­schritt mit dem poli­tisch-kul­tu­rel­len Main­stream zu prak­ti­zie­ren. Ori­gi­na­li­tät zählt heu­te wenig, Anpas­sung ist Trumpf. Die bieg­sa­men Wen­de­häl­se, ger­ne Tech­no­kra­ten genannt, die es in die­sen Redak­tio­nen auch geben wird, hat­ten ohne­hin noch nie Pro­ble­me mit Richtungswechseln.

Ideologisierung der Kirche

Soweit so schlecht, die Ent­wick­lung bestä­tigt näm­lich eine Poli­ti­sie­rung der Kir­che, die auf höch­ster Stu­fe mit Papst Fran­zis­kus ein­setz­te, und in erstaun­li­cher Eile unge­ahn­te Aus­ma­ße ange­nom­men hat. Das wie­der­um bestä­tigt, in unse­ren Brei­ten alle­mal, das lang­jäh­ri­ge Ein­sickern kir­chen­frem­den Den­kens in den amt­li­chen Kir­chen­ap­pa­rat. Der argen­ti­ni­sche Phi­lo­soph Car­los Alber­to Sache­ri, um der Hei­mat des amtie­ren­den Pap­stes Reve­renz zu erwei­sen, bezahl­te mit sei­nem Leben, in sei­nem Buch La Igle­sia clan­de­sti­na (Die heim­li­che Kir­che) kom­mu­ni­sti­sche Infil­tra­tio­nen in die Kir­che auf­ge­zeigt und kri­ti­siert zu haben. In West­eu­ro­pa waren es nicht Infil­tra­tio­nen, hier ist es der Marsch durch die Insti­tu­tio­nen, der auch in der Kir­che statt­fand, still und lei­se, neo­mar­xi­stisch agil, und begün­stigt durch die Ver­ant­wor­tungs­trä­ger, die seit mehr als 40 Jah­ren im Regel­fall nach dem Muster vor­ge­hen: für recht­gläu­bi­ge Katho­li­ken den Knüp­pel und für pro­gres­si­ve die Karot­te. Aber davon hat die Autorin Son­ja Stru­be wahr­schein­lich noch nie gehört. 

Doch zurück: Es geht nicht nur um den Vor­rang, den Fran­zis­kus der Poli­tik ein­räumt. Es geht um eine Ideo­lo­gi­sie­rung der Kir­che. Jeder poli­ti­sche Schritt, den Fran­zis­kus setzt, weist in eine ein­deu­ti­ge Rich­tung – nach links. Das ist kei­ne „Unter­stel­lung“, es ist aber vor allem kei­ne kirch­li­che, son­dern eine poli­ti­sche Kate­go­rie. Stru­be spricht von einem „fri­sche­ren Wind“, wo „lan­ge Zeit nur blei­er­nes Schwei­gen herrsch­te“. Die katho­li­sche Leh­re muß ihr eine uner­träg­li­che Last sein, das „süße Joch“, von dem Jesus spricht, scheint sie noch nicht ken­nen­ge­lernt zu haben. Zum „Schwei­gen“ und dem „fri­sche­ren Wind“ aber noch später.

Fran­zis­kus ist kein Sozio­lo­ge auf dem Papst­thron, wie es eini­ge Beob­ach­ter zunächst dach­ten und damit ver­such­ten, sich ihr Stau­nen über das neue Phä­no­men auf dem Stuhl Petri zu erklä­ren. Fran­zis­kus ist ein Poli­ti­ker auf dem Papst­thron. Er denkt in poli­ti­schen Kate­go­rien und hält sich einen hoch­in­tel­li­gen­ten Mann zur Umset­zung sei­nes poli­ti­schen Pro­gramms, den argen­ti­ni­schen Kuri­en­bi­schof Mar­ce­lo Sanchez Sor­on­do. Ein Mann der argen­ti­ni­schen Ober­schicht, der sich daher auf jedem Par­kett zu bewe­gen weiß, dazu noch blitz­ge­scheit. Ob und was er glaubt, dar­über gehen die Mei­nun­gen aller­dings aus­ein­an­der. Die Hin­wen­dung des Pap­stes, ob zum glo­ba­li­sti­schen Estab­lish­ment oder zur radi­ka­len Lin­ken, weiß er mit gekonn­ter Pro­fes­sio­na­li­tät in die Tat umzu­set­zen. Da Fran­zis­kus kein Hans-Dampf- in-allen-Gas­sen ist, hat er ein gro­ßes Pro­jekt, ein glo­ba­les Pro­jekt, das in den Details noch nicht bekannt ist. Was bis­her davon bekannt wur­de, ist aller­dings aus­sa­ge­kräf­tig genug. Er will eine neue, welt­um­span­nen­de Links­al­li­anz schmie­den. Das Spek­trum reicht von den selbst­ver­lieb­ten und selbst­herr­li­chen, links­li­be­ra­len Mil­li­ar­dä­ren bis zur radi­ka­len Lin­ken. An die Sei­te der Ver­ein­ten Natio­nen sol­len die Ver­ein­ten Reli­gio­nen tre­ten und der Papst ist ihr Spre­cher. Im Sep­tem­ber 2015 exer­zier­te es Fran­zis­kus vor, als im Glas­pa­last in New York die Post-2015-Zie­le der UNO beschlos­sen wur­den. Zur Unter­zeich­nung des Migra­ti­ons­pak­tes schick­te er Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Paro­lin nach Marrakesch.

Der alte Traum: Sozialismus und Christentum

Dahin­ter steht für Fran­zis­kus eine alte Idee, die seit der Zwi­schen­kriegs­zeit nicht weni­ge geträumt haben: ein Bünd­nis zwi­schen Sozia­lis­mus und Chri­sten­tum. Läßt sich das ver­ei­nen? Man arbei­tet dar­an. Den Weg hat der Zusam­men­bruch des kom­mu­ni­sti­schen Ost­blocks frei­ge­macht. Die trotz­ki­sti­schen Neo­kon­ser­va­ti­ven in den USA haben die Gele­gen­heit beim Schopf gepackt, und wesent­li­che Schrit­te für das Über­le­ben des Sozia­lis­mus gesetzt. Die am Boden lie­gen­de, poli­ti­sche Lin­ke hat sich nach dem Schei­tern des Sowjet­im­pe­ri­ums schnell vom libe­ra­len Kapi­ta­lis­mus ein­fan­gen las­sen. Vie­le Alter­na­ti­ven waren ihr nicht geblie­ben. Die Libe­ra­len, gesell­schafts­po­li­tisch links posi­tio­niert, woll­ten sich, nun, da die Bedro­hung durch Mos­kau besei­tigt war, der lästi­gen Ver­bün­de­ten ent­le­di­gen, auf die man im Kal­ten Krieg ange­wie­sen war, und die bis­her das Fuß­volk stell­ten und die Stim­men lie­fer­ten: die Christ­de­mo­kra­ten, die Kon­ser­va­ti­ven, die Natio­na­len. Die geschla­ge­ne Lin­ke wur­de seit den 90er Jah­ren zur neu­en Fuß­trup­pe der Glo­ba­li­sten, anfangs nur die Sozi­al­de­mo­kra­ten, inzwi­schen sogar schon die extre­me Lin­ke. Dafür dür­fen die lin­ken Par­tei­füh­rer die kapi­ta­li­sti­schen Seg­nun­gen des Wohl­stan­des genie­ßen. Und dafür fin­den sich Libe­ra­le und Lin­ke in der staat­li­chen Bevor­mun­dung der Mas­sen zusam­men, um die gren­zen- und bin­dungs­lo­se Kas­sen­ge­sell­schaft abzusichern.

Die römi­sche Jesui­ten­zeit­schrift La Civil­tà Cat­to­li­ca lei­stet ihren Bei­trag zum Kampf gegen US-Prä­si­dent Donald Trump, indem sie die „christ­li­che Rech­te“ attackiert. Das war der Auf­takt. Der „christ­li­chen Rech­ten“ wird die unver­zeih­li­che „Sün­de“ vor­ge­wor­fen, maß­geb­lich zum Wahl­sieg des vom Estab­lish­ment ver­ach­te­ten US-Prä­si­den­ten bei­getra­gen zu haben und noch immer einen „Kul­tur­kampf“ für Ehe und Fami­lie und gegen Abtrei­bung und „Homo-Ehe“ zu füh­ren, anstatt sich schmieg­sam den „Lebens­wirk­lich­kei­ten“ anzu­pas­sen. Das stimmt so zwar nicht, denn den Wahl­sieg hol­te sich Trump in den Indu­strie­staa­ten an den Gro­ßen Seen. Papst Fran­zis­kus scheint aber eine ande­re Rech­nung zu machen: Er geht davon aus, daß eine Schwä­chung der „christ­li­chen Rech­ten“ (ob pro­te­stan­tisch oder katho­lisch ist einer­lei) bei knap­pen Mehr­hei­ten über den Sieg ent­schei­det. Das Ziel sind „struk­tu­rel­le Mehr­hei­ten“ links der Mit­te, von denen schon Barack Oba­ma träumte. 

Katho​lisch​.de: „Der Feind steht rechts“

Katho​lisch​.de attackiert die „Geg­ner von Papst Fran­zis­kus“. Der Feind steht rechts, das weiß in Deutsch­land jedes Kind, denn so häm­mert es die Bun­des­zen­tra­le für poli­ti­sche Bil­dung, dafür ver­schwen­den Bun­des­re­gie­rung und Lan­des­re­gie­run­gen Steu­er­gel­der für staat­li­che oder staat­lich finan­zier­te Kam­pa­gnen, das pro­pa­gie­ren die Alt-Par­tei­en, Grü­ne und Die Lin­ke sowie­so, und ein brei­tes Medi­en­kar­tell. Dafür gibt es – man staunt – sogar For­schungs­pro­jek­te und Lehr­stüh­le an Theo­lo­gi­schen Fakul­tä­ten. Die Autorin ver­dient ihr Geld damit. 

„Rechts“ ist zum Syn­onym für Anders­den­ken­de gewor­den. Dar­um bedient sich auch Katho​lisch​.de erprob­ter Kampf­be­grif­fe, und das gleich im Titel, wo von einer „Ana­ly­se rechts­ka­tho­li­scher Inter­net­sei­ten“ die Rede ist. Um eine Ana­ly­se geht es frei­lich weni­ger, dafür um so mehr um Feindbestimmung.

Was treibt die Autorin und das Nach­rich­ten­por­tal der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz an? Offen­bar der Offe­ne Brief einer Grup­pe katho­li­scher Intel­lek­tu­el­ler, die am 30. April Papst Fran­zis­kus der Häre­sie beschul­digt haben. Das Medi­en­flagg­schiff der deut­schen Bischö­fe bemüht sich aber nicht um Ana­ly­se, denn dazu hät­te die Redak­ti­on in den ver­gan­ge­nen Tagen viel Gele­gen­heit gehabt. Um Dia­log schon gar nicht, jeden­falls kei­nen inner­kirch­li­chen. Katho​lisch​.de hät­te den Offe­nen Brief ver­öf­fent­li­chen kön­nen, damit Deutsch­lands Katho­li­ken – laut pro­gres­si­ver Dik­ti­on ja „mün­di­ge Chri­sten“ – sich selbst eine Mei­nung bil­den kön­nen. Doch wenn es dar­auf ankommt, glaubt man auf pro­gres­si­ver Sei­te selbst nicht den eige­nen Konstrukten. 

Katho​lisch​.de hät­te auch ver­su­chen kön­nen, auf die Anschul­di­gun­gen zu ant­wor­ten und sie zu ent­kräf­ten. Dazu feh­len der nöti­ge Wil­le und wahr­schein­lich auch die Vor­aus­set­zun­gen. Und die Bischö­fe, allen vor­an Kar­di­nal Rein­hard Marx, der Vor­sit­zen­de der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz, wer­den sich hüten, das The­ma auf­zu­grei­fen. Nicht weil es wegen der Angrif­fe gegen den Papst ein zu hei­ßes Eisen wäre, son­dern weil sie die Recht­fer­ti­gung des päpst­li­chen Han­delns ins Schwit­zen bräch­te. Die Dis­kre­di­tie­rung der Kri­ti­ker ist noch immer der ein­fach­ste Weg, der argu­men­ta­ti­ven Aus­ein­an­der­set­zung auszuweichen.

Feindbestimmung

Das Mit­tel ist alt­be­währt: Die Mei­nung der Gegen­sei­te wird igno­riert, dis­kre­di­tiert und jene, die Dia­log­part­ner sein müß­ten, wer­den zum Feind­bild gestem­pelt. Bekannt­lich ist die rote Linie dann über­schrit­ten, wenn man nicht mehr mit­ein­an­der spricht. Die Gefähr­lich­keit des Weges, der der­zeit vom Main­stream beschrit­ten wird – und wor­in die amt­li­chen, katho­li­schen Medi­en fol­gen – soll­te den Ver­ant­wort­li­chen dabei aber bewußt sein. Die welt­li­chen Medi­en, beson­ders die grün­ge­färb­ten, über­schrei­ten sie den­noch täg­lich, macht­trun­ken, gleich­gül­tig, arro­gant. In der Kir­che soll­te es anders sein, sollte…

Noch gestern wur­de von bekann­ter Sei­te das hohe Lied von Demo­kra­tie, Mei­nungs­frei­heit, Mit­be­stim­mung gesun­gen, schon heu­te prak­ti­ziert die­sel­be Sei­te Des­po­tie, Mei­nungs­ver­bo­te, Dia­log­ver­wei­ge­rung. Es wäre dabei ein schlech­ter Poli­ti­ker, wer ein sol­ches Ver­hal­ten offen zugä­be. Dar­um ver­wen­det man Chif­fren und Zau­ber­wör­ter, indem man jenen, die man bekämpft vor­wirft, was man selbst praktiziert. 

Katho​lisch​.de erwähnt, nicht ver­le­gen, Ste­ve Ban­non und die AfD, die man in einem unsau­be­ren Sam­mel­su­ri­um in einen Topf mit der „extre­men Rech­ten“ wirft. Allein damit haben sich Autorin und Redak­ti­on dis­qua­li­fi­ziert. Jeden­falls kön­nen sie nicht behaup­ten, daß die „Ana­ly­se“ von intel­lek­tu­el­ler Red­lich­keit strotzt. Der demo­kra­ti­schen Rech­ten, um die geht es, wird vor­ge­wor­fen, die Gesell­schaft zu spal­ten. Der­zeit ein hoch­quo­tier­tes Zau­ber­wort. In Wirk­lich­keit will man ande­re Mei­nun­gen, die übri­gens vor kur­zem noch für die Mehr­heit der Gesell­schaft selbst­ver­ständ­lich waren, nicht hören. Da man ihre Wir­kung fürch­tet, sol­len sie erst gar nicht Teil des öffent­li­chen Dia­log wer­den. Das Gegen­teil soll­te in einer Demo­kra­tie selbst­ver­ständ­lich sein. Sollte…

Es ist wie mit dem Dieb, der am lau­te­sten „Hal­tet den Dieb“ schreit, um von sich selbst abzu­len­ken. So sind der­zeit die wirk­li­chen Spal­ter vor allem jene, die ande­ren die Spal­tung der Gesell­schaft vor­wer­fen. Ehr­lich­keit sieht natür­lich anders aus. Doch um Ehr­lich­keit geht es ja auch gar nicht, son­dern um Macht, um die Macht derer, die sie haben und behal­ten wol­len. Ein altes Lied. In weni­gen Tagen wer­den die 751 Sit­ze im EU-Par­la­ment neu ver­ge­ben. Es geht um Anse­hen und Ein­fluß, um Steig­bü­gel­hal­ter und um Platz­hal­ter, denn die wirk­lich Mäch­ti­gen sit­zen dort nicht und stel­len sich auch kei­nen Wahlen. 

Katho​lisch​.de greift also tief in die Mot­ten­ki­ste und holt die Rechts­extre­mis­mus-Keu­le her­aus. Mit ihr sind inzwi­schen schon zwei Gene­ra­tio­nen auf­ge­wach­sen, die einen als Keu­len­schwin­ger, die ande­ren als deren Ziel­schei­be. In die­sem Metier sind Deutsch­lands Jour­na­li­sten vor­treff­lich geschult, wenn nicht gar gehirn­ge­wa­schen. Wer was wer­den will, muß spu­ren. Der ver­stor­be­ne Jour­na­list Udo Ulfkot­te war ein­mal so ehr­lich, die unsicht­ba­ren Abhän­gig­kei­ten, Anbie­de­run­gen bis hin zur Käuf­lich­keit von Zunft­ge­nos­sen zu ent­hül­len. Ein Jour­na­list schreibt für Geld. Die Geld­ge­ber sind jene, die im Dun­keln sit­zen. Dafür darf manch schrei­ben­der Bück­ling sich sogar mora­lisch auf­spie­len, natür­lich immer aus siche­rer Ent­fer­nung vom Schreib­tisch eines Medi­en­hau­ses aus.

Das Vokabular verrät die Intention

Wel­che Bedeu­tung hat also die Katho​lisch​.de-Ana­ly­se? Wohl nur jene, den Beweis erbracht zu haben, daß man dort die Anti-rechts-Lek­ti­on ver­stan­den hat und anzu­wen­den weiß. Das Voka­bu­lar ver­rät die Inten­ti­on, und es kommt geballt: 

„rechts­ka­tho­lisch“, rigi­de Moral­vor­stel­lun­gen“, apo­ka­lyp­ti­sche Rachefan­ta­sien“, „reak­tio­nä­re Grup­pen“, „extre­me Rech­te“, „aggres­siv“, „Ver­höh­nung“, „aggres­si­ve fun­da­men­ta­li­stisch-auto­ri­tä­re Unter­strö­mung“, „Spal­ten“, „nega­ti­ve Sicht auf die Welt“, „star­ke ver­ba­le Abwer­tung Anders­den­ken­der“, Ver­schwö­rungs­retho­rik“, „auto­ri­tä­re Aggres­si­on“, „anti­de­mo­kra­ti­sche Per­sön­lich­keit“, „Faschis­mus“, „Natio­nal­so­zia­lis­mus“, „Destruk­ti­vi­tät“, „Trieb­im­pul­se“, „Ich- und Gewis­sens­schwä­che“, „rigi­de reli­giö­se Vor­stel­lun­gen“, „auto­ri­tä­re Aggres­sio­nen“, „Wut“, „Auto­ri­ta­ris­mus“, „destruk­ti­ve Dyna­mi­ken“, „rechts­po­pu­li­stisch“, rechts­extrem“, „reli­gi­ös auto­ri­tär“, „Rechts­po­pu­lis­mus“, rechts­extre­me Menschenfeindlichkeit“. 

Der „Kampf gegen rechts“ funk­tio­niert schon wie einst die Selbst­schuß­an­la­gen an der inner­deut­schen Gren­ze. Das Sperr­feu­er wird ohne Vor­war­nung eröff­net auf jeden, der sich dem ver­ord­ne­ten Ein­heits­den­ken ent­zieht. Die katho­li­sche Kir­che wuß­te in ihrer gro­ßen Weis­heit, war­um sie sich jedem Ein­heits­den­ken aus gutem Grund und mit allen zur Ver­fü­gung ste­hen­den Mög­lich­kei­ten zu ent­zie­hen trach­te­te. Die­se Weis­heit scheint der­zeit in Rom aller­dings kei­ne beson­ders geschätz­te Grö­ße mehr.

Wer sich die Mühe gemacht hat, die poli­tik­wis­sen­schaft­li­che Vor­le­sung eines lin­ken Dozen­ten zu hören, kennt sich mit dem lin­ken Dis­kurs aus. Der Text könn­te von der Anto­nio-Ama­deu-Stif­tung pro­du­ziert wor­den sein, oder – auf Öster­reich bezo­gen – vom Doku­men­ta­ti­ons­ar­chiv des öster­rei­chi­schen Wider­stan­des (DÖW). Bei­de staat­lich ali­men­tier­ten Orga­ni­sa­tio­nen wur­den von Kom­mu­ni­sten gegrün­det. Doch in den neu­en Alli­an­zen, die in den ver­gan­ge­nen Jah­ren geschmie­det wur­den, klin­geln kei­ne Alarm­glocken mehr.

Doch nein, die Autorin des Bei­tra­ges von Katho​lisch​.de ist gar kei­ne Poli­tik­wis­sen­schaft­le­rin, sie arbei­tet auch nicht für die Anto­nio-Ama­deu-Stif­tung. Sie ist habi­li­tiert in Reli­gi­ons­päd­ago­gik und Theo­re­ti­scher Theo­lo­gie und arbei­tet für eine Katho­lisch-Theo­lo­gi­sche Fakul­tät. Sie soll­te sich also nicht unbe­dingt wun­dern, wenn es Vor­be­hal­te gegen die „moder­ne, wis­sen­schaft­li­che Theo­lo­gie“ gibt.

Und tat­säch­lich: Wiki­man­nia schreibt zu Strube:

„Die katho­li­sche Theo­lo­gin Son­ja Ange­li­ka Stru­be (*1968) ver­un­glimpft seit Jah­ren sol­che Chri­sten als ‚rechts‘, die sich für den Schutz des Lebens, der Ehe und der Fami­lie und gegen die Gen­der-Ideo­lo­gie ein­set­zen. In ihren Ver­öf­fent­li­chun­gen zählt sie bür­ger­li­che Initia­ti­ven und enga­gier­te Chri­sten mit rechts­extre­men Grup­pie­run­gen wie der NPD auf, um sie damit ins Zwie­licht zu rücken.“ 

Katho​lisch​.de hat sich einen Pro­fi engagiert.

Ent­schei­dend ist aber nicht links oder rechts, nicht „moder­ne“ oder „alte“ wis­sen­schaft­li­che Theo­lo­gie, ent­schei­dend ist nur, ob jemand gläu­big ist oder nicht. Glaubt jemand, was Chri­stus der Kir­che anver­traut hat? Kann jemand das Glau­bens­be­kennt­nis ohne Vor­be­hal­te, Fuß­no­ten und Men­tal­re­ser­ven beken­nen? Kann das Son­ja Stru­be? Ich hof­fe es, denn das ist die ein­zig rele­van­te Fra­ge. Das gan­ze Nega­tiv­vo­ka­bu­lar, das sie akri­bisch aus dem Hut gezau­bert hat, kann sie dann getrost wie­der weg­packen. Auch sie merkt offen­bar nicht, daß sie dem Objekt ihres Arti­kels „Nega­ti­ves“ vor­wirft, in Wirk­lich­keit selbst aber ihr Feind­bild mit einer Kano­na­de nega­ti­ver Voka­beln attackiert. Sie weiß als pro­fes­sio­nel­le Kämp­fe­rin gegen rechts um die Code­wör­ter der sozia­len Äch­tung, den­noch setzt sie sie beden­ken­los ein. Und Katho​lisch​.de bie­tet ihr ein Forum.

Adorno als Kronzeuge

Ihr Arti­kel hat eine Mis­si­on, um das zu ver­ste­hen, muß nicht der Mar­xist Ador­no bemüht wer­den. Die Autorin und die Redak­ti­on von Katho​lisch​.de mer­ken gar nicht, geschwei­ge denn stört es sie, wel­che Dis­kre­panz dar­in besteht, als Katho­li­ken, oder zumin­dest als sol­che, „die sich selbst in der römisch-katho­li­schen Kir­che ver­or­ten“ – um Son­ja Stru­be zu zitie­ren und ihr in Erin­ne­rung zu rufen, daß die Kir­chen­zu­ge­hö­rig­keit nicht von irgend­ei­ner steu­er­geld­fi­nan­zier­ten Haupt­amt­lich­keit abhängt –, Ador­no als Maß­stab zur Beur­tei­lung der Wirk­lich­keit zu nehmen.

Da wird die Blind­heit, von der die Evan­ge­li­en spre­chen, gera­de­zu greif­bar. Die ent­schei­den­den Fra­gen stellt aber der Herr selbst: „Wird der Men­schen­sohn, wenn er wie­der­kommt, Glau­ben fin­den auf Erden?“ (Lk 18,8).

Und weil es ange­kün­digt wur­de, noch ein Wort zur sub­jek­ti­ven Mei­nung von Frau Stru­be (und Katho​lisch​.de), Papst Fran­zis­kus habe einen „fri­sche­ren Wind“ gebracht, nach­dem anglich „lan­ge Zeit nur blei­er­nes Schwei­gen herrsch­te“. Das kann man auch anders sehen. 

Objek­ti­ve Tat­sa­che ist, daß die Päp­ste Johan­nes Paul II. und Bene­dikt XVI. nicht geschwie­gen haben. Ein „blei­er­nes Schwei­gen“ ist ein Pro­dukt des der­zei­ti­gen Pon­ti­fi­kats. Es bela­stet das Petrus­amt schwer. Fran­zis­kus schweigt, wann immer ihm unan­ge­neh­me Fra­gen gestellt werden. 

Er schweigt seit zwei­ein­halb Jah­ren zu den Dubia meh­re­rer Kar­di­nä­le, obwohl es dabei um das Ehe­sa­kra­ment, das Buß­sa­kra­ment und das Altar­sa­kra­ment geht. Er schweigt seit andert­halb Jah­ren zur Cor­rec­tio filia­lis, jener War­nung, mit der er auf­merk­sam gemacht wur­de, mög­li­cher­wei­se unab­sicht­lich Häre­si­en zu för­dern. Er schweigt seit acht Mona­ten zu den Anschul­di­gun­gen des ehe­ma­li­gen Apo­sto­li­schen Nun­ti­us in den USA, Erz­bi­schof Car­lo Maria Viganò, von der noto­ri­schen Ver­let­zung des Moral­ge­set­zes und des Kir­chen­rechts durch Kar­di­nal Theo­do­re McCar­ri­ck gewußt zu haben, eben­so, daß der Kar­di­nal die eige­nen Semi­na­ri­sten und Prie­ster kor­rum­pier­te, aber taten­los zusah und den Täter sogar reha­bi­li­tier­te und för­der­te. Glei­ches gilt im Fall Bar­ros, im Fall Pine­da, im Fall Zan­chet­ta. Wie vie­le Fäl­le braucht es, um hin­ter dem Ein­zel­fall ein System zu erkennen? 

Und Fran­zis­kus schweigt zu den bis­her hef­tig­sten Anschul­di­gun­gen, die von katho­li­schen Intel­lek­tu­el­len in einem Offe­nen Brief vor­ge­bracht wur­den. Auf 20 Sei­ten wird Fran­zis­kus detail­liert doku­men­tiert der Häre­sie bezich­tigt. Da genügt es nicht, fest­zu­stel­len, daß der amtie­ren­de Papst „in einer Wei­se ange­grif­fen“ wer­de, „die sprach­los macht“. 

Ein Halb­satz, und das The­ma ist vom Tisch? 

So möch­te es Katho​lisch​.de. Das ist die Auf­ga­be des Arti­kels von Son­ja Stru­be. Das ist aber ein­deu­tig zu wenig. Viel zu wenig. 

Die Katho­li­ken haben das Recht zu wis­sen, ob ihr Papst noch die katho­li­sche Leh­re ver­tritt, oder sei­ne Pri­vat­mei­nung. Auch die Welt hat das Recht, das zu wis­sen. Das Ent­setz­li­che ist nicht, daß ihm vor­ge­wor­fen wird, „was seit Jahr­hun­der­ten kei­nem Papst vor­ge­wor­fen wur­de“. Das ist ein blo­ßer For­ma­lis­mus, man könn­te auch von einer geheu­chel­ten Empö­rung spre­chen. Das Ent­setz­li­che ist, daß katho­li­sche Intel­lek­tu­el­le einen Papst sehen, der ihrer Ansicht nach Häre­si­en ver­brei­tet und sich nach lan­gem, inne­rem Rin­gen – Son­ja Stru­be kann ein sol­ches Rin­gen viel­leicht nicht ein­mal erah­nen – in ihrer Ver­zweif­lung auf­raf­fen, aus Lie­be zu Chri­stus, zur Kir­che, zum Papst und vom Gewis­sen getrie­ben, einen Auf­schrei los­zu­las­sen. Daß es durch das Han­deln von Fran­zis­kus über­haupt zu so einer Situa­ti­on kom­men konn­te, das ist das Ent­setz­li­che an der Sache. 

Die Unter­zeich­ner des Offe­nen Brie­fes wen­den sich an alle Bischö­fe. Sie legen ihnen kla­re, doku­men­tier­te Aus­sa­gen vor und bit­ten sie, alles zu prü­fen und selbst Schlüs­se zu zie­hen. Für Katho​lisch​.de ist das ein so schwer­wie­gen­des Ver­ge­hen, daß man Son­ja Stru­be mit ihrer Rechts­extre­mis­mus­keu­le aus­schickt. Ein ech­tes Ver­sa­gen, denn so han­deln Ideologen. 

Es tut viel­leicht gut, sich an einen Satz des hei­li­gen Kir­chen­va­ters Vin­zenz von Lérins zu erinnern:

„Eini­ge Päp­ste schenkt Gott, ande­re dul­det er, mit wie­der ande­ren straft er.“

Das, Frau Stru­be, ist kei­ne „nega­ti­ve Sicht der Welt“. Das ist nüch­ter­ner Realitätssinn.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Katho​lisch​.de (Screen­shot)

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Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

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