Von einer Katholikin
Regina caeli, laetare, alleluja.
Freu dich, du Himmelskönigin, alleluja! Den du zu tragen würdig warst, alleluja. Er ist auferstanden, wie er gesagt hat, alleluja.
So beten wir jetzt in der Osterzeit anstelle des Angelus die marianische Antiphon aus dem Stundenbuch. Wir jubeln mit der allerseligsten Jungfrau und Gottesmutter Maria über die Auferstehung unseres Erlösers Jesus Christus. Wir verehren sie als die Königin, die Jesus unmittelbar zu sich in seine himmlische Herrlichkeit aufgenommen und gekrönt hat. Sie ist unsere mütterliche Fürsprecherin bei ihrem Sohn, zu ihr dürfen wir vertrauensvoll beten.
Wer aber ist Maria 2.0?
„Die Bezeichnung ‚Maria 2.0‘ haben wir bewußt gewählt“, sagt Elisabeth Kötter, eine der Initiatorinnen von Maria 2.0. „Maria hat das Bild der Frau über Jahrhunderte geprägt als schweigende, leidende und jungfräuliche Mutter. Wir wollen sie vom Sockel holen und einen Neuanfang machen.“
Ein solcher Satz ist symptomatisch für unsere Zeit. Frauen demontieren sich selbst und bemerken es noch nicht einmal. Maria, die jungfräuliche Mutter, die neue Eva, sie, eine Frau, ist als einziger ohne Erbsünde empfangener Mensch darin Jesu gleich. Und sie hat nicht geschwiegen.
„Fiat mihi secundum verbum tuum. Mir geschehe nach deinem Wort.“
Sie hat das entscheidende Ja gesagt und wurde Mutter unseres Erlösers. Nur sie hat Er direkt zu sich in den Himmel geholt. Sie ist unsere mütterliche Fürsprecherin bei ihrem Sohn, zu ihr, der„Königin aller Heiligen“, dürfen wir vertrauensvoll beten. Und sie bleibt keineswegs stumm. Nicht nur die Botschaften von Fatima geben davon eindrücklich Zeugnis.
Eine solche Maria hatten die Münsteraner Frauen der Heilig-Kreuz-Gemeinde nicht im Sinn, als sie deren Namen auf das Banner des Protests gegen Strukturen der Amtskirche und für„die Abschaffung bestehender männerbündischer Machtstrukturen“ schrieben. Im Schriftzug ähnelt das M einer umgekehrten Krone. Das Aktionslogo zeigt eine Frau, die die Kirche „wachküßt“. Und das Kreuz auf dem Dach? Ein Venusspiegel♀.Andrea Voß-Frick, die zweite Hauptinitiatorin, dichtet von unserer Kirche im Morgen, in der alle willkommen sind, auch„Homo und Hetero“.
Daß gläubige katholische Frauen, die regelmäßig den Gottesdienst besuchen und sich in der Kirche engagieren, einen solchen Weg einschlagen, sollte uns zu denken geben. Ihr berechtigtes Entsetzen über die jahrelangen Mißbrauchsfälle in der Kirche führt zu falschen Antworten und Forderungen, die an den Wurzeln des Übels vorbeigehen. Die Münsteranerinnen forderten in einem offenen Brief an Papst Franziskus den„Zugang von Frauen zu allen Ämtern der Kirche, Aufhebung des Pflichtzölibats und die Ausrichtung der kirchlichen Sexualmoral an der Lebenswirklichkeit der Menschen“. Diese Katholikinnen stehen ganz unter dem Einfluß moderner Häresien, wie sie der Relativismus und der modernistische Ungeist unserer Zeit gebären. In diesem Klima, das gerade in unserem Lande von nicht wenigen Bischöfen und Priestern befördert wird, verwundert das eigentlich kaum noch. Die Frauen glauben,„daß die Struktur, die Mißbrauch begünstigt und vertuscht, auch die ist, die Frauen von Amt und Weihe und damit von grundsätzlichen Entscheidungen und Kontrollmöglichkeiten in der Kirche ausschließt“.
Doch das ist nicht alles: Maria 2.0, die freie Initiative von Frauen zur Erneuerung der Kirche, ruft alle Frauen deutschlandweit in der Woche vom 11. bis 18. Mai zum Kirchenstreik auf. Man wolle keine Kirche mehr betreten und keinen Dienst tun. Kreative Gottesdienste würden vor den Kirchen gefeiert.
Ein Blick in den Kalender genügt. Der 12. Mai ist ein Sonntag. Ein kreativer Wortgottesdienst vor der Kirche ist keine heilige Messe. Ruft man hier dazu auf, die Sonntagspflicht zu mißachten? Eine Sünde.
Das Echo scheint bisher verhalten zu sein. Im Bistum Rottenburg-Stuttgart werden vom Diözesanverband des Katholischen Deutschen Frauenbundes Aktionen in einigen Gemeinden unterstützt. Der Kirchenstreik richte sich nicht gegen die Gemeinden, sondern„gegen die reformbedürftigen kirchlichen Strukturen“. Man betont, daß die Münsteraner Initiatorinnen von Maria 2.0 „Frauen nicht von den Gottesdiensten fernhalten“ wollen. Die Heilige Messe finde natürlich statt, für die, die „nicht mitmachen wollen bei Maria 2.0“. Mit Maria 2.0 aber solle statt in der Kirche vor den Kirchentüren„Liturgie gefeiert werden, mit Gebeten, Liedern und in kreativen Formen“.
Da sagt ein Pastoralteam in Biberach dann auch einfach mal „in Solidarität mit dieser Aktion“ die samstägliche Vorabendmesse ab und lädt stattdessen die Gläubigen ein, „das Anliegen der Aktion im Gottesdienst auf dem Kirchplatz mitzutragen“.
„Frauenlob wird gerne von Kirchenmännern gesungen, die aber allein bestimmen, wo Frauen ihre Talente in der Kirche einbringen dürfen. In ihrer Mitte dulden sie nur eine Frau: Maria. Auf ihrem Sockel. Da steht sie. Und darf nur schweigen. Holen wir sie vom Sockel! In unsere Mitte. Als Schwester, die in die gleiche Richtung schaut, wie wir.“
Wir wissen, in welche Richtung Maria schaut. Sie sieht immer nur auf ihren Sohn, ihr Kind, sein Kreuz, ihren Gott. Sie ist durch und durch christozentrisch. Die Frauen von Maria 2.0 dagegen schauen offensichtlich eben nicht in die gleiche Richtung. Sie schielen auf den Priester, dessen Weiheamt sie auch erreichen möchten, um Macht zu haben. Diese Fehleinschätzung kommt nicht von ungefähr. Daß seit der Liturgiereform Ende der 1960er Jahre der Priester nicht mehr ad orientem und zum Kreuz hin zelebriert, sondern zur Gemeinde, bietet Möglichkeiten zur Selbstdarstellung. Das Bewußtsein eines alter Christus, der wirklich an Christi Stelle handelt, ist geschwunden, und Weihe steht zunehmend als Synonym für Einfluß und Gestaltungsmöglichkeit. Nur auf der Basis eines solchen falschen Verständnisses des Priestertums erscheint der Ruf nach gleichberechtigter Partizipation der Frauen am Weiheamt folgerichtig.
Letztlich wiederholen Frauen hier nur das, was einige Kirchenmänner sagen, für die die Kirche zum Ort eigenmächtiger Umbaumaßnahmen geworden ist. Frauenpriestertum, Aufhebung des Zölibats, Aushebelung der katholischen Morallehre – Maria 2.0 ist jedenfalls dabei. Sie äußern ihre freie Meinung. Den Mund darf man ihnen nicht verbieten. Auch nicht, daß sie die Gottesmutter vor ihren Karren spannen. Doch zur brüderlichen Ermahnung sind wir verpflichtet.
Beten wir vertrauensvoll im Marienmonat. Die Anrufungen der Lauretanischen Litanei enthalten das, was Schwester Maria 2.0 nicht sein soll: Jungfrau, Mutter und Königin.
Bild: Maria 2.0/Wikicommons/Giuseppe Nardi (Screenshot)