Papst Franziskus und die systematische Unsichtbarkeit des Gründonnerstags

Der Papst der Gesten und seine Signale


Unsichtbarer Gründonnerstag: Zum siebten Mal in Folge macht Franziskus nicht nur sich, sondern den Gründungsakt der sichtbaren Stiftung der Kirche, des Weihepriestertums und der Eucharistie unsichtbar.
Unsichtbarer Gründonnerstag: Zum siebten Mal in Folge macht Franziskus nicht nur sich, sondern den Gründungsakt der sichtbaren Stiftung der Kirche, des Weihepriestertums und der Eucharistie unsichtbar.

(Rom) Auch 2019 – im sieb­ten Jahr in Fol­ge – ent­zieht Papst Fran­zis­kus die Lit­ur­gie eines der hei­li­gen drei Tage, des Tri­du­um Pascha­le, der Öffent­lich­keit. Mehr noch, sie ver­schwin­det zur Gän­ze aus dem Kalen­der der päpst­li­chen Zele­bra­tio­nen in der Hei­li­gen Woche. Vor weni­gen Tagen wur­de er für das Jahr 2019 ver­öf­fent­licht, und wie­der klafft ohne jeden erklä­ren­den Hin­weis ein Loch, als gebe es die Grün­don­ners­tags­lit­ur­gie gar nicht.

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Zwei Wochen nach sei­ner Wahl im März 2013 folg­te der erste Grün­don­ners­tag sei­nes Pon­ti­fi­kats. Papst Bene­dikt XVI., hieß es damals, habe sei­nen bei­spiel­lo­sen Amts­ver­zicht nach dem Oster­ter­min gelegt, um die Wahl sei­nes Nach­fol­gers noch in der Fasten­zeit mög­lich zu machen. Auf die­se Wei­se soll­ten die resi­die­ren­den Kar­di­nä­le recht­zei­tig zum Tri­du­um sacrum in ihre Bis­tü­mer zurück­keh­ren können. 

Seit sei­ner Wahl macht Papst Fran­zis­kus die Grün­don­ners­tags­lit­ur­gie syste­ma­tisch unsicht­bar. Er zele­brier­te sie noch nie öffent­lich. Die hei­li­gen drei Tage bil­den eine lit­ur­gi­sche Ein­heit. In ihnen gedenkt die Kir­che der zen­tra­len Ent­wick­lung der Heils­ge­schich­te vom Letz­ten Abend­mahl bis zur Auf­er­ste­hung Jesu Christi. 

Fußwaschung im Jugendgefängnis 2013
Fuß­wa­schung im Jugend­ge­fäng­nis 2013

Jedem Bischof ist vor­ge­schrie­ben, das Letz­te Abend­mahl als sicht­ba­ren Grün­dungs­akt der Kir­che in sei­ner Bischofs­kir­che zu zele­brie­ren. Aus die­sem Grund ist die Grün­don­ners­tags­lit­ur­gie einer der weni­gen Momen­te des Kir­chen­jah­res, die der Papst tra­di­tio­nell in der Late­ran­ba­si­li­ka zele­briert. Sie ist die römi­sche Bischofs­kir­che, nicht der Peters­dom. Sie ist die rang­höch­ste Basi­li­ka der Chri­sten­heit und trägt des­halb den Titel Omni­um urbis et orbis eccle­si­arum mater et caput, „Mut­ter und Haupt aller Kir­chen der Stadt Rom und des Erdkreises“. 

Doch unter Fran­zis­kus ent­schwin­det der Grün­don­ners­tag im Nebel des Gedächt­nis­ses. Statt­des­sen nützt er die Lit­ur­gie durch die exklu­si­ve Beto­nung der Fuß­wa­schung für poli­tisch kor­rek­ten Akti­vis­mus. Das mag Sozi­al­ak­ti­vi­sten freu­en, wird der Bedeu­tung des Tages aber nicht in ange­mes­se­ner Wei­se gerecht. Die Fuß­wa­schung ist ein wich­ti­ges Ele­ment, aber nicht das wich­tig­ste. Die Über­be­to­nung die­ser „sozia­len Geste“ durch Papst Fran­zis­kus wur­de auch durch die von ihm durch­ge­führt Ände­rung des Fuß­wa­schungs­ri­tu­als am Grün­don­ners­tag deut­lich. Seit 2016 kann in der gesam­ten Welt­kir­che die sym­bo­li­sche Hand­lung wäh­rend der Hei­li­gen Mes­se vom Letz­ten Abend­mahl auch an Frau­en und Mäd­chen voll­zo­gen werden. 

Fran­zis­kus läßt sei­ne Bischofs­kir­che und sei­ne Her­de ver­waist und besucht an die­sem Tag Flücht­lings­hei­me und Gefäng­nis­se. Dafür wäre an vie­len ande­ren Tagen des Jah­res Gele­gen­heit, wes­halb es nicht ver­wun­dern kann, daß schnell der Ver­dacht auf­kam, daß dem Unsicht­bar­ma­chen der Mis­sa in coe­na Domi­ni eine tie­fe­re, ver­bor­ge­ne Absicht zugrun­de­lie­gen könn­te. Dafür spricht die Syste­ma­tik und die Bedeu­tung des­sen, was Fran­zis­kus unsicht­bar macht.

Die Lit­ur­gie der hei­li­gen drei Tage, so die über­lie­fer­te Auf­fas­sung der Kir­che, soll allen Gläu­bi­gen zugäng­lich sein. Das gilt beson­ders für die lit­ur­gi­schen Zele­bra­tio­nen des Bischofs. Nicht die Fuß­wa­schung ist das her­aus­ra­gen­de Ele­ment, son­dern die Stif­tung der Kir­che durch die Ein­set­zung des Wei­he­sa­kra­ments und des Altar­sa­kra­ments. Das Prie­ster­tum und die Eucha­ri­stie sind kon­sti­tu­tiv für die Kir­che, deren gan­ze Bedeu­tung sich erst zusam­men mit den fol­gen­den Tagen bis zur Auf­er­ste­hung Jesu Chri­sti ver­voll­komm­net. Der Grün­don­ners­tag ist tra­di­tio­nell der Tag, an dem – wenn schon sonst nicht – auch über das Prie­ster­tum, sei­ne Bedeu­tung und Schön­heit, gepre­digt wird. Das sakra­men­ta­le Prie­ster­tum, das Altar­sa­kra­ment und die Grün­dung der Kir­che mit den dar­aus fol­gen­den Ansprü­chen gehö­ren zu den „Hür­den“ im öku­me­ni­schen und inter­re­li­giö­sen Dialog.

Im kom­men­den Herbst fin­det die Ama­zo­nas­syn­ode statt, bei dem der Ver­such unter­nom­men wer­den soll, Hand an das Wei­he­sa­kra­ment zu legen. Gibt es Zusam­men­hän­ge zwi­schen bei­den Ereignissen?

Der Grün­don­ners­tag unter Papst Fran­zis­kus hat es in sich. Am Grün­don­ners­tag 2018 ver­öf­fent­lich­te Euge­nio Scal­fa­ri, der athe­isti­sche Freund des Pap­stes mit frei­mau­re­ri­scher Tra­di­ti­on, das bis­her jüng­ste Inter­view mit dem Kir­chen­ober­haupt, des­sen Inhalt Kar­di­nal Ray­mond Bur­ke als „uner­träg­lich“ bezeichnete.

„Daß ein bekann­ter Athe­ist den Anspruch erhebt, eine Revo­lu­ti­on in der Leh­re der katho­li­schen Kir­che zu ver­kün­den, und dabei behaup­tet, im Namen des Pap­stes zu spre­chen und die Unsterb­lich­keit der mensch­li­chen See­le und die Exi­stenz der Höl­le zu leug­nen, ist ein schwer­wie­gen­der Skandal.“ 

Unter Ausschluß der Öffentlichkeit

Kri­ti­siert wird am Ver­hal­ten von Fran­zis­kus am Grün­don­ners­tag nicht pri­mär, daß er unsicht­bar wird, son­dern daß er Wesent­li­ches unsicht­bar macht. Gera­de­zu sym­bol­träch­tig ent­zog Fran­zis­kus den Grün­don­ners­tag 2017 in der „Festung der Unsicht­ba­ren“ den Augen der Welt und der Gläubigen.

Papst Fran­zis­kus geht ger­ne ande­re Wege und läßt sich auch durch Beden­ken und Kri­tik nicht davon abbrin­gen. Die Orte, an denen er die Grün­don­ners­tags­lit­ur­gie bis­her unter Aus­schluß der Öffent­lich­keit beging, zeigt sei­ne Prä­fe­ren­zen. „Aus­schluß“ meint in erster Linie unter Aus­schluß der Gläubigen :

  • 2013: Besuch im Jugend­ge­fäng­nis von Casal del Mar­mo, Rom
  • 2014: Besuch einer Behin­der­ten­ein­rich­tung, Rom
  • 2015: Besuch im Gefäng­nis von Rebibbia, Rom
  • 2016: Besuch im Flücht­lings­heim in Castel­nuo­vo di Por­to, Latium
  • 2017: Besuch im Hoch­si­cher­heits­ge­fäng­nis von Palia­no, Latium
  • 2018: Besuch im Gefäng­nis von Regi­na Coeli, Rom
  • 2019:  Besuch    ???

2017 schrieb Katho​li​sches​.info:

„Die Mes­se am Abend des Grün­don­ners­tags ist von kon­sti­tu­ti­ver Bedeu­tung für die Kir­che und inhalt­lich von kon­zen­trier­ter Dich­te. Es wird der Fuß­wa­schung gedacht, die der Herr an den Apo­steln vor­nahm. Ein Zei­chen dafür, daß die apo­sto­li­sche Suk­zes­si­on immer ein demü­ti­ges Die­nen sein muß. Um dies zum Aus­druck zu brin­gen, wuschen Päp­ste Kar­di­nä­len und Bischö­fen die Füße, da sie ihre direk­ten Unter­ge­be­nen sind.

Das ist aber nur ein Ele­ment. Am sel­ben Abend wird vor allem der Ein­set­zung des Aller­hei­lig­sten Altar­sa­kra­ments durch Jesus Chri­stus gedacht und, damit untrenn­bar ver­bun­den, der Ein­set­zung des Wei­he­prie­ster­tums. Die­se dop­pel­te Ein­set­zung bil­det den Mit­tel­punkt der Grün­don­ners­tags­lit­ur­gie und ist auf das Eng­ste mit der Kir­che als geweih­tem Sakral­raum ver­bun­den. Das ver­langt eigent­lich, daß die Hei­li­ge Mes­se in Cœna Domi­ni vom Ober­hir­ten mit dem gläu­bi­gen Volk in sei­ner Bischofs­kir­che zele­briert wird.

Mit ande­ren Wor­ten: Die Ein­set­zung des Wei­he­sa­kra­ments (Prie­ster­tum) und des Altar­sa­kra­ments (Eucha­ri­stie) tre­ten durch den päpst­li­chen Besuch an einem unbe­kann­ten, geschlos­se­nen Ort erneut hin­ter die Geste der Fuß­wa­schung zurück, die vor allem als sozia­le Geste erscheint. Ein Aspekt, der durch den Umstand unter­stri­chen wird, daß Papst Fran­zis­kus auch Mus­li­men die Füße wusch.

Seit den Besu­chen in Gefäng­nis­sen und im Flücht­lings­heim steht auch die Fra­ge im Raum, ob Papst Fran­zis­kus Anders­gläu­bi­gen die Kom­mu­ni­on spen­de­te. Ent­spre­chen­de Anfra­gen wur­den weder vom Vati­kan noch von den Kaplä­nen der besuch­ten Ein­rich­tun­gen beantwortet.

2014 rief eine Initia­ti­ve katho­li­scher Medi­en die Bischö­fe auf, an die­sem Abend ihre Kathe­dra­len nicht zu ver­las­sen, um an ande­ren Orten zu zele­brie­ren. Die Abwe­sen­heit des Bischofs von sei­ner Bischofs­kir­che sei eine ‚Anoma­lie‘. Die­se Initia­ti­ve muß­te aber ins Lee­re fal­len, da es der Papst selbst ist, der sei­ne Bischofs­kir­che, die Late­ran­ba­si­li­ka ver­läßt. Papst Fran­zis­kus mache die zen­tra­le Lit­ur­gie des Grün­don­ners­tags ‚unsicht­bar‘, die bis­her in der Late­ran­ba­si­li­ka allen Gläu­bi­gen offen­stand und im Fern­se­hen über­tra­gen wurde.“

Die Fra­ge der Kom­mu­ni­ons­pen­dung an Nicht-Katho­li­ken, ja sogar an Nicht-Chri­sten steht unver­min­dert im Raum. Ihre Nicht-Beant­wor­tung läßt die Mut­ma­ßung fast zur Gewiß­heit wer­den. Damit wäre es Papst Fran­zis­kus selbst, der die Tür nicht nur zur Inter­kom­mu­ni­on, son­dern zur „Kom­mu­ni­on für alle“ auf­ge­sto­ßen hätte.

Nicht anders zwei­fel­haft ver­hält es sich mit den Fuß­wa­schun­gen für Ange­hö­ri­ge frem­der Reli­gio­nen, wie sie kon­kret vom Papst an Mus­li­men prak­ti­ziert wur­de. Das wider­spricht nicht nur der eigent­li­chen Inten­ti­on die­ser Geste, son­dern ermög­lich­te Bil­der, die als unter­wür­fi­ge Hal­tung des vor Mus­li­men knien­den und ihre Füße küs­sen­den Kir­chen­ober­haupts gegen­über dem Islam aus­ge­legt wer­den könn­ten. Gläu­bi­ge Katho­li­ken set­zen sol­che Bil­der zudem in Rela­ti­on zur Wei­ge­rung des Pap­stes, in der Mes­se vor dem anbe­tend vor dem Aller­hei­lig­sten niederzuknien.

Wer Frie­den nur als Men­schen­werk sieht, wird dem Papst viel­leicht applau­die­ren. Wer weiß, daß Chri­stus der Frie­dens­fürst ist, und wah­rer Frie­den nur von ihm kom­men kann, wird sich seit Jah­ren erstaunt die Augen reiben.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Vati​can​.va (Screen­shot)

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