Eine Weltpremiere: Papst Franziskus empfing Oberhaupt der Mormonen

„Papst reißt weitere Mauer ein“


Papst Franziskus mit Russell M. Nelson, dem Oberhaupt der Mormonen, im Vatikan.
Papst Franziskus mit Russell M. Nelson, dem Oberhaupt der Mormonen, im Vatikan.

(Rom) Papst Fran­zis­kus „hat heu­te eine wei­te­re Mau­er ein­ge­ris­sen“, so die berg­o­glia­ni­sche Online-Zei­tung Faro di Roma. Grund für die Begei­ste­rung ist der Emp­fang für Rus­sell M. Nel­son, den Vor­sit­zen­den der Kir­che Jesu Chri­sti der Hei­li­gen der Letz­ten Tage, also das Ober­haupt der Mor­mo­nen, den Fran­zis­kus am ver­gan­ge­nen Sams­tag, den 9. März, „mit allen Ehren im Vati­kan in Audi­enz emp­fing“. Eine Weltpremiere.

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Die zwei „Ober­häup­ter der bei­den Welt­re­li­gio­nen waren der Über­zeu­gung, daß der Glau­be an Gott Moral und Sta­bi­li­tät für die Gesell­schaft bringt“, wie die wich­tig­ste, mor­mo­ni­sche Tages­zei­tung des Staa­tes Utah berichtete.

„Wenn wir eine gott­lo­se Gesell­schaft haben, haben wir ein ruder­lo­ses Schiff“, sag­te Nel­son im Anschluß an die Audienz.

Die Kir­che Jesu Chri­sti der Hei­li­gen der Letz­ten Tage führt ihre Grün­dung auch das Jahr 1830 zurück, damals noch unter dem Namen Kir­che Chri­sti. Gegrün­det wur­de sie von Joseph Smith. Sie bil­det die weit­aus größ­te Grup­pe des Mor­mo­nen­tums. So wer­den die christ­li­chen Gemein­schaf­ten genannt, die sich auf die Bibel und auf das Buch Mor­mon beru­fen. In den USA stel­len sie hin­ter Katho­li­ken und Pro­te­stan­ten die dritt­größ­te Glau­bens­ge­mein­schaft. Im US-Bun­des­staat Utah, der von ihnen gegrün­det wur­de, bil­den sie die Bevöl­ke­rungs­mehr­heit. Ins­ge­samt beken­nen sich 1,7 Pro­zent der US-Ame­ri­ka­ner zur Kir­che Jesu Chri­sti der Hei­li­gen der Letz­ten Tage. Welt­weit sind es mehr als 16 Millionen.

Papst Franziskus begrüßt den "Propheten" und "Apostel" der Mormonen Russell M. Nelson
Papst Fran­zis­kus begrüßt den „Pro­phe­ten“ und „Apo­stel“ der Mor­mo­nen Rus­sell M. Nelson

Das Buch Mor­mon sei ihm durch einen Engel bekannt­ge­macht wor­den. Ihm sei der Auf­fin­dungs­ort mit­ge­teilt wor­den. Er habe dann die­ses Buch, das in Wirk­lich­keit Gold­plat­ten, beschrif­tet auf „ägyp­tisch“, gewe­sen sei­en, in den USA, wo sie ver­steckt waren, auf­ge­fun­den und ins Eng­li­sche übersetzt.

Smith, der sich als bezahl­ter Schatz­su­cher ver­ding­te, hat­te bereits in jun­gen Jah­ren behaup­tet, mit Hil­fe eines magi­schen Stei­nes, Schät­ze auf­zu­fin­den. Er wur­de wegen Hoch­sta­pe­lei, Hoch­ver­rats und Poly­ga­mie ver­haf­tet, wur­de Mit­glied einer Frei­mau­rer­lo­ge und kan­di­dier­te 1844 bei den US-Präsidentschaftswahlen. 

Wäh­rend des Wahl­kamp­fes ließ ihn der Gou­ver­neur von Illi­nois ver­haf­ten, weil er die Zer­stö­rung der Drucker­pres­se einer Zei­tung ange­ord­net hat­te, die kri­tisch über sei­ne anstö­ßi­ge poly­ga­me Lebens­wei­se berich­tet hat­te. Die Viel­wei­be­rei prak­ti­zier­te er exzes­siv mit (je nach Quel­le) 36 bis 40 Frau­en. Umstrit­ten sei, ob er mit die­sen Frau­en, außer sei­ner ersten Frau, auch sexu­el­len Kon­takt hat­te. Letz­te­res wird zumin­dest von sei­nen Anhän­gern bestrit­ten. 1844 wur­de er jeden­falls wegen sei­nes Lebens­wan­dels noch vor dem Wahl­tag von einer zor­ni­gen Men­schen­men­ge in der Stadt Car­tha­go getötet. 

Über­lie­fert sind 50 bibli­sche Gestal­ten und gött­li­che Per­so­nen, die ihm in Visio­nen erschie­nen sein sol­len von Gott­va­ter über Jesus Chri­stus, dem Engel Moroni, Johan­nes dem Täu­fer, Petrus, Adam, den er mit dem Erz­engel Micha­el gleich­setz­te, bis Moses, Isaak, Jakob, Methu­sa­lem, sei­nem leib­li­chen Bru­der Alvin Smith bis Mor­mon, dem zen­tra­len Pro­phe­ten des gleich­na­mi­gen Buches.

Wel­che Reli­gi­ons­zu­ge­hö­rig­keit Smith ursprüng­lich hat­te, ist nicht bekannt. Sei­ne Fami­lie war jeden­falls pro­te­stan­ti­schen Bekennt­nis­ses, wahr­schein­lich einer refor­mier­ten Rich­tung. Dafür spricht, daß die Got­tes­mut­ter Maria unter der immensen Zahl von erschei­nen­den Gestal­ten fehlt. Von den Mor­mo­nen wird er als „Pro­phet“ ver­ehrt, der die christ­li­che „Urkir­che wie­der­her­ge­stellt“ habe. Die Tat­sa­che, daß wenig über die Reli­gi­ons­zu­ge­hö­rig­keit der Fami­lie bekannt ist sowie die Zuge­hö­rig­keit sei­nes Groß­va­ters väter­li­cher­seits zur Uni­ve­r­a­li­sti­schen Kir­che mit ihrer Aller­lö­sungs­leh­re und Smit­hs eige­ne Logen­in­itia­ti­on, bie­tet doch eini­ge Anhaltspunkte.

Der Aus­zug der Mor­mo­nen nach Salt Lake City und die Grün­dung des Staa­tes Utah erfolg­te bereits nach Smit­hs Tod unter sei­nem Nach­fol­ger. Da die Viel­ehe für die USA inak­zep­ta­bel waren, trat erst ab 1890 eine Ent­span­nung ein, als die Kir­che Jesu Chri­sti der Hei­li­gen der Letz­ten Tage dar­auf ver­zich­te­te. 1896 erkann­ten die USA den Staat Utah an und nah­men ihn die USA auf. Wei­ter­hin poly­gam leben­de Mor­mo­nen wichen auf ande­re Staa­ten wie Kana­da und Mexi­ko aus oder ver­bar­gen die Viel­wei­be­rei vor dem Staat. 

Franziskus mit Russelll M. Nelson
Fran­zis­kus mit Rus­sell M. Nelson

Die katho­li­sche Kir­che sieht in ihren eine syn­kre­ti­sti­sche Neu­re­li­gi­on. Nel­son ist seit 1984 einer der „Zwölf Apo­stel“, die den höch­sten Ent­schei­dungs­rat der Mor­mo­nen bil­den. Als Vor­sit­zen­der der Kir­che Jesu Chri­sti der Hei­li­gen der Letz­ten Tage führt er im Rang des „Pro­phe­ten“ mit zwei Rat­ge­bern die Prä­si­dent­schaft an.

Im Janu­ar 2018 wur­de Nel­son, Jahr­gang 1924, und dienst­äl­te­ster „Apo­stel“, auf Lebens­zeit zum „Pro­phe­ten“ bestimmt. Er ist der 17. „Pro­phet“ der Mor­mo­nen, deren erster Joseph Smith war.

Die Mor­mo­nen erken­nen zwar die Tau­fe ande­rer an, spre­chen aber allen ande­ren christ­li­chen Kon­fes­sio­nen jede Berech­ti­gung ab, im Namen Got­tes zu spre­chen. Das gilt auch für die katho­li­sche Kir­che. Da die Mor­mo­nen, die inten­si­ve Mis­si­ons­ar­beit lei­sten, öku­me­ni­sche Kon­tak­te ableh­nen, gab es bis­her kei­ne offi­zi­el­len Kontakte. 

Papst Fran­zis­kus änder­te das nun zum Erstau­nen vie­ler Beob­ach­ter. Über die Pri­vat­au­di­enz berich­te­te Des­e­r­et News, die älte­ste Tages­zei­tung von Utah. Die 1850 gegrün­de­te Zei­tung gehört der Kir­che Jesu Chri­sti der Hei­li­gen der Letz­ten Tage.

Nel­sons Ein­la­dung in den Vati­kan, wie am Beginn sei­nes Pon­ti­fi­kats jene an evan­ge­li­ka­le Pre­di­ger der „reli­giö­sen Rech­ten“, könn­te auch eine poli­ti­sche Dimen­si­on haben. Neun Mit­glie­der des „Kol­le­gi­ums der Zwölf Apo­stel“ sind Repu­bli­ka­ner, von den übri­gen drei ist kei­ne poli­ti­sche Zuge­hö­rig­keit bekannt. Bei den Vor­wah­len zur Prä­si­dent­schafts­wahl 2016 hat­ten die repu­bli­ka­ni­schen Mor­mo­nen des Staa­tes Utah ein­hel­lig Ted Cruz unter­stützt. Trump war zwar nicht ihr bevor­zug­tet Kan­di­dat, konn­te aber den Staat Utah leicht gewin­nen, da die Abnei­gung gegen Hil­la­ry Clin­ton noch weit grö­ßer war. Mor­mo­nen leben aber auch außer­halb die­ses Staates. 

„Wei­ße Evan­ge­li­ka­le, Katho­li­ken und Mor­mo­nen tru­gen Trump“ ins Wei­ße Haus, titel­te nach der Prä­si­dent­schafts­wahl die pro­gres­si­ve Zei­tung Natio­nal Catho­lic Repor­ter.

Laut Des­e­r­et News ging die Initia­ti­ve zur Audi­enz von Papst Fran­zis­kus aus. Nicht nur das Mor­mo­ne-Blatt, auch die berg­o­glia­ni­sche Online-Zei­tung Faro di Roma zeig­te sich begei­stert dar­über, daß Fran­zis­kus „eine wei­te­re Mau­rer einreißt“.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: MiL

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2 Kommentare

  1. Rom ist nach Voll­endung des Kon­zils die Hei­mat der frei­mau­re­ri­schen „Eine Welt Reli­gi­on“ und eben nicht mehr Katholisch.
    Genau wie vorhergesagt.

  2. Heu­te die Mor­mo­nen, mor­gen die Luthe­ra­ner, dann die Angli­ka­ner, über­mor­gen die Mos­lems und Bud­dhi­sten…; aber dass Fran­zis­kus irgend­wann mal ein­fällt die­sen fal­schen und irr­ge­lei­te­ten Gemein­schaf­ten den wah­ren Glau­ben zu ver­kün­den, dar­auf wer­den wir wohl alle ver­ge­bens warten.
    Wie tief muss unse­re Kir­che noch fal­len, bevor unser Herr und Gott end­lich eingreift!

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