Was wird aus der Utrechter Bischofskirche?

Kirchenkrise und finanzielle Engpässe


St. Katharinenkathedrale von Utrecht: Erste Bischofskirche, die verkauft werden muß?
St. Katharinenkathedrale von Utrecht: Erste Bischofskirche, die verkauft werden muß?

(Den Haag) Das größ­te Bis­tum der Nie­der­lan­de kann sich sei­ne Kathe­dral­kir­che nicht mehr lei­sten. Der Gläu­bi­gen­schwund bedeu­tet sin­ken­de Spen­den­ein­nah­men. Kar­di­nal Wil­lem Eijk stopp­te am 2. März die Schlie­ßung sei­ner Bischofskirche. 

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Die Sankt Katha­ri­nen­kir­che von Utrecht hat eine beweg­te Geschich­te hin­ter sich. 1468 began­nen die Kar­me­li­ten mit ihrem Bau und errich­te­ten dane­ben ein Klo­ster. 1529 muß­ten sie dem Mal­te­ser­or­den wei­chen, der die Klo­ster­kir­che 1560 voll­ende­te. Nur 20 Jah­re nach der Fer­tig­stel­lung, im Jahr 1580, fiel sie der Refor­ma­ti­on zum Opfer. In den Nie­der­lan­den bedeu­te­te das ein har­tes Regi­ment durch eine cal­vi­ni­sti­schen Ober­schicht. Die Kir­che wur­de pro­fa­niert und für welt­li­che Zwecke genützt, das Klo­ster auf­ge­ho­ben. Ab 1636 nütz­ten sie die Cal­vi­ni­sten selbst für den Gottesdienst. 

Sankt Katha­ri­nen­ka­the­dra­le, Inneres

1795 wur­den die anti-katho­li­schen Geset­ze auf­ge­ho­ben. Die Katha­ri­nen­kir­che soll­te den­noch die ein­zi­ge Kir­che aus der Zeit vor der Refor­ma­ti­on blei­ben, die 1815 den Katho­li­ken in der Stadt zurück­ge­ge­ben wur­de. Die alte Bischofs­kir­che von Utrecht, den Sankt Mar­tins­dom, beka­men die Katho­li­ken nicht zurück. 1842 konn­te die Katha­ri­nen­kir­che zur katho­li­schen Pfarr­kir­che erho­ben wer­den und als auch die kirch­li­che Hier­ar­chie wie­der her­ge­stellt wer­den konn­te, wur­de sie 1853 zur Kathe­dral­kir­che des Erz­bis­tums Utrecht.

Wegen der gro­ßen Zahl der Meß­be­su­cher wur­de 1900 das Lang­schiff durch Anbau nach Westen ver­län­gert und ein hoher Glocken­turm errichtet.

Inzwi­schen gilt das Gegenteil:

Im Mai 2018 teil­te die Dom­pfar­re den ande­ren Utrech­ter Pfar­rei­en mit, daß wegen finan­zi­el­ler Eng­päs­se die Kosten für die Kir­che nicht mehr getra­gen wer­den könn­ten. Die Pfar­rei leg­te einen Plan vor, sich aus der Kir­che zu ver­ab­schie­den. Die Funk­ti­on der Kathe­dral­kir­che soll­te auf die Augu­sti­ner­kir­che über­tra­gen werden.

Aus der Bevöl­ke­rung gab es hef­ti­ge Pro­te­ste gegen die Pfarrpläne. 

Am 2. März stopp­te Kar­di­nal Ejik die Plä­ne. Als Grün­de nann­te er die histo­ri­sche Bedeu­tung der Katha­ri­nen­ka­the­dra­le für die Kir­che in den Nie­der­lan­den und die feh­len­de Unter­stüt­zung für eine Schließung.

Der Kir­chen­hi­sto­ri­ker Peter Nis­sen bestä­tig­te, daß es sich um den ersten bekann­ten Fall in der Geschich­te han­delt, wo ein Bis­tum aus Geld­man­gel sei­ne Bischofs­kir­che ver­lie­ren wür­de. Bis­her habe es in den Nie­der­lan­den nur den Fall des Bis­tums Bre­da gege­ben. 1968 war die Sankt Bar­ba­ra­ka­the­dra­le die­ses Bis­tums im katho­li­schen Süd­we­sten des Lan­des wegen Bau­fäl­lig­keit auf­ge­ge­ben und 1970 abge­ris­sen wor­den. Auch die dar­auf zur Kathe­dra­le erho­be­ne, 1960 gebau­te Sankt Micha­els­kir­che wur­de 2001 auf­ge­ge­ben und 2007 abge­ris­sen, um neu­en Gebäu­den Platz zu machen.

Die 1970 abge­ris­se­ne Sankt Bar­ba­ra­ka­the­dra­le von Breda

Es sei aber kein Fall bekannt, so Nis­sen, wo eine Kathe­dra­le auf­ge­ge­ben wur­de, weil man nicht mehr imstan­de war, sie zu erhal­ten. Schon gar nicht, sei bis­her eine Bischofs­kir­che zum Ver­kauf ange­bo­ten wor­den. Der Plan war es, die Utrech­ter Katha­ri­nen­kir­che um den sym­bo­li­schen Wert von einem Euro in das angren­zen­de Muse­um Catha­ri­j­ne Con­vent zu über­füh­ren, das im ehe­ma­li­gen Kar­me­li­ten­klo­ster unter­ge­bracht ist. 

Im Katha­ri­nen­kon­vent resi­dier­te bis 1979 der Erz­bi­schof von Utrecht, dann bezog der dama­li­ge Erz­bi­schof, Kar­di­nal Johan­nes Wil­le­brands, einen klei­ne­ren Sitz. Das Klo­ster­ge­bäu­de gin­gen in staat­li­chen Besitz über und wur­den zu einem Reichs­mu­se­um (Rijks­mu­se­um), in dem reli­giö­se Kunst gezeigt wird, beson­ders die Kunst­samm­lung der Utrech­ter Erzbischöfe.

Die 1960 erbau­te und 2007 abge­ris­sen Sankt Micha­el­s­ka­the­dra­le von Bre­da. Der Turm steht noch.

1980 zähl­te das Erz­bis­tum Utrecht 942.000 Katho­li­ken. Heu­te sind es noch 750.000. Aus­rei­chend genug, um ihre Bischofs­kir­che zu erhal­ten – möch­te man mei­nen. Die Zahl der prak­ti­zie­ren­den Katho­li­ken liegt laut Zah­len der Rad­boud-Uni­ver­si­tät von Nim­we­gen aber nur bei 158.000. Von den 377 Pfar­rei­en der 1950er Jah­re gibt es heu­te noch knapp mehr als 200. Die Pro­gno­sen sind jedoch weit düsterer. 

Die Rad­boud-Uni­ver­si­tät hieß übri­gens bis 2004 Katho­li­sche Uni­ver­si­tät Nim­we­gen. Vom Katho­li­schen ver­ab­schie­de­te man sich jedoch. Die Grün­de las­sen sich erah­nen, wenn man weiß, daß der Hei­li­ge Stuhl 2006 der katho­lisch-theo­lo­gi­schen Fakul­tät wegen Unge­hor­sams das Lehr­amt entzog.

Der Bischofs­stuhl von Utrecht geht auf den Hei­li­gen Wil­li­brord (658–739) zurück, den„Apostel der Frie­sen“. In der Stadt ist nach ihm die 1877 geweih­te Sankt Wil­li­brord­kir­che benannt. Seit 2016 wird sie von der Pius­bru­der­schaft (FSSPX) im über­lie­fer­ten Ritus betreut.

Die Katha­ri­nen­kir­che ist nicht nur Bischofs­kir­che, son­dern ein Sym­bol der nie­der­län­di­schen Katho­li­zi­tät, die lan­ge, schwer ver­folgt wur­de. Gegen die am 18. Febru­ar vom Pfarr­ge­mein­de­rat bekannt­ge­ge­be­nen Ver­kaufs­plä­ne mobi­li­sier­te eine Peti­ti­on „Ret­ten wir die Sankt Katharinenkathedrale“.

Am 2. März stopp­te Kar­di­nal Eijk, ein pro­fi­lier­ter Kir­chen­mann, die Ver­kaufs­plä­ne. Nun muß sich klä­ren, wie es mit der Kathe­dral­kir­che weitergeht. 

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Wiki­com­mons

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2 Kommentare

  1. Lasst eine Gemein­schaft mit der latei­ni­schen Mes­se in die KIr­che und ent­fernt den Volks­al­tar und die Kir­che wird sich wie­der füllen!

  2. Kei­ne Sil­be gegen Bischof Ejik.
    Die Neu­ka­tho­li­schen haben die Flin­te so weit ins Korn gewor­fen, daß sie kei­ne Hoff­nung mehr haben, sie je wie­der zu finden.
    Dazu müß­ten sie zuerst den gan­zen Glau­ben wie­der fin­den. Dann gin­gen ihnen sicher ein paar Schein­wer­fer auf.

    Viel­leicht hül­fe es auch, um der Finanz­knapp­heit etwas abzu­hel­fen, das Ordi­na­ri­at gesund zu schrumpfen.

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