Von Wolfram Schrems*
Seit Jahrzehnten beobachten wir, daß christdemokratische und „bürgerliche“ Parteien sich mit marxistischen Parteien aller Spielarten verbünden oder selbst so „links“ geworden sind, daß sie eigentlich nicht mehr als Christdemokraten u. dgl. erkennbar sind. Allen voran gilt das für die CDU und ihre Vorsitzende.
Aber es gilt auch für die ÖVP. Diese wird in Österreich und im Ausland aufgrund der einschlägigen Rhetorik ihres Parteivorsitzenden, Bundeskanzler Sebastian Kurz, von manchen als „rechts“ und „patriotisch“ eingeschätzt. Diese Einschätzung ist aber irrig. Es wird ein ganz anderes Stück gespielt: Die Nominierung von Langzeitabgeordneten Othmar Karas als Spitzenkandidat für die Wahl zum Europäischen Parlament zeigt die Gleichförmigkeit „bürgerlicher“ Parteien und Regierungen unter dem „linken“ und internationalistischen Konformitätsdruck.
Dieser ist in seiner Tragweite aber nicht immer auf den ersten Blick erkennbar:
Mediales Schweigen über die Spinelli-Gruppe
Wer sich mit dem Wirken von Othmar Karas auseinandersetzt, wird eine aufschlußreiche und überraschende Entdeckung machen: Karas ist Mitglied der „Spinelli-Gruppe“, die nach dem italienischen Kommunisten Altiero Spinelli benannt ist.
In der Medienberichterstattung ist diese erstaunliche Mitgliedschaft offenbar kein Thema. Auch für den politischen Mitbewerber nicht. Dabei ist es klarerweise von entscheidender Bedeutung für die Politik eines Abgeordneten, von welchen Gruppen er Mitglied ist.
Weder Spinelli noch die nach ihm benannte Parlamentariergruppe ist, wenn man sich etwas umhört, der breiten Öffentlichkeit bekannt.
Daher hier eine kurze Aufklärung:
Altiero Spinelli – Kommunist und Wegbereiter der Europäischen Union
Altiero Spinelli (1907 – 1986), gebürtiger Römer, trat 1924 der Kommunistischen Partei Italiens bei. 1927 wurde er für zehn Jahre eingesperrt, danach lebte er sechs Jahre im Hausarrest. Während des Krieges wurde er auf der Insel Ventotene interniert. 1941 verfaßte er mit dem Sozialisten Ernesto Rossi das Manifest von Ventotene, in dem detaillierte Zielvorstellungen für einen europäischen Superstaat formuliert wurden. Dieses Manifest speist sich nach Ansicht eines Beobachters aus dem Kommunistischen Manifest und der Leninschen Programmschrift Was tun?.
Zu den dort artikulierten Zielvorstellungen gehören Aufhebung der Grenzen in Europa, die Einschränkung des Privateigentums und die Schaffung einer verfassungsgebenden Versammlung für Europa zur Errichtung eines „Föderalstaates“. Eine europäische Armee soll die nationalen Armeen ablösen.
Spinelli sprach überdies von einer „europäischen Revolution“, die „sozialistisch“ sein müsse. (1)
Als Gegner des Stalinismus und als „Trotzkist“ wurde er 1937 aus der Kommunistischen Partei ausgeschlossen. Kommunist blieb er natürlich, da bekanntlich auch Trotzkisten Kommunisten sind. (2)
1979 kandidierte er bei den ersten direkten Wahlen für das Europaparlament als „Unabhängiger“ auf der Liste der italienischen Kommunistischen Partei, die unter Enrico Berlinguer den sogenannten „Eurokommunismus“ kreierte.
Spinelli war von 1970 bis 1976 Kommissar und von 1976 bis zu seinem Tod Mitglied des Europäischen Parlaments.
Spinelli verfolgte die Strategie, daß direkte Wahlen zu einer europäischen Versammlung und die Einrichtung europäischer, quasi-staatlicher Institutionen durchgeführt werden sollen, damit es zu Konflikten mit den nationalstaatlichen Legislaturen kommen würde, worauf die europäischen Gerichte zugunsten der europäischen Staatswerdung entscheiden würden.
Die bisherigen EU-Verträge (Man hat seit einem Vierteljahrhundert den Eindruck, daß ein Vertrag den nächsten jagt. Offensichtlich ist hier eine „permanente Revolution“ im Gange.) sind nach Ansicht von Beobachtern noch nicht das, was Spinelli angestrebt hatte. Allerdings wird festgehalten, daß seine Aktivitäten tatsächlich zur Umbildung der Europäischen Gemeinschaften in einen entstehenden Superstaat entscheidend beigetragen haben. Um diese Aktivitäten zu ehren, wurde das größte Gebäude des Parlamentskomplexes in Brüssel nach Spinelli benannt.
Ein anderes Gebäude wurde übrigens nach der fanatischen französischen Abtreibungspolitikerin Simone Veil benannt. Damit wird die Schwerpunktsetzung der Eurokraten überaus deutlich.
Von wem Spinelli seinerseits geführt wurde, muß (zumindest vorläufig) offenbleiben. Selbstverständlich könnte ein Einzelgänger ohne ein starkes Netzwerk im Hintergrund nicht diesen Einfluß ausüben. (3)
Spinelli-Gruppe
Am 15. September 2010 wurde die sogenannte Spinelli-Gruppe gegründet, um die „Föderalisierung“ der Europäischen Union voranzutreiben.
Das ist natürlich ein irreführender Ausdruck, da man nicht von „Föderalisierung“ sprechen kann, wenn diejenigen Einheiten, die sich föderal zusammenschließen, aufgelöst und vernichtet werden sollen.
Wichtige Unterstützer dieser Gruppe sind Jacques Delors (Sozialist), Joschka Fischer (Grüner, ehemaliger Straßenschläger, führte lebensgefährliche Attacken auf Polizisten durch), Daniel Cohn-Bendit (Grüner, ebenfalls mit Straßenkampferfahrung, einst Propagandist der Pädophilie) und Elmar Brok (CDU, Studienabbrecher, EU-Langzeitparlamentarier seit 1980).
Der Liberale Guy Verhofstadt ist Mitglied des board. Er ist uns als einer der schärfsten Feinde der im Jahr 2000 angelobten österreichischen ÖVP-FPÖ-Regierung, als er belgischer Regierungschef war, in Erinnerung.
Mitglieder der Spinelli-Gruppe der Abgeordneten zum Europäischen Parlament sind u. a. die portugiesische Sozialistin Edite Estrela, die 2013 einen „Report“ zum Thema „reproduktive Rechte“ vorlegte, in dem die Abtreibung als Menschenrecht hingestellt und verpflichtende Sexualerziehung innerhalb und außerhalb der Schule gefordert wird.
Mitglied ist auch die Polin Danuta Hübner, die ebenfalls den Mord an den ungeborenen Kindern propagandistisch fördert und die diesbezügliche polnische Bewegung „Schwarzer Montag“ unterstützte. (4) Aus Österreich sind Eva Lichtenberger (Grüne), Ulrike Lunacek (Grüne), Hannes Swoboda (SPÖ) und eben Othmar Karas mit dabei.
EUdSSR?
Heutzutage erleben wir eine gespenstische Wiederauferstehung des Kommunismus. Offenbar war die Wende vor dreißig Jahren halbherzig oder unwirksam. Möglicherweise war die Wende eine Strategieänderung von Kräften, die Einfluß auf den Sowjetblock nehmen konnten. Der mysteriöse Herr Gorbatschow genoß plötzlich viel Ansehen im Westen. Sein Nachfolger gab Rußland zur Plünderung durch den Westen frei. Die Hintergründe sind von außen natürlich schwer durchschaubar.
Gleichzeitig blieb der Kommunismus immer eine opinio communis im politischen, publizistischen und akademischen Leben des Westens. Antikommunismus gilt bis heute als unfein oder gar als rechtsextrem.
Die mehr oder weniger offene Sympathie für den Kommunismus im Westen betrifft auch die Europäische Union selbst: Es wurde schon bemerkt, daß der Ausdruck „Kommissar“ direkt dem Vokabular Lenins entlehnt ist, der als erstes seine Minister so benannte. Es wurde auch schon bemerkt, daß Überregulierung, Bürokratiehypertrophie, Gesinnungslegislatur, Enteignung („Euro-Rettung“ und Schuldenübernahme) und gezielte Rechtsunsicherheit strukturell und inhaltlich dem historischen Kommunismus stark ähneln. Der Genderwahn wurde als Gender-Mainstreaming durch den Vertrag von Amsterdam in die Eingeweide der EU eingeführt und ist ein kulturmarxistisches und revolutionäres Mittel der Egalisierung der Geschlechter und damit der Gesellschaft. Ein Trotzkist, der die „permanente Revolution“ durchzuführen hat, muß das gut finden.
Auch die Obsession mit der Ermordung der ungeborenen Kinder im Mutterleib findet sich ebenfalls als Charakteristikum schon im frühen Kommunismus und in der Gesetzgebung der jungen Sowjetunion.
Zwei weltanschaulich so verschiedene Politiker aus dem ehemaligen Ostblock wie der frühere tschechische Staatspräsident Václav Klaus, Liberaler und Vorkämpfer für den freien Markt, und der polnische Europaparlamentarier, Philosophieprofessor und Katholik Ryszard Legutko orten kommunistische Tendenzen in Aufbau und Politik der Europäischen Union. Bestätigt werden beide durch den russischen Dissidenten und Opfer der Sowjetpsychiatrie Wladimir Bukowski, der in der EU einen neuen Sowjetstaat entstehen sieht.
Ein ÖVP-Politiker als Handlanger linksradikaler Kräfte
Um auf ÖVP-Spitzenkandidaten Othmar Karas zurückzukommen: Er arbeitet mit Leuten zusammen, die eine linksradikale, kommunistische und terroristische Vergangenheit haben und ihren Grundüberzeugungen treu geblieben sind. Karas steht für eine Ideologie, die von dem Trotzkisten Altiero Spinelli und seinen Gesinnungsfreunden mittlerweile zum Hauptstrom der Europäischen Union gemacht worden sind. Dieser Hauptstrom manifestiert sich in der Politik, in der Propaganda und in Form physischer Bedrohung durch die „Antifa“, wie hier schon einmal dargelegt.
Die Stellungnahmen von Othmar Karas im Europaparlament und bei Interviews sind zwar weitgehend inhaltsleer. Sie bestehen ausschließlich aus Phrasen und Worthülsen. Sie sind in einem unduldsamen, apodiktischen und predigerhaften Ton gehalten. Dabei verraten sie keine Intelligenz und schon gar keine Weisheit. Sie sind eine Beleidigung für den Verstand der Wähler.
Das Wirken von Othmar Karas im Kreise seiner Spinellischen Verbündeten läuft aber auf die Auflösung Österreichs in einem Superstaat hinaus, ein Ziel, das er mit Marxisten teilt: Noch 2012 forderte er die Vereinigten Staaten von Europa. Im Europaparlament schwadronierte er 2018 von der „Schaffung einer europäischen Souveränität“ (bei 1:37). Ausdrücklich ist er gegen die Einstimmigkeit in der EU-Außenpolitik (bei 10:18).
Und überdies hat sich Karas für die Annahme des UNO-Migrationspaktes ausgesprochen und die Zustimmungsverweigerung der Regierung kritisiert.
Das Paneuropa-Konzept von Richard Coudenhove-Kalergi verteidigt er übrigens auch, wobei es unklar ist, ob er dessen Werke überhaupt gelesen hat.
Das alles spielt denjenigen, die eine marxistische Geschichtsphilosophie vertreten, in die Hände. Und natürlich den Teilhardisten, die derzeit in der Kirche das Sagen haben.
À propos Kirche:
Kirchliche Propaganda für die EU
Die einstmals lesenswerte Monatszeitung miteinander des österreichischen Canisiuswerkes – Zentrum für geistliche Berufe ist eines von vielen kirchlichen Periodika, die Symptome einer rapiden Dekadenz darstellen. Für unseren Zusammenhang interessant ist, daß im Jahr 2017 Othmar Karas dort einen Artikel unter dem Titel Leben in der „Doppelmühle“ verfaßte. Nicht daß dieser Beitrag inhaltlich interessant wäre, denn das ist er natürlich nicht, aber es ist doch bemerkenswert, wie massiv sich die kirchlichen Strukturen der politischen Propaganda unterordnen. „Für Europa“ zu sein ist im kirchlichen Hauptstrom derzeit bei weitem wichtiger als an die Inhalte der Offenbarung zu glauben.
Die betreffende Monatszeitung will angeblich geistliche Berufungen fördern. Was ein Beitrag des Othmar Karas damit zu tun haben soll, erschließt sich nicht. Klar ist allerdings, daß die Leser im Sinne der EU-Ideologie indoktriniert werden sollen.
Fazit
„Bürgerliche“ und christdemokratische Parteien sind programmatisch von offen kommunistischen kaum noch zu unterscheiden. Auf Europaebene gar nicht. Othmar Karas arbeitet nicht für die legitimen Interessen seines österreichischen Vaterlandes und dessen Bürger sondern im Kontext einer von der Medienberichterstattung („Lückenpresse“) nicht thematisierten marxismusaffinen Gruppe für die Errichtung eines europäischen Superstaates.
Das ist alles eine Schande.
Wir werden darüber hinaus in der massiven Renaissance des Kommunismus eines der trostlosen Resultate der Verwerfung der Botschaft von Fatima erkennen können.
Dieser Artikel geht auf einen zunächst am 11. Februar auf der Seite von Dr. Andreas Unterberger veröffentlichten Text zurück, der für ein katholisches Internetmedium gründlich überarbeitet wurde.
*Wolfram Schrems, Mag. theol., Mag. phil., Katechist, Pro-Lifer
Fußnoten: Von der Redaktion ergänzt.
Bilder: Wikicommons/MiL
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(1) „Ich wurde Kommunist, so wie man Priester wird…, entschlossen, das zu werden, was der Gründer dieses Ordens den ‚Berufsrevolutionär‘ nannte“, Altiero Spinelli im November 1957 in der französischen Zeitschrift Preuves.
(2) Von 1976 bis 1983 war Spinelli für zwei Legislaturperioden in den Reihen der Kommunistischen Partei Italiens Abgeordneter zum Italienischen Parlament.
(3) Laut Angaben der Freimaurerobödienz Demokratischer Großorient von Italien war Altiero Spinelli „ein progressiver Freimaurerbruder und Gegner des Antieuropäismus“. Spinelli war 1943 der Gründer des Movimento Federalista Europeo (MFE), der Schwesterorganisation der Europa-Union Deutschland. Das Ziel Spinellis war die Verbindung der europäischen Einigungsidee mit der marxistischer Theorie zu einem „sozialistischen“ europäischen Zentralstaat. Nachdem er bereits im März 1945 in Paris eine erste Tagung für ein geeintes Europa initiierte, die seine Frau organisierte, war Spinelli 1946 treibende Kraft der Gründung des Dachverbandes Union Europäischer Föderalisten.
Seine Frau war Ursula Hirschmann, Mitglied der Sozialistischen Arbeiter-Jugend wie ihr Bruder, der Volkswirt, revolutionäre Marxist und Zionist Albert O. Hirschman(n). Beide hatten das Deutsche Reich bereits 1933, als Adolf Hitler Reichskanzler wurde, Richtung Paris verlassen. Ursula Hirschmann schmuggelte das Manifest von Ventotene von der Insel und gründete 1943 mit Spinelli den MFE. 1975 gründete sie zudem in Brüssel die Organisation Femmes pour l’Europe (Frauen für Europa).
Ihr Bruder Albert O. Hirschmann kämpfte in den 1930er Jahren im spanischen Bürgerkrieg für die Volksfront, schloß sich dann einer Einheit von Ausländern in der französischen Armee an und ging 1941 in die USA; als Angehöriger des militärischen Nachrichtendienstes OSS der US-Army kehrte er nach dem Zweiten Weltkrieg nach Europa zurück, wo er an maßgeblicher Stelle am Marshallplan mitwirkte und den Vorläufer der OSZE installierte.
Die gemeinsame Tochter von Altiero Spinelli und Ursula Hirschmann, Barbara Spinelli, gehörte mit Eugenio Scalfari zur Gründergruppe der linken italienischen Tageszeitung La Repubblica. So wie ihr Vater für die Kommunistische Partei Italiens Abgeordneter zum Europäischen Parlament war, so saß Barbara Spinelli 2014/2015 für die Liste der radikalen Linken Das andere Europa mit Tsipras im Europäischen Parlament. Sie war die Lebensgefährtin des Bankers und Volkswirts Tommaso Padoa-Schioppa (1940 – 2010), der bis 2005 Mitglied im sechsköpfigen Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB) war, dann unter dem späteren Präsidenten der EU-Kommission Romano Prodi italienischer Finanz- und Wirtschaftsminister wurde. Im September 2010 gehörte Padoa-Schioppa zu den Gründern der Spinelli-Gruppe.
(4) Altiero Spinelli war 1977 zusammen mit sechs weiteren Abgeordneten der kommunistischen, sozialistischen, sozialdemokratischen, linksradikalen, linksliberalen und liberalen Partei in der Abgeordnetenkammer des italienischen Parlaments Einbringer des Gesetzentwurfes für die Legalisierung der Abtreibung.