Kardinal Zen: „Ich muß mich entscheiden zwischen Rebellion gegen den Papst und Schweigen“

Chinesische Zeitung bestätigt: Vatikan zwingt romtreue Bischöfe zum Rücktritt


Global Times über die vatikanische Delegation in der Volksrepublik China. Kardinal Zen: „Ich muß mich entscheiden“.
Global Times über die vatikanische Delegation in der Volksrepublik China. Kardinal Zen: „Ich muß mich entscheiden“.

(Rom/​Peking) Vati­kan­spre­cher Greg Bur­ke bestä­tig­te indi­rekt die vati­ka­ni­sche Ope­ra­ti­on in der Volks­re­pu­blik Chi­na, legi­ti­me, rom­treue Bischö­fe zum Rück­tritt zu zwin­gen, damit sie bis­her schis­ma­ti­schen, regi­me­hö­ri­gen Bischö­fen Platz machen.

„Praktische Schritte“

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In der Sams­tags­aus­ga­be, 15. Dezem­ber, berich­te­te die Gobal Times, eine regi­me­na­he, eng­lisch­spra­chi­ge Tages­zei­tung in der Volks­re­pu­blik Chi­na, über die Anwe­sen­heit einer vati­ka­ni­schen Dele­ga­ti­on in Chi­na. Die­se habe sich im kom­mu­ni­sti­schen Groß­reich wegen „prak­ti­scher Schrit­te in der Umset­zung des Abkom­mens über die Bischö­fe“ aufgehalten.

Im ver­gan­ge­nen Sep­tem­ber wur­de erst­mals seit der kom­mu­ni­sti­schen Macht­über­nah­me 1949 zwi­schen dem Hei­li­gen Stuhl und der Volks­re­pu­blik Chi­na ein bila­te­ra­les Abkom­men unter­zeich­net, des­sen Inhalt aber von bei­den Sei­ten geheim­ge­hal­ten wird. Wie die Glo­bal Times bestä­tig­te, geht es dar­in um die Bischofsernennungen.

 Das kom­mu­ni­sti­sche Regime grün­de­te 1958 eine eige­ne, vom Regime abhän­gi­ge und von Rom getrenn­te katho­li­sche Kir­che, die soge­nann­te „Patrio­ti­sche Ver­ei­ni­gung“ und ernennt seit­her eige­ne Bischö­fe ohne die Zustim­mung Roms. Die­se regi­me­hö­ri­gen Bischö­fe wur­den von Rom exkommuniziert. 

Gleich­zei­tig mit der Unter­zeich­nung des Geheim­ab­kom­mens hob Papst Fran­zis­kus die Exkom­mu­ni­ka­ti­on die­ser Bischö­fe auf und erkann­te sie als legi­ti­me Bischö­fe an. Das Abkom­men scheint zudem vor­zu­se­hen, daß die­se Bischö­fe von Rom als Diö­ze­san­bi­schö­fe ein­ge­setzt und aner­kannt wer­den müs­sen. Seit Herbst 2017 ist bekannt, daß der Vati­kan zwei rom­treue Bischö­fe zum Rück­tritt drängt, um Platz für bis­her exkom­mu­ni­zier­te Bischö­fe zu machen.

Ver­gan­ge­ne Woche, wie die Zei­tung berich­te­te, hielt sich eine vati­ka­ni­sche Dele­ga­ti­on im „Reich der Mit­te“ auf, um „Gesprä­che über die Umset­zung eines Abkom­men über die Ernen­nung der Bischö­fe“ zu füh­ren. Dies „sag­te ein Spre­cher des Hei­li­gen Stuhls“. Gesprä­che wur­den „sowohl mit Ver­tre­tern der Regie­rung als auch der Kir­che geführt“. 

Bei dem Spre­cher han­del­te es sich, wie aus dem Arti­kel her­vor­geht, um Vati­kan­spre­cher Greg Bur­ke, der am ver­gan­ge­nen Frei­tag von der chi­ne­si­schen Zei­tung kon­tak­tiert wurde.

Die Zei­tung zitier­te auch Wang Mei­xiu von der Chi­ne­si­schen Aka­de­mie der Wis­sen­schaf­ten, der die Annah­me äußer­te, daß es bei den Gesprä­chen um die Beset­zung vakan­ter Bischofs­tüh­le ging.

Das „neue Modell“

Glo­bal Times bestä­tig­te zudem, daß ein vom Regime ernann­ter Bischof vom Vati­kan als legi­ti­mer Diö­ze­san­bi­schof ein­ge­setzt wird. Unter­grund­bi­schof Guo Xijin von Min­dong habe am ver­gan­ge­nen Frei­tag die päpst­li­che Auf­for­de­rung zum Rück­tritt akzep­tiert. An sei­ne Stel­le tritt der vom Regime ein­ge­setz­te Bischof Zhan Silu.

Bischof Guo Xijin war ein Gesprächs­part­ner der vati­ka­ni­schen Dele­ga­ti­on. Er wird, wie der Vati­kan wünscht, künf­tig Weih­bi­schof von Bischof Silu in sei­nem bis­he­ri­gen Bis­tum sein. Dies bestä­tig­te er selbst gegen­über Glo­bal Times nach dem Tref­fen mit der Dele­ga­ti­on aus dem Vatikan.

Glo­bal Times stell­te den unge­wöhn­li­chen Rück­tritt und Rol­len­tausch als „nor­ma­le Rocha­de“ dar, die auf „prak­ti­sche“, kirch­li­che „Not­wen­dig­kei­ten“ zurückgehe.

Die Rede ist von einem „neu­en Modell“, das, wenn von bei­den Sei­ten „mit gutem Wil­len“ akzep­tiert, bezüg­lich der Bischofs­er­nen­nun­gen eta­bliert wer­den könn­te. Soll­te das über­setzt hei­ßen, daß die Diö­ze­san­bi­schö­fe künf­tig aus der regi­me­hö­ri­gen Patrio­ti­schen Ver­ei­ni­gung und die Weih­bi­schö­fe aus der Unter­grund­kir­che kommen?

Glo­bal Times abschlie­ßend:

„Das Pres­se­amt des Hei­li­gen Stuhls ant­wor­te­te nicht auf die Fra­gen, ob die Mis­si­on der Dele­ga­ti­on auch Dis­kus­sio­nen über die Auf­nah­me von diplo­ma­ti­schen Bezie­hun­gen oder eines mög­li­chen Besuchs von Papst Fran­zis­kus in Chi­na umfaßte.“

Kardinal Zen: „Inakzeptabel, deshalb werde ich ab nun schweigen“

Unter­des­sen äußer­te sich Kar­di­nal Joseph Zen, der eme­ri­tier­te Bischof von Hong Kong und graue Emi­nenz der chi­ne­si­schen Unter­grund­kir­che, zu den jüng­sten Vor­komm­nis­sen. Er zeig­te sich gegen­über dem Monats­ma­ga­zin Tem­pi ent­täuscht dar­über, daß Rom legi­ti­me und treue Bischö­fe zum Rück­tritt zwingt, um Bischö­fe ein­zu­set­zen, die bis­her untreu waren und sich von Rom abge­wandt hatten.

„Ich habe die­sen bei­den Bischö­fen gesagt, daß sie nicht frei­wil­lig zurück­tre­ten sol­len, um nicht mit dem Bösen zu koope­rie­ren. Ich habe ihnen aber auch gera­ten, zu gehor­chen, wenn der Papst es befiehlt, weil einem Befehl des Pap­stes immer gehorcht wer­den muß.“

Zum Jah­res­be­ginn erleb­te Kar­di­nal Zen die gro­ße Nie­der­la­ge, als klar wur­de, daß Papst Fran­zis­kus gegen alle War­nun­gen das Abkom­men mit Peking anstrebt (sie­he auch „Das Pro­blem ist, wer im Käfig sitzt“). Wegen die­ser Ent­täu­schung hieß es zuletzt, der Kar­di­nal über­le­ge, da es ihm wegen sei­nes Amtes und als Katho­lik unmög­lich sei, den Papst zu kri­ti­sie­ren, sich in ein Klo­ster zurück­zu­zie­hen und zu schweigen.

Gegen­über Tem­pisag­te er nun:

„Es gibt das Pro­blem der sie­ben exkom­mu­ni­zier­ten und von Fran­zis­kus begna­dig­ten Bischö­fe. Bis­her wur­de kei­ner von ihnen an die Spit­ze einer Diö­ze­se gestellt. Falls dies geschieht, wer­de ich für immer schwei­gen, denn das wäre inak­zep­ta­bel und wür­de mich zwin­gen, mich ent­schei­den zu müs­sen, zwi­schen gegen den Papst zu rebel­lie­ren oder zu schwei­gen. Ich wer­de schweigen.“

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Glo­bal Times/​Wikicommons (Screen­shots)

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