Islamisten wollen Asia Bibi bei ihrer Freilassung ermorden

In Pakistan wächst ein Klima der Spannung


Asia Bibi

(Islam­abad) Soll­te Asia Bibi frei­ge­las­sen wer­den, dro­he den Rich­tern „ein schreck­li­ches Ende“. Die­se Dro­hung sprach Teh­reek-e-Lab­ba­ik, eine radi­kal­is­la­mi­sche Par­tei in Paki­stan aus. Für heu­te hat die Par­tei zu Pro­test­kund­ge­bun­gen auf­ge­ru­fen. Mit Sprech­chö­ren for­der­ten Anhän­ger der Par­tei bereits gestern: „Asia Bibi an den Galgen“.

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Die Höchst­rich­ter des Lan­des haben am 8. Okto­ber über das Schick­sal der paki­sta­ni­schen Katho­li­kin und Fami­li­en­mut­ter ent­schie­den. Asia Bibi befin­det sich seit Juni 2009 wegen „Belei­di­gung des Islams“ im Gefäng­nis. Im Novem­ber 2010 wur­de sie zum Tode ver­ur­teilt. Seit­her mobi­li­sie­ren isla­mi­sche Par­tei­en und Bewe­gung gegen jeden Ver­such, das Leben der Chri­stin zu retten.

Islamischer Protest gegen Asia Bibis Freilassung
Isla­mi­scher Pro­test gegen Asia Bibis Freilassung

Die Höchst­rich­ter fäll­ten ihr Urteil, gaben es aber noch nicht bekannt. Sie fürch­ten näm­lich schwe­re Unru­hen. Die fürch­tet auch die paki­sta­ni­sche Regie­rung, bis hin zu ihrem Sturz. Paki­stan ver­fügt über Atom­waf­fen, wes­halb es von inter­na­tio­na­ler Bedeu­tung ist, wer dort regiert. Der Fall einer Chri­stin aus ärm­sten Ver­hält­nis­sen des Pun­jab ist gespickt mit hoch­ex­plo­si­ven Impli­ka­tio­nen von Weltbedeutung.

Im Juni 2013 hat­te Asia Bibi zusam­men mit mus­li­mi­schen Land­ar­bei­te­rin­nen einen Acker bestellt. Die Mus­li­min­nen ver­wei­ger­ten ihr, aus dem Was­ser­be­häl­ter  zu trin­ken, weil sie Chri­stin ist. Einen ande­ren Behäl­ter gab es nicht. In einem Wort­wech­sel über ihre Reli­gi­ons­zu­ge­hö­rig­keit, so die Ankla­ge, habe Asia Bibi gesagt:

„Jesus Chri­stus ist für die Sün­den der Men­schen am Kreuz gestor­ben. Was hat euer Pro­phet Moham­med für die Ret­tung der Men­schen getan?“

Für die Mus­li­min­nen war die Fra­ge eine skan­da­lö­se Belei­di­gung des Islams.

Radikale Muslime bedrohen Richter mit dem Tode

Die Isla­mi­sten rüsten unter­des­sen zur Selbst­ju­stiz. Soll­te das Urteil die Frei­las­sung Asia Bibis bedeu­ten, wol­len sie die Fami­li­en­mut­ter töten. Davor haben sie bis­her die Gefäng­nis­mau­ern geschützt und die Aus­sicht, sie am Gal­gen hän­gen zu sehen. Die radi­ka­len Mus­li­me dro­hen auch den Rich­tern, die ihres Lebens nicht mehr sicher sind. 2011 wur­den der ein­zi­ge christ­li­che Bun­des­mi­ni­ster, der Katho­lik Shah­baz Bhat­ti, und der mus­li­mi­sche Gou­ver­neur des Pun­jab, Sal­man Taseer, ermor­det. Die Rich­ter wis­sen, wie ernst die Gefahr ist. Teh­reek-e-Lab­ba­ik hat es ihnen offi­zi­ell in Erin­ne­rung geru­fen. Es war kei­ne anony­me Mord­dro­hung, die aus­ge­spro­chen wur­de. Die Dro­hung erfolg­te ganz offen und direkt.

Tehreeek-i-Labaik
Teh­ree­ek-i-Lab­ba­ik: Mord­dro­hung gegen Asia Bibi

Teh­reek-e-Lab­ba­ik gilt als poli­ti­scher Arm der Tali­ban. Gegrün­det wur­de die Par­tei 2015 als Aus­druck des Volks­pro­te­stes gegen die Hin­rich­tung von Mum­taz Qadri, den Mör­der von Sal­man Taseer. Die Grün­dung der Par­tei steht somit in direk­tem Zusam­men­hang mit dem Fall Asia Bibi. Taseer hat­te ange­kün­digt, sich für die Begna­di­gung Asia Bibis ein­set­zen zu wol­len. Qadri war ein Leib­wäch­ter des Gou­ver­neurs. Anstatt Taseer zu schüt­zen, schoß er ihm aus näch­ster Nähe auf offe­ner Stra­ße 28 Pisto­len­ku­geln in die Brust, dann ergab er sich der Poli­zei ohne jede Gegen­wehr. Von den radi­ka­len Mus­li­men wird er als „Held“ gefei­ert, der sie „Ehre“ des Islams ver­tei­digt habe.

2014 wur­de in Islam­abad eine neue Moschee nach ihm benannt. 2016 wur­de er, trotz hef­ti­ger, isla­mi­scher Pro­te­ste, hin­ge­rich­tet. An sei­ner Beer­di­gung nah­men mehr als 100.000 Men­schen teil. 27 Tage nach sei­ner Hin­rich­tung erfolg­te als Ant­wort dar­auf ein blu­ti­ges Atten­tat. Ein isla­mi­scher Selbst­mord­at­ten­tä­ter spreng­te sich in Laho­re in die Luft, als die Chri­sten Ostern fei­er­ten. 75 Men­schen wur­den getötet.

In die­sem Kli­ma der Span­nung wur­de Teh­reek-e-Lab­ba­ik lan­des­weit bekannt als Par­tei, die sich jeder Ände­rung des berüch­tig­ten Anti-Blas­phe­mie­ge­set­zes wider­set­zen will – und der Frei­las­sung von Asia Bibi.

Die Entstehung von Tehreek-e-Labbaik

Teh­reek-e-Lab­ba­ik ist nicht die ein­zi­ge Grup­pe in Paki­stan, die bei einer Frei­las­sung von Asia Bibi mit Gewalt droht. Dro­hun­gen kom­men auch aus der Roten Moschee von Islam­abad, einem Zen­trum des radi­ka­len Islams. Von dort ging im Juli 2007 der Auf­stand gegen die Regie­rung aus, der vom Mili­tär mit har­ter Gewalt nie­der­ge­schla­gen wur­de. Die Bilanz: 84 getö­te­te Koran­schü­ler, 11 tote Sol­da­ten. Auch die Rote Moschee kün­dig­te an, soll­te Asia Bibi frei­kom­men, wer­de sie Paki­stan nicht lebend ver­las­sen. In einer Erklä­rung heißt es: „Die west­li­chen Mäch­te ver­su­chen Asia Bibi außer Lan­des zu brin­gen. Sie wird aber hän­gen.“ Die Bot­schaft ist ein­deu­tig: Soll­te Asia Bibi nicht dem Staats­hen­ker zum Opfer fal­len, wer­de man es sel­ber tun.

Asia Bibis Mann und eine Tochter
Asia Bibis Mann und eine Tochter

Es gibt gute Grün­de, wes­halb die Rich­ter ihr Urteil vor­erst geheim­hal­ten. Über die genau­en Hin­ter­grün­de gibt es vor­erst nur Spe­ku­la­tio­nen. Unter Chri­sten des Lan­des brei­tet sich die Hoff­nung aus, daß für Asia Bibi ein Staat gesucht wer­de, der ihr siche­res Asyl gewährt, sie außer Lan­des gebracht und erst dann die Frei­las­sung bekannt­ge­ge­ben wer­de. Sicher­heit gibt es vor­erst aber keine.

Von paki­sta­ni­schen Men­schen­rechts­ak­ti­vi­sten wur­de bereits die Anset­zung einer neu­en Ver­hand­lung beim Höchst­ge­richt als „histo­ri­sche“ Sen­sa­ti­on gewer­tet. Am 13. Okto­ber 2016 soll­te bereits ent­schie­den wer­den. Damals ver­tag­ten die Rich­ter den Fall jedoch auf unbe­stimm­te Zeit, als ein Rich­ter des drei­köp­fi­gen Senats, Iqbal Hameed-ur-Reh­man, sich im letz­ten Moment zurück­zog. Die Ange­le­gen­heit galt als „zu heiß“. Reh­man gehör­te bereits dem Rich­ter­se­nat an, der Qadri zum Tode ver­ur­teilt hat­te. Das nann­te er als Grund sei­nes uner­war­te­ten Rück­zugs. Von Asia Bibis Rechts­an­wäl­ten und Men­schen­rechts­ak­ti­vi­sten wur­de ihm vor­ge­wor­fen, aus Angst vor den radi­ka­len Mus­li­men kapi­tu­liert zu haben.

Gerüch­ten zufol­ge soll am Mon­tag Klar­heit herrschen.

Text: Andre­as Becker
Bild: AsiaNews/tlyb.org/NBQ (Screen­shots)

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