Kardinal Müller: Nicht Klerikalismus, sondern Homosexualität schuld am Mißbrauch

Papst solle Erzbischof Viganò treffen und dessen Fragen beantworten


Kardinal Müller
Kardinal Gerhard Müller im Gespräch mit Raymond Arroyo (EWTN): „Nicht der Klerikalismus, sondern die Homosexualität ist verantwortlich für den sexuellen Mißbrauchskandal in der Kirche“.

(Rom) Kar­di­nal Ger­hard Mül­ler, der von Papst Fran­zis­kus abge­setz­te Prä­fekt der römi­schen Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on sag­te in einem EWTN-Inter­view, der Papst soll­te sich mit Erz­bi­schof Car­lo Maria Viganò tref­fen, sich mit ihm ver­söh­nen und auf die Fra­gen ant­wor­ten, die vom ehe­ma­li­gen Nun­ti­us in sei­nem Dos­sier gestellt wurden.

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Kar­di­nal Mül­ler: Papst hat Ermitt­lun­gen gestoppt.
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Ray­mond Arro­yo führ­te ein aus­führ­li­ches Inter­view mit dem deut­schen Pur­pur­trä­ger und stell­te ihm dabei auch eine Fra­ge zum ehe­ma­li­gen vati­ka­ni­schen Spit­zen­di­plo­ma­ten, der am 26. August ein Dos­sier vor­leg­te, in dem schwer­wie­gen­den Anschul­di­gun­gen gegen Papst Fran­zis­kus erho­ben und sein Rück­tritt ver­langt wird.

Die Ant­wort des ehe­ma­li­gen Glaubenspräfekten:

Kar­di­nal Mül­ler: Ich war über sei­ne Anschul­di­gun­gen nicht über­rascht, möch­te aber dem Hei­li­gen Vater vor­schla­gen, mit ihm zu spre­chen, ver­su­chen, die Ver­söh­nung mit ihm zu suchen, und Ant­wor­ten auf jene Anschul­di­gun­gen oder Fra­gen für das Volk Got­tes zu geben, das ein Recht dar­auf hat, zu wis­sen. Es ist immer mög­lich, daß es zum einen oder ande­ren Feh­ler kommt oder etwas falsch gehand­habt wird. Wir kön­nen aus unse­ren Feh­lern ler­nen und müs­sen bes­ser wer­den im Umgang mit dem Miß­brauch. Nicht die Kir­che in Grup­pen unter­tei­len. Der Hei­li­ge Vater hat die Auf­ga­be der Ein­heit, er hat das Sym­bol der Ein­heit zu sein, wir müs­sen mit er Hil­fe des Hei­li­gen Vaters die Spal­tung zwi­schen Kon­ser­va­ti­ven und Libe­ra­len über­win­den. Wir wol­len eine eini­ge Kirche.

Arro­yo frag­te dann, ob es stim­me, daß er im Juni 2013 wäh­rend er die Hei­li­ge Mes­se zele­brier­te, vom Papst gezwun­gen wur­de, die Mes­se zu unter­bre­chen und ans Tele­fon zu kom­men, um ihm den Befehl zu ertei­len, die Ermitt­lun­gen gegen Kar­di­nal Mur­phy O’Connor ein­zu­stel­len. Der Kar­di­nal bestä­tig­te indi­rekt, aber deutlich.

Kar­di­nal Mül­ler: Ich kann nicht ins Detail gehen, weil ich an die päpst­li­che Schwei­ge­pflicht gebun­den bin. Ich kann aber sagen, daß jeder Pro­zeß an der Kon­gre­ga­ti­on gegen Bischö­fe oder Kar­di­nä­le der Erlaub­nis des Pap­stes bedarf. Das ist das Pro­blem. Die­sen Punkt soll­ten wir ändern. Die Kon­gre­ga­ti­on muß ihre Unter­su­chung begin­nen, und es darf kei­ne Ein­mi­schung durch den Papst geben oder von Freun­den des Pap­stes, die sagen, die Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on sei „dog­ma­tisch“, das sei­en „Hard­li­ner“, der Mül­ler ist „ein Deut­scher“, er ist „zu hart“. Das alles muß drau­ßen blei­ben. Es muß ein nor­ma­ler Pro­zeß statt­fin­den, und erst am Ende soll­te der Papst infor­miert wer­den müs­sen und die letz­te Ent­schei­dung haben. Wir kön­nen aber nicht im Ver­fah­ren behin­dert wer­den. Wir brau­chen im kano­ni­schen Ver­fah­ren Unab­hän­gig­keit von den kirch­li­chen Höfen.

Der Kar­di­nal wur­de noch deutlicher:

Kar­di­nal Mül­ler: Das gro­ße Pro­blem die­ses Pon­ti­fi­kats sind die soge­nann­ten Freun­de. Und wir, sei­ne wirk­li­chen Freun­de, wer­den von den Medi­en Fein­de des Pap­stes genannt. Aber die Kate­go­rien Freund­schaft oder Feind­se­lig­keit sind in die­sem Fall nicht nütz­lich. Es braucht eine kor­rek­te Behand­lung der Glau­bens­fra­gen, der Dis­zi­plin und der Moral, und nicht die­ses System per­sön­li­cher Bezie­hun­gen. Jedes­mal, wenn eine Grup­pe von Kar­di­nä­len sich mit dem Papst trifft, geschieht alles, weil irgend­ei­ner von ihnen den Papst per­sön­lich fragt: Ich möch­te die­sen und jenen aus per­sön­li­chen, poli­ti­schen Grün­den als Bischof, und nicht weil er die geeig­net­ste Per­son ist. Und so wird die Bischofs­kon­gre­ga­ti­on übergangen.
Für die Bischö­fe und Kar­di­nä­le brau­chen wir eine aus­drück­li­che Erlaub­nis des Pap­stes. Und ohne die­se Erlaub­nis kön­nen wir nicht wei­ter­ma­chen. Mein Vor­schlag ist, die Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on unab­hän­gi­ger zu machen. Es ist nicht gut, wenn der Papst die­se Macht gebraucht, um not­wen­di­ge Ermitt­lun­gen zu stoppen.
Die Ver­ant­wort­li­chen zu lai­sie­ren, ist der ein­zi­ge Weg, aus der Kri­se her­aus­zu­kom­men. Wir befin­den uns in die­ser Kri­se, weil die Bischö­fe so naiv sind. Sie wis­sen nicht genug von den schreck­li­chen Fol­gen für die Opfer. Das alte System im Straf­recht war besser.

Der Kar­di­nal wider­sprach in sei­nen Aus­sa­gen Papst Fran­zis­kus auch noch einem ande­ren Punkt. Ursa­che für das Miß­brauchs­pro­blem in der Kir­che sei nicht der „Kle­ri­ka­lis­mus“, den Papst Fran­zis­kus wie­der­holt ver­ant­wort­lich mach­te, zuletzt in sei­ner Rede zur Eröff­nung der Jugend­syn­ode vor zwei Tagen. Ursa­che ist auch nicht die Pädo­phi­lie, von der die Medi­en und Homo-Ver­bän­de ger­ne reden. „Ursa­che ist die aggres­si­ve Homo­se­xua­li­tät“, wie der Vati­ka­nist Mar­co Tosat­ti die Wor­te von Kar­di­nal Mül­ler zusammenfaßte.

Kar­di­nal Mül­ler: Die gro­ße Mehr­heit der Miß­brauchs­op­fer von Kle­ri­kern sind nicht Kin­der, son­dern Jugend­li­che oder jun­ge Erwach­se­ne. Jeder Angriff gegen das Sech­ste Gebot ist eine Tod­sün­de. 80 Pro­zent und mehr der Opfer sind männ­lich, der größ­te Teil von 14 Jah­ren auf­wärts. Das sind homo­se­xu­el­le Angrif­fe, nicht pädo­phi­le. Das sind kei­ne Kin­der, son­dern Jugend­li­che und noch älter.

Der Kar­di­nal zum Fall des Ex-Kar­di­nals Theo­do­re McCarrick.

Kar­di­nal Mül­ler: Semi­na­ri­sten betref­fen nicht unse­re Kon­gre­ga­ti­on, die sich nur mit Miß­brauchs­fäl­len bis zum Alter von 18 Jah­ren befaßt. Hier haben wir einen Man­gel in der Rechts­ord­nung. Frü­her befaß­te sich die Kon­gre­ga­ti­on mit allen Miß­brauchs­fäl­len, jetzt nur mehr bis 18 Jah­re. Der Miß­brauch von Semi­na­ri­sten ist eine Tod­sün­de und inak­zep­ta­bel. Wir müs­sen alles tun gegen die­se homo­se­xu­el­len Angriffe.

Zum Vor­wurf, der Miß­brauch habe mit Kle­ri­ka­lis­mus zu tun:

Kar­di­nal Mül­ler: 90 Pro­zent aller Miß­brauchs­fäl­le erfolgt durch Per­so­nen, die nichts mit Prie­stern zu tun haben. Der Grund für den sexu­el­len Miß­brauch ist die Miß­ach­tung des Sech­sten Gebots.

Arro­yo woll­te schließ­lich wis­sen, ob Mül­lers Ent­las­sung als Glau­bens­prä­fekt, und ein hal­bes Jahr zuvor schon die Ent­las­sung von drei sei­ner Mit­ar­bei­ter an der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, mit „zu gro­ßer Här­te gegen Miß­brauchs­tä­ter“ zu tun habe.

Kar­di­nal Mül­ler: Der Papst hat nie einen Grund für die Ent­las­sung der drei Mit­ar­bei­ter oder mei­ner eige­nen genannt. Ich muß aber sagen, daß die­se Per­so­nen und auch ich immer den Pro­ze­du­ren gefolgt sind, die ein­deu­tig und klar sind. Wir sind nie Kom­pro­mis­se ein­ge­gan­gen mit Prie­stern, die Män­ner, Frau­en oder Kin­der miß­braucht haben. Sie hat­ten nicht an den Altar zurück­zu­keh­ren. Sie muß­ten in den Lai­en­stand zurück­ver­setzt wer­den. Die­se Poli­tik wur­de von eini­gen Kar­di­nä­len und Bischö­fen an der Römi­schen Kurie nicht immer ger­ne gesehen.
Eini­ge haben ein fal­sches Ver­ständ­nis von Barm­her­zig­keit. Die Barm­her­zig­keit muß den Opfern gel­ten, und nicht den Tätern. Und mein Ver­ständ­nis ist, daß ein Prie­ster, der eine schwe­re Straf­tat began­gen hat, nicht mehr zum Altar zurück­keh­ren darf, weil er das Eben­bild Jesu Chri­sti zu sein hat, und Jesus ist der Gute Hir­te, der sei­ner Her­de Gutes tut und nicht die Kin­der oder ande­re Men­schen ruiniert.

Gene­rell zum Miß­brauchs­skan­dal beharr­te der Kar­di­nal auf ordent­li­che, kano­ni­sche Ver­fah­ren. Es dür­fe nichts intrans­pa­rent gesche­hen oder ver­tuscht werden:

Kar­di­nal Mül­ler: Es gibt einen öffent­li­chen Skan­dal, und den müs­sen wir mit einem kano­ni­schen Pro­zeß überwinden.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: EWTN/​Youtube (Screen­shots)

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