Wie steht es wirklich um den Gesundheitszustand von Benedikt XVI.?


Wie steht es um den Gesundheitszustand von Benedikt XVI. wirklich? Das jüngste Bild des Kirchenoberhauptes (2005-2013), auf den sich in der aktuellen Kirchenkrise viele Blicke richten.
Wie steht es um den Gesundheitszustand von Benedikt XVI. wirklich? Das jüngste Bild des Kirchenoberhauptes (2005-2013), auf den sich in der aktuellen Kirchenkrise viele Blicke richten.

(Rom) In Deutsch­land berich­ten Medi­en, Bene­dikt XVI. habe sei­nen Amts­ver­zicht mit den Rück­tritts­er­wä­gun­gen von Papst Pius XII. im Jahr 1944 ver­gli­chen, als er befürch­te­te, von den Natio­nal­so­zia­li­sten als Gei­sel genom­men zu wer­den (sie­he Wann nimmt Bene­dikt XVI. zur Papst­kri­se Stel­lung?). In Bra­si­li­en wird zugleich berich­tet, daß der vor­ma­li­ge Papst an Par­kin­son leide.

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Die Bild-Zei­tung ver­öf­fent­lich­te gestern Aus­zü­ge aus einem Brief, den Bene­dikt XVI. im Novem­ber an einen nament­lich nicht genann­ten, deut­schen Kar­di­nal sand­te. Der Brief ist auf­se­hen­er­re­gend, weil das ach­te deut­sche Papst der Kir­chen­ge­schich­te dar­in anzu­deu­ten scheint, aus Furcht um sein Leben zurück­ge­tre­ten zu sein. Bis­her hat­te er wie­der­holt dar­auf bestan­den, daß sein histo­risch bei­spiel­lo­ser Amts­ver­zicht aus frei­en Stücken erfolgte.

Seit­her ste­hen neue Fra­gen im Raum.

Berg­o­glia­ner begei­ster­ten sich unter­des­sen an dem Bild-Arti­kel. Zunächst vor allem, weil er von Papst Fran­zis­kus ablenkt, der durch den Miß­brauchs­skan­dal in den USA schwer in Bedräng­nis ist. Beson­ders aber, weil die Bild-Zei­tung mit ihrem Arti­kel die The­se aus­brei­te­te, Bene­dikt XVI. sei durch sei­nen Rück­tritt schuld an der aktu­el­len Kir­chen­kri­se. Sei­ne Geg­ner hat­ten stets das Gegen­teil behaup­tet. Jene Kräf­te, die das Pon­ti­fi­kat Bene­dikts behin­der­ten, wo sie nur konn­ten, applau­dier­ten sei­nem Rück­tritt fre­ne­tisch. Der­zeit aber grei­fen sie offen­sicht­lich nach jedem Stroh­halm, um Fran­zis­kus zu stüt­zen. Im Vati­kan scheint man noch immer kei­ne kla­ren Vor­stel­lun­gen dar­über zu haben, wie mit dem bela­sten­den Viganò-Dos­sier umgehen.

Benedikt XVI. in den Vatikanischen Gärten (veröffentlicht am 22. August 2018)
Bene­dikt XVI. in den Vati­ka­ni­schen Gär­ten (ver­öf­fent­licht am 22. August 2018)

Genug­tu­ung ver­schafft den Berg­o­glia­nern auch, daß der Bild-Arti­kel einen Kon­flikt unter Freun­den ins Bild setzt: nicht Kon­ser­va­ti­ve gegen Pro­gres­si­ve, wie es seit Jahr­zehn­ten dar­ge­stellt wird, son­dern Ratz­in­ger gegen Ratz­in­ge­ria­ner. Des­halb zeig­ten sie sofort mit dem Fin­ger auf Kar­di­nal Wal­ter Brand­mül­ler. Er sei der unbe­kannt blei­ben­de Kar­di­nal, an den Bene­dikt XVI. einen „Wut-Brief“ geschrie­ben habe. Die­se Dra­ma­ti­sie­rung paßt ins „Bild“, näm­lich in die Bild-Zei­tung, die zu den glo­ba­li­sti­schen Medi­en gehört und in kirch­li­chen Fra­gen nie auf der Sei­te Bene­dikts XVI. stand.

In Bra­si­li­en berich­te­te unter­des­sen die Zeit­schrift Veja über „Das Mar­ty­ri­um von Bene­dikt XVI“. Doch zuerst ein Rückblick:

Im ver­gan­ge­nen Febru­ar berich­te­ten Medi­en von „Todes­ge­rüch­ten um Ex-Papst Bene­dikt“. Sein Bru­der, Msgr. Georg Ratz­in­ger, zeig­te sich „besorgt über den Gesund­heits­zu­stand“ Bene­dikts XVI. Er sprach in einem Inter­view mit der Zeit­schrift Neue Post von einer „Läh­mung“, von der „mein Bru­der Joseph“ betrof­fen sei. „Die größ­te Sor­ge ist, daß die Läh­mung irgend­wann aufs Herz gehen könn­te. Und dann kann es schnell vor­bei sein“. Und wei­ter: „Ich bete jeden Tag für eine gute Ster­be­stun­de für mich und mei­nen Bru­der. Für uns bei­de. Das ist ein gro­ßer Wunsch, den wir haben“.

Das vati­ka­ni­sche Pres­se­amt beeil­te sich den Bru­der Bene­dikts XVI. zu dementieren:

„Die behaup­te­ten Nach­rich­ten von einer läh­men­den oder dege­ne­ra­ti­ven Krank­heit sind falsch.“

Zum Gesund­heits­zu­stand von Bene­dikt XVI. erklär­te der Vatikan:

„Er fühlt die Last der Jah­re, wie das in sei­nem Alter nor­mal ist“.

Nun berich­te­te die bra­si­lia­ni­sche Zeit­schrift Veja über Bene­dikt XVI., daß „der Papst an den Sym­pto­men von Par­kin­son lei­det, eine Krank­heit, die zu sei­ner Ent­schei­dung bei­getra­gen haben könnte“.

Die Zeit­schrift beruft sich dabei „exklu­siv“ auf Kir­chen­ver­tre­ter, „die dem eme­ri­tier­ten Papst nahestehen“:

„Bene­dikt XVI. lei­det an Par­kin­son und fühl­te die Signa­le der Krank­heit bereits als er zurücktrat“.

Sein Tages­ab­lauf sei „wegen der Krank­heit sehr eingeschränkt“.

Veja nennt die Infor­ma­ti­ons­quel­le nicht, die anonym blei­ben weil, weil sie nicht auto­ri­siert sei, öffent­lich über den Gesund­heits­zu­stand des vor­ma­li­gen Pap­stes zu sprechen.

Zur Unter­stüt­zung der Behaup­tung ver­weist Veja auf die Erkran­kung von Papst Johan­nes Paul II. Er habe „bereits seit 1996 an Par­kin­son gelit­ten“. Erst 2001 sprach sein Leib­arzt erst­mals in einem Inter­view davon. Dazu Veja: Der „pol­ni­sche Papst ist 2005 gestor­ben, ohne daß der Vati­kan sei­nen Zustand offi­zi­ell bestätigte“.

Laut dem bra­si­lia­ni­schen Wochen­ma­ga­zin ver­hal­te sich der Vati­kan nun bei Bene­dikt XVI. genau­so. Die offi­zi­el­le Les­art laute:

„Dem eme­ri­tier­ten Papst geht es gut. Sei­ne ‚Krank­heit‘ sind sei­ne 91 Jahre“.

Das jüng­ste bekann­te Bild von Bene­dikt XVI. wur­de am 22. August von der Vati­ka­ni­schen Stif­tung Joseph Ratz­in­ger – Bene­dikt XVI. auf Face­book ver­öf­fent­licht. Es zeigt Bene­dikt mit Don Simo­ne Bille­ci, Dozent an der Theo­lo­gi­schen Fakul­tät von Sizi­li­en. Don Bille­ci über­reich­te Bene­dikt im Gar­ten des Klo­sters Mater Eccle­siae die von ihm her­aus­ge­ge­be­ne, bis­her unver­öf­fent­lich­te Dis­ser­ta­ti­on von Micha­el Johan­nes Mar­mann. Mar­manns Dis­ser­ta­ti­on war von Ratz­in­ger wäh­rend sei­ner Lehr­tä­tig­keit an der Uni­ver­si­tät Regens­burg betreut wur­de. Das Vor­wort zur Ver­öf­fent­li­chung stammt von Kar­di­nal Ger­hard Müller.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Facebook/​Fondaziona Vati­ca­na Joseph Ratz­in­ger /​ Bene­det­to XVI (Screen­shot)

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