Jugendsynode: Die Agenda ist bereits geschrieben


Jugendsynode
Jugendsynode: Dienen Bischofssynoden unter Papst Franziskus nur als Vorwand, als Fassade, um eine bereits vorab fixierte, modernistische Agenda umzusetzen? Ja, sagt der Philosoph und Sozialethiker Stefano Fontana und warnt, daß damit die Institution Bischofssynode insgesamt ihre Bedeutung verliert.

Von Ste­fa­no Fontana*

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Beim Lesen der von Papst Fran­zis­kus direkt ernann­ten Per­so­nen für die kom­men­de Jugend­syn­ode bleibt man ernst­haft (und unan­ge­nehm) berührt. Das betrifft vor allem das wei­te­re Schick­sal die­ser Syn­ode und der Syn­oden ins­ge­samt, auf die der Schat­ten eines Ver­dachts fällt, der ihre kirch­li­che Funk­ti­on kompromittiert.

Las­sen wir für den Augen­blick den Aspekt bei­sei­te, daß vie­le der vom Papst Ernann­ten im Mit­tel­punkt des Miß­brauchs­skan­dals und des Homo­se­xua­lis­mus-Skan­dals ste­hen (von Mara­dia­ga bis Cupich, von Far­rell bis Marx). Der Erz­bi­schof von Phil­adel­phia, Charles Cha­put, hat­te sogar nahe­ge­legt, die Jugend­syn­ode abzu­sa­gen, weil „die Bischö­fe in die­sem Augen­blick abso­lut kei­ne Glaub­wür­dig­keit hät­ten, die­ses Argu­ment zu behan­deln“, und der Papst ernennt aus­ge­rech­net jene, die am mei­sten in die Que­re­len ver­wickelt sind. Las­sen wir, wie gesagt, die­sen wenn auch zen­tra­len Aspekt aber vor­erst bei­sei­te, und blei­ben wir bei der Tat­sa­che, daß die Ernann­ten in Sachen Sexua­li­tät und Fami­lie alle­samt Expo­nen­ten des moder­ni­sti­schen Pro­gres­sis­mus sind, in pri­mis, natür­lich, P. Anto­nio Spa­da­ro, Chef­re­dak­teur von La Civil­tà Cat­to­li­ca, und Enzo Bian­chi. Die­se so ein­sei­ti­gen Ernen­nun­gen durch den Papst zie­len offen­sicht­lich dar­auf ab, von Anfang an den Aus­gang der Syn­ode zu bestim­men, und bestä­ti­gen die von vie­len geäu­ßer­te Mei­nung, daß nicht die Jugend­li­chen Gegen­stand der Syn­ode sind, son­dern die neu­en moder­ni­sti­schen Öff­nun­gen im Bereich der Sexu­al­mo­ral, beson­ders der vor­ehe­li­chen Bezie­hun­gen und der Ver­hü­tung. Das klei­ne, päpst­lich nomi­nier­te Heer hät­te dem­nach den Auf­trag, die Stoß­rich­tung abzu­si­chern und von Anfang an ein vor­ge­fer­tig­tes Ergeb­nis sicher­zu­stel­len. Mit ande­ren Wor­ten: Die Syn­ode als instru­men­ta­li­sier­te Maschi­ne­rie, um ande­re Zie­le als die erklär­ten zu erreichen.

Die Gene­ral­pro­be für die­se Metho­de fand bereits anläß­lich der bei­den Syn­oden über die Fami­lie in den Jah­ren 2014 und 2015 statt. Sie waren bis ins Detail geplant, damit sie zum gewünsch­ten Ergeb­nis führ­ten. Der Auf­trag an Kar­di­nal Kas­per, bereits im Febru­ar 2014 die Linie vor­zu­ge­ben, der Aus­schluß des Päpst­li­chen Insti­tuts Johan­nes Paul II. von den Syn­oden­ar­bei­ten der ersten Sit­zungs­ses­si­on (nach Pro­te­sten dann ein­ge­bun­den in der zwei­ten), die Beset­zung des Sekre­ta­ri­ats mit treu­en Inter­pre­ten der neu­en Linie, von Spa­da­ro bis For­te, und noch mehr die Nomi­nie­rung der Grup­pe, die die Ergeb­nis­se for­mu­lie­ren soll­te, aber auch die von P. Lom­bar­di gelenk­ten Brie­fings, das Ver­bot für die Syn­oden­vä­ter, Stel­lung­nah­men abzu­ge­ben… bezeu­gen eine sehr auf­merk­sa­me, poli­ti­sche Len­kung, die durch eine besorg­nis­er­re­gen­de Erklä­rung von Msgr. Bru­no For­te bestä­tigt wur­de, der Papst habe ihn beauf­tragt, den Boden zu berei­ten, für den Rest wür­de dann er sor­gen, „wer weiß, was die uns sonst für ein Casi­no [einen Wir­bel] machen“.

Die Sache scheint sich nun bei der Syn­ode über die Jugend  und auch bei der für das kom­men­de Jahr vor­ge­se­he­nen Syn­ode über den Ama­zo­nas zu wie­der­ho­len, deren Ergeb­nis­se bereits als fest­ge­legt betrach­tet wer­den kön­nen. Es genügt, die ent­spre­chen­den Vor­be­rei­tungs­do­ku­men­te zu lesen, um eine wei­te­re Bestä­ti­gung zu bekom­men. Es ist ein biß­chen wie bei poli­ti­schen Ver­samm­lun­gen, wo nie eine Tagung oder ein Kon­greß statt­fin­det, ohne daß nicht schon vor­her fest­ge­legt wur­de, was dabei her­aus­kom­men soll. Anders ist natür­lich, daß man sich im kon­kre­ten Fall auf das Wehen des Hei­li­gen Gei­stes beruft: kei­ne Angst vor Neu­em haben, sich nicht in die Abstrakt­heit der Leh­re ein­schlie­ßen und nicht urtei­len zu sol­len, vor allem nicht ande­re, son­dern nur sich selbst kri­ti­sie­ren zu sol­len, weil man sonst nicht barm­her­zig sei.

Wir könn­ten von „Vorwand“-Synoden oder „instru­men­ta­li­sier­ten“ Syn­oden spre­chen, um ein vor­ab fest­ge­leg­tes Ziel zu errei­chen. Das heißt aber nicht, wie wir inzwi­schen gelernt haben, daß die Syn­ode am Ende irgend etwas Kla­res sagen muß, obschon etwas Inno­va­ti­ves im Ver­gleich zur tra­di­tio­nel­len Leh­re. Im Gegen­teil, die Syn­ode bleibt wunsch­ge­mäß sogar vage, in einem Sagen und Nicht-Sagen, indem sie Fra­gen auf­wirft, aber nicht beant­wor­tet. Der moder­ni­sti­sche Pro­gres­sis­mus will sich nicht in eine neue Leh­re ver­wan­deln, son­dern die Glau­bens­leh­re in Fra­ge stel­len, um die Türen zu einer kirch­li­chen Pra­xis zu öff­nen, ohne es aber offen zu sage, die im Wider­spruch zu ihr steht. Man dür­fe auch nicht zu den­ken, daß die Schluß­fol­ge­run­gen der Syn­ode unvoll­endet blei­ben könn­ten, weil der Papst sie dann mit sei­nem nach­syn­oda­len Schrei­ben voll­enden wer­de. Die­ses nach­träg­li­che Schrei­ben muß ledig­lich wie­der­ho­len, was die Syn­ode gesagt hat, ohne die offe­nen und noch nicht ein­deu­ti­gen Fra­gen zu schlie­ßen, und neue und noch beun­ru­hi­gen­de­re Fra­gen aufzuwerfen.

Wenn die­ses Bild zutrifft, dann wird der Syn­ode als Insti­tu­ti­on die Sub­stanz ent­zo­gen, indem sie pro­sa­isch zu einer UNO-Kon­fe­renz redu­ziert, der Ver­fü­gungs­ge­walt der eige­nen Trup­pen und der Ein­set­zung der eige­nen Ver­tre­ter in die Gre­mi­en die zäh­len über­las­sen wird, kurz­um, auf zu mensch­li­che Tak­ti­ken. Die katho­li­schen Zei­tun­gen und die Nach­rich­ten­sen­dun­gen von Radio Vati­kan wer­den das Ereig­nis fei­ern und Lore­na Bian­chet­ti wird am Sonn­tag vor­mit­tag auf RAI1 sei­ne gan­ze Schön­heit  und Über­ein­stim­mung mit der Zeit behaup­ten, aber die Gläu­bi­gen, die den Trick durch­schaut haben, wer­den sich des­in­ter­es­siert abwen­den und von der Syn­ode kein Wort der Wahr­heit erwarten.

Und wenn ich dar­auf gekom­men bin, der ich nur über einen gerin­gen Intel­li­genz­quo­ti­en­ten ver­fü­ge, wer weiß, wer alles noch so gedacht haben wird.

*Ste­fa­no Fon­ta­na, Direk­tor des Inter­na­tio­nal Obser­va­to­ry Car­di­nal Van Thu­an for the Social Doc­tri­ne of the Church (Kar­di­nal Van Thu­an Beob­ach­tungs­stel­le für die Sozi­al­leh­re der Kir­che), Chef­re­dak­teur der Kir­chen­zei­tung des Erz­bis­tums Tri­est, das von Erz­bi­schof Giam­pao­lo Cre­pal­di gelei­tet wird. Fon­ta­na pro­mo­vier­te in Poli­ti­scher Phi­lo­so­phie mit einer Dis­ser­ta­ti­on über die Poli­ti­sche Theo­lo­gie. Ab 1980 lehr­te er Jour­na­li­sti­sche Deon­to­lo­gie und Geschich­te des Jour­na­lis­mus am Insti­tut für Sozi­al­wis­sen­schaf­ten der Uni­ver­si­tät Vicen­za, seit 2007 Phi­lo­so­phi­sche Anthro­po­lo­gie und Phi­lo­so­phie der Spra­che an der Hoch­schu­le für Erzie­hungs­wis­sen­schaf­ten (ISRE) in Venedig.

Bild: Vati​can​.va (Screen­shot)

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