Bitte, kein Applaus zum Abschied


Claudio Scimone (1934-2018)
Claudio Scimone (1934-2018)

(Rom) Am 6. Sep­tem­ber ist der bekann­te ita­lie­ni­sche Diri­gent Clau­dio Sci­mo­ne in sei­ner Hei­mat­stadt Padua ver­stor­ben. Mit sei­nem letz­ten Wil­len gab er ein Bei­spiel und erteil­te einer Unsit­te eine Absage.

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Bereits wäh­rend sei­nes Stu­di­ums bei Dimit­ri Mitro­pou­los und Fran­co Fer­ra­ra war er in den 50er Jah­ren als Musik­kri­ti­ker tätig. Inter­na­tio­na­le Bekannt­heit erlang­te er mit dem 1959 von ihm gegrün­de­ten Kam­mer­or­che­ster I Soli­sti Vene­ti, das er bis zu sei­nem Lebens­en­de lei­te­te. Die mit die­sem Orche­ster von Sci­mo­ne ein­ge­spiel­te Dis­ko­gra­phie umfaßt rund 300 Auf­nah­men. Allein Sci­mo­nes Vival­di-Dis­ko­gra­phie umfaßt mehr als 250 Wer­ke. Er diri­gier­te welt­weit eine Viel­zahl von Orcher­stern vom Roy­al Phil­har­mo­nic Orche­stra in Lon­don über das New Japan Phil­har­mo­nic in Tokio, das Sym­pho­nie­or­che­ster des Bel­gi­schen Rund­funks und das des Fran­zö­si­schen Rund­funks bis zu den Bam­ber­ger Sym­pho­ni­kern, um nur eini­ge zu nen­nen. Ins­ge­samt wird die Zahl der von Sci­mo­ne auf allen Kon­ti­nen­ten diri­gier­ten Kon­zer­te auf über 6000 geschätzt.

Von 1961–1974 unter­rich­te­te er Kam­mer­mu­sik am Kon­ser­va­to­ri­um in Vene­dig zuerst, dann an jenem von Vero­na. Von 1974–1993 war er Direk­tor des Kon­ser­va­to­ri­ums von Padua. Von 1979–1986 lei­te­te er neben den Soli­sti Vene­ti auch das Orche­ster der Gul­ben­ki­an-Stif­tung in Lis­sa­bon, deren Ehren­di­ri­gent er nach die­ser Zeit wur­de. Sei­ne wis­sen­schaft­li­che For­schung galt vor allem Wer­ken des 18. und 19. Jahr­hun­derts. Dazu gehör­te unter ande­rem die Rekon­struk­ti­on der Vival­di-Oper „Orlan­do furioso“.

Das Requi­em für den Mae­stro fand am ver­gan­ge­nen Sams­tag auf sei­nen Wunsch hin in der Chie­sa degli Ere­mi­ta­ni in sei­ner Hei­mat­stadt Padua statt. Napo­le­on Bona­par­te hat­te 1806 die Kir­che schlie­ßen und das ein­sti­ge Augu­sti­ner­klo­ster auf­he­ben las­sen, in dem Mar­tin Luther 1511 auf sei­ner Rom-Rei­se näch­tig­te, als der dama­li­ge Augu­sti­ner­pa­ter auf Rom noch bes­ser zu spre­chen als der „Refor­ma­tor“ Luther weni­ge Jah­re später.

Das Klo­ster gibt es nicht mehr, aber die Kir­che mit ihren groß­ar­ti­gen Fres­ken aus dem 14. Jahr­hun­dert dient seit 1808 wie­der dem katho­li­schen Kul­tus. Der Mae­stro woll­te nicht nur, daß hier sein Toten­amt gehal­ten wird, son­dern erteil­te noch im Tod eine Lek­ti­on über ange­mes­se­nes Ver­hal­ten und gegen lit­ur­gi­sche Unsitten.

In der Kir­che wur­de sein dies­be­züg­li­cher letz­ter Wil­le ver­le­sen, mit dem er die Trau­er­ge­mein­de ersuch­te, nicht der in Mode gekom­me­nen, schlech­ten Gewohn­heit  zu fol­gen und in der Kir­che oder am Fried­hof „zum Abschied“ zu applau­die­ren, son­dern in- und außer­halb der Kir­che auf jeden Applaus zu ver­zich­ten, um den Ernst und die Bedeu­tung des Moments zu entsprechen.

Die­sem Wunsch folg­ten die mehr als tau­send Anwe­sen­den, dar­un­ter die Prä­si­den­tin des Ita­lie­ni­schen Senats, die Kir­chen­recht­le­rin Eli­sa­bet­ta Alber­ti-Casel­la­ti (For­za Ita­lia), wes­halb der Sarg des gro­ßen Musi­kers und gläu­bi­gen Chri­sten nach dem Requi­em, bei dem sei­ne Soli­sti Vene­ti spiel­ten, in völ­li­ger Stil­le aus der Kir­che getra­gen wur­de, beglei­tet nur von den Gebe­ten des Prie­sters und dem Läu­ten der Toten­glocke, wie es in Ita­li­en als „Aus­läu­ten“ üblich ist.

Text: Nor­ber­to Zuccalà/​Giuseppe Nardi
Bild: MiL

 

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