Wird Erzbischof Viganò bestraft, weil er die Wahrheit sagte?


Papst Franziskus
Kardinal Coccopalmerio wurde von Papst Franziskus beauftragt, zu studieren, wie Msgr. Carlo Maria Viganò bestraft werden könne. Nicht der Schuldige, sondern der Ankläger soll bestraft werden.

Von Rober­to de Mattei*

Anzei­ge

Wird Erz­bi­schof Car­lo Maria Viganò, der die Exi­stenz eines kor­rup­ten Netz­wer­kes im Vati­kan ans Licht brach­te, indem er die Ver­ant­wort­li­chen zur Ver­ant­wor­tung ruft, ange­fan­gen bei den höch­sten kirch­li­chen Auto­ri­tä­ten, bestraft, weil er die Wahr­heit gesagt hat?

Papst Fran­zis­kus prüft die­se Mög­lich­keit. Wenn es stimmt, wie von meh­re­ren Quel­len bestä­tigt wird, hat er Kar­di­nal Fran­ces­co Coc­co­pal­me­rio und eini­ge ande­re Kir­chen­recht­ler kon­sul­tiert, um mög­li­che kano­ni­sche Sank­tio­nen zu stu­die­ren, die gegen den Erz­bi­schof ver­hängt wer­den sol­len begin­nend mit der der Sus­pen­die­rung a divi­nis.

Soll­te die­se Nach­richt stim­men, wäre das äußerst schwer­wie­gend und auch ein biß­chen sur­re­al, zumal der „Exper­te“, der geru­fen wur­de, um Msgr. Viganò zu bestra­fen, aus­ge­rech­net jener Kar­di­nal Coc­co­pal­me­rio wäre, der vom ehe­ma­li­gen Nun­ti­us in den USA beschul­digt wird, Teil der „Homo-Lob­by“ zu sein, die im Vati­kan ihr Unwe­sen treibt.

Nicht zu ver­ges­sen ist zudem, daß der Sekre­tär des Kar­di­nals, Msgr. Lui­gi Capoz­zi, in einen Fall von Homo-Orgie ver­wickelt ist, in der die Posi­ti­on sei­nes Vor­ge­setz­ten erst noch zu klä­ren ist. Das eigent­li­che Pro­blem ist aber natür­lich ein ande­res. Die katho­li­sche Kir­che als sicht­ba­re Gesell­schaft ver­fügt über ein Straf­recht, da sie das Recht besitzt, die Gläu­bi­gen zu bestra­fen, die ihre Geset­ze ver­letzt haben.

In die­sem Zusam­men­hang ist zwi­schen Sün­de und Straf­tat zu unter­schei­den. Die Sün­de betrifft eine Ver­let­zung des Sit­ten­ge­set­zes. Die Straf­tat ist eine Über­tre­tung des kano­ni­schen Rech­tes der Kir­che, das sich natür­lich vom Straf­recht der Staa­ten unterscheidet.

Alle Straf­ta­ten sind Sün­den, aber nicht alle Sün­den sind Straf­ta­ten. Es gibt all­ge­mei­ne Straf­ta­ten, die dem staat­li­chen und dem kano­ni­schen Recht gemein­sam sind, dazu gehört die Straf­tat der Pädo­phi­lie. Ande­re Straf­ta­ten sind sol­che nur für das kano­ni­sche Recht, nicht aber für das staat­li­che Recht.

Die Homo­se­xua­li­tät und das Kon­ku­bi­nat zum Bei­spiel wer­den heu­te von den mei­sten Staa­ten nicht als Straf­tat betrach­tet, wäh­rend sie, soll­te ein Kle­ri­ker sie bege­hen, eine schwe­re Straf­tat blei­ben und vom kano­ni­schen Recht bestraft wer­den. Nicht jede äuße­re Hand­lung, die ein Gesetz über­tritt, ist aber eine Straf­tat, son­dern nur jene, für die eine Stra­fe vor­ge­se­hen ist nach dem Grund­satz: nul­lum cri­men, nulla poe­na sine lege.

Der Codex des Kir­chen­rechts, wor­an jüngst P. Gio­van­ni Sca­le­se auf sei­nem Blog Anti­quo Rob­ore erin­ner­te, betrach­tet als Straf­tat nicht nur den Miß­brauch von Min­der­jäh­ri­gen, son­dern auch alle ande­ren Sün­den gegen das Sech­ste Gebot wie das Kon­ku­bi­nat und die skan­da­lö­se Situa­ti­on der Homo­se­xua­li­tät (Canon 1395 des Neu­en Codex).

Die­se Unter­schei­dun­gen schei­nen Papst Fran­zis­kus nicht klar zu sein, der die „Null­to­le­ranz“ gegen die zivi­len Straf­ta­ten wie die Pädo­phi­lie ver­kün­det, aber zu „Ver­ge­bung“ und Barm­her­zig­keit für „Jugend­sün­den“ wie die Homo­se­xua­li­tät auf­ruft, indem er das Vor­han­den­sein die­ser Straf­tat in den Geset­zen der Kir­che ver­gißt. Dann aber, und dar­in liegt der Wider­spruch, wer­den die Geset­ze der Kir­che ange­wandt, nicht um den unmo­ra­li­schen Kle­rus zu bestra­fen, son­dern jene, die die Unmo­ral des Kle­rus ankla­gen wie Msgr. Car­lo Maria Viganò, der mit sei­nem Zeug­nis nichts ande­res tut, als der Linie der Erneue­rer der Kir­che vom hei­li­gen Petrus Dami­an bis zum hei­li­gen Bern­har­din von Sie­na zu fol­gen, die gro­ße Anklä­ger der Homo­se­xua­li­tät waren.

Aus wel­chem Grund will man gegen den muti­gen Erz­bi­schof kano­ni­sche Stra­fen anwen­den? Papst Fran­zis­kus könn­te ant­wor­ten wie in der Erzäh­lung des Phai­dros, ich brau­che kei­ne Begrün­dung, ich bestra­fe quia nomi­nor leo, weil ich der Stär­ke­re bin.

Wenn aber die Auto­ri­tät nicht aus­ge­übt wird, um der Wahr­heit zu die­nen, wird sie zum Miß­brauch der Macht, und das Opfer des Macht­miß­brauchs gewinnt eine Kraft, die ihm nie­mand neh­men kann: die Kraft der Wahr­heit. Das Erste, was in die­sem tra­gi­schen Moment im Leben der Kir­che nicht nur die Katho­li­ken, son­dern die öffent­li­che Mei­nung der gan­zen Welt von den Kir­chen­män­nern ver­langt, ist, „nicht mit der Lüge zu leben“, um einen berühm­tes Wort Sol­sche­ni­zyns zu gebrau­chen. Die Zeit der sozia­li­sti­schen Dik­ta­tu­ren ist vor­bei, und die Wahr­heit ist dazu bestimmt, sich durchzusetzen.

*Rober­to de Mat­tei, Histo­ri­ker, Vater von fünf Kin­dern, Pro­fes­sor für Neue­re Geschich­te und Geschich­te des Chri­sten­tums an der Euro­päi­schen Uni­ver­si­tät Rom, Vor­sit­zen­der der Stif­tung Lepan­to, Autor zahl­rei­cher Bücher, zuletzt in deut­scher Über­set­zung: Ver­tei­di­gung der Tra­di­ti­on: Die unüber­wind­ba­re Wahr­heit Chri­sti, mit einem Vor­wort von Mar­tin Mose­bach, Alt­öt­ting 2017.

Bild: Cor­ri­spon­den­za Romana

Print Friendly, PDF & Email
Anzei­ge

Hel­fen Sie mit! Sichern Sie die Exi­stenz einer unab­hän­gi­gen, kri­ti­schen katho­li­schen Stim­me, der kei­ne Gel­der aus den Töp­fen der Kir­chen­steu­er-Mil­li­ar­den, irgend­wel­cher Orga­ni­sa­tio­nen, Stif­tun­gen oder von Mil­li­ar­dä­ren zuflie­ßen. Die ein­zi­ge Unter­stüt­zung ist Ihre Spen­de. Des­halb ist die­se Stim­me wirk­lich unabhängig.

Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

Das ist müh­sam, es ver­langt eini­ges ab, aber es ist mit Ihrer Hil­fe möglich.

Unter­stüt­zen Sie uns bit­te. Hel­fen Sie uns bitte.

Vergelt’s Gott!