Zwei Päpste und die Protestantisierung der katholischen Kirche


Anna Katharina Emmerick
Schauungen der Anna Katharina Emmerick

(Coesfeld/​Rom) Am 3. Okto­ber 2004 erhob Papst Johan­nes Paul II. durch Selig­spre­chung die deut­sche Ordens­frau Anna Katha­ri­na Emme­rich zu den Altä­ren. Die Seli­ge wur­de 1774 in Coes­feld im Mün­ster­land gebo­ren und starb 1824 im Klo­ster Agne­ten­berg in Dül­men. Die aus einer Bau­ern­fa­mi­lie stam­men­de Non­ne wird von der Welt­kir­che als Mysti­ke­rin und stig­ma­ti­sier­te Sehe­rin ver­ehrt. Dank ihrer Visio­nen konn­te bei Ephe­sus von einer Exper­ten­kom­mis­si­on 1891 das Haus Mari­ens ent­deckt wer­den, in dem, so die Archäo­lo­gen, Maria und der Evan­ge­list und Apo­stel Johan­nes nach der Hin­rich­tung und Him­mel­fahrt Jesu leb­ten. Papst Bene­dikt XVI. besuch­te das Haus am 29. Novem­ber 2006.

Anzei­ge

Das bit­te­re Lei­den unsers Herrn Jesu Chri­sti, die durch Cle­mens Bren­ta­no auf­ge­zeich­ne­ten Schau­un­gen der Seli­gen ent­hal­ten eini­ge unbe­kann­te Details zum Tod Jesu. Das ver­an­laß­te den katho­li­schen Schau­spie­ler, Regis­seur und Pro­du­zen­ten Mel Gib­son sich bei sei­nem Film Die Pas­si­on Chri­sti (2004) an die Visio­nen der deut­schen Mysti­ke­rin zu halten.

Der Kate­chis­mus der katho­li­schen Kir­che fin­det kla­re Wor­te: „Im Lau­fe der Jahr­hun­der­te gab es soge­nann­te ‚Pri­vat­of­fen­ba­run­gen‘, von denen eini­ge durch die kirch­li­che Auto­ri­tät aner­kannt wur­den. Sie gehö­ren jedoch nicht zum Glau­bens­gut. Sie sind nicht dazu da, die end­gül­ti­ge Offen­ba­rung Chri­sti zu ‚ver­voll­komm­nen‘ oder zu ‚ver­voll­stän­di­gen‘, son­dern sol­len hel­fen, in einem bestimm­ten Zeit­al­ter tie­fer aus ihr zu leben. […] Der christ­li­che Glau­ben kann kei­ne ‚Offen­ba­run­gen‘ anneh­men, die vor­ge­ben, die Offen­ba­rung, die in Chri­stus voll­endet ist, zu über­tref­fen oder zu berich­ti­gen“. (KKK 67)

Schwarm­gei­ste­rei und eine gewis­se Offen­ba­rungs­sucht haben zu allen Zei­ten ihre Blü­ten getrie­ben. Das gläu­bi­ge Got­tes­volk tut gut dar­an, genau zu prü­fen, denn Glau­ben hat es letzt­lich nur der von der Kir­che bewahr­ten gött­li­chen Offen­ba­rung zu schenken.

Zwei Päpste und „eine andere dunkle Kirche in Rom“

Zu den Visio­nen der Augu­sti­ne­rin gehö­ren auch eini­ge apo­ka­lyp­ti­sche Pro­phe­zei­un­gen über die Zukunft der Kir­che. Was sie vor­aus­sag­te, klingt in man­chem wie eine Vor­weg­nah­me der nach­kon­zi­lia­ren Lit­ur­gie­re­form: „Die Mes­se war kurz“ und am Ende wur­de das Schluße­van­ge­li­um aus dem Johan­nes­evan­ge­li­um nicht mehr gelesen.

Am 13. Mai 1820 sah sie in einer Visi­on zwei Päp­ste und zwei Kir­chen: „Ich habe die­se Nacht“ das Bild „von zwei Kir­chen und zwei Päp­sten gehabt“. Sie sah den Papst „und sah, wie unter ihm eine ande­re dunk­le Kir­che in Rom ent­stand“. Sie sah ein Gebäu­de ohne Altar und ohne Aller­hei­lig­stes: „Ich sah nur Bän­ke und in der Mit­te wie einen Red­ner­stuhl. Es wur­de da gepre­digt und gesun­gen; sonst war nichts.“ Über die Leu­te, die sich in die­ser „fal­schen“ Kir­che ohne Sakra­ment des Alta­res, Emme­rich spricht oft auch von „After­kir­che“ ver­sam­meln, schau­te sie:

„Ein jeder zog einen ande­ren Göt­zen aus sei­ner Brust und stell­te ihn vor sich hin und bete­te ihn an. Es war, als zöge jeder sei­ne Mei­nung, sei­ne Lei­den­schaft her­vor wie ein schwar­zes Wölk­chen, und wie es her­aus war, nahm es gleich eine bestimm­te Gestalt an, und es waren lau­ter Figu­ren, wie ich sie an dem Hals­ge­schmei­de der unech­ten Braut in dem Hoch­zeits­hau­se hän­gen sah, aller­lei Men­schen- und Tier­ge­stal­ten. Der Gott des Einen war ganz kraus und breit, brei­te­te vie­le Arme aus und woll­te Alles umschlin­gen und auf­fres­sen; der Gott des Andern mach­te sich ganz klein und krümm­te sich zusam­men; ein Ande­rer hat­te bloß einen höl­zer­nen Knüp­pel, den er ganz ver­dreht anschau­te, der Drit­te hat­te ein abscheu­li­ches Tier, der Vier­te eine Stange.“

Das beson­de­re ist, daß

„die­se Göt­zen den gan­zen Raum aus­füll­ten […] und wenn sie fer­tig waren, kroch der Gott eines Jeden wie­der in ihn hin­ein. Das gan­ze Haus aber war dun­kel und schwarz und alles, was dar­in geschah, war Dun­kel­heit und Fin­ster­nis. Nun wur­de mir auch der Ver­gleich gezeigt zwi­schen jenem Papst und die­sem und zwi­schen jenem Tem­pel und diesem.“

Die Lauheit der Geistlichen und das große Wachstum der falschen Kirche

Emme­rich schau­te, wie zah­len­mä­ßig schwach der rich­ti­ge Papst war und wie zah­len­mä­ßig stark hin­ge­gen der fal­sche Papst. Der rich­ti­ge Papst war „stark aber an Wil­len“ und ent­schlos­sen, die gro­ße Zahl der Göt­zen zu stür­zen. Der ande­re Papst hin­ge­gen war „schwach an Wil­len, in dem er den ein­zig wah­ren Gott und die ein­zig wah­re Andacht durch Gestat­tung des fal­schen Tem­pels in so vie­le Göt­ter und fal­sche Andach­ten habe auf­lö­sen las­sen.“ Unter dem fal­schen Papst wur­den „tau­send Göt­zen“ ange­be­tet, dem Herrn aber kein Platz ein­ge­räumt. Emme­rich sah, wie sich die wah­re Kir­che zer­streu­te und die fal­sche sich sam­mel­te und zah­len­mä­ßig im Vor­teil war.

„Ich sah auch, wie sehr übel die Fol­gen von die­ser After­kir­che sein wür­den. Ich sah sie wach­sen, ich sah vie­le Ket­zer aller Stän­de nach der Stadt [Rom] zie­hen. Ich sah die Lau­ig­keit der dor­ti­gen Geist­li­chen wach­sen, ich sah sich viel Dun­kel­heit dort mehr und mehr ver­brei­ten. […] Ich sah in allen Orten die katho­li­schen Gemein­den gedrückt, bedrängt, zusam­men­ge­scho­ben und ein­ge­schlos­sen wer­den. Ich sah vie­le Kir­chen aller Orten sper­ren. […] Ich hat­te das Bild wie­der, wie die Peters­kir­che plan­mä­ßig durch die gehei­me Sek­te abge­tra­gen und auch durch Stür­me abge­bro­chen werde.“

Gewißheit des göttlichen Beistandes für die wahre Kirche

Doch Emme­rich sieht auch den gött­li­chen Bei­stand für die wah­re Kirche:

„Ich sah aber auch im höch­sten Elend wie­der die Nähe der Ret­tung. Ich sah die hei­li­ge Jung­frau wie­der auf die Kir­che stei­gen und den Man­tel aus­brei­ten. Ich sah alles neu wer­den und sich eine Kir­che bis in den Him­mel hin­ein­bau­en. […] Den Zeit­raum, da alles die­ses gesche­hen soll, kann ich nicht ange­ben.“[1]Karl Erhard Schmö­ger: Das Leben der gott­se­li­gen Anna Katha­ri­na Emme­rich, 2. Bd. Letz­te Lebens­jah­re und Tod, Frei­burg im Breis­gau 1870, S. 490ff

Die von Emme­rich geschau­te fal­sche Kir­che ver­riet die kirch­li­che Glau­bens­leh­re und ihr Kle­rus war „lau“. Die stig­ma­ti­sier­te Mysti­ke­rin wird an ande­rer Stel­le selbst von einer „pro­te­stan­ti­sier­ten“ Kir­che spre­chen. Das alles ver­hin­der­te es aber nicht, daß die­se fal­sche Kir­che ein gro­ßes Wachs­tum erleb­te. „Es ent­stand ein Leib, eine Gemein­schaft außer dem Lei­be Jesu, der Kir­che, eine hei­lands­lo­se After­kir­che, deren Geheim­nis es ist, kein Geheim­nis zu haben“.

Am 10. August 1820 schau­te sie die Vision:

„Ich sehe den Hei­li­gen Vater in gro­ßer Bedräng­nis. Er bewohnt einen andern Palast und läßt nur weni­ge Ver­trau­te vor sich. Wür­de die schlech­te Par­tei ihre gro­ße Stär­ke ken­nen, sie wäre schon los­ge­bro­chen. Ich fürch­te, der Hei­li­ge Vater wird vor sei­nem Ende noch gro­ße Drang­sa­le lei­den müs­sen. Die schwar­ze After­kir­che sehe ich im Wach­sen und in üblem Ein­fluß auf die Gesin­nung. Die Not des Hei­li­gen Vaters und der Kir­che ist wirk­lich so groß, daß man Tag und Nacht zu Gott fle­hen muß. Es ist mir viel zu beten auf­ge­tra­gen für die Kir­che und den Papst …“

Alle sollten in  der „neuen Kirche“ zugelassen sein: Protestanten, Katholiken und Sekten aller Denominationen

Anna Katharina Emmerick
Anna Katha­ri­na Emmerich

Am 22. April 1823 sah Emme­rich eine Pro­te­stan­ti­sie­rung der katho­li­schen Kir­che. Alles was pro­te­stan­tisch war, habe schritt­wei­se in der katho­li­schen Kir­che die Ober­hand gewon­nen und in die­ser einen völ­li­gen Deka­denz­pro­zeß aus­ge­löst. Die Mehr­heit der Prie­ster sei durch die ver­füh­re­ri­schen, aber fal­schen Leh­ren ange­zo­gen wor­den und tru­gen zum Werk der Zer­stö­rung bei. In den Tagen, in denen das gesche­hen wird, so Emme­rich, wird der Glau­ben tief fal­len und nur an weni­gen Orten, in weni­gen Häu­sern und weni­gen Fami­li­en bewahrt wer­den, die Gott vor den Ver­wü­stun­gen bewahrt.

Emme­rich sah, daß sich vie­le Prie­ster von Ideen ein­wickeln las­sen, die für die Kir­che gefähr­lich sind und den Bau einer neu­en gro­ßen, selt­sa­men und extra­va­gan­ten Kir­che. Emme­rich scheint eini­ge Ideen und Prak­ti­ken geschaut zu haben, die sich in der Nach­kon­zils­zeit aus­zu­brei­ten began­nen und noch heu­te andau­ern. Alle soll­ten in der neu­en Kir­che zuge­las­sen sein, damit alle geeint sind und alle soll­ten die glei­chen Rech­te haben: Pro­te­stan­ten, Katho­li­ken und Sek­ten aller Deno­mi­na­tio­nen. Das soll­te die „neue Kir­che“ sein. Got­tes Plä­ne sei­en das aber nicht gewesen.

„Gott aber hat­te ande­re Plä­ne“, zitier­te Mat­tia Ros­si in der Tages­zei­tung Il Foglio die seli­ge Anna Katha­ri­na Emme­rich: „Plä­ne, die wir natür­lich alle nicht ken­nen: nie­mand ist imstan­de zu sagen, ob, wie und wann die Pro­phe­zei­un­gen der seli­gen Emme­rich aktu­ell sind oder sich sogar bewahr­hei­ten. Mit Sicher­heit jeden­falls ver­blüfft die Über­ein­stim­mung mit vie­len, mehr oder weni­ger dunk­len Aspek­ten der Kir­che von heute“.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Wikicommons

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1 Karl Erhard Schmö­ger: Das Leben der gott­se­li­gen Anna Katha­ri­na Emme­rich, 2. Bd. Letz­te Lebens­jah­re und Tod, Frei­burg im Breis­gau 1870, S. 490ff
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