TeleKabul im Vatikan?


Paolo Ruffini, der neue Präfekt des Kommunikatonsdikasteriums, mit Papst Franziskus
Paolo Ruffini, der neue Präfekt des Kommunikatonsdikasteriums, mit Papst Franziskus

(Rom) Papst Fran­zis­kus ernann­te einen neu­en Prä­fek­ten für das von ihm errich­te­te Kom­mu­ni­ka­ti­ons­se­kre­ta­ri­at. Die Ernen­nung wur­de not­wen­dig, nach­dem der erste Prä­fekt, der Prie­ster Dario Edo­ar­do Viganò, nach Mani­pu­la­ti­ons­vor­wür­fen zurück­ge­tre­ten war. Von „den Fäl­schern zu den Katho-Kom­mu­ni­sten“, kom­men­tier­te Mes­sa in Lati­no den Füh­rungs­wech­sel. Wird der Vati­kan zum neu­en Zen­trum von TeleKabul?

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Neu­er Prä­fekt ist Pao­lo Ruf­fi­ni. Sei­ne Ernen­nung erfolg­te durch Papst Fran­zis­kus „per­sön­lich“, wie in Rom betont wird. Er ist der erste Laie, der die Lei­tung eines römi­schen Dik­aste­ri­ums über­nimmt. Dar­auf liegt auch die Beto­nung. Das ist zwar eine Neu­heit, aber kein Verdienst.

Der Abgang des ersten Präfekten

Das Ver­hal­ten von Don Viganò, den Papst Fran­zis­kus als sei­nen Ver­trau­ten an die Spit­ze des Kom­mu­ni­ka­ti­ons­se­kre­ta­ri­ats beru­fen hat­te, ist in pein­li­cher Erin­ne­rung. Viganò woll­te Fran­zis­kus zu des­sen fünf­tem Thron­ju­bi­lä­um ein beson­de­res Geschenk machen. Kein Gerin­ge­rer als Bene­dikt XVI. soll­te sei­nen Nach­fol­ger loben. Die Ope­ra­ti­on hat­te auch eine kir­chen­po­li­ti­sche Dimen­si­on. Bene­dikt XVI. wird von nicht uner­heb­li­chen Tei­len der Kir­che nach wie vor als wich­ti­ger Bezugs­punkt betrach­tet, und man­che  sehen in ihm sogar noch den wah­ren Papst. Dem woll­te Viganò mit sei­nem „Geschenk“ entgegenwirken.

Msgr. Dario Edoardo Viganò
Msgr. Dario Edo­ar­do Viganò

Viganò woll­te dazu ein schrift­li­ches Doku­ment vom deut­schen Papst erwir­ken, indem die­ser Fran­zis­kus lobt. Als des­sen Inhalt aber nicht wie gewünscht aus­fiel, half der Dik­aste­ri­en­lei­ter selbst etwas nach. Die Mani­pu­la­ti­on flog auf, als dem Vati­ka­ni­sten San­dro Magi­ster Zwei­fel kamen. Viganò ver­hed­der­te sich in immer neue Wider­sprü­che, sodaß schließ­lich inter­na­tio­na­le Pres­se­agen­tu­ren Zwei­fel an sei­ner Berufs­ethik äußerten.

Am Ende blieb nur mehr der Rück­tritt, um nicht auch noch Papst Fran­zis­kus Scha­den neh­men zu las­sen. Die­ser wil­lig­te unwil­lig ein und stat­tet Viganò gleich wie­der mit einem Bera­ter­ver­trag, und das aus­ge­rech­net für das Mini­ste­ri­um, des­sen Chef­ses­sel er soeben räu­men muß­te. Für ihn wur­de zwei Tage nach sei­nem Rück­tritt eigens die Stel­le eines Asses­sors im Kom­mu­ni­ka­ti­ons­se­kre­ta­ri­at geschaf­fen. Auch die Tat­sa­che, daß Fran­zis­kus mona­te­lang die Stel­le des Prä­fek­ten unbe­setzt ließ, war ein Signal, daß er den erzwun­ge­nen Rück­tritt Viganòs nicht gewollt hat­te. Mit der nun erfolg­ten Ernen­nung eines neu­en Prä­fek­ten ist Viganò immer­hin noch die Num­mer Drei im Ministerium.

Der neue Präfekt

Gestern ernann­te Fran­zis­kus den Berufs­jour­na­li­sten Pao­lo Ruf­fi­ni zum neu­en Prä­fek­ten. Zuvor war das Kom­mu­ni­ka­ti­ons­se­kre­ta­ri­at zu einem Dik­aste­ri­um zurück­ge­stuft wor­den. Laut der künf­ti­gen, aber noch nicht ver­öf­fent­li­chen Kon­sti­tu­ti­on der Römi­schen Kurie soll es eine drei­glied­ri­ge Hier­ar­chie geben. Kon­gre­ga­tio­nen sol­len von Kar­di­nä­len, Päpst­li­che Räte von Bischö­fen und Dik­aste­ri­en von Lai­en gelei­tet werden.

Ruf­fi­ni war zuletzt Direk­tor von TV2000, dem Fern­seh­sen­der der Ita­lie­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz. Zuvor hat­te er unter ande­rem für die römi­sche Tages­zei­tung Il Mess­ag­ge­ro und RAI3 gear­bei­tet. Eini­ge Zeit war er für die Bericht­erstat­tung des öffent­lich-recht­li­chen Rund­funks aus dem Par­la­ment zuständig.

2011 wech­sel­te er nach Kon­flik­ten mit der dama­li­gen Ber­lus­co­ni-Regie­rung zu LA7 und 2014 zu den Rund­funk­me­di­en der Ita­lie­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz.

Ruf­fi­ni ist der Sohn des einst ein­fluß­rei­chen, christ­de­mo­kra­ti­schen Poli­ti­kers Atti­lio Ruf­fi­ni (1924–2011) und Groß­nef­fe von Kar­di­nal Erne­sto Ruf­fi­ni (1888–1967).

Sein Vater kämpf­te wäh­rend des Zwei­ten Welt­krie­ges in den Rei­hen der katho­li­schen Par­ti­sa­nen gegen die ita­lie­ni­schen Faschi­sten und die deut­schen Besat­zungs­trup­pen. Nach dem Krieg schloß er sich der Demo­cra­zia Cri­stia­na (DC) an und war Mit­glied der Ver­fas­sungs­ge­ben­den Ver­samm­lung. Der Rechts­an­walt über­sie­del­te nach Sizi­li­en, wo sein Onkel Erz­bi­schof von Paler­mo war, und hei­ra­te­te die Toch­ter des dama­li­gen Land­tags­prä­si­den­ten und spä­te­ren Regie­rungs­chef der Insel. Von 1963–1987 war er Par­la­ments­ab­ge­ord­ne­ter in Rom und Mit­glied des Par­tei­vor­stan­des der DC. Zwi­schen 1972 und 1980 gehör­te er als Außen‑, Verteidigungs‑, Handelsmarine‑, Trans­port- und Bil­dungs­mi­ni­ster ver­schie­de­nen DC-geführ­ten Regie­run­gen an.

Inner­halb der DC gehör­te er dem lin­ken Par­tei­flü­gel an. Eines sei­ner zahl­rei­chen Bücher wid­me­te er sei­nem Freund, dem 1980 von der Mafia getö­te­ten DC-Poli­ti­ker Piers­an­ti Mat­tar­el­la, einem Bru­der des amtie­ren­den, ita­lie­ni­schen Staats­prä­si­den­ten Ser­gio Mattarella.

TeleKabul im Vatikan: Es hätte schlimmer kommen…

Über den lin­ken DC-Flü­gel – des­sen Ver­tre­ter im deut­schen Sprach­raum als Links­ka­tho­li­ken bezeich­net wor­den wären, und die in Ita­li­en Katho-Kom­mu­ni­sten genannt wur­den – erfolg­te auch die jour­na­li­sti­sche Kar­rie­re sei­nes Soh­nes Pao­lo. 1996 gelang ihm mit Hil­fe der Demo­kra­ti­schen Par­tei der Lin­ken (PDS), einer Nach­fol­ge­par­tei der Kom­mu­ni­sti­schen Par­tei Ita­li­ens (KPI), der Sprung in die Chef­eta­ge des öffent­lich-recht­li­chen Rundfunks.

Ab Mai 2014 Chef des Fernsehsenders der italienischen Bischöfe
Ab Mai 2014 Chef des Fern­seh­sen­ders der ita­lie­ni­schen Bischöfe

Am 2. Juli war es dann soweit: Pao­lo Ruf­fi­ni wur­de zu Papst Fran­zis­kus nach San­ta Mar­ta geru­fen. Der Papst habe ihn gefragt: „Willst Du die Kom­mu­ni­ka­ti­on des Vati­kans lei­ten?“ Und er habe ein­ge­wil­ligt. Gestern wur­de die Ernen­nung im vati­ka­ni­schen Tages­bul­le­tin bekanntgegeben.

Die Beru­fung Ruf­fi­nis bestä­tigt den Linksd­rall, den Fran­zis­kus der Kir­che ver­ord­net. Der staat­li­che Fern­seh­sen­der RAI3, des­sen Inten­dant Ruf­fi­ni von 2002–2011 war, wur­de wegen sei­ner Links­la­stig­keit als Tele­Ka­bul bekannt. Wo immer Ruf­fi­ni Pro­gramm­for­ma­te bestimm­te, wies die Rich­tung nach links. Eine Ernen­nung zum Inten­dan­ten des Fern­seh­sen­ders der Bischö­fe wäre vor der Ära von Papst Fran­zis­kus kaum denk­bar gewesen.

Hin­ter den Leo­ni­ni­schen Mau­ern beliebt man, wie immer, zu scher­zen: Es hät­te ja noch schlim­mer kom­men, und nicht Ruf­fi­ni, son­dern Euge­nio Scal­fa­ri von Fran­zis­kus ernannt wer­den können.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: VaticanNews/​Wikicommons/​TV2000 (Screen­shots)

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