Papst-Freund Evo Morales droht Bischöfen


Evo Morales mit Che Guevara im Hintergrund
Evo Morales mit Che Guevara im Hintergrund

(La Paz) Evo Mora­les, der Staats- und Regie­rungs­chef von Boli­vi­en ist zwar für sei­ne guten Kon­tak­te zu Papst Fran­zis­kus bekannt, nicht aber für eben­sol­che zur katho­li­schen Kir­che sei­nes Landes.

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Unter­stützt durch sei­nen Justiz­mi­ni­ster Hec­tor Arce attackier­te Mora­les jüngst den gesam­ten boli­via­ni­schen Epi­sko­pat. Er bezich­tig­te die Bischö­fe des Lan­des „rechts“ und „dis­kri­mi­nie­rend“ zu sein. Der Grund?

Die Aktivistinnen gratulierten dem verblüfften Kardinal Ticona
Die Akti­vi­stin­nen gra­tu­lier­ten dem ver­blüff­ten Kar­di­nal Ticona

Die boli­via­ni­schen Bischö­fe waren kei­nes­wegs begei­stert, von Papst Fran­zis­kus mit der Ernen­nung des eme­ri­tier­ten Bischofs Tori­bio Tico­na Por­co zum Kar­di­nal über­rum­pelt wor­den zu sein.

Mora­les hin­ge­gen unter­hält beste Bezie­hun­gen zum 81jährigen Tico­na, den er als „Indio, Freund eines ande­ren Indio“ bezeich­ne­te. In Wirk­lich­keit hat die Nähe mehr poli­ti­sche Grün­de. Mora­les ist der Grün­der und Anfüh­rer des Movi­mi­en­to al Socia­lis­mo (Bewe­gung zum Sozia­lis­mus), Tico­na steht der mar­xi­sti­schen Befrei­ungs­theo­lo­gie nahe.

Der seit 2006 regie­ren­de Mora­les befin­det sich zuneh­mend in der Kri­tik. Pro­test­kund­ge­bun­gen häu­fen sich. Der Umschwung setz­te ein, als er am 21. Febru­ar 2016 eine Volks­ab­stim­mung igno­rier­te, mit der das Wahl­volk eine vier­te Amts­zeit ablehnt hatte.

Die Affäre des Präsidenten

Kurz zuvor hat­te ein Jour­na­list ent­hüllt, daß Mora­les 2007 eine Affä­re mit der damals 19jährigen Gabrie­la Zapa­ta hat­te. Aus der Bezie­hung sei ein Sohn gebo­ren, der nach dem Wunsch des sozia­li­sti­schen Vaters Erne­sto Fidel genannt wur­de, nach Erne­sto Che Gue­va­ra und Fidel Castro. Mora­les, der unver­hei­ra­tet ist, hat­te zuvor bereits mit zwei ande­ren Frau­en zwei Kin­der gezeugt. Zapa­ta mach­te als heim­li­che Prä­si­den­ten-Gelieb­te kome­ten­haf­te Kar­rie­re. Mora­les betont, nur „mit Boli­vi­en ver­hei­ra­tet zu sein“.

Als die Affä­re 2016 bekannt wur­de, behaup­te­te Mora­les, daß Erne­sto Fidel bald nach der Geburt gestor­ben sei. Zapa­ta bestritt das. Die Fol­ge war, daß sie, eine Tan­te und ihr Anwalt ver­haf­tet wur­den. 2017 wur­de die inzwi­schen 29-Jäh­ri­ge wegen „Vet­tern­wirt­schaft“ zu zehn Jah­ren Gefäng­nis ver­ur­teilt. Aus dem Gefäng­nis hat­te sie zuvor noch nach­ge­legt, daß sie sogar zwei­mal von Mora­les schwan­ger gewe­sen sei, das zwei­te Kind aber abge­trie­ben wor­den sei.

Recht­lich gese­hen wur­de von einer Rich­te­rin dekla­riert, daß es einen Sohn Erne­sto Fidel nicht gebe. Der Pre­si­den­te ließ sich von gefäl­li­gen Gefolgs­leu­ten rein­wa­schen. Das Anse­hen des Coca­le­ro-Prä­si­den­ten nahm jedoch erheb­li­chen Schaden.

Der Kampf gegen die Kirche

Ein Prä­si­dent der so mit sei­ner Ex-Gelieb­ten umspringt, schreckt auch nicht davor zurück, die katho­li­sche Kir­che zu bedro­hen, um den Wider­stand gegen sein Regime im Zaum zu hal­ten. 2013 ver­such­te er mit der Erneu­er­ten Katho­lisch-Apo­sto­li­schen Kir­che des plu­ri­na­tio­na­len Staa­tes nach dem Vor­bild kom­mu­ni­sti­scher Ost­block-Staa­ten und der Volks­re­pu­blik Chi­na eine von Rom abge­spal­te­ne Natio­nal­kir­che zu instal­lie­ren, blieb damit jedoch erfolglos.

Der neue Kardinal Ticona begrüßt Evo Morales im Petersdom
Der neue Kar­di­nal Tico­na begrüßt Evo Mora­les im Petersdom

2015 konn­te er den ihm wohl­ge­son­ne­nen Papst Fran­zis­kus im Land begrü­ßen, dem er das berüch­tig­te Ham­mer-und-Sichel-Kreuz schenk­te, das ein Jesu­it ent­wor­fen hatte.

Anfang 2018 ließ er das Straf­recht ändern und erklär­te das kirch­li­che Apo­sto­lat fak­tisch zur Straf­tat. Für den Ordens­ein­tritt kön­nen Gefäng­nis­stra­fen zwi­schen sie­ben und 12 Jah­ren ver­hängt wer­den. Der Para­graph wur­de bis­her nicht exe­ku­tiert, dient aber der Ein­schüch­te­rung. Der Prä­si­dent läßt die Mus­keln spielen.

2019 endet die drit­te Amts­zeit. Es ist aber kaum anzu­neh­men, daß Mora­les sei­ne Ambi­tio­nen auf­ge­ge­ben hat, auch noch eine vier­te Amts­zeit anzuhängen.

Der bis­her inter­na­tio­nal viel­leicht auf­se­hen­er­re­gend­ste Pro­test erfolg­te jedoch ver­gan­ge­ne im Peters­dom. Am 28. Juni fand ein Kar­di­nals­kon­si­sto­ri­um statt bei dem Papst Fran­zis­kus 14 neue Kar­di­nä­le kre­ierte, dar­un­ter auch den Boli­via­ner Tico­na. Im Peters­dom anwe­send war mit Tico­na auch Staats­prä­si­dent Mora­les. Auch gegen Tico­na waren Vor­wür­fe erho­ben wor­den, den Zöli­bat miß­ach­tet zu haben und mit Frau und Kin­dern zusam­men­zu­le­ben. Adel­an­te la Fe hat­te ent­spre­chen­de Fak­ten ver­öf­fent­licht. Tico­na und das zustän­di­ge Bis­tum, dem er bis 2012 vor­stand, demen­tier­ten. Adel­an­te la Fe bekräf­tig­te dar­auf die gemach­ten Behauptungen.

Bolivianerinnen aus dem Kirchenstaat ausgewiesen?

Am ver­gan­ge­nen Don­ners­tag nahm auch eine Grup­pe von Aus­lands­bo­li­via­ne­rin­nen, die in Ita­li­en leben, an der Kar­di­nals­er­he­bung teil. Sie führ­ten nicht nur eine boli­via­ni­sche Fah­ne mit, son­dern tru­gen auch ein T‑Shirt mit der Auf­schrift „21F“ für 21. Febru­ar, dem Datum der Volks­ab­stim­mung, die von Mora­les miß­ach­tet wur­de. Zudem die Auf­schrift „Boli­via dijo NO“ (Boli­vi­en hat Nein gesagt). Damit mach­ten sie auf die Miß­ach­tung der Rechts­ord­nung durch Mora­les aufmerksam.

Papst Franziskus mit Kardinal Ticona
Papst Fran­zis­kus mit Kar­di­nal Ticona

Ab die­sem Augen­blick wer­fen die wei­te­ren Ereig­nis­se eini­ge Fra­gen auf. Wie die Frau­en berich­ten, wur­den sie am Ende der Zele­bra­ti­on von eini­gen Sicher­heits­kräf­ten ange­hal­ten. Ein Teil der Grup­pe wur­de auf­ge­for­dert den Peters­dom zu ver­las­sen. Der ande­re Teil wur­de zum Kom­man­do der vati­ka­ni­schen Gen­dar­me­rie gebracht.

Laut einer Pres­se­aus­sendung der Akti­vi­stin­nen, wur­den sie „meh­re­re Stun­den“ von der Gen­dar­me­rie festgehalten.

„Die Behand­lung, der eini­ge von uns unter­wor­fen wur­den, ist inak­zep­ta­bel. Wir sind eine fried­li­che und gewalt­freie Bewegung.“

Die Frau­en wur­den mehr­fach befragt. Ihnen sei auch gedroht wor­den, daß sie die Auf­ent­halts­er­laub­nis für Ita­li­en ver­lie­ren könn­ten. Schließ­lich wur­de ihnen die sofor­ti­ge Aus­wei­sung aus dem Kir­chen­staat mit­ge­teilt. Sie hat­ten das Aus­wei­sungs­de­kret zu unter­zeich­nen. Eine Kopie des Dekrets erhiel­ten sie aber nicht.

„Die Erzäh­lung ist erschüt­ternd“, so Cor­ri­spon­den­za Roma­na.

Die Schil­de­rung der Frau­en ist eine schwer­wie­gen­de Ankla­ge gegen die vati­ka­ni­schen Behör­den, aber auch gegen die diplo­ma­ti­schen Ver­tre­tun­gen Boli­vi­ens in Ita­li­en und beim Hei­li­gen Stuhl.

Bot­schaf­ter Cesar Cabal­le­ro Moreno leug­net aller­dings, eine Anwei­sung gege­ben zu haben, gegen die Frau­en vor­zu­ge­hen. Er habe schließ­lich kei­ne Ver­fü­gungs­ge­walt über die vati­ka­ni­sche Gen­dar­me­rie. Die­se äußer­te sich bis­her gar nicht zum Vorfall.

Soll­te der Hei­li­ge Stuhl der Vati­kan­po­li­zei ent­spre­chen­den Befehl erteilt haben, weil der fried­li­che Pro­test der Boli­via­ne­rin­nen einen Freund des Pap­stes und Gast des Vati­kans störte?

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Dia­rio del Sur/Vatican.va/MiL (Screen­shots)

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