Franziskus greift in Chile weiter durch


Fall Barros
Papst Franziskus emeritierte zwei weitere chilenische Bischöfe: Bischof Goic (78) aus Altersgründen, allerdings wurde in seinem Bistum jüngst vom Staatsanwalt Akten beschlagnahmt, und Bischof Valenzuela, einen Karadima-Zögling.

(Rom) Papst Fran­zis­kus hat zwei wei­te­re chi­le­ni­sche Bischö­fe eme­ri­tiert. Ihre Zahl steigt damit auf fünf. Die Rei­ni­gung nach dem Fall Bar­ros wird fortgesetzt.

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Offi­zi­ell lau­tet die Sprach­re­ge­lung in der Kir­che, daß der Papst ein Rück­tritts­ge­such annimmt. In der Tat haben fak­tisch alle Bischö­fe Chi­les im ver­gan­ge­nen Mai ihren Rück­tritt ange­bo­ten. Ein bei­spiel­lo­ser Akt in der Kir­chen­ge­schich­te. Das Rück­tritts­an­ge­bot kann auch als Rück­tritts­dro­hung gele­sen wer­den, um Fran­zis­kus im Fall Bar­ros nach drei­ein­halb Jah­ren end­lich zum Han­deln zu zwin­gen. Und tat­säch­lich hat Fran­zis­kus schließ­lich gehandelt.

Bereits am 11. Juni eme­ri­tier­te er drei Bischö­fe. Zwei von ihnen hat­ten die im Kir­chen­recht vor­ge­se­he­ne Alters­gren­ze bereits über­schrit­ten. Der drit­te war Bischof Juan Bar­ros Madrid von Osor­no, in dem sich in den ver­gan­ge­nen Jah­ren ein weit grö­ße­rer Kon­flikt in Chi­le qua­si per­so­ni­fi­ziert hat­te. Bei ihm han­del­te es sich um eine regel­rech­te Abset­zung, aller­dings nicht unbe­dingt gegen den Wil­len des Betrof­fe­nen. Bar­ros hat­te im Zuge des Kon­flik­tes bereits zwei­mal um die Ent­bin­dung gebe­ten, was von Fran­zis­kus abge­lehnt wur­de, weil das „einem Schuld­ein­ge­ständ­nis“ gleich­ge­kom­men wäre.

Noch am 11. Juni berich­te­ten Medi­en, daß Fran­zis­kus ins­ge­samt acht chi­le­ni­sche Bischö­fe abset­zen, also eine regel­rech­te Mas­se­ne­me­ri­tie­rung vor­neh­men wer­de. Vier klas­si­sche Eme­ri­tie­run­gen aus Alters­grün­den und vier Abset­zun­gen. Letz­te­re betref­fen jün­ge­re Bischö­fe, alle­samt Zög­lin­ge des von der Kir­che wegen sexu­el­len Miß­brauchs ver­ur­teil­ten Ex-Prie­sters Fer­nan­do Kara­di­ma.

Nach dem­sel­ben „Misch“-Verfahren ging Fran­zis­kus auch gestern bei der zwei­ten Eme­ri­tie­rungs­run­de vor. Von den bei­den betrof­fe­nen Bischö­fen wur­de einer, Bischof Ale­jan­dro Goic von Ran­ca­gua (78), aus Alters­grün­den eme­ri­tiert, der zwei­te, Bischof Hora­cio Valen­zue­la von Tal­ca (65), ein Kara­di­ma-Zög­ling, wur­de abgesetzt.

Am 13. Juni waren von der Staats­an­walt­schaft Tei­le des Archivs der Diö­ze­se Ran­ca­gua beschlag­nahmt wor­den. Dabei geht es um Unter­la­gen im Zusam­men­hang mit Prie­stern, die im Ver­dacht ste­hen, sich des sexu­el­len Miß­brauchs schul­dig gemacht zu haben. Bischof Goic stand bereits vor die­sem auf­se­hen­er­re­gen­den Schritt des zustän­di­gen Staats­an­wal­tes auf der Liste der Bischö­fe, die Fran­zis­kus eme­ri­tie­ren woll­te. Die Ermitt­lun­gen der Justiz­be­hör­den waren bereits bekannt. Fran­zis­kus ver­sucht einen rei­ni­gen­den Befrei­ungs­schlag für die Kir­che in Chile.

Im Amt blei­ben vor­erst noch drei von acht Bischö­fen der Liste, die Medi­en unter Ver­weis auf vati­ka­ni­sche Quel­len her­um­reich­ten. Dar­un­ter noch ein Kara­di­ma-Zög­ling und ein wei­te­rer Bischof, der Kara­di­ma gedeckt haben soll.

Dazu kommt noch Kar­di­nal Ezza­ti, der Erz­bi­schof von Sant­ia­go de Chi­le und Pri­mas des Lan­des. Er hat mit mehr als 76 Jah­ren bereits die Alters­gren­ze über­schrit­ten und scheint den Preis dafür bezah­len zu müs­sen, im April laut­stark den Rück­tritt von Bischof Bar­ros ver­langt und damit Fran­zis­kus öffent­lich unter Druck gesetzt zu haben. Sei­ne Eme­ri­tie­rung, die offi­zi­ell noch nicht erfolgt ist, bie­tet dem Papst zudem die Mög­lich­keit, der Kir­che in Chi­le durch einen neu­en, vom gan­zen Kon­flikt unbe­la­ste­ten Pri­mas ein neu­es Gesicht zu geben und für die Kir­che Ver­trau­en zurückzugewinnen.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Cop­Ch (Screen­shot)

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