(Madrid) Am 14. Juni stellten die höchsten Vertreter der Großloge von Aragon – Großorient von Aragon „Die Freimaurerei heute und ihre Werte für eine Gesellschaft in der Krise“ vor. Warum aber in einem kirchlichen Gebäude?
Großmeister Jesus Aznar und der Meister vom Stuhl Francisco Latasa taten vergangene Woche, was Freimaurer in der Öffentlichkeit gerne tun: Sie waren um Imagepflege für ihre Geheimgesellschaft bemüht, die seit 300 nicht um Diskretion bemüht ist, sondern ihre Aktivitäten unter Ausschluß der Öffentlichkeit und Verschwiegenheitspflicht entfaltet.
Den Freimaurern steht es nach geltendem Recht wie jeder anderen Gruppe frei, unter Einhaltung der betreffenden Vorgaben, Veranstaltungen durchzuführen. Erstaunlich und befremdlich ist der Veranstaltungsort: der Kreuzgang der Kollegiatskirche Santa Maria de Calatayud, einer geschichtsträchtigen Kleinstadt in Aragonien.
Die Kollegiatskirche Santa Maria la Mayor gehört zu den Kulturschätzen der Provinz Saragossa. Der Kreuzgang stammt aus dem 14. Jahrhundert. Der 70 Meter hohe Glockenturm überragt die Umgebung und ist eines der Wahrzeichen des Ortes. Seit 2001 gehören Kirche und Kreuzgang zum UNESCO-Weltkulturerbe.
Der Kirchenbau geht auf König Alfons I. von Aragon zurück, der 1120, nach der Rückeroberung des Landes von den Muslimen, den Bauauftrag erteilte.
Aus Calatayud stammt der 89jährige Fernando Kardinal Sebastian Aguilar. Der Claretiner und ehemalige Erzbischof von Pamplona, ein persönlicher Freund von Papst Franziskus, wurde von diesem 2014 in den Kardinalsrang erhoben.
Obwohl Santa Maria la Mayor Eigentum der Kirche ist und zum Bistum Tarazona gehört, konnten die Freimaurer im Kreuzgang eine Werbeveranstaltung durchführen. Offizieller Veranstalter war der Kulturvereins Associacion Torre Albarrana, der mit Kirche und in den Gebäuden des früheren Kollegiatstiftes untergebrachten Museum verbunden ist. Die Zusammenarbeit zwischen Großloge und katholischer Kirche erfolgt, laut Internetseite dieses Kulturvereins, über Don Jesus Vicente Nueno Santed, den Pfarrer von Santa Maria la Mayor und Erzpriester von Catalayud.
Auf der Internetseite des Veranstalters heißt es zudem:
„Es war immer unsere Absicht, in diesem Kreuzgang, der Welterbe ist, verschiedene Aktivitäten anzubieten. Dieses Mal stellen wir ein faszinierendes Thema vor: Die Freimaurerei, eine sehr alte, häufig in Frage gestellte und wegen ihrer anfänglichen Geheimhaltung verzerrt dargestellte Institution. Mit der Veranstaltung besteht die Möglichkeit, durch zwei prominente Mitglieder die Wirklichkeit dieser Organisation und ihre heutigen Ansätze kennenzulernen.“
Vom Bistum Tarazona gibt es keine Stellungnahme dazu, wie es sein kann, daß eine von der Kirche verurteilte Organisation in kirchlichen Räumen für sich werben kann.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Torre Albarrana (Screenshot)