Vereidigung ohne Bibel und Kreuz


Spanien
Die Leere: Pedro Sanchez bei der Vereidigung ohne Bibel und ohne Kruzifix.

(Madrid) Das öffent­li­che Inter­es­se ist auf Ita­li­en gelenkt, wäh­rend die neue Regie­rung in Spa­ni­en weit­ge­hend unbe­ach­tet bleibt. Das hat sei­ne Grün­de. In Rom regiert erst­mals eine offen EU-kri­ti­sche Regie­rung. Staats­prä­si­dent Mat­tar­el­la, ein Christ­de­mo­krat mit links­de­mo­kra­ti­schem Ticket, tat sein Bestes, um die „popu­li­sti­sche“ Regie­rungs­bil­dung zu ver­hin­dern oder zumin­dest zu ver­zö­gern. Seit Wochen fin­det in ande­ren EU-Staa­ten eine mas­si­ve Dis­kre­di­tie­rung der Fünf­ster­ne­be­we­gung und der Lega statt, jener Kräf­te, die die neue Regie­rung tra­gen. Anders sieht es in Spa­ni­en aus. Auch das hat sei­nen Grund. 

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Dort erfolg­te zwar auch ein Regie­rungs­wech­sel, jedoch von der bür­ger­li­chen Volks­par­tei (PP) zu den Sozia­li­sten. Für Brüs­sel kein Pro­blem. Was in Brüs­sel ger­ne gese­hen wird, schlägt sich auch in der Bericht­erstat­tung der EU-Mit­glieds­staa­ten nieder.
In Ita­li­en wur­de ein tra­di­ti­ons­ver­bun­de­ner Katho­lik, Loren­zo Fon­ta­na, neu­er Fami­li­en­mi­ni­ster. Die „Leit­me­di­en“ wet­zen seit Tagen ihre Mes­ser. In Spa­ni­en, einst eine katho­li­sche Hoch­burg, lei­ste­te der neue, sozia­li­sti­sche Mini­ster­prä­si­dent Pedro Sanchez sei­nen Amts­eid ohne Bibel. Die­sel­ben Leit­me­di­en sehen es mit Sym­pa­thie. Jeden­falls beklagt es kein Qualitätsjournalist.

Vereidigung von Jose Maria Aznar mit Bibel und Kruzifix
Ver­ei­di­gung von Jose Maria Aznar (PP) mit Bibel und Kruzifix

Die Cor­tes, das spa­ni­sche Par­la­ment, stürz­te den PP-Mini­ster­prä­si­den­ten Maria­no Rajoy mit einem Miß­trau­ens­vo­tum, dem ersten in der jün­ge­ren Geschich­te des demo­kra­ti­schen Spa­ni­ens. Eine Regie­rungs­mehr­heit gibt es seit­her nicht mehr. Die Sozia­li­sti­sche Arbei­ter­par­tei (PSOE) erhielt den­noch im Hand­um­dre­hen den Auf­trag zur Bil­dung einer Min­der­hei­ten­re­gie­rung. Kei­ne Ver­zö­ge­rung, kei­ne Blocka­de. Dabei sind die Sozia­li­sten weit hin­ter der Volks­par­tei nur zweit­stärk­ste poli­ti­sche Kraft in der Abge­ord­ne­ten­kam­mer, wo sie gera­de ein­mal 24 Pro­zent hal­ten. Im Senat ver­fügt die Volks­par­tei sogar über die abso­lu­te Mehr­heit. Sei­ne Zustän­dig­kei­ten sind aber beschränkt. In der Ver­trau­ens­fra­ge für eine Regie­rung spielt er kei­ne Rolle.

Feli­pe V. ver­ei­dig­te Sanchez im Zar­zue­la-Palast, dem Amts­sitz des spa­ni­schen Königs, anstands­los. Der Sozia­list lei­ste­te sei­nen Amts­eid ohne die rech­te Hand auf eine Bibel zu legen, und ohne sich vor dem Kru­zi­fix nie­der­zu­knien, wie es bis­her üblich war. König Feli­pe füg­te sich offen­bar ohne Wider­stän­de den „Wün­schen“ sei­nes neu­en Mini­ster­prä­si­den­ten, denn der Saal, in dem die Ver­ei­di­gung statt­fand, war dafür eigens aller reli­giö­ser Sym­bo­le ent­blößt wor­den, die sich sonst dort befinden.

„Das ent­spricht durch­aus der aktu­el­len Situa­ti­on in Spa­ni­en, das ein­mal Stan­dar­te und Basti­on der Katho­li­zi­tät in der Welt war“, so der katho­li­sche Publi­zist Rino Cammilleri.

Laut einer jüng­sten Erhe­bung des renom­mier­ten Pew Rese­arch Insti­tu­te in Washing­ton beken­nen sich heu­te nur mehr zwei Drit­tel der Spa­ni­er als Chri­sten. Damit lie­gen die spa­ni­schen Völ­ker sogar hin­ter Deutsch­land, Öster­reich, der Schweiz, Groß­bri­tan­ni­en oder Finn­land. Die Zahl der Athe­isten und Agno­sti­ker ist mit 30 Pro­zent sogar höher als in Frank­reich (28 Pro­zent) und Deutsch­land (24 Pro­zent). Spa­ni­en belegt den sech­sten Platz unter den ent­christ­lich­sten Staa­ten Euro­pas (deren Spit­ze­plät­ze pro­te­stan­ti­sche Län­der ein­neh­men: Nie­der­lan­de 48 Pro­zent, Nor­we­gen 43 Pro­zent, Schwe­den 42 Pro­zent, Bel­gi­en 38 Pro­zent und Däne­mark 31 Prozent).

Auch der Sozialist Jose Luis Zapatero ließ sich noch mit Bibel und Kruzifix vereidigen
Auch der Sozia­list Jose Luis Zapa­tero ließ sich noch mit Bibel und Kru­zi­fix vereidigen

Obwohl die über­gro­ße Mehr­heit der befrag­ten Erwach­se­nen getauft ist, sei­en die mei­sten nicht prak­ti­zie­rend und ein erheb­li­cher Teil bestrei­te sogar, Christ zu sein, , so das Pew Reser­ach Insti­tute. In Groß­bri­tan­ni­en gibt es drei­mal soviel nicht prak­ti­zie­ren­de Chri­sten als prak­ti­zie­ren­de. Auch in Spa­ni­en ist der Groß­teil derer, die sich als Chri­sten beken­nen, nicht prak­ti­zie­rend. Sie machen 66 Pro­zent der 92 Pro­zent Getauf­ten aus. Sie haben eine gute Mei­nung von der Kir­che, „weil sie den Armen hilft“, sind aber für Abtrei­bung und „Homo-Ehe“.

Die prak­ti­zie­ren­den Katho­li­ken zer­fal­len in Spa­ni­en in zwei Grup­pen, sie sind ent­we­der Tra­di­tio­na­li­sten oder Pro­gres­si­ve. Sie kri­ti­sie­ren die Situa­ti­on in der Kir­che ent­we­der als „zu offen“ oder als „zu wenig offen“ gegen­über der Welt. Der pro­gres­si­ve Katho­lik sei ein Trä­ger des poli­tisch kor­rek­ten Main­stream, der ein Pla­gi­at des Libe­ral-Mar­xis­mus der USA darstelle.

„Die Selbst­zer­stö­rung, die von Papst Paul VI. in den 70er Jah­ren beklagt wur­de, geht mun­ter und mit schnel­len Schrit­ten wei­ter, so Cammilleri.

Und wei­ter:

„Unter ande­rem wäre das Chri­sten­tum der nicht prak­ti­zie­ren­den Getauf­ten noch genau­er zu erfor­schen, da nur 21 Pro­zent von ihnen, also ledig­lich jeder Fünf­te, an Gott glaubt, ‚wie er in der Bibel steht‘, aber sechs von zehn an eine ‚höhe­re Macht‘ oder ’spi­ri­tu­el­le Kraft‘ glau­ben, die immer mehr jener von Krieg der Ster­ne zu ähneln scheint. Wen wun­dert es also, daß der Mini­ster­prä­si­dent sei­nen Eid nur mehr auf die Ver­fas­sung lei­stet und Spa­ni­en in die Grup­pe der ‚fort­schritt­li­chen‘ Staa­ten führt. Das ist immer­hin noch bes­ser als die ‚reli­giö­se Säu­be­rung‘, die sei­ne Vor­gän­ger 1935–1939 durchführten.“

Text: Andre­as Becker
Bild: NBQ/​El Dia­rio (Screen­shots)

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1 Kommentar

  1. Die Ver­ei­di­gung ohne Bibel und Kreuz geht nicht auf Pedro Sán­chez zurück, son­dern auf eine 2014 durch das Königs­haus ein­ge­führ­te Protokolländerung.

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