Osservatore Romano lobt mit Marx Marx


Karl Marx
Karl Marx von Kardinal Marx fast zum "Kirchenvater" erhoben - und der Osservatore Romano unterstützt diese Haltung.

(Rom) Kar­di­nal Rein­hard Marx, der Vor­sit­zen­de der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz, erhebt den Kom­mu­ni­sten­füh­rer Karl Marx zum Kir­chen­leh­rer – zumin­dest fast. Und der Osser­va­to­re Roma­no, die offi­ziö­se Tages­zei­tung des Pap­stes unter­stützt ihn dabei.

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Wenn jemand Bewei­se dafür sucht, wer in der Kir­che wirk­lich Ein­fluß hat, muß den Osser­va­to­re Roma­no lesen. Wer von den Kir­chen­ver­tre­tern dort publi­zie­ren darf, und wes­sen Initia­ti­ven dort auf­ge­grif­fen und wohl­wol­lend wei­ter­ver­brei­tet wer­de, der genießt Anse­hen und Ein­fluß bei Papst Fran­zis­kus bzw. dem eng­sten päpst­li­chen Umfeld.

In der gest­ri­gen Sonn­tags­aus­ga­be des ita­lie­ni­schen Osser­va­to­re Roma­no wur­de wohl­wol­lend eine Initia­ti­ve von Kar­di­nal Rein­hard Marx, Erz­bi­schof von Mün­chen und Frei­sing, Vor­sit­zen­der der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz und Mit­glied des C9-Kar­di­nals­ra­tes, publi­ziert: die „Hei­lig­spre­chung“ von Karl Marx.

Karl Marx kein „Kirchenvater“ – aber fast

Kardinal Marx macht Karl Marx zum Kirchenvater
Kar­di­nal Marx macht Karl Marx zum Kirchenvater

Am Vor­tag, Sams­tag, dem 5. Mai wur­de in Trier der 200. Geburts­tag des Begrün­ders des „wis­sen­schaft­li­chen Mate­ria­lis­mus“ gefei­ert. Mit­ge­fei­ert hat auch sein nicht ver­wand­ter Namens­vet­ter Rein­hard Marx, sei­nes Zei­chens Kar­di­nal der Hei­li­gen Römi­schen Kir­che. Das Lob von Marx für Marx wur­de vom Osser­va­to­re Roma­no gestern mit dem Arti­kel „Marx in con­tro­luce“, „Marx im Gegen­licht“ ver­öf­fent­licht. Die Über­schrift meint sinn­ge­mäß soviel wie „Marx näher beleuch­tet“. Der Namens­ge­ber des Mar­xis­mus wird durch den Kar­di­nal mit sol­cher Sym­pa­thie und sol­chem gei­sti­gen Zuspruch „beleuch­tet“, daß von einer Qua­si-Kano­ni­sie­rung gespro­chen wer­den muß.

Wört­lich mel­de­te der Osser­va­to­re Roma­no:

„Wir ste­hen alle auf den Schul­tern von Karl Marx. Das bedeu­tet nicht, daß er ein Kir­chen­va­ter wäre“.

Die für frü­he­re Päp­ste und Kir­chen­füh­rer haar­sträu­ben­de For­mu­lie­rung bedeu­tet, daß Karl Marx zwar kein Kir­chen­va­ter ist, aber fast einer.

Die­se erstaun­lich rea­li­täts­frem­den Wor­te des deut­schen Kar­di­nals wur­den von der Tages­zei­tung des Pap­stes kom­men­tar­los und vor allem wider­spruchs­los abge­druckt. Glei­ches gilt für den Frei­spruch für Karl Marx von jeder Ver­ant­wor­tung für den mil­lio­nen­fa­chen Mord, der in den ver­gan­ge­nen 170 Jah­ren, seit der Ver­öf­fent­li­chung des Kom­mu­ni­sti­schen Mani­fe­stes 1848, in sei­nem Namen durch Kom­mu­ni­sten und Sozia­li­sten aller Cou­leur began­gen wurden.

Marx laut Marx nicht für Verbrechen verantwortlich

Der Osser­va­to­re Roma­no zitier­te Kar­di­nal Marx:

„Wenn man ‚einen Den­ker histo­risch nicht davon tren­nen kann, was ande­re spä­ter in sei­nem Namen getan haben‘, ist ‚aber auch wahr, daß man ihn nicht für alles ver­ant­wort­lich machen kann, was auf­grund sei­ner Theo­rien began­gen wur­de bis zu den Gulag von Stalin“.

So ein­fach ist das mit der „Ver­ant­wor­tung“ von Karl Marx, jeden­falls laut Kar­di­nal Marx, der hier mit Stiel­au­gen auf den Mar­xis­mus und alle sei­ne Schat­tie­run­gen starrt.

„Die katho­li­sche Sozi­al­leh­re steht in gro­ßer Dan­kes­schuld gegen­über dem Vater der mar­xi­sti­schen Lehre.“

Die „Fahne des Kommunismus“

Der Schluß­aus­sa­ge von Kar­di­nal Marx, die der Osser­va­to­re Roma­no in sei­ner gest­ri­gen Aus­ga­be zitiert, erin­nert an einen Satz von Papst Franziskus.

„Jeden­falls, schließt der Kar­di­nal, ‚hät­ten wir und nie von einem unge­brem­sten Kapi­ta­lis­mus die Fah­ne der Gerech­tig­keit gegen­über den Arbei­tern und die Soli­da­ri­tät gegen­über jenen, die mit Füßen getre­ten wer­den, steh­len las­sen sollen.“

Papst Fran­zis­kus hat­te am 29. Juni 2014 in einem Inter­view mit der römi­schen Tages­zei­tung Il Mess­ag­ge­ro gesagt:

„Die Kom­mu­ni­sten haben uns die Fah­ne gestoh­len. Die Fah­ne der Armen ist christlich“.

Der deut­sche Kar­di­nal vari­ier­te und erwei­ter­te den Satz im Sin­ne der „Papi­sti­schen Inter­na­tio­na­le“, die laut Gian­ni Vat­ti­mo an die Stel­le der Kom­mu­ni­sti­schen Inter­na­tio­na­le tre­ten sollte.

Der US-ame­ri­ka­ni­sche Publi­zist Geor­ge Neu­mayr, Autor des Buches „Der poli­ti­sche Papst“ (The Poli­ti­cal Pope) mein­te im Sep­tem­ber 2017 in einem Inter­view mit Mai­ke Hick­son zum Papst-Satz euphemistisch:

„Die Päp­ste der Ver­gan­gen­heit, die die Macht des Kom­mu­nis­mus erkann­ten, um die Armen zu ver­skla­ven, hät­ten sol­che Kom­men­ta­re sehr irritiert.“

Unter Papst Fran­zis­kus irri­tiert den Osser­va­to­re Roma­no weder die Fast-Hei­lig­spre­chung von Mar­tin Luther noch die Qua­si-Erhe­bung zum Kir­chen­leh­rer von Karl Marx.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Osser­va­to­re Roma­no (Screen­shot)

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