Hauptvorwürfe gegen Kardinal Pell wurden fallengelassen


Kardinal Pell muß sich vor einem australischen Gericht verantworten. Die Hauptanschuldigungen wurden jedoch fallengelassen.
Kardinal Pell muß sich vor einem australischen Gericht verantworten. Die Hauptanschuldigungen wurden jedoch fallengelassen.

(Mel­bourne) Am 1. Mai bestä­tig­te Vati­kan­spre­cher Greg Bur­ke, daß die austra­li­sche Justiz Ankla­ge gegen Kar­di­nal Pell erhe­ben wird. Eini­ge Medi­en, auch im deut­schen Sprach­raum, beeil­ten sich, anzu­mer­ken, daß damit sei­ne Rück­kehr als Dik­aste­ri­en­lei­ter nach Rom wohl aus­ge­schlos­sen ist.

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Der Vati­kan­spre­cher bestä­tig­te, daß Papst Fran­zis­kus Kar­di­nal Geor­ge Pell „eine Aus­zeit gewähr­te, um sich gegen die Anschul­di­gun­gen ver­tei­di­gen zu kön­nen“, mit dem Zusatz: „Die­se Bestim­mung bleibt wei­ter­hin gültig“.

Daß Rich­te­rin Belin­da Walling­ton Ankla­ge erhe­ben wür­de, galt bereits im Vor­feld als sicher, seit sie im März im Zuge der Vor­ver­hand­lung durch­blicken ließ, daß es das Beste sei, daß Geschwo­re­ne über die Sache befin­den. Daher muß sich der Kar­di­nal nun als welt­weit erster Kir­chen­fürst im Zusam­men­hang mit dem Vor­wurf sexu­el­lem Kin­des­miß­brauch vor einem Geschwo­re­nen­ge­richt ver­ant­wor­ten. Bemer­kens­wer­ter ist jedoch, was aller­dings kaum berich­tet wur­de, daß Walling­ton nach einem Monat der Vor­ver­hand­lung, soweit bekannt, die Haupt­an­kla­ge­punk­te wegen Man­gels an Bewei­sen und Zwei­feln an der Glaub­wür­dig­keit der Zeu­gen fallenließ.

Gestern fand vor Rich­te­rin Susan Pul­len in Mel­bourne eine Anhö­rung statt, um den Beginn des Straf­ver­fah­rens fest­zu­le­gen. Dabei wur­de der Antrag auf zwei getrenn­te Ver­fah­ren gestellt, eines für die 70er Jah­re, als Pell ein­fa­cher Prie­ster war, und eine ande­res für die 90er Jah­re, als Pell Erz­bi­schof von Syd­ney war. Die Ent­schei­dung dar­über, so Pul­len, wird am 16. Mai fal­len. Die Anwäl­te des Kar­di­nals erklär­ten sich damit ein­ver­stan­den, dräng­ten jedoch unter Ver­weis auf das Alter Pells und die Tat­sa­che, daß ein ent­schei­den­der Zeu­ge bereits 80 ist, auf ein schleu­ni­ges Vorgehen.

Der 76 Jah­re alte Kar­di­nal Pell ist Mit­glied des C9-Kar­di­nals­ra­tes für Ozea­ni­en und nomi­nell Prä­fekt vati­ka­ni­schen Wirt­schafts­se­kre­ta­ri­ats. Die­ses Amt übt er aber wegen der Justiz­sa­che seit bald einem Jahr nicht mehr aus.

Kar­di­nal Pell gilt als „kon­ser­va­ti­ver“ Kir­chen­ver­tre­ter. Sei­ne Ernen­nung zum Prä­fek­ten des von Papst Fran­zis­kus neu­ge­schaf­fe­nen Wirt­schafts­se­kre­ta­ri­ats wur­de als Weg­be­för­de­rung gedeu­tet, um den Bischofs­stuhl von Syd­ney in pro­gres­si­ve­rem Sinn neu beset­zen zu kön­nen. Dies tat Fran­zis­kus dann auch prompt unter Umge­hung des übli­chen Drei­er­vor­schla­ges der Bischofskongregation.

Die Beru­fung Pells im April 2013 in den eben­falls von Fran­zis­kus neu­ge­schaf­fe­nen C9-Kar­di­nals­rat, die wegen sei­ner nicht gera­de Berg­o­glia­ni­schen Aus­rich­tung für Erstau­nen sorg­te, war der Tat­sa­che geschul­det, daß er zu jenem Zeit­punkt der ein­zi­ge Pur­pur­trä­ger Ozea­ni­ens war.

Ein­mal in Rom ange­kom­men, mach­te sich der kom­pe­ten­te Ver­wal­ter an den Auf­bau sei­nes Dik­aste­ri­ums, stieß damit aber schnell auf Wider­stän­de. Die­se wur­den so groß, beson­ders jene der Apo­sto­li­schen Güter­ver­wal­tung, daß Papst Fran­zis­kus die von ihm selbst ange­sto­ße­ne Reform von Finanz und Ver­wal­tung teil­wei­se fal­len­ließ. Gleich­zei­tig wur­den die Zustän­dig­kei­ten Pells schritt­wei­se ein­ge­schränkt und wie­der abge­baut, bis er im ver­gan­ge­nen Jahr sein Amt ruhend stell­te und nach Austra­li­en zurück­kehr­te, um sich den Justiz­be­hör­den zur Ver­fü­gung zu stellen.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: MiL

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