(Rom) Papst Franziskus sprach gestern in seiner morgendlichen Predigt in Santa Marta über ein Thema, das häufig in seinen Ansprachen vorkommt: über den „Widerstand gegen den Heiligen Geist“. Ein ernstes Thema, zu dem aber der Verdacht im Raum steht, von Papst Franziskus instrumentalisiert zu werden.
„Besessen“ sein
Von Vatikanmitarbeitern ist zu hören, der Papst sei „besessen“ von diesem Thema. Dabei handelt es sich um eine verbale Anspielung, weil Franziskus das Adjektiv „besessen“ häufig gebraucht, wenn er andere kritisiert, ermahnt und tadelt. Im ersten, großen Interview mit seinem Vertrauten Antonio Spadaro, Leiter der römischen Jesuitenzeitschrift La Civiltà Cattolica, kritisierte Franziskus die Lebensrechtsbewegung und insgesamt den Widerstandsgeist gegen eine menschenfeindliche und widernatürliche Gesellschftspolitik:
„Wir können uns nicht nur mit der Frage um die Abtreibung befassen, mit homosexuellen Ehen, mit Verhütungsmethoden“.
Gleich im nächsten Absatz sagte er:
„Eine missionarische Seelsorge ist nicht davon besessen, ohne Unterscheidung eine Menge von Lehren aufzudrängen“.
„Besessen“ vom „Konsum“, von „Macht“, von „Reichtum“, von „sich selbst“, wissen zu wollen, „wo das eigene Kind sich aufhält“, sind einige von zahlreichen Beispielen aus Ansprachen von Franziskus. Viele Menschen sind seines Erachtens offenbar „von bösen Geistern beherrscht“, „wahnsinnig“, von einer Idee „beherrscht“, so der Duden über das Adjektiv „besessen“. Im Spanischen und Italienischen wird dieser Zustand auch mit „Manie“, „Psychose“ und „dämonischer Besessenheit“ beschrieben.
Diese päpstliche Kritik richtet sich nicht allgemein an die Menschheit, sondern auch sehr konkret an die Gläubigen und vor allem an die Kirchenvertreter. Häufig gebrauchte Franziskus diesen Vorwurf gegen seine kircheninternen Kritiker: „Besessen“ seien nicht nur jene, die Kritik an Abtreibung, „Homo-Ehe“ und Verhütungsmentalität üben, sondern auch jene, die sich nicht für eine schrankenlose Einwanderung begeistern wollen. Franziskus sprach vielfach von „Hartherzigen“ und „Doktoren des Gesetzes“ in der Kirche.
In Anlehnung an dieses von Franziskus bevorzugte Adjektiv wurde ihm umgekehrt, besonders vom italienischen Journalisten Antonio Socci vorgeworfen, von der Einwanderungsagenda „besessen“ zu sein. Eine solche fixe Idee, um nicht „besessen“ zu sagen, scheint für Franziskus auch das Thema des Widerstandes gegen den Heiligen Geist zu sein, über das er gestern sprach.
Das Thema ist brisant, da die Sünde wider den Heiligen Geist laut Neuem Testament und kirchlicher Lehre nicht vergeben werden kann. Dennoch wird von Kirchenvertretern in und außerhalb des Vatikans mehr oder weniger deutlich auf eine Instrumentalisierung des Themas durch Papst Franziskus hingewiesen.
In der Tat läßt sich unschwer nachweisen, daß seit der Wahl von Papst Franziskus verstärkt vom Heiligen Geist die Rede ist. Das geschieht bevorzugt, wenn Neuerungen durchgesetzt werden sollen. Wann immer Papst Franziskus Hand an Lehre und Praxis legt, worin andere vielmehr einen Angriff auf die Tradition der Kirche sehen, wird von Franziskus oder seinen engsten Mitarbeitern der Heilige Geist ins Spiel gebracht. Wenn Kritiker gegen zweifelhafte Neuerungen die kirchliche Tradition ins Feld führen, wird ihnen von Franziskus der Heilige Geist entgegengehalten. Damit werden Tradition und Heiliger Geist nicht nur gegeneinander ausgespielt, was ein Widerspruch in sich ist, sondern a priori eine Anklage formuliert, denn wer sich dem Heiligen Geist widersetzt, der begeht eine unverzeihliche Sünde.
„Es ist nicht die Reform von Franziskus, sondern des Heiligen Geistes“
Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga, einer der engsten Vertrauten von Papst Franziskus, formulierte es am 28. Februar so:
„Jede Erneuerung stößt auf Widerstände, aber der Papst wird sie sicher zu Ende führen. Dem Papst wird es sicher gelingen, sie zu Ende zu bringen, weil es nicht die Reform von Franziskus ist: Es ist die Reform von Jesus und des Heiligen Geistes. Jedes Werk des Heiligen Geistes wird immer auf Widerstände stoßen.“
Manche sprechen daher von einem Totschlagargument, das sich Franziskus zurechtgelegt habe. Ein Instrument, das zudem den Vorteil hat, daß man erst gar nicht argumentieren müsse. Man müsse sich weder sonderlich um eigene Argumente bemühen noch auf die Argumente der Gegenseite eingehen. Der Verweis auf den Geist, entbinde jeder Beweisführung.
Das in etwa exerziert Franziskus seit mehr als anderthalb Jahren im Zusammenhang mit Kritik am umstrittenen nachsynodalen Schreiben Amoris laetitia vor. Die Einbringer der Dubia (Zweifel) erhielten bisher keine Antwort von ihm, obwohl es sich um Kardinäle handelt. Franziskus verweigert ihnen sogar das Gespräch.
Der „Widerstand gegen den Heiligen Geist“ meine in Auslegung von Franziskus daher vielmehr den Widerstand gegen seine Interpretation und sein Pläne. Der ständige Verweis verfolge den Zwecke, Kritiker zum Schweigen zu bringen, und diene dazu, seine Anhänger aufzumunitionieren, um jene zu geißeln, die sich der päpstlichen Agenda in Sachen Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zu den Sakramenten (Unterminierung des Ehesakraments durch Anerkennung von Scheidung und Zweitehe), der Zulassung von verheirateten Priestern (Unterminierung des Weihesakraments durch Abschaffung des Zölibats), der Zulassung von Protestanten zur Kommunion (wie von der Deutschen Bischofskonferenz gefordert, in Teilen Deutschlands praktiziert und von Franziskus im November 2015 in der lutherischen Kirche von Rom nicht abgelehnt), der Zulassung von Frauen zum Diakonat (Unterminierung des Weihesakraments) usw. widersetzen.
Was sagte also Franziskus gestern in Santa Marta? Hier die deutsche Wiedergabe des neuen vatikanischen Nachrichtenportals Vatican News:
Frühmesse: Über den Widerstand gegen den Heiligen Geist
Ein schlechter Widerstand für Christen ist jener, der gegen den Heiligen Geist gerichtet ist. Das war der rote Faden der Papstpredigt bei der Frühmesse an diesem Dienstag in dem vatikanischen Gästehaus Santa Marta.
Mario Galgano und Barbara Castelli – Vatikanstadt
Die Gedanken des Papstes drehten sich um Haltungen jener Menschen, die nicht auf Gott eingehen. In der Menschheitsgeschichte habe es „immer Widerstände gegen den Heiligen Geist“ gegeben, und auch heute stemmten Menschen sich gegen die von Gott angebotene „Neuheit“, so der Papst.
Gefangene von Ideen
Im Tagesevangelium (Joh 10, 22–30) werde die „verschlossene Haltung der Männer des Gesetzes“ beschrieben, so der Papst. Sie seien „stur“ geworden, die nur sich selber in den Mittelpunkt rückten und gar nicht bereit waren, auf die Werke des Heiligen Geistes einzugehen. Sie hätten die Neuigkeiten abgelehnt und konnten so gar nicht „die Zeichen der Zeit“ erkennen, fügte Franziskus an. Auf diese Weise seien sie zu „Gefangenen der Wörter und der Ideen“ verkommen.
„Sie kommen immer wieder auf die gleiche Frage zurück. Sie sind einfach nicht in der Lage, aus jener verschlossenen Welt auszutreten und sind Gefangene von Ideen. Sie haben das Gesetz bekommen, das zwar Leben ist, aber sie haben das Gesetz ‚destilliert´ und es in Ideologie umgewandelt. Auf diese Weise laufen sie herum und sind nicht in der Lage, hinauszugehen, jede Neuheit in ihrem Leben sehen sie als Bedrohung.“
Die Freiheit der Kinder Gottes
Anders hingegen sei die Einstellung der Kinder Gottes, fuhr Franziskus fort, die anfangs vielleicht auch gewisse Widerstände gegenüber dem Willen Gottes gehabt hätten, aber sie sind frei und gleichzeitig in der Lage, den Heiligen Geist in ihre Lebensmitte zu stellen. Der Papst nannte ein konkretes Beispiel: die ersten Jünger seien auf die „Saat Gottes“ eingegangen, wie es in der Ersten Tageslesung (Apg 11, 19–26) heißt. Sie seien dem Heiligen Geist gefolgt, um „eine Sache zu machen, die mehr als nur eine Revolution“ gewesen sei, sagte der Papst. Im Mittelpunkt sei der Heilige Geist gestanden und nicht das Gesetz.
„Und die Kirche war damals eine Kirche in Bewegung, eine Kirche, die über sich hinausging. Das war nicht eine verschlossene Gruppe von Auserwählten gewesen, sondern eine missionarische Kirche. Der Ausgleich der Kirche besteht gerade darin, sich fortzubewegen, und zwar immer in Treue zum Heiligen Geist. Einmal hat jemand den Ausgleich der Kirche mit dem Ausbalancieren auf dem Fahrrad verglichen. Es bleibt stabil auch dann, wenn man sich fortbewegt, nur wenn man beim Fahren nichts unternimmt, dann fällt man hin. Das ist ein gutes Beispiel.“
Gebet, um Weg zu finden
Verschließen und sich öffnen: zwei Gegensätze, die aber aufzeigen, wie Menschen sich gegenüber dem Heiligen Geist verhalten können. Die Öffnung sei die „typische Haltung“ der Jünger gewesen, auch wenn sie anfangs „gewisse Widerstände“ gehabt hätten. Dies sei jedoch sogar nötig gewesen, weil es „eine Garantie dafür ist, sich nicht einfach blindlings täuschen zu lassen“. Was ihnen geholfen hätte, war das Gebet, sagte der Papst.
„Es wird immer Widerstände gegenüber dem Heiligen Geist geben, immer und bis zum Ende der Welt. Möge der Herr uns die Güte schenken, dem zu widerstehen, was vom Bösen kommt und unserer Freiheit beraubt und uns andererseits den Neuheiten öffnen, die jedoch nur von Gott selber kommen, mit der Kraft des Heiligen Geistes. Und möge er uns die Güte der Unterscheidung schenken, um die Zeichen der Zeit zu erkennen, damit wir jene Entscheidungen treffen, die wir im jeweiligen Augenblick treffen sollen.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Vatican.va (Screenshot)
Bei diesem Papst erlebe ich etwas Neues. Er verurteilt nicht die Sünde, sondern er verurteilt den Sünder und er erklärt den zum Sünder, der seiner Lehre aus Mangel an Erkenntnis nicht Folge leisten kann. Er vergisst, dass die unvollständige Gabe der Erkenntnis, sofern sie ohne Schuld ist, noch keine Sünde sein muss und vor allem keine Sünde gegen den Heiligen Geist. Nach seiner Terminologie bin ich jedoch Neopelagianer, derweil ich die traditionelle Lehre und die Dogmen als die Grundlage des Glaubens und als die Wahrheit ansehe. Dabei gilt für mich die folgende Aussage:
Alle Abfallbewegungen von der Kirche haben gegen Dogmen protestiert und auf Dogmenfreiheit bestanden, haben aber wiederum auch ihre Pseudodogmen geschaffen. Ich vertraue jedoch auf die Aussage des Hl. Paulus in Tim.1,2,4 dass Gott will, daß alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen… und dass das Manko einer im Sinne von Franziskus noch nicht vollständigen Erkenntnis noch keine Sünde gegen den Heiligen Geist ist.
„Wir können uns nicht nur mit der Frage um die Abtreibung befassen, mit homosexuellen Ehen, mit Verhütungsmethoden“.
Gleich im nächsten Absatz sagte er:
„Eine missionarische Seelsorge ist nicht davon besessen, ohne Unterscheidung eine Menge von Lehren aufzudrängen“.
Da hat recht. Nur: Auf wen trifft das zu? Ich kenne keine solche Person.
Mir scheint, Franziskus jagt Phantome.
Seit Papst Franziskus und seine Entourage die Worte „Heiliger Geist“ bzw. die „ ‚Sünde‘ wider den Heiligen Geist“ ‑m.E.immer öfter- im Hinblick auf von Papst Franziskus gewünschte Erneuerungen äußern, erinnere ich mich zunehmend an die einst gehörten Aussagen von Theologieprofessoren, die auch wirklich gläubige Priester waren. Damals hieß es, die Kirche habe eigentlich stets davor zurückgescheut, die sog. „Sünde wider den Heiligen Geist“ genau zu definieren, wohl wissend um die schwerwiegende Bedeutung einer solchen Definition etc. Und ich füge hinzu, dass es meiner Überzeugung nach geradezu vermessen wäre, wenn Menschen ‑selbst wenn es ein Papst samt zugehöriger Entourage wären- sich anmaßen würden, diese „Sünde wider den Heiligen Geist“ exakt definieren zu wollen. Ja, das wäre wohl tatsächlich eine Sünde wider den Heiligen Geist! Denn damit würden sie sich selbstherrlich an Gottes Stelle setzen; und das ist ja die Ursünde schlechthin, wie wir im 3. Kapitel des Buches Genesis beispielhaft erkennen können. Jesus sagte einst zu Petrus: „Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich ‚meine“ Kirche bauen…“,
d. h. also es handelt sich bei der Kirche um die Kirche von Jesus Christus, es handelt sich dabei nicht um die Kirche des Mannes Petrus oder dessen, der gerade als Nachfolger des Apostels Petrus fungiert.
Deshalb kann sich kein Petrusnachfolger eigenmächtig über die geoffenbarte Wahrheit hinwegsetzen, eine eigene Lehre kreieren und für diese selbst-kreierte Lehre dann die Annahme derselben von den Christgläubigen fordern
‑und das bei Androhung, es sei „Sünde wider den Heiligen Geist“, wenn diese selbst-kreierte Erneuerung nicht akzepiert wird. So weit geht die dem Apostel Petrus von Jesus Christus übertragene Binde- und Lösegewalt (Mt 16,18f) mit Sicherheit nicht.
Markus 3,28+29 Wahrlich, ich sage euch: Alle Sünden sollen den Menschenkindern vergeben werden, auch die Lästerungen, womit sie lästern; 29 wer aber gegen den Heiligen Geist lästert, der hat in Ewigkeit keine Vergebung, sondern er ist einem ewigen Gericht verfallen“. Es gibt einige ganz klare Beispiele in der Bibel was die Lästerung/Sünde gegen den heiligen Geist ist und die Konsequenz. Ein Beispiel ist der Betrug von Hananias und Saphira in Apg.5,1–11. Oder auch der Widerstand des Judas Iskariot gegen den heiligen Geist, was ihn schließlich zum Verräter am Messias werden ließ…