Papst Franziskus und die heilige Liturgie


Papst Franziskus
Papst Franziskus wird am 22. April im Petersdom 16 Diakone zu Priestern weihen.

(Rom) Der Hei­li­ge Stuhl ver­öf­fent­lich­te heu­te die Tex­te und Gesän­ge für die Papst­mes­se am IV. Sonn­tag nach Ostern, die Papst Fran­zis­kus am 22. April im Peters­dom zele­brie­ren wird. Bei die­ser Gele­gen­heit wird das Kir­chen­ober­haupt meh­re­re Kan­di­da­ten zu Prie­stern weihen.

Die Priesterweihen

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Papst Fran­zis­kus wird sech­zehn Dia­ko­ne, die sich auf das Prie­ster­tum vor­be­rei­ten, zu Prie­stern wei­hen, da zugleich auch der 55. Welt­ge­bets­tag um Prie­ster­be­ru­fun­gen begangen.

Fünf von ihnen kom­men aus dem diö­ze­sa­nen Prie­ster­se­mi­nar des Bis­tums Rom. Die Zahl spie­gelt die Situa­ti­on der Prie­ster­be­ru­fun­gen in der Diö­ze­se des Pap­stes wider.

Die wei­te­ren elf Kan­di­da­ten stam­men aus ande­ren Län­dern und Kon­ti­nen­ten. Sechs kom­men aus dem römi­schen Mis­si­ons­kol­leg Redempto­ris Mater des Neo­ka­techu­me­na­len Weges; vier von der Fami­glia dei Dis­ce­po­li (Jün­ger­fa­mi­lie) und einer von der Ope­ra Don Orio­ne. Sie stam­men aus Kroa­ti­en, Mada­gas­kar, Viet­nam, Myan­mar, Kolum­bi­en, San Sal­va­dor, Rumä­ni­en, Indi­en und Peru. Elf von ihnen, die fünf Kan­di­da­ten des Bis­tums und die Kan­di­da­ten des Semi­nars Redempto­ris Mater, wer­den für das Bis­tum Rom geweiht und dort inkardiniert.

Die Wandlungsworte

Laut der Ver­laut­ba­rung wur­de für die Eucha­ri­stie­fei­er der III. Kanon gewählt. Sein Vor­gän­ger Bene­dikt XVI. bevor­zug­te den Römi­schen Kanon. Im Gegen­satz dazu vari­iert Fran­zis­kus und nützt auch die neu­en Hoch­ge­be­te, die erst durch die Lit­ur­gie­re­form der 60er Jah­re ex novo geschaf­fen wur­den. Seit­her kann auch das Hoch­ge­bet in der Volks­spra­che gespro­chen wer­den, wie es am kom­men­den 22. April der Fall sein wird. Bene­dikt XVI. bevor­zug­te die latei­ni­sche Kir­chen­spra­che, und das nicht nur bei Zele­bra­tio­nen in den Patri­ar­chal­ba­si­li­ken und in Rom, son­dern auch aus­wärts. Umge­kehrt hält es Fran­zis­kus, der auch im Peters­dom in einer fei­er­li­chen Papst­mes­se die Volks­spra­che benützt und nicht den Römi­schen Kanon.

Papst Fran­zis­kus wird am 22. April die Wand­lungs­wor­te „für alle“ ver­wen­den, um das latei­ni­sche „pro mul­tis“ wie­der­zu­ge­ben. Das wider­spricht der Anord­nung Bene­dikt XVI., der bereits 2006 ver­bind­lich für die gan­ze Welt­kir­che die ange­mes­se­ne­re, weil näher am Ori­gi­nal lie­gen­de Über­set­zung „für vie­le“ vor­ge­schrie­ben hatte.

Die Mehr­heit der ita­lie­ni­schen Bischö­fe hat­te sich 2010 für die Bei­be­hal­tung „für alle“ aus­ge­spro­chen. Die von Bene­dikt XVI. gedul­dig gelei­ste­te Über­zeu­gungs­ar­beit schien Anfang 2013 end­lich Früch­te zu tra­gen. Einer der hart­näckig­sten Geg­ner, Erz­bi­schof Bru­no For­te, war mit wehen­den Fah­nen in Bene­dikts Lager über­ge­schwenkt und ver­tei­dig­te das „pro multis/​für viele“.

Die Rebellen

Kurz dar­auf gab Bene­dikt XVI. über­ra­schend sei­nen Amts­ver­zicht bekannt. Seit­her herrscht in den rebel­li­schen Staa­ten Still­stand in der Sache. Obwohl damals die vati­ka­ni­sche Reco­gni­tio der neu­en Fas­sung der ita­lie­ni­schen Über­set­zung des Mis­sa­le so gut wie abge­schlos­sen war, wur­de sie bis heu­te nicht veröffentlicht.

Pro multis
Pro mul­tis

Die Geg­ner der von Bene­dikt XVI. ange­ord­ne­ten Über­set­zung erho­ben nach der Wahl von Papst Fran­zis­kus sofort ihre Stim­men, beson­ders in den Sprach­räu­men, dar­un­ter dem deut­schen, die bereits unter dem deut­schen Papst des­sen Anord­nung ver­zö­gert, hin­ter­trie­ben und boy­kot­tiert hat­ten, und daher die Neu­über­set­zun­gen noch nicht gedruckt wor­den waren.

Kar­di­nal Karl Lehr­mann (Mainz) und Erz­bi­schof Alo­is Koth­gas­ser (Salz­burg) beklag­ten eine vati­ka­ni­sche „Ein­mi­schung“. Die öster­rei­chi­schen Bischö­fe ver­öf­fent­lich­ten im April 2013, einen Monat nach der Wahl von Papst Fran­zis­kus, eine „Klar­stel­lung“, daß die ein­zig zuläs­si­ge Über­set­zung „für alle“ lau­te, weil die ein­zi­ge geneh­mig­te, deut­sche Über­set­zung des Mis­sa­le jene von 1975 sei. Die Mah­nung war an den lit­ur­gi­sche sen­si­bel­sten Teil des Kle­rus gerich­tet, der dar­über zu mur­ren begann, daß sich sie­ben Jah­re nach Bene­dikts Ände­rung noch immer nichts getan hatte.

Papst Fran­zis­kus sen­de­te wider­sprüch­li­che Signa­le aus. Aus ihnen lie­ße sich eine ver­meint­li­che Unter­stüt­zung jeder Posi­ti­on her­aus­le­sen und auch das Gegen­teil vom Gegen­teil. Am zutref­fend­sten dürf­te sich sei­ne Hal­tung in einem Sowohl-als-auch wider­spie­geln, wie er es 2015 inner­halb weni­ger Tage bei den Meß­fei­ern auf Kuba und in den USA zeig­te. In bei­den Län­dern zele­brier­te er auf spa­nisch. In Kuba, weil es Lan­des­spra­che ist, in den USA ein­mal für die gro­ße Zahl der spa­nisch­spra­chi­gen Ein­wan­de­rer. Auf Kuba ver­wen­de­te er die Wand­lungs­wor­te „für alle“ (por todos), in den USA die Wand­lungs­wor­te „für vie­le“ (por muchos).

Der­sel­be Papst, die­sel­be spa­ni­sche Spra­che, und doch ein sol­cher Unterschied?

Der Grund liegt dar­in, daß die eng­li­sche Über­set­zung des Mis­sa­le damals bereits ver­öf­fent­licht war, und für pro mul­tis das von Bene­dikt XVI. gewoll­te „für vie­le“ ent­hält, wäh­rend die neue spa­ni­sche Über­set­zung damals noch nicht vor­lag und in der alten die For­mel das pro mul­tis noch alsfür alle“ wie­der­ge­ge­ben war.

Jeder nach seiner Façon …?

Mit ande­ren Wor­ten: Jedes Land und sei­ne Bischofs­kon­fe­renz soll selbst ent­schei­den. Eine ent­spre­chen­de Anwei­sung erließ Fran­zis­kus im Sep­tem­ber 2017. Kurz zuvor erklär­te er die Lit­ur­gie­re­form von 1969 für „unum­kehr­bar“.

Dabei las­sen sich sei­ne Wor­te bei der Gedenk­mes­se für die ver­stor­be­nen Kar­di­nä­le vom 3. Novem­ber 2017 als Bestä­ti­gung der Posi­ti­on von Bene­dikt XVI. inter­pre­tie­ren. In sei­ner Pre­digt sag­te Franziskus:

„Die ‚Vie­len‘, die zum ewi­gen Leben erwa­chen, sind zu ver­ste­hen als die ‚Vie­len‘, für die das Blut Chri­sti ver­gos­sen wur­de. Es ist die gro­ße Zahl derer, die dank der barm­her­zi­gen Güte Got­tes die Wirk­lich­keit des unver­gäng­li­chen Lebens erfah­ren dür­fen, den durch die Auf­er­ste­hung errun­ge­nen voll­kom­me­nen Sieg über den Tod.“

Doch selbst der Papst hält sich nicht an das gel­ten­de Recht, denn in sei­ner Zele­bra­ti­on vom 22. April wird Fran­zis­kus ent­ge­gen der Anord­nung von Bene­dikt XVI. nicht von „vie­len“, son­dern von „allen“ spre­chen. Ein Ana­chro­nis­mus. Der Papst ord­net auf­grund sei­ner Voll­macht an, daß die Wand­lungs­wor­te als „für vie­le“ zu spre­chen sind – das war 2006 –, und 2018, zwölf Jah­re spä­ter, kann sich selbst der Papst nicht dar­an hal­ten, weil die zustän­di­ge Bischofs­kon­fe­renz noch kei­ne Neu­über­set­zung des Mis­sa­le ver­öf­fent­licht hat?Absurd.

Fran­zis­kus ver­hält sich jedoch so und signa­li­siert, daß die Fra­ge ihm ziem­lich einer­lei ist. Dabei gäbe es noch einen ande­ren Weg. Jenen, den Bene­dikt XVI. ging, indem er auf die latei­ni­sche Kir­chen­spra­che zurück­griff, die ein­deu­tig ist und sowohl „für vie­le“ als auch „für alle“ mit ein­schließt. Doch dafür feh­le Fran­zis­kus, so römi­sche Insi­der, offen­sicht­lich die nöti­ge lit­ur­gi­sche Sen­si­bi­li­tät. Zudem hin­dern ihn schwer­wie­gen­de Vor­ur­tei­le einen sol­chen Schritt kon­se­quent in Erwä­gung zu ziehen.

Die Kniebeugen

Unab­hän­gig davon hält das Amt für die lit­ur­gi­schen Fei­ern des Pap­stes unver­dros­sen dar­an fest, in den Text­hef­ten für die Wand­lung zu ver­mer­ken, daß der Papst „die kon­se­krier­te Hostie dem Volk zeigt und anbe­tend eine Knie­beu­ge macht“ und eben­so „dem Volk den Kelch zeigt und anbe­tend eine Knie­beu­ge macht“.

Bekannt­lich unter­blei­ben die anbe­ten­den Knie­beu­gen seit der Wahl von Papst Fran­zis­kus. Eben­so bekannt­lich soll bekannt sein, daß dies auf­grund von Knie­pro­ble­men so sei. Tat­sa­che ist, daß weder Papst Fran­zis­kus noch das vati­ka­ni­sche Pres­se­amt in mehr als fünf Jah­ren die­ses Pon­ti­fi­kats dazu eine Erklä­rung abge­ge­ben haben. Und die trotz der Bedeu­tung der Fra­ge. Die Mut­ma­ßun­gen, Behaup­tun­gen oder auch gut­ge­mein­ten Erklä­rungs­ver­su­che ein­zel­ner Vati­ka­ni­sten kön­nen kei­ne offi­zi­el­le Stel­lung­nah­me erset­zen. Mit einer sol­chen scheint aber nicht mehr zu rech­nen zu sein, wes­halb der vor dem Aller­hei­lig­sten ste­hen­de Papst ein ambi­va­len­tes Bild die­ses Pon­ti­fi­kats blei­ben wird.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Vati​can​.va

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5 Kommentare

  1. Zitat: „Papst Fran­zis­kus wird am 22. April die Wand­lungs­wor­te ‚für alle‘ ver­wen­den, um das latei­ni­sche ‚pro mul­tis‘ wie­der­zu­ge­ben. Das wider­spricht Papst Bene­dikt XVI., der bereits 2006 … ‚für vie­le‘ vor­ge­schrie­ben hatte.“

    Zitat: „Die Mehr­heit der ita­lie­ni­schen Bischö­fe hat­te sich 2010 für die Bei­be­hal­tung ‚für alle‘ ausgesprochen.“

    Zitat: „Die Geg­ner der von Bene­dikt XVI. ange­ord­ne­ten Übersetzung …,
    die bereits unter dem deut­schen Papst des­sen Anord­nung ver­zö­gert, hin­ter­trie­ben und boy­kot­tiert hatten …“

    Zur Anbe­tung des Herr­got­tes ver­rich­te­te Knie­beu­gen durch Papst Fran­zis­kus sind eine Rari­tät oder feh­len sogar…
    Zur Beto­nung des sozia­len Aspek­tes (= Fuß­wa­schun­gen am Grün­don­ners­tag) wer­den „Knie­beu­gen“ aber eif­rig ver­rich­tet etc. …

    Nun, Nietz­sche sag­te einst: „Gott ist tot, wir haben ihn getötet.“

    Mir kommt es so lang­sam vor, als ob eini­ge Theo­lo­gen den biblisch über­lie­fer­ten Glau­ben an Gott durch einen von ihnen selbst kon­stru­ier­ten Glau­ben erset­zen wollen.
    Es kommt mir vor, als ob hier nicht Gott als Schöp­fer am Anfang steht, son­dern der Mensch; der Mensch, wel­cher sich sei­nen eige­nen Gott schafft, der „lieb“ ist, „nur“ barm­her­zig, ohne jeg­li­chen Anspruch an die Men­schen, ein ein­fach nur „lie­ber, süßer Gott“, so zucker­süß wie ein Bon­bon, das auf der Zun­ge zerschmelzt.
    Mir scheint, hier wird eine Reli­gi­on kre­iert, die dem Men­schen die Ernst­haf­tig­keit sei­nes eigent­li­chen Lebens­sin­nes zuneh­mend ver­heim­licht, indem sie nur noch die inner­welt­li­chen Wohl­fühl-Aspek­te betont.

    • „Mir scheint, hier wird eine Reli­gi­on kre­iert, die dem Men­schen die Ernst­haf­tig­keit sei­nes eigent­li­chen Lebens­sin­nes zuneh­mend ver­heim­licht, indem sie nur noch die inner­welt­li­chen Wohl­fühl-Aspek­te betont.“
      Mir auch. Wobei der Pro­zeß wohl vor sei­nem Abschluß steht.

  2. Merk­wür­dig – vor einem pro­te­stan­ti­schen Pastor konn­te er knien, als er von die­sem den „Segen“ empfing.

  3. Papst Fran­zis­kus will in den Papst­mes­sen vor dem Leib und Blut Chri­sti nicht nie­der­knien. Das gab es in der gan­zen Kir­chen­ge­schich­te nicht. Begrün­den will er es nicht und tut was ihm beliebt. Da muss man sich auch nicht wun­dern wenn an der Basis lit­ur­gi­sche Fehl­ent­wick­lun­gen statt­fin­den. Die­ser Papst ver­ramscht alles was katho­lisch ist. Am Ende steht eine Kir­che für die sich kein Mensch mehr ver­wen­det weil belang­los und uner­heb­lich. Eine sol­che Kir­che darf ruhig für immer verschwinden.

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