[Update] Am Freitag wird Alfie Evans ermordet


Alfie Evans wird seinen zweiten Geburtstag nicht mehr erleben, morgen muß er laut richterlichem Urteil sterben.
Alfie Evans wird seinen zweiten Geburtstag nicht mehr erleben, morgen muß er laut richterlichem Urteil sterben.

(Lon­don) Mor­gen fin­det die Hin­rich­tung des klei­nen Alfie Evans statt. War­um? „Es ist ein sinn­lo­ses Leben“, wovon Rich­ter Tho­mas Hay­den über­zeugt ist.

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Das Ergeb­nis eines gro­tes­ken Urteils in einem gro­tes­ken Gerichts­ver­fah­ren, das durch ein gro­tes­kes Ver­ständ­nis von Huma­ni­tät und Nütz­lich­keit zustan­de kam, ist die Exe­ku­ti­on des klei­nen Alfie Evans, der im Mai 2016 gebo­ren wur­de, aber sei­nen zwei­ten Geburts­tag nicht mehr erle­ben soll.

Die Eltern von Alfie Evans
Die Eltern von Alfie Evans

Sei­ne jun­gen Eltern haben tap­fer gekämpft wie Löwen. Sie haben getan, was sie anhand der ihnen zur Ver­fü­gung ste­hen­den Mit­teln tun konn­ten. Sie blie­ben aber chan­cen­los gegen das gna­den­lo­se Gewalt­mo­no­pol des Staa­tes. Groß­bri­tan­ni­en schaff­te 1965 die Todes­stra­fe ab. Am 13. August 1964 wur­den mit der Hin­rich­tung von zwei Raub­mör­dern die letz­ten Todes­ur­tei­le voll­streckt. 1998 wur­de die Todes­stra­fe sogar im Mili­tär­be­reich besei­tigt. Der Abschaf­fung war ein lan­ger Kampf gegen die Todes­stra­fe vor­aus­ge­gan­gen, die als inak­zep­ta­bler Angriff gegen die Mensch­lich­keit und gegen das ele­men­tar­ste Men­schen­recht, das Recht zu leben, gese­hen wurde.

Wäh­rend die Hin­rich­tung von Straf­tä­tern, die für Kapi­tal­ver­bre­chen ver­ur­teilt wur­den, abge­schafft wur­de, wur­de kei­ne zwei Jah­re spä­ter, 1967, die Tötung unschul­di­ger Kin­der im Mut­ter­leib erlaubt. Die gerin­ge Zahl von hin­ge­rich­te­ten Straf­tä­tern wur­den durch Hekatom­ben von unschul­di­gen Opfern der Abtrei­bung ersetzt – und bei­de Male klopf­te sich die „Zivil­ge­sell­schaft“ auf die Schul­tern und lob­te sich selbst für ihre „huma­ne“ Hal­tung und den errun­gen „Fort­schritt“.

Vom Kriegs­en­de 1945 bis zur Abschaf­fung der Todes­stra­fe fan­den in Groß­bri­tan­ni­en 21 Hin­rich­tun­gen statt. Seit 1967 sind der Abtrei­bung laut amt­li­chen Sta­ti­sti­ken im Land der Queen weit mehr als neun Mil­lio­nen unschul­di­ge Kin­der zum Opfer gefallen.

Obwohl die Todes­stra­fe bereits vor 52 Jah­ren abge­schafft wur­de, wer­den neu­er­dings von eng­li­schen Rich­tern wie­der Todes­stra­fen ver­hängt, aller­dings unter einem ganz ande­ren Titel. Am 4. August 2016 wur­de der klei­ne Char­lie Gard gebo­ren. Trotz einer sel­te­nen Erb­krank­heit wur­de er von sei­nen Eltern geliebt. Das Kran­ken­haus, in dem er behan­delt wur­de, woll­te jedoch die Behand­lung ein­stel­len. Dage­gen muß­ten die Eltern die Gerichts­bar­keit anru­fen. Die­se stell­te sich auf die Sei­te des Kran­ken­hau­ses und erklär­te das Leben des klei­nen Char­lie für lebens­un­wert. Damit nicht genug: Es ent­rech­te­te die Eltern und zog die Ver­fü­gungs­ge­walt über das Kind an sich.

Den Eltern, die den klei­nen Char­lie nach Deutsch­land brin­gen woll­ten, wo ein Spe­zia­list noch Behand­lungs­chan­cen sah, oder nach Ita­li­en, wo das Päpst­li­che Kin­der­kran­ken­haus in Rom sich bereit erklär­te, die Behand­lung zu über­neh­men, wur­de es unter­sagt, das Kind außer Lan­des zu brin­gen. Ihnen wur­de sogar die Bit­te abge­schla­gen, ihren Sohn zum Ster­ben nach Hau­se neh­men zu kön­nen, damit er nicht im Kran­ken­haus ster­ben muß­te, das sei­nen Tod woll­te. Nichts zu machen, sag­ten die Rich­ter. Man woll­te offen­bar auf Num­mer sicher gehen, daß das „unwer­te“ Leben auch wirk­lich stirbt. Am 28. Juli 2017 wur­de die Sau­er­stoff­zu­fuhr für Char­lie abgestellt.

„Zwölf Minu­ten hat es gedau­ert, bis er die Augen geschlos­sen hat“,

schrieb die Mut­ter auf Face­book. Die Eltern muß­ten zuse­hen, wie ihr Kind stirbt, und konn­ten nichts dage­gen tun.

Der kleine Charlie Gard
Der klei­ne Char­lie Gard

Kein Jahr danach erle­ben die Eltern des klei­nen Alfie Evans das­sel­be. Erneut fäll­te ein eng­li­scher Rich­ter ein Todes­ur­teil in einem Land, in dem es kei­ne Todes­stra­fe mehr gibt. Zum „Schutz der Pri­vat­sphä­re“ gab er nicht den genau­en Zeit­punkt bekannt, an dem Alfie Evans hin­ge­rich­tet wird. Auch in die­sem Fall durch Abschal­ten der Sau­er­stoff­zu­fuhr. Die „Für­sor­ge“ des Rich­ters klingt wie Hohn. Noch schlim­mer als Hohn ist, daß Rich­ter Hay­den sein Urteil auf Papst Fran­zis­kus stützt. Er über­nahm voll­in­halt­lich die päpst­li­che Bot­schaft an die Teil­neh­mer eine Eutha­na­sie-Tagung, die im Novem­ber 2017 im Vati­kan statt­fand. Offen­sicht­lich woll­te der Rich­ter damit sei­ne Hän­de in Unschuld waschen.

Er ord­ne­te die Hin­rich­tung von Alfie an, obwohl sich drei Kran­ken­häu­ser bereit erklärt hat­ten, das Kind auf­zu­neh­men, dar­un­ter wie­der­um das Päpst­li­che Kin­der­kran­ken­haus Bam­bi­no Gesu in Rom. Doch erneut zeig­te sich Eng­lands Gerichts­bar­keit uner­bitt­lich und gnadenlos.

Aus dem Umfeld der Fami­lie Evans wur­de inzwi­schen bekannt, daß Klein-Alfie mor­gen im Alter von 23 Mona­ten ster­ben muß. Es wird wie­der ein Frei­tag sein, wie bei Klein-Char­lie im Vor­jahr. Der Frei­tag muß in Groß­bri­tan­ni­en ein „guter“ Hin­rich­tungs­tag sein. Die Eltern von Alfie Evans wird er an den Kar­frei­tag und die Todes­stun­de Jesu Chri­sti am Kreuz erin­nern. Er wur­de auch unschul­dig hin­ge­rich­tet. Es ist wohl kein Zufall, daß sowohl die Eltern von Char­lie Gard als auch die Eltern von Alfie Evans katho­lisch sind. Ihre Söh­ne wur­den getauft. Char­lie Gards Tauf­ker­ze lag neben ihm im Bett­chen, als er ster­ben mußte.

Die Hin­rich­tun­gen von Char­lie Gard und Alfie Evans sind Schand­ta­ten eines ver­lo­ge­nen Huma­nis­mus. Eines Huma­nis­mus, der im Namen der Huma­ni­tät tötet.

Die Anwäl­te der Fami­lie Evans haben einen Eil­an­trag gegen die Ver­fü­gung von Rich­ter Tho­mas Hay­den ein­ge­bracht. Gegen­über der Pres­se sag­ten sie:

„Wir haben die Hoff­nung nicht verloren“.

[Update, 13.04.2018] Wäh­rend im Kran­ken­haus die Ver­hand­lun­gen wei­ter­ge­hen, wur­de mit­ge­teilt, daß heu­te und auch mor­gen die Sau­er­stoff­zu­fuhr für den klei­nen Alfie nicht abge­stellt wird. Bis zum kom­men­den Sonn­tag hat der klei­ne Jun­ge vor­erst noch eine Schon­frist. Vor dem Alder Hay Hos­pi­tal von Liver­pool wird für das Leben des Kin­des gebetet.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Savealfieevans/​Savecharliegard (Screen­shots)

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4 Kommentare

  1. Requiescat in pace klei­ner Alfie und Char­lie. Für die Eltern wün­sche ich Got­tes Segen. Wir beten für euch.

  2. Die hier gege­be­nen bio­ethi­schen Pro­blem­stel­lun­gen sind äußerst schwie­rig und kom­plex. Mit rei­ße­ri­schen Unter­stel­lun­gen kom­men wir nicht wei­ter. Im Spi­tal Bam­bi­no Gesú hät­te man die sel­te­ne Mito­chon­dro­pa­thie des Char­lie Gard nicht ein­mal dia­gno­sti­zie­ren, geschwei­ge denn behan­deln kön­nen. Dort wäre er schon viel frü­her tot gewe­sen. Sol­che Ange­bo­te sind sub­stanz­lo­se Medi­en­ak­tio­nen, die aber ver­ant­wor­tungs­los sind, weil sie uner­füll­ba­re Hoff­nun­gen wecken. Und die Anspie­lung auf „zu Hau­se ster­ben“ bewirkt in den Köp­fen der Leser eine Vor­stel­lung von „in Ruhe zu Hau­se ein­schla­fen im Kreis der Lie­ben“. So hät­te das nie­mals funk­tio­nie­ren kön­nen. Wie der Trans­fer der enorm auf­wen­di­gen und umfang­rei­chen Tech­nik, die die­se armen Kin­der über­haupt noch am Leben erhält, in eine Pri­vat­woh­nung ablau­fen soll, wür­de ich mir ger­ne vom Autor erklä­ren lassen.

    • Ich bin fas­sungs­los über ihre Zei­len! Man will die­ses Kind ersticken las­sen, genau­so, wie man es mit dem klei­nen Char­lie Gard gemacht hat! Die­ses Kran­ken­haus und der ver­ant­wort­li­che Rich­ter töten!

  3. Vor ein­tau­send Jah­ren war Tuber­ku­lo­sis eine toöd­li­che Krank­heit. Nun die Fra­ge: wäre es gerecht­fer­tigt, den Pati­en­ten heu­te ster­ben zu las­sen, mit einer gericht­li­chen Begrün­dung, daß vor tau­send Jah­ren er dar­an gestor­ben wäre?
    Man kann Tuber­ku­lo­sis heu­te nicht des­halb behan­denln, weil wir das Jahr 2018 schrei­ben, son­dern weil man in den letz­ten ein­tau­send Jah­ren Behand­lungs­mit­tel gesucht hat.
    Und genau so ist es in jedem Fall einer neu dia­gno­sti­zier­ten Krank­heit heu­te. Wird man nicht ver­su­chen, die Krank­heit irgend­wie zu hei­len, wird man nie die Krank­heit hei­len können.
    Ich bin kein Medi­zi­ner. Aber in mei­nem Fach ver­sucht man auf­tre­ten­de Pro­ble­me zu lösen, obgleich es oft­mals nicht gelingt. Und man beruft sich dabei nicht dar­auf, daß die ande­ren das Pro­blem nicht gelöst haben.
    Nur auf die­se Wei­se hat man wenig­stens eine Chan­ce, Fort­schritt zu erzie­len. Von die­sem Gesichts­punkt aus ist das Hei­den­tum eine Bedro­hung für den tech­no­lo­gi­schen Fortschritt.

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