Im Herzen die Freiheit


Im Herzen die Freiheit von Nikolai A. Berdiajew.
Im Herzen die Freiheit von Nikolai A. Berdiajew.

Von Tom Hemerken

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„Die Fun­da­men­te des Lebens sind ins Schwan­ken geraten.“

Han­delt es sich dabei „um eine Kri­se der außer- und anti­christ­li­chen Welt“ oder um eine „Kri­se des Chri­sten­tums“ selbst? Die­se ganz aktu­ell erschei­nen­den Begrif­fe wur­den bereits in der Mit­te des ver­gan­ge­nen Jahr­hun­derts notiert, als Niko­lai A. Ber­dia­jew in Luzern sein Buch „Von der Wür­de des Chri­sten­tums und der Unwür­de des Chri­sten“ ver­öf­fent­lich­te. Sein Buch ist nun als schma­les Bänd­chen im Ver­lag Reno­va­men neu erschie­nen; es trägt jetzt den Titel „Im Her­zen die Frei­heit. Das Bür­ger­tum zwi­schen Sinn­su­che und Selbstgeißelung“.

Nikolai A. Berdiajew (1874-1948)
Niko­lai A. Ber­dia­jew (1874–1948)

Niko­lai A. Ber­dia­jew, einst Mar­xist, der sich bekehr­te und rus­sisch-ortho­do­xer Christ wur­de, kam in der Zwi­schen­kriegs­zeit nach sei­ner Aus­wei­sung aus dem sowje­ti­schen Mut­ter-Staat nach Ber­lin. Unter den Nazis konn­te ein Phi­lo­soph mit sei­ner Auf­fas­sung nicht ver­öf­fent­li­chen. So ging er zum zwei­ten Mal ins Exil, dies­mal nach Paris.

Das Buch Ber­dia­jews besteht aus drei Kapi­teln. Er befasst sich gemäß dem Buch­ti­tel der Erst­ver­öf­fent­li­chung mit der Wür­de des Chri­sten­tums und den dar­in sich bewe­gen­den unwür­di­gen Chri­sten, wobei es hier um ein authen­ti­sches Chri­sten­tum geht in sei­ner Aus­ein­an­der­set­zung mit den angeb­li­chen gesell­schaft­li­chen Gege­ben­hei­ten und  Erwar­tun­gen. Der Autor mahnt „geist­li­che Nüch­tern­heit“ an und weiß, dass „das Him­mel­reich Gewalt“ lei­den muss. Er stellt einer­seits fest, der Staat habe „die Insi­gni­en des Chri­sten­tums usur­piert, ohne in Wahr­heit christ­li­chen Gei­stes zu sein“, um ande­rer­seits der Kir­che ins Stamm­buch zu schrei­ben, dass das „ver­äu­ßer­lich­te, rhe­to­ri­sche und heuch­le­ri­sche Chri­sten­tum“ nicht mehr zu bestehen ver­mag, „sei­ne Zeit ist vorüber“.

Im zwei­ten Kapi­tel lesen wir über das Bürgertum:

„Der Bür­ger liebt die Wun­der nicht und hat Furcht vor ihnen, weil sie alle sei­ne Aus­sich­ten auf ein gut ein­ge­rich­te­tes Leben ver­nich­ten könnten.“

In die­sen Aus­füh­run­gen erkennt der Leser nicht nur sich selbst son­dern auch den Zustand sei­ner Kirche.

Im Herzen die FreiheitIm drit­ten Kapi­tel geht es um die gei­sti­ge Situa­ti­on der moder­nen Welt. Es kann nicht ver­wun­dern, dass Niko­lai A. Ber­dia­jew über sei­nen Tel­ler­rand der Aktua­li­tät hin­aus­blickt. So ist dem auf­merk­sa­men Leser mög­lich, die moder­ne Welt der 20er-Jah­re in unse­re Zeit zu über­tra­gen. Zwar wird hier der Begriff der damals moder­nen Tech­nik ver­wen­det, doch kann er leicht erwei­tert wer­den in das Sze­na­rio heu­ti­ger Com­pu­ter­tech­no­lo­gie und moder­ner Inter­net­me­di­en. Das Leben im All­tag spielt sich immer mehr jen­seits von Reli­gi­on und erst recht von einem christ­li­chen Lebens­rhyth­mus ab. Tech­nik bedeu­te, so ist zu lesen, „einen Über­gang vom Orga­ni­schen zur Orga­ni­sa­ti­on“; sie wird zu einer Macht, die sich den „Schein der Neu­tra­li­tät“ gab, die ein „Werk­zeug des Bösen“ sei. So sei die See­le der Tech­nik zum Opfer gefal­len, meint Ber­dia­jew. Er spricht sogar von Apo­sta­sie. Nur im christ­li­chen Gei­ste kön­ne Kul­tur und Gesell­schaft auf­ge­baut wer­den. Und „nur in Chri­stus wird das Ant­litz des Men­schen gerettet.“

Dem emp­feh­lens­wer­ten Buch ist ein Vor­wort von Micha­el Weigl vor­an­ge­stellt, der resümiert:

„Anhand sei­ner Ana­ly­se fällt es fast schon leicht, das spie­ßi­ge moder­ne Chri­sten­tum mit ihrer Welt­lie­be bzw. Welt­angst hin­ter sich zu las­sen, und um ein Chri­sten­tum zu rin­gen, das die­sen Namen verdient.“

Niko­lai A. Berdiajew
Im Her­zen die Frei­heit. Das Bür­ger­tum zwi­schen Sinn­su­che und Selbstgeißelung
Reno­va­men-Ver­lag 2018
104 Sei­ten, Klap­pen­bro­schur. 12,00 Euro
ISBN: 978–3956211331

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