Papst Franziskus empfiehlt Anselm Grün. Allen Ernstes?


Anselm Grün
Papst Franziskus empfiehlt Anselm Grün. Bild: Treffen mit den Pfarrern von Rom in der Lateranbasilika, 15. Februar 2018.

(Rom) Ein Papst ist ein Mensch wie ande­re, und wie ande­re kann er klei­ne­re und grö­ße­re Laster haben. Johan­nes XXIII. zum Bei­spiel war Rau­cher. Aus sei­ner Zeit als Kar­di­nal sind Bil­der über­lie­fert, die ihn mit einer Ziga­ret­te in der Hand zei­gen. Als Papst ver­mied er sol­che Auf­trit­te in der Öffent­lich­keit. Er woll­te ande­ren Men­schen kein schlech­tes Bei­spiel geben, da Rau­chen bekannt­lich die Gesund­heit gefähr­det. Um wie­viel wich­ti­ger muß einem Papst erst das See­len­heil sein?

Kardinal Roncalli mit Zigarette
Kar­di­nal Ron­cal­li mit Zigarette
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Am 15. Febru­ar traf sich Papst Fran­zis­kus in der Late­ran­ba­si­li­ka, der Kathe­dral­kir­che des Bis­tums, mit den „Pfar­rern von Rom“. Trotz der Bezeich­nung nah­men nicht nur Pfar­rer dar­an teil, son­dern auch ande­re Prie­ster. Nach Alters­grup­pen gestaf­felt, beant­wor­te­te der Papst drei Fra­gen. Eine Fra­ge „der jun­gen“ Prie­ster, eine „der älte­ren“ und eine drit­te „der alten“.

Auf der Inter­net­sei­te des Hei­li­gen Stuhls wur­den die Ant­wor­ten des Pap­stes mit dem Hin­weis ver­öf­fent­licht, daß das Vika­ri­at des Bis­tums zu einem spä­te­ren Zeit­punkt „eine orga­ni­sche­re Redak­ti­on“ der Ant­wor­ten vor­neh­men wer­de. Es könn­te also noch zu eini­gen Glät­tun­gen der spon­ta­nen Ant­wor­ten des Pap­stes kom­men. Einen Aspekt der Ant­wor­ten berich­te­ten offi­zi­el­le Medi­en der Bischö­fe im deut­schen Sprach­raum, dies­seits und jen­seits des Inns, mit offen­kun­di­ger Genug­tu­ung. Er hat mit der Beant­wor­tung der zwei­ten Fra­ge zu tun.

Dabei ging es dar­um, daß „das Alter ca. zwi­schen 40 und 50 Jah­ren für einen Prie­ster ent­schei­dend ist“. Die eigent­li­che Fra­ge lau­te­te: „[Hei­li­ger] Vater, kön­nen Sie uns dazu Hin­wei­se geben? Wie soll man sich auf die­se Etap­pe des Lebens vor­be­rei­ten? Was sind die uner­läß­li­chen Hilfsmittel?“

Papst Fran­zis­kus: Eh, le démon de midi! Der Dämon der Mit­tags­stun­de… [gemeint ist das sexu­el­le und emo­tio­na­le Ver­lan­gen im mitt­le­ren Alter] Wir in Argen­ti­ni­en nen­nen das „el cua­ren­ta­zo“. Mit 40, zwi­schen 40 und 50 kommt das… Das ist eine Rea­li­tät. Eini­ge, wie ich gehört habe, nen­nen das „jetzt oder nie mehr“. Man stellt alles in Fra­ge und [sagt sich]: „Jetzt oder nie“. Es gibt zwei Schrif­ten, die ich ken­ne – es gibt vie­le schö­ne von den Wüsten­vä­tern, in der Phi­lo­ka­lie fin­det ihr vie­le Din­ge dazu –: Es gibt ein moder­nes Buch, das uns näher ist, auch in Dia­log­form mit einer Psy­cho­lo­gin, von jenem öster­rei­chi­schen Psy­cho­lo­gen­mönch Anselm Grün, über „Die Mid­life-Cri­sis“. Das kann hel­fen. Es ist ein psy­cho­lo­gisch-spi­ri­tu­el­ler Dia­log über die­sen Augen­blick. Und es gibt eine zwei­te Schrift, von der ich möch­te, daß sie alle lese wür­den: „Der zwei­te Ruf“ von René Voillaume.“

Die Abwege des Anselm Grün

Daß der Bene­dik­ti­ner Anselm Grün ein Bay­er und kein Öster­rei­cher ist, kann groß­zü­gig über­gan­gen wer­den. Wäre er nicht aus­ge­rech­net Fran­ke, könn­te man die päpst­li­che Zuord­nung ja noch als gemein­bai­risch durch­ge­hen las­sen. Etwas bedenk­li­cher ist, daß die päpst­li­che Anga­be kei­nen Rück­schluß auf ein bestimm­tes Buch von Anselm Grün zuläßt. Kei­nes sei­ner rund 300 Bücher trägt einen sol­chen Titel. Was also bleibt, wie die Medi­en­be­rich­te zei­gen, ist eine gene­rel­le Emp­feh­lung des Pap­stes, Anselm Grün zu lesen. Das aber erscheint wegen der Mei­nun­gen, die der Mün­ster­schwarz­a­cher Bene­di­ki­ner so von sich gibt, gera­de für die „psy­chi­sche Hygie­ne“, von der Fran­zis­kus vor kur­zem sprach, ziem­lich bedenklich.

Nur am Ran­de sei erwähnt, daß der Text von René Voil­laume, dem Grün­der der Klei­nen Brü­der Jesu, nur einen klei­nen Teil des Buches umfaßt, das Papst Fran­zis­kus „allen“ emp­fiehlt. Das Buch erschien etli­che Jah­re nach Voil­laumes Tod und ist eine Antho­lo­gie von Tex­ten ganz unter­schied­li­cher Autoren, unter denen Kar­di­nal Car­lo Maria Mar­ti­ni, der damals bereits eme­ri­tier­te Erz­bi­schof von Mai­land und Mit­bru­der des Pap­stes im Jesui­ten­or­den, her­vor­sticht. Her­aus­ge­ber des Sam­mel­ban­des ist Rena­to Cor­ti, damals Bischof von Nova­ra. Cor­ti mach­te sich nicht nur durch eine beson­de­re Nähe zu Kar­di­nal Mar­ti­ni, son­dern auch als Ver­fol­ger von Prie­stern sei­nes Bis­tums einen Namen, die nach dem Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum zur über­lie­fer­ten Form des Römi­schen Ritus zurück­keh­ren woll­ten. Papst Fran­zis­kus erhob ihn 2016 in den Kar­di­nals­stand. Sol­che Signa­le prä­gen das der­zei­ti­ge Pontifikat.

Die Fra­ge, die sich auf­drängt, außer den offi­zi­el­len Kir­chen­me­di­en, lau­tet: Wie kann es sein, daß zwei so grund­ver­schie­de­ne Tex­te wie die Phi­lo­ka­lie, ein Klas­si­ker der Wüsten­vä­ter, und ein Buch von Anselm Grün von einem Papst im sel­ben Atem­zug genannt und emp­foh­len wer­den kön­nen? Um genau zu sein, emp­fiehlt Fran­zis­kus Anselm Grün sogar mehr als die Phi­lo­ka­lie. Zu Anselm Grün sie­he Anselm Grüns Abwe­ge.

Wie steht es bei sol­chen Emp­feh­lun­gen mit der Sor­ge um die Gesund­heit und vor allem das Seelenheil?

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Vati​can​.va/​Pro Maria­na (Screen­shots)

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5 Kommentare

  1. Johan­nes XXIII. war Rau­cher. Wenn dies sei­ne ein­zi­ge Schwä­che gewe­sen wäre,dann Schwamm drü­ber! Der hl. Papst Pius X. hat auch hef­tig geraucht. Als sein Arzt ihm das Rau­chen in sei­nen letz­ten Lebens­jah­ren ver­bo­ten hat, beschwer­te er sich bit­ter bei sei­nem Kardinalstaatssekretär.

  2. Ist doch klar: Die Wüsten­vä­ter sind doch schon längst tot und „out“. Wer um Him­mels­wil­len inter­es­siert sich noch für die Män­ner auf den Säu­len. Aber Pater Anselm Grün ist „in“, steht mit­ten im Leben. Schreibt unab­läs­sig. Ganz im Geist der Zeit. Und ganz im Geist Bor­go­gli­os. Egal ob es katho­lisch ist oder luthe­risch oder eso­te­risch oder sonst was.

  3. Tat­säch­lich wür­de ich Anselm Grün auch nicht unbe­dingt emp­feh­len, mit einer Aus­nah­me: „Anspruch des Schwei­gens“; dar­in behan­delt er ein paar sehr wert­vol­le Erfah­run­gen von Wüsten­vä­tern. Das Buch ist wirk­lich nütz­lich. Ich hebe es schon eini­ge Male verschenkt.
    Für Ihre Arbeit und die Infor­ma­tio­nen auf Ihrer Web­sei­te bin ich sehr dank­bar und wün­sche Ihnen Got­tes Segen, Kraft, Mut und Ausdauer.
    Ihr P. Albert-Maria Banholzer

  4. Zitat:
    Der Dämon der Mit­tags­stun­de… [gemeint ist das sexu­el­le und emo­tio­na­le Ver­lan­gen im mitt­le­ren Alter]

    Das stimmt, dies sind dämo­ni­sche Ein­flüs­se. Aber, anstatt zurecht­zu­wei­sen wird der Sün­de zuge­stimmt un die­se für Gut geheißen.

    Jemand, der zum katho­li­schen Glau­ben kon­ver­tier­te sagte:
    „Das Gute am Bösen ist das Geschenk­pa­pier des Teufels.“

  5. Ich war mal vor Jah­ren in einer bekann­ten Buch­hand­lung am Münch­ner Mari­en­platz, um eine bestimm­te Bibel­aus­ga­be zu kau­fen. Zu mei­nem Erstau­nen beleg­ten die Wer­ke von Pater Anselm G. mehr Regal­platz, als alle ande­ren reli­giö­sen Bücher zusam­men. Man mag den Mann schät­zen oder nicht, aber er trifft offen­bar den Zeitgeist.

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