(London) Mit dem Ersten Adventssonntag 2017 änderte die Französische Bischofskonferenz das Vaterunser in der Liturgie. Zeitgleich sprach sich auch Papst Franziskus für eine Änderung aus. Nach den deutschen Bischöfen kommt nun aber auch aus dem englischsprachigen Raum eine Absage.
Die Übersetzung der vorletzten Vaterunser-Bitte sei „nicht gut“, so Papst Franziskus. Ein „Vater tut so etwas nicht“, er führe seine Kinder nicht in Versuchung. Dabei geht es um den Vers:
„et ne nos inducas in tentationem“ – „und führe uns nicht in Versuchung“.
Obwohl das Gebet direkt auf Jesus Christus zurückgeht, der es die Jünger lehrte, machten die französischen Bischöfe im Jahr 2018 aus dem Plural (uns) einen Singular (mich), und ersetzten das Verb. In der Vergangenheit wurden wiederholt „Aktualisierungen“ vorgenommen, um das Herrengebet an das aktuelle Sprachverständnis anzupassen.
Verwiesen wird beim jüngsten Versuch auf das altgriechische Original „μὴ εἰσενέγκῃς“ (führe nicht hinein). Durch die Übersetzung ins Lateinische kann aber an der inhaltlichen Aussage kein Zweifel bestehen. Latein ist eine äußerst präzise Sprache, der eine Vielzahl von Verben für die verschiedensten Nuancierungen zur Verfügung stehen. Wenn das Verb „Inducere“ gewählt wurde, dann ist anzunehmen, daß es die Aussage des Herrengebets am exaktesten wiedergibt.
Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer warnte Anfang Dezember daher nach den Worten von Franziskus vor einer „Verfälschung der Worte Jesu“. Die Vaterunser-Bitte „führe uns nicht in Versuchung“ entspreche genau der Überlieferung durch die Evangelisten Matthäus und Lukas. Das Vaterunser wurde in ununterbrochener Weitergabe von den ersten Christen bis auf den heutigen Tag gebetet. Bereits für die Zeit um 200 ist belegt, daß es dreimal täglich gebetet wurde. Die Tradition geht jedoch bis auf die Apostel zurück.
Es sei also nicht denkbar, so Bischof Voderholzer, Jesus „zu korrigieren“, sondern es gehe darum, die Bedeutung zu erklären, wie es seit 2000 Jahren der Fall ist.
Die deutschen Bischöfe erteilten deshalb der päpstlichen Anregung eine Absage. Eine Änderung des Vaterunsers sei nicht beabsichtigt.
Neuseeländisches ICEL-Mitglied erteilt Vaterunser-Änderung eine Absage
Ähnlich äußerte sich nun ein Mitglied der International Commission on English in the Liturgy (ICEL, Internationale Kommission für Englisch in der Liturgie). In der ICEL sind alle Bischofskonferenzen des englischsprachigen Raumes vertreten von den USA bis Neuseeland, von Südafrika bis Schottland. Dazu gehören auch Pakistan und die Philippinen. Neben den elf Vollmitgliedern, die jeweils einen Bischof in die Kommission entsenden, sind weitere vierzehn Bischofskonferenzen assoziiert (darunter Bangladesch, Kenia, Nigeria, Sri Lanka, Malawi, Uganda u.a.m.).
Das neuseeländische Kommissionsmitglied, Bischof Patrick Dunn von Auckland, sagte am 25. Januar in der neuseeländischen Kirchenzeitung NZCatholic, daß die ICEL derzeit keine Änderung des Vaterunsers beabsichtigt. Das Thema stehe nicht auf der Agenda. Msgr. Dunn ist zugleich Vorsitzender der Neuseeländischen Bischofskonferenz.
„Ich glaube, daß die Mehrheit der Englischsprachigen weiß, daß der Satz sehr alt ist und bedeutet, ‚uns nicht in die Versuchung fallenzulassen‘.
Gerade die romanischen Sprachen verfügen direkt über dasselbe Verb „inducere“ (hineinführen, verleiten, veranlassen), das aus dem Lateinischen in ihre Sprachen übergegangen ist. Durch den Einfluß der romanisierten Normannen gilt das auch für die englische Sprache:
Italienisch: indurre
Französisch: enduire, induire
Spanisch: inducir
Portugiesisch: induzir
Katalanisch: induir
Rumänisch: induce
Englisch: induce, induct
Im Französischen war allerdings bisher nicht dieses Verb gebraucht worden, sondern „soumettre“, das nun durch „ne pas laisser entrer“ ersetzt wurde. Auch in der Neuübersetzung des Neuen Testaments der Italienischen Bischofskonferenz von 2008 wurde die originalgetreue Formulierung „non indurci in tentazione“ zugunsten einer „verständlicheren“ Formulierung fallengelassen. Dabei berief man sich auf ein „mögliches“ aramäisches Original. Seither heißt es im Lektionar: „non abbandonarci alla tentazione“ (überlasse uns nicht der Versuchung). Im Gegensatz zur neuen französischen Fassung wurde in der italienischen Neuübersetzung zumindest nicht die Wir-Reihe der Bitten durchbrochen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: TV2000 (Screenshot)