Fordert Franziskus von Kardinälen ein zusätzliches Loyalitätsversprechen?


Will Papst Franziskus ein spezielles Treuebekenntnis der Kardinäle zu seinem Lehramt einführen? Das ist nur ein Gerücht, nichts mehr und nichts weniger. Tatsache ist, daß immer mehr Gläubige ein Glaubensleben ohne Santa Marta führen.
Will Papst Franziskus ein spezielles Treuebekenntnis der Kardinäle zu seinem Lehramt einführen? Das ist nur ein Gerücht, nichts mehr und nichts weniger. Tatsache ist, daß immer mehr Gläubige ein Glaubensleben ohne Santa Marta führen.

(Rom) Wird vom päpst­li­chen Umfeld ein Spe­zi­al­ge­löb­nis vor­be­rei­tet, mit die Kar­di­nä­le Papst Fran­zis­kus die Treue schwö­ren sollen?

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In Rom wird ein Gerücht her­um­ge­reicht, daß auf Wunsch von Papst Fran­zis­kus ein Son­der­ge­löb­nis von den Kar­di­nä­len ver­langt wer­den soll, das sie zu einem spe­zi­el­len Treue- und Loya­li­täts­be­kennt­nis zum Lehr­amt des regie­ren­den Pap­stes ver­pflich­ten soll. Das Son­der­ge­löb­nis, so Info­Va­ti­ca­na, soll über die nor­ma­le Treue­ver­pflich­tung eines jeden Gläu­bi­gen und beson­ders des Kle­rus gegen­über dem Papst hinausgehen.

Das Gerücht, da vor­erst nur ein sol­ches, wäre kei­ne Mel­dung wert, wür­de es sich nicht so hart­näckig hal­ten, daß es viel­leicht doch Zeit scheint, einen Blick dar­auf zu wer­fen. Dar­über öffent­lich zu spre­chen, hat schon öfter dafür gesorgt, daß etwas, das nur ein Gerücht war, auch tat­säch­lich nie Wirk­lich­keit gewor­den ist.

Kon­kret geht es um ein Son­der­ge­löb­nis, mit dem die Kar­di­nä­le zur Treue und Loya­li­tät nicht nur gegen­über dem Papst, son­dern auch sei­nem Lehr­amt ver­pflich­tet wer­den sol­len. Das Gerücht ist vor dem Hin­ter­grund einer nicht uner­heb­li­chen Unru­he zu sehen, die im Kar­di­nals­kol­le­gi­um über die Amts­füh­rung von Papst Fran­zis­kus herrscht. Nur ein klei­ner Teil davon dringt an die Öffentlichkeit.

„Nicht ausgeschlossen, dass ich als derjenige in die Geschichte…“

Info­Va­ti­ca­na ver­weist in die­sem Zusam­men­hang auf einen Arti­kel von Weih­nach­ten 2016. Der Spie­gel berich­te­te damals, Papst Fran­zis­kus soll im klein­sten Kreis „selbst­kri­tisch“ gesagt haben:

„Nicht aus­ge­schlos­sen, dass ich als der­je­ni­ge in die Geschich­te ein­ge­hen wer­de, der die katho­li­sche Kir­che gespal­ten hat“.

Soll­te Papst Fran­zis­kus ernst­haft glau­ben, das befürch­te­te Schis­ma durch ein Son­der­ge­lüb­de im Zaum hal­ten zu kön­nen? Das scheint sehr unwahr­schein­lich, denn noch unwahr­schein­li­cher scheint, daß es funk­tio­nie­ren wür­de. Vor allem hät­te Fran­zis­kus weit geeig­ne­te­re Mit­tel dazu, unmit­tel­bar und nicht zuletzt eine Ände­rung sei­nes eige­nen Kur­ses. Das Gerücht ist jedoch Anlaß zu eini­gen Anmerkungen.

Die Fra­ge eines Schis­mas wird dann akut, wenn sich die gegen­sätz­li­chen Posi­tio­nen gar nicht mehr ver­ein­ba­ren las­sen. Eine gro­ße Schar von Theo­lo­gen ist daher eif­rig bemüht, zuwei­len auf ganz gegen­sätz­li­che Wei­se, die päpst­li­chen Ent­schei­dun­gen, Aus­sa­gen, Gesten und Unter­las­sun­gen zu recht­fer­ti­gen. Zum Teil wird sein Lehr­amt in Kon­ti­nui­tät mit dem Lehr­amt der Kir­che behaup­tet. Das ist die Posi­ti­on von Kar­di­nal Ger­hard Mül­ler in sei­ner Zeit als Glau­bens­prä­fekt und auch danach. Eine Posi­ti­on, die ihn schon arg ins Schleu­dern gebracht hat, weil der Papst und des­sen Ver­trau­te den Kar­di­nal immer neu in Ver­le­gen­heit bringen.

Zu einem ande­ren Teil wer­den Aus­sa­gen von Fran­zis­kus als infor­mell abge­tan, die kei­ne Rele­vanz für das päpst­li­che Lehr­amt hät­ten. Auch dabei ist schon man­cher gestol­pert, als dann plötz­lich die Aus­sa­gen als Teil des Lehr­am­tes auf­tauch­ten und dort ein­ge­reiht wur­den. Hin­zu kommt, daß Papst Fran­zis­kus auf­fäl­lig weni­ge Tex­te auf der for­ma­len Ebe­ne des Lehr­am­tes pro­du­ziert, dafür aber um so akti­ver auf der infor­mel­len Ebe­ne aktiv ist. Deren Unver­bind­lich­keit scheint die bevor­zug­te Ebe­ne des Pap­stes. Sie erlaubt jeder­zeit jede Bedeu­tung zu leug­nen, erlaubt es aber, Ver­suchs­bal­lons zu star­ten, die Reak­tio­nen abzu­war­ten und je nach­dem, bestimm­te Tei­le nach einem gewis­sen zeit­li­chen Abstand und qua­si neben­bei in das Lehr­amt zu übernehmen.

Irritationen

Die Irri­ta­tio­nen über die­se Vor­ge­hens­wei­se sind erheb­lich, nicht nur im Vati­kan. Tak­tisch ist die Vor­gangs­wei­se gera­de­zu geni­al, weil kaum greif­bar und damit auch nicht wirk­lich angreif­bar. Es bestehen aller­dings erheb­li­che Zwei­fel, ob sie sich für einen Papst ziemt.

Wird es ganz eng, weil etwas gar nicht zu recht­fer­ti­gen ist, fal­len gan­ze Legio­nen von Kir­chen­ver­tre­tern in Schwei­gen, um den Papst nicht kri­ti­sie­ren zu müssen.

Die Metho­de, denn um eine sol­che han­delt es sich, ist des­halb beson­ders pro­ble­ma­tisch, weil das gläu­bi­ge Volk in der Regel die Wor­te des Pap­stes nicht fein­säu­ber­lich nach for­ma­len Kri­te­ri­en aus­ein­an­der­di­vi­diert und auch gar nicht imstan­de wäre, sie aus­ein­an­der­zu­hal­ten. Dazu bedürf­te es zu vie­ler Infor­ma­tio­nen und Hilfs­mit­tel. Daher wird jedes Wort eines Pap­stes vom wirk­lich gläu­bi­gen Volk beson­ders ernst genommen.

Papst Fran­zis­kus des­sen Pon­ti­fi­kat in erster Linie ein poli­ti­sches Pon­ti­fi­kat ist –  Fran­zis­kus denkt und han­delt poli­tisch –, scheint die­se Anhäng­lich­keit des gläu­bi­gen Vol­kes, des­sen Hir­te er ist, nicht aus­rei­chend zu berück­sich­ti­gen. Die Adres­sa­ten sei­nes poli­ti­schen Wesens sind ande­re, meist jene, die außer­halb der Kir­che stehen.

Das ist auch der Grund, war­um so vie­le in der Kir­che, ob sie es laut sagen oder nicht, ein unge­wöhn­li­ches Unbe­ha­gen haben. Sie regi­strie­ren sehr wohl, daß viel von dem, was Fran­zis­kus sagt und tut, in einem Kon­trast zur tau­send­jäh­ri­gen Tra­di­ti­on der Kir­che steht, oder sogar ein Bruch ist. Sie füh­len eben­so, daß er in die­sem Kon­trast auf der Sei­te jener Ideen zu ste­hen scheint, die der­zeit in der Welt den Ton ange­ben. Was das ist, bekommt man jeden Tag punkt­ge­nau von den Mas­sen­me­di­en serviert.

Leise Abkoppelung

Nicht nur die Exper­ten im Kreis der Vati­ka­ni­sten, son­dern über­ra­schen­der­wei­se auch ein­fa­che Gläu­bi­ge sagen inzwi­schen in einer Mischung aus Fra­ge und Sor­ge: „Was wird der Papst heu­te wie­der anrichten“.

Die von Fran­zis­kus am Beginn sei­nes Pon­ti­fi­kats auf die Fah­ne geschrie­be­nen Wor­te „Kol­le­gia­li­tät und Offen­heit für Kri­tik“, sind längst abge­nom­men und ent­sorgt wor­den. Das Gegen­teil kenn­zeich­net sei­ne Amts­füh­rung. Unan­ge­neh­me Fra­gen quit­tiert Fran­zis­kus mit eiser­nem Schwei­gen. Wer Kri­tik wagt, fällt in Ungnade.

Das von Fran­zis­kus, laut Spie­gel, „im klein­sten Kreis“ erwähn­te Schis­ma gibt es noch nicht. Aber es gibt doch eine Spal­tung, näm­lich eine per­sön­li­che Los­lö­sung von Gläu­bi­gen, die sich von dem, was der Papst, die­ser Papst, in Rom tut oder sagt, abkop­peln und die ver­su­chen, ihr Glau­bens­le­ben bewußt oder unbe­wußt ohne San­ta Mar­ta voranzubringen.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Vati​can​.va (Screen­shot)

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