„Das Geheimnis des sich nahenden Gottes“


Päpstlicher Segen Urbi et Orbi an Weihnachten 2017.
Päpstlicher Segen Urbi et Orbi an Weihnachten 2017.

BOTSCHAFT URBI ET ORBI
VON PAPST FRANZISKUS 

Anzei­ge

WEIHNACHTEN 2017

Mit­tel­log­gia der Vati­ka­ni­schen Basilika
Mon­tag, 25. Dezem­ber 2017

Lie­be Brü­der und Schwe­stern, fro­he Weihnachten!

In Bet­le­hem hat die Jung­frau Maria Jesus gebo­ren. Nicht durch mensch­li­chen Wil­len kommt er zur Welt, er ist viel­mehr Geschenk der Lie­be Got­tes des Vaters, der »die Welt so sehr geliebt [hat], dass er sei­nen ein­zi­gen Sohn hin­gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht ver­lo­ren geht, son­dern das ewi­ge Leben hat“ (Joh 3,16).

Die­ses Ereig­nis erneu­ert sich heu­te in der Kir­che, die Pil­ge­rin in der Zeit ist: Wie­der erlebt der Glau­be des christ­li­chen Vol­kes in der Weih­nachts­lit­ur­gie das Geheim­nis des sich nahen­den Got­tes, der unser sterb­li­ches Fleisch annimmt und klein und arm wird, um uns zu ret­ten. Und dies erfüllt uns mit Ergrif­fen­heit, weil die Zärt­lich­keit unse­res Vaters so groß ist.

Die Ersten, die den Glanz der Demut des Ret­ters sahen, waren nach Maria und Joseph die Hir­ten von Bet­le­hem. Sie erkann­ten das ihnen von den Engeln ange­kün­dig­te Zei­chen und bete­ten das Kind an. Die­se schlich­ten, aber wach­sa­men Män­ner sind Vor­bild für die Glau­ben­den zu allen Zei­ten. Sie neh­men ange­sichts des Geheim­nis­ses Jesu an sei­ner Armut nicht Anstoß, son­dern ver­trau­en wie Maria auf das Wort Got­tes und betrach­ten mit ein­fa­chen Augen sei­ne Herr­lich­keit. Vor dem Geheim­nis des fleisch­ge­wor­de­nen Wor­tes beken­nen die Chri­sten von über­all­her mit den Wor­ten des Evan­ge­li­sten Johan­nes: »Wir haben sei­ne Herr­lich­keit geschaut, die Herr­lich­keit des ein­zi­gen Soh­nes vom Vater, voll Gna­de und Wahr­heit« (1,14).

Wäh­rend heu­te Kriegs­stür­me über die Welt hin­weg­fe­gen und ein inzwi­schen über­hol­tes Ent­wick­lungs­kon­zept wei­ter­hin zum Nie­der­gang des Men­schen, des Sozi­al­ge­fü­ges und der Umwelt führt, ruft uns Weih­nach­ten zum Zei­chen des Kin­des zurück. Wir sol­len es in den Gesich­tern der Kin­der wie­der­erken­nen, beson­ders jener, für die wie für Jesus kein Platz in der Her­ber­ge ist (Lk 2,7).

Wir erblicken Jesus in den Kin­dern des Nahen Ostens, die auf­grund der Zuspit­zung der Span­nun­gen zwi­schen Israe­lis und Palä­sti­nen­sern wei­ter lei­den. An die­sem Fest­tag fle­hen wir zum Herrn um Frie­den für Jeru­sa­lem und für das gan­ze Hei­li­ge Land; wir beten, dass sich bei den Kon­tra­hen­ten der Wil­le durch­set­ze, den Dia­log wie­der­auf­zu­neh­men, und dass man end­lich zu einer Ver­hand­lungs­lö­sung gelan­ge, die inner­halb von mit­ein­an­der ver­ein­bar­ten und inter­na­tio­nal aner­kann­ten Gren­zen eine fried­li­che Koexi­stenz zwei­er Staa­ten ermög­licht. Der Herr möge auch die Bemü­hun­gen derer unter­stüt­zen, die in der inter­na­tio­na­len Gemein­schaft den guten Wil­len haben, jenem geplag­ten Land bei­zu­ste­hen, dass es trotz der schwer­wie­gen­den Hin­der­nis­se zur lang­ersehn­ten Ein­tracht, Gerech­tig­keit und Sicher­heit finde.

Wir erblicken Jesus in den Gesich­tern der syri­schen Kin­der, die immer noch vom Krieg gezeich­net sind, der das Land in die­sen Jah­ren mit Blut getränkt hat. Möge das gelieb­te Syri­en end­lich zur Ach­tung der Wür­de eines jeden Men­schen zurück­fin­den, indem es in gemein­sa­mer Anstren­gung das sozia­le Gefü­ge unab­hän­gig von eth­ni­schen oder reli­giö­sen Zuge­hö­rig­kei­ten wie­der­her­stellt. Wir erblicken Jesus in den Kin­dern des Irak, der immer noch von den Feind­se­lig­kei­ten der ver­gan­ge­nen fünf­zehn Jah­re ver­wun­det und geteilt ist, und in den Kin­dern des Jemen, wo ein gro­ßen­teils ver­ges­se­ner Kon­flikt mit tief­grei­fen­den huma­ni­tä­ren Fol­gen für die Bevöl­ke­rung im Gan­ge ist, die an Hun­ger lei­det und mit der Aus­brei­tung von Krank­hei­ten kon­fron­tiert wird.

Wir erblicken Jesus in den Kin­dern Afri­kas, vor allem in jenen, die im Süd­su­dan lei­den, in Soma­lia, in Burun­di, in der Demo­kra­ti­schen Repu­blik Kon­go, in der Zen­tral­afri­ka­ni­schen Repu­blik und in Nigeria.

Wir erblicken Jesus in den Kin­dern der gan­zen Welt, wo der Frie­den und die Sicher­heit von der Gefahr durch Span­nun­gen und neue Kon­flik­te bedroht wer­den. Wir beten, dass die Gegen­sät­ze auf der korea­ni­schen Halb­in­sel über­wun­den wer­den kön­nen und das gegen­sei­ti­ge Ver­trau­en im Inter­es­se der gan­zen Welt wach­se. Dem Jesus­kind ver­trau­en wir Vene­zue­la an, damit ein sach­li­cher Mei­nungs­aus­tausch unter den ver­schie­de­nen sozia­len Grup­pen zugun­sten des gan­zen gelieb­ten vene­zo­la­ni­schen Vol­kes wie­der­auf­ge­nom­men wer­den kann. Wir erblicken Jesus in den Kin­dern, die zusam­men mit ihren Fami­li­en unter den Gewalt­ak­ten des Kon­flikts in der Ukrai­ne und sei­nen schwer­wie­gen­den Aus­wir­kun­gen lei­den, und wir beten, dass der Herr die­sem geschätz­ten Land bald­mög­lichst den Frie­den gewähre.

Wir erblicken Jesus in den Kin­dern, deren Eltern arbeits­los sind und Mühe haben, ihren Kin­dern eine siche­re und unbe­schwer­te Zukunft zu bie­ten. Und in den­je­ni­gen, denen die Kind­heit geraubt wur­de, weil sie von klein auf zur Arbeit ver­pflich­tet oder von skru­pel­lo­sen Mili­zio­nä­ren als Sol­da­ten gedun­gen wurden.

Wir erblicken Jesus in den vie­len Kin­dern, die gezwun­gen sind, ihre Län­der zu ver­las­sen, allei­ne unter unmensch­li­chen Bedin­gun­gen zu rei­sen und so zur ein­fa­chen Beu­te der Men­schen­händ­ler wer­den. In Ihren Augen sehen wir das Dra­ma vie­ler Zwangs­mi­gran­ten, die sogar ihr Leben ris­kie­ren, um kräf­te­zeh­ren­de Rei­sen auf sich zu neh­men, die zuwei­len in Tra­gö­di­en enden. Wie­der erblicke ich Jesus in den Kin­dern, denen ich wäh­rend mei­ner letz­ten Rei­se nach Myan­mar und Ban­gla­desch begeg­net bin, und erhof­fe mir, dass die inter­na­tio­na­le Gemein­schaft nicht auf­hö­re, sich dafür ein­zu­set­zen, dass die Wür­de der in der Regi­on anwe­sen­den Min­der­hei­ten ange­mes­sen geschützt wer­de. Den Schmerz, nicht auf­ge­nom­men zu wer­den, und die Müh­sal, kei­nen Ort zu haben, an dem man sein Haupt hin­le­gen kann, kennt Jesus gut. Unser Herz möge nicht ver­schlos­sen sein, wie es die Häu­ser von Bet­le­hem waren.

Lie­be Brü­der und Schwestern,

auch wir wer­den auf das Zei­chen von Weih­nach­ten hin­ge­wie­sen: »ein Kind, das in Win­deln gewickelt [ist]…« (Lk 2,12). Neh­men wir wie die Jung­frau Maria und der hei­li­ge Josef, wie die Hir­ten von Bet­le­hem im Jesus­kind die für uns mensch­ge­wor­de­ne Lie­be Got­tes auf und set­zen wir uns mit sei­ner Gna­de dafür ein, unse­re Welt mensch­li­cher und wür­di­ger für die Kin­der von heu­te und mor­gen zu gestalten.

Von Her­zen rich­te ich mei­ne Segens­wün­sche an euch, lie­be Brü­der und Schwe­stern, die ihr aus allen Tei­len der Welt auf die­sen Platz gekom­men seid, und an euch alle, die ihr aus ver­schie­de­nen Län­dern über Radio, Fern­se­hen und die ande­ren Kom­mu­ni­ka­ti­ons­mit­tel mit uns ver­bun­den seid.

Die Geburt Chri­sti, des Ret­ters, erneue­re die Her­zen, erwecke die Sehn­sucht nach einer geschwi­ster­li­che­ren und soli­da­ri­sche­ren Zukunft und brin­ge allen Freu­de und Hoff­nung. Fro­he Weihnachten!

Bild: Vati​can​.va (Screen­shot)

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