(Wien) Womit das Katholische Bibelwerk Kirchensteuergeld vergeudet, weiß man seit gestern: In der Diözese Linz wurde eine gender-gerechte Familienbibel vorgestellt.
Der Gottesname bleibt männlich und auch Jesus. Daß dem so ist, klingt fast gönnerhaft. Jemand in den zuständigen Gremien dürfte da auch schon anders gedacht haben.
Institutionskatholisches Zeitgeistrittertum
Zentral an der Familienbibel ist nicht die Familie, sondern „das weibliche Element“, wie die Herausgeber betonen. Der Feminismus und auch die Gender-Ideologie sind längst in der Kirche angekommen. Daß sie sich aus trüben Quelle speisen, die Familie bekämpfen, die Rolle der Frau mit Scheuklappen sehen und den Mann grundsätzlich abschaffen wollen, daß sie die Abtreibung wie einen Initiationsritus betrachten und das Lesbentum für die Vollendung des Frauseins halten, ficht das Bibelwerk nicht an. Nicht nur in der Kirche Österreichs ist man nämlich überzeugt, eine christliche Variante des Feminismus leben zu können. Mit der Abtreibungslobby ist man Österreich ohnehin verstrickt, ob die von den Bischöfen finanzierte Aktion Leben im Inland oder die Katholische Frauenbewegung über die Unterstützung von „Entwicklungshilfe“ im Ausland.
Diese am dominanten Zeitgeist orientierte Entwicklung kann nicht verwundern, reicht sie doch bis vor das Jahr 1968 zurück, das allemal ein wichtiger Anhaltspunkt ist, um das vergangene halbe Jahrhundert im Westen zu verstehen. Ein ehemaliger Vorsitzender des Katholischen Familienverbandes Österreich, Leopold Kendöl (1978 – 1981) gehörte zu den frühen Unterstützern der Grünen, deren erster Landesgeschäftsführer er in Niederösterreich war. Die Liste der personellen und geistigen Verstrickungen zwischen den grünen Zeitgeistrittern mit ihrer Pseudomoral und der katholischen Verbandswelt und dem hauptamtlichen Kirchenapparat ließe sich lange fortsetzen.
Das Bibelwerk betont, es gehe ihm um „Gender-Gerechtigkeit“, und damit wären wir wieder bei einem Zeitgeistphänomen. Die Neuübersetzung wird ab Dezember 2018 „in den katholischen Gottesdiensten und im Religionsunterricht“ verwendet werden.
Dafür wird einmal mehr ein biblischer Archäologismus behauptet. Wann der in den vergangenen 60 Jahren zur Begründung von Neuerungen eingesetzt wurde, brachte er der Kirche selten etwas Gutes. Da können dann bald 2000 Jahre nach Jesu Hinrichtung am Kreuz sogar „Apostelinnen“ auftauchen. Ebenso kann dann das griechische Adelphoi (Brüder) plötzlich auch als Schwestern gelesen werden.
Doch wie läßt Goethe seinen Faust sagen:
„Mit Worten läßt sich trefflich streiten,
mit Worten ein System bereiten.“
Freispruch für Judas
Auch Judas Iskariot kommt „mehr sprachliche Sensibilität“ zugute. Das ist ganz im Sinne von Papst Franziskus, der im Gefolge des Häretikers Eugen Drewermann, der selbst aus der Kirche ausgetreten ist, auch diesen Apostel für möglicherweise gerettet hält, der Jesus zuerst verraten und sich dann erhängt hat. Das Verb „verraten“ wird in der Neuübersetzung des Bibelwerkes einfach ausgelassen. Welche Nachsicht.
Damit geht der Eingriff über die Genderisierung hinaus und greift in den Inhalt ein. Kann man die dunkle Seite im Menschen einfach wegretuschieren? Mit der Freiheit des Menschen, auch der Freiheit zum eigenen Verderben und der Ablehnung Gottes, hatte ja bereits Martin Luther seine Probleme. Auch er löste es radikal mittels Knopfdruck auf die Löschtaste, indem er dem Menschen schlichtweg den freien Willen absprach.
Judas Iskariot bildet zudem das Kontrastbild zum Apostel Petrus, der den Herrn auch dreimal verleugnete. Im Gegensatz zu Petrus verlor Judas aber die Göttlichen Tugenden, besonders die Hoffnung.
Im Bibelwerk nennt man die ins Werk gesetzte Bibelfälschung „mehr Sensibilität“.
Wunder abgeschafft – Jesus ein „begnadeter Erzähler“
Die Wunder, das entscheidende Wesensmerkmal, das der Beweis für der Echtheit dessen ist, was die Heilige Schrift über den Sohn Gottes sagt, sind in der Familienbibel einfach abgeschafft. Die moderne Theologie, gefangen im Materialismus, kann nichts mehr mit ihnen anfangen. Aus den Wundern werden daher „Machttaten“. Machttaten haben auch Diktatoren wie Hitler, Stalin und Mao gesetzt, und das viel zu viele, auch Mohammed kann sich ihrer „rühmen“. Wunder aber hat keiner von ihnen vollbracht.
In der Einführung wird Jesus in einem eigenen Kapitel vorgestellt, doch mit keinem Wort erwähnt, daß er der Sohn des lebendigen Gottes ist. Seine „Erzählkunst“ wird herausgestrichen, seine Gottheit aber, der zentrale Stein des Anstoßes für Heiden, Juden und Muslime, der ihn ans Kreuz gebracht hat, wird verschwiegen.
Im Kapitel „Ehe und Partnerschaft“ werden „Geschenk“ und „Scheitern“ gleichwertig dargestellt. Vom Ehesakrament und den damit verbundenen Gnadenmitteln ist nicht die Rede. Mit der Ehescheidung und der Zweit- oder Drittehe will man sich beim Bibelwerk offenbar nicht anlegen. Wenig verwunderlich, ist doch der Katholische Familienverband Österreichs seit 2009 in Sachen „Homo-Ehe“ und Adoptionsrecht für Homosexuelle sehr kleinlaut geworden. Den Widerspruch im Zusammenhang mit einer Familienbibel werden die Macher wohl nicht erkennen.
Was den Zeitgeist stört wird eliminiert
Die Juden werden in der Familienbibel „behutsamer“ behandelt, wie es heißt. Wo in der bisherigen Übersetzung von ihrer „Verwerfung“ die Rede ist, heißt es jetzt nur mehr „Zurückweisung“. Kurzum alles, was dem Menschen des frühen 21. Jahrhunderts wichtig ist, wird überbetont, was ihm aber unwichtig oder störend ist, wird eliminiert oder in den Hintergrund gedrückt.
Vierzehn Jahre lang haben sich die Bibelwissenschaftler des deutschen Sprachraumes abgemüht für ihren „Aggiornamento“ der Bibel. Seit 2016 liegt die revidierte Einheitsübersetzung vor und wird in einem Jahr zum Einsatz gelangen. Die Diözese Linz legt mit ihrer Familienbibel eine Sonderausgabe vor, um den ideologischen Bodensatz im Denken der derzeitigen Kirchenverantwortlichen unters Volk zu streuen. Umerziehung statt Erziehung im Glauben scheint das Motto zu lauten.
Dabei sind wahrscheinlich manche Autoren der neuen Familienbibel überzeugt, „sehr konservativ“ vorgegangen zu sein. Doch steter Tropfen hölt bekanntlich den Stein.
Ökumene-Spielchen
Zur Erinnerung: Die 1962 begonnene Einheitsübersetzung war eigentlich als gemeinsame katholisch-protestantische Bibelübersetzung zustande gekommen. Die Evangelische Kirche Deutschlands (EKD, ein Zusammenschluß der Lutheraner, Reformierten und Unierten. hatte 1970 gebeten, sich beteiligen zu können. Das dauerte damals insgesamt 16 Jahre. Als es endlich soweit war, wurde sie zwar von den Katholiken in der Liturgie gebraucht, doch die EKD klinkte sich sofort wieder aus. Dabei bedingt ihre Beteiligung die katholische Seite. Eine Verwendung in den lutherischen Gottesdiensten kommt bis heute nicht in Frage. Das gleiche Szenario wiederholte sich bei der revidierten Einheitsübersetzung. Einflußnahme ja, Akzeptanz nein.
Apropos Frage: Man könnte sich fragen, wozu solche „ökumenischen“ Projekt dann eigentlich gut sind. Doch die Ökumenisten lassen sich davon ebensowenig stören wie die Feministen. Sie haben ein ideologisches Programm, und das ziehen sie durch. Ohne diese Motivation wäre auch die Familienbibel nicht entstanden, denn eine objektive Notwendigkeit stellt sie ja nicht dar.
Text: Martha Burger-Weinzl
Bild: Bibelwerk Linz (Screenshots)