Wer wird nächster Erzbischof von Paris?


Wird François-Xavier Dumortier SJ, ehemaliger Rektor der Gregoriana, nächster Erzbischof von Paris?
Wird François-Xavier Dumortier SJ, ehemaliger Rektor der Gregoriana, nächster Erzbischof von Paris?

(Paris) Am 7. Novem­ber voll­ende­te André Kar­di­nal Vingt-Trois sein 75. Lebens­jahr. Gemäß den kir­chen­recht­li­chen Alters­be­stim­mun­gen hat er Papst Fran­zis­kus sei­nen Rück­tritt ange­bo­ten. Wer wird ihm als Erz­bi­schof von Paris nachfolgen?

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Der Kar­di­nal lei­tet seit 2005 das Erz­bis­tum, das vom hei­li­gen Dio­ny­si­us von Paris (Saint Denis) evan­ge­li­siert wur­de. Laut La Croix, der Tages­zei­tung der fran­zö­si­schen Bischö­fe, habe der Apo­sto­li­sche Nun­ti­us und der Stän­di­ge Rat der Bischofs­kon­fe­renz bereits einen Drei­er­vor­schlag vor­be­rei­tet, der von der Bischofs­kon­gre­ga­ti­on geprüft und Papst Fran­zis­kus als Hil­fe bei einer even­tu­el­len Ent­schei­dung vor­ge­legt wird. Der Papst ist in sei­ner Ent­schei­dung aber völ­lig frei.

Er kann Kar­di­nal Vingt-Trois wei­te­re zwei Jah­re und län­ger im Amt belas­sen. Er kann sich, soll­te er bereits jetzt den Kar­di­nal eme­ri­tie­ren wol­len, an den Vor­schlag der Bischofs­kon­gre­ga­ti­on hal­ten oder auch nicht. Wäh­rend sei­ne Vor­gän­ger sel­ten davon abwi­chen, geht Papst Fran­zis­kus auch in die­sem Punkt ande­re Wege. Vor allem die wich­ti­gen Bischofs­stüh­le besetzt er im Allein­gang, das heißt, an der zustän­di­gen Bischofs­kon­gre­ga­ti­on vor­bei. So st es gesche­hen in Chi­ca­go, Madrid, Syd­ney, Paler­mo und Bolo­gna, um nur eini­ge Bei­spiel zu nen­nen. Paris gehört zu den wich­ti­gen Bischofs­stüh­len, wes­halb dort mit einer ähn­li­chen Vor­ge­hens­wei­se des Pap­stes zu rech­nen ist.

Suche „nach dem progressivsten Kandidaten“

Es geht dabei nicht nur um eine päpst­li­che Eigen­wil­lig­keit, son­dern um eine Rich­tungs­ent­schei­dung. Am 19. April 2016 zitier­te Le Jour­nal de Mon­tré­al den Que­becer Alain Pron­kin, Jour­na­list mit Schwer­punkt Reli­gi­on und gutem Draht zu sei­nem Lands­mann, Kar­di­nal Marc Ouel­let, Prä­fekt der Bischofs­kon­gre­ga­ti­on, mit den Worten:

Papst Fran­zis­kus sucht „nach den pro­gres­siv­sten Kandidaten“.

„Es ist beun­ru­hi­gend, weil es die Auf­ga­be von Kar­di­nal Ouel­let in Rom ist, dem Papst die Namen vor­zu­schla­gen, er aber igno­riert sie und ent­schei­det sich für ganz ande­re Kandidaten“.

Weni­ge Tage zuvor hat­te damals La Croix geschrie­ben, daß

„es bereits gesche­hen ist, daß Papst Fran­zis­kus alle drei Namen ablehn­te, die ihm von Kar­di­nal Marc Ouel­let, dem Prä­fek­ten der Bischofs­kon­gre­ga­ti­on, vor­ge­legt wur­den, […] und selbst ande­re von sei­ner Rich­tung suchte“.

Um „selbst ande­re von sei­ner Rich­tung“ zu suchen, bedient sich der Papst – um Infor­ma­tio­nen ein­zu­ho­len – zum Teil des Jesui­ten­or­dens. Ent­schei­dend für Fran­zis­kus, so Pron­kin, sei die pro­gres­si­ve Gesin­nung des Kan­di­da­ten, die ihm durch einen Ver­trau­ten bestä­tigt wer­den müs­se. Die­se Bestä­ti­gung genü­ge. Der Papst brau­che dann kei­ne Dos­siers und Berich­te, wie sie ihm von der Bischofs­kon­gre­ga­ti­on vor­ge­legt wer­den. Die Emp­feh­lung einer Per­son, der er ver­traut, genü­ge, um jeman­den zum Bischof zu machen.

Kandidaten für den Erzbischofsstuhl von Paris

Für den Erz­bi­schofs­stuhl von Paris wur­den in der Ver­gan­gen­heit meh­re­re Namen genannt, die alpha­be­tisch wie­der­ge­ge­ben werden:

  • Msgr. Michel Aupe­tit, 66, Bischof von Nan­terre seit 2014
  • Msgr. Jean-Marc Ave­li­ne, 58, Weih­bi­schof von Mar­seil­le seit 2013
  • Msgr. Jac­ques Bla­quart, 65, Bischof von Orleans seit 2010, Vor­sit­zen­des Komi­tees für die Soli­da­ri­tät der Bischofskonferenz
  • Msgr. Jean-Paul James, 65, Bischof von Nan­tes seit 2009
  • Msgr. Domi­ni­que Lebrun, 60, Erz­bi­schof von Rouen seit 2015
  • Msgr. Éric de Moulins-Beau­fort, 55, Weih­bi­schof von Paris seit 2008, Vor­sit­zen­der der Glau­bens­kom­mis­si­on der Bischofskonferenz
  • Msgr. Pierre d’Ornellas, 64, Erz­bi­schof von Rennes seit 2007
  • Msgr. Lau­rent Ulrich, 66, Erz­bi­schof von Lil­le seit 2008, ehe­ma­li­ger Vize-Vor­sit­zen­der der Bischofskonferenz
  • Msgr. Pas­cal Wint­zer, 57, Erz­bi­schof von Poi­tiers seit 2012

Hin­zu kommt noch ein Name, der zuletzt beson­ders häu­fig genannt wird und auch von La Croix her­vor­ge­ho­ben wird:

  • Pater Fran­çois-Xavier Dumor­tier, 69, Jesu­it, ehe­ma­li­ger Rek­tor der Päpst­li­chen Uni­ver­si­tät Gre­go­ria­na in Rom.

Für den Pari­ser Bischofs­sitz könn­te sich Fran­zis­kus nicht nur des Jesui­ten­or­dens bedie­nen, um Infor­ma­tio­nen ein­zu­ho­len, son­dern direkt einen Jesui­ten zum Erz­bi­schof machen.

François-Xavier Dumortier

Der Jesu­it Dumor­tier wur­de am 4. Novem­ber 1948 in Levroux in Frank­reich gebo­ren. Sei­ne Fami­lie stammt aus Fran­zö­sisch-Flan­dern. Er stu­dier­te Poli­tik­wis­sen­schaf­ten am Insti­tut d’Etudes Poli­ti­ques de Paris und Rechts­wis­sen­schaf­ten an der Uni­ver­si­té Pan­thé­on-Assas Paris mit einer Spe­zia­li­sie­rung in Rechts­phi­lo­so­phie. Im Alter von 25 Jah­ren, wir sind im Jahr 1973, trat er in die Gesell­schaft Jesu ein und stu­dier­te Phi­lo­so­phie und Theo­lo­gie am Cent­re Sèv­res des Jesui­ten­or­dens in Paris und am West­on Jesu­it School of Theo­lo­gy in Cam­bridge Mas­sa­chu­setts. 1982 wur­de er zum Prie­ster geweiht und leg­te 1990 auch die letz­ten Gelüb­de in sei­nem Orden ab. 20 Jah­re lehr­te er Phi­lo­so­phie, haupt­säch­lich Ethik, an der Pari­ser Jesui­ten­hoch­schu­le Cent­re Sèv­res, deren Rek­tor er von 1997 bis 2003 war. Sein For­schungs­schwer­punkt war das Werk von Han­nah Are­ndt. 2003 wur­de er zum Ordens­pro­vin­zi­al für Frank­reich ernannt. 2010 mach­te ihn Papst Bene­dikt XVI. zum Rek­tor der römi­schen Jesui­ten­hoch­schu­le Gre­go­ria­na. Ein Amt, das er bis zum 1. Sep­tem­ber 2016 aus­üb­te. Seit Anfang 2014 ist er Rit­ter der fran­zö­si­schen Ehren­le­gi­on. Papst Fran­zis­kus mach­te ihn per­sön­lich 2014 zum Syn­oda­len für die Dop­pel-Syn­ode über die Fami­lie. 2008 war er bereits als Nach­fol­ger von Msgr. Gerard Defois als Erz­bi­schof von Lil­le im Gespräch. Nun gilt er als aus­sichts­reich­ster Kan­di­dat für den Bischofs­stuhl von Paris.

Am 15. April 2016, nur eine Woche nach Vor­stel­lung des nach­syn­oda­len Schrei­bens Amo­ris lae­ti­tia, war Rek­tor Dumor­tier Gast­ge­ber einer Tagung über die­ses stark umstrit­te­ne Doku­ment. An der Tagung an der Gre­go­ria­na nah­men Kar­di­nal Loren­zo Bal­dis­se­ri, Gene­ral­se­kre­tär der Bischofs­syn­ode, und Kur­en­erz­bi­schof Vin­cen­zo Paglia, damals noch Vor­sit­zen­der des Päpst­li­chen Fami­li­en­ra­tes, teil. In sei­ner Begrü­ßung äußer­te sich Dumor­tier unein­ge­schränkt posi­tiv über Amo­ris lae­ti­tia, an des­sen Zustan­de­kom­men er als Syn­oda­le selbst mit­ge­wirkt hatte.

Sei­ne Ein­füh­rung und die Tagungs­re­fe­ra­te als Video:

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: You­tube (Screen­shot)

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