Das Martyrium der katholischen Kirche in der Sowjetunion


Mit der von Lenin angeführten Oktoberrevolution begann die Schreckensherrschaft und die Kirchenverfolgung in Rußland. Sie traf nicht nur die orthodoxe Kirche, sondern ebenso die römische- und die griechisch-katholische Kirche. Deren Schicksal ist heute im Westen kaum bekannt.
Mit der von Lenin angeführten Oktoberrevolution begann die Schreckensherrschaft und die Kirchenverfolgung in Rußland. Sie traf nicht nur die orthodoxe Kirche, sondern ebenso die römische- und die griechisch-katholische Kirche. Deren Schicksal ist heute im Westen kaum bekannt.

(Mos­kau) Das Buch des Histo­ri­kers Jan Mik­rut schil­dert das Mar­ty­ri­um der latei­ni­schen und byzan­ti­ni­schen Katho­li­ken unter der athe­isti­schen Sowjet­dik­ta­tur. Das Buch erscheint aus Anlaß des 100. Jah­res­ta­ges der bol­sche­wi­sti­schen Okto­ber­re­vo­lu­ti­on und soll die Schrecken des „rea­len Sozia­lis­mus“ in Erin­ne­rung rufen, die heu­te Gefahr lau­fen, zu schnell in Ver­ges­sen­heit zu gera­ten oder als eine Art „Betriebs­un­fall“ gese­hen zu werden.

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In der Nacht vom 7. auf den 8. Novem­ber 1917 ernann­ten die Bol­sche­wi­ken unter der Füh­rung von Lenin eine Revo­lu­ti­ons­re­gie­rung (laut Julia­ni­schem Kalen­der war das noch im Okto­ber, daher „Okto­ber­re­vo­lu­ti­on“). Die Kom­mu­ni­sten setz­ten damit nicht nur dem Zaren­reich defi­ni­tiv ein Ende, son­dern errich­te­ten mit der Sowjet­re­pu­blik die „Dik­ta­tur des Pro­le­ta­ri­ats“. In Wirk­lich­keit schu­fen sie die Dik­ta­tur der kom­mu­ni­sti­schen Par­tei, die als tota­li­tä­res Regime gedacht war und auch als sol­ches umge­setzt wurde.

Neues Buch schildert die Geschichte der katholischen Kirche in der Sowjetunion
Neu­es Buch schil­dert die Geschich­te der katho­li­schen Kir­che in der Sowjetunion

Am 8. Novem­ber, 100 Jah­re nach die­sen Ereig­nis­sen, die die Welt auf schreck­li­che Wei­se ver­än­der­ten und Aber­mil­lio­nen Men­schen das Leben koste­ten, wird an der Päpst­li­chen Uni­ver­si­tät Gre­go­ria­na in Rom das Buch des Histo­ri­kers Jan Mik­rut „Die katho­li­sche Kir­che in der Sowjet­uni­on von der Revo­lu­ti­on 1917 bis Pere­s­tro­j­ka“ (La Chie­sa cat­to­li­ca in Unio­ne Sovie­ti­ca dal­la Rivo­lu­zi­o­ne del 1917 alla Pere­s­tro­j­ka, Gabri­el­li Edi­to­ri, Vero­na 2017) vorgestellt.

Jan Mik­rut ist außer­or­dent­li­cher Pro­fes­sor der Geschich­te an der Gre­go­ria­na. Bekannt wur­de er durch sei­ne Mit­ar­beit am Mar­ty­ro­lo­gi­um des 20. Jahrhunderts.

Zusam­men mit Bei­trä­gen von Histo­ri­ker­kol­le­gen schil­dert Mik­rut, die die Katho­li­ken von den Kom­mu­ni­sten „regel­recht durch den Fleisch­wolf“ gedreht wur­den. Das Buch schil­dert Schrecken und Ver­fol­gung, aber auch das hel­den­haf­te Zeug­nis der Mär­ty­rer. Berich­tet wird auch das Leben der ein­fa­chen Gläu­bi­gen unter ein­ge­schränk­ten Mög­lich­kei­ten und ver­folg­ten Gemein­schaf­ten. Das Buch behan­delt das Schick­sal der römi­sche-katho­li­schen und der grie­chisch-katho­li­schen Chri­sten der Sowjetunion.

Das Vor­wort stammt von Msgr. Tade­u­sz Kon­dru­sie­wicz, dem Erz­bi­schof von Minsk-Mahil­jou in Weiß­ruß­land, der von einer Via Cru­cis der Katho­li­ken spricht, die unter sowje­ti­scher Herr­schaft erlit­ten haben. Er selbst muß­te sein Stu­di­um an der Fakul­tät für Phy­sik und Mathe­ma­tik in Hrod­na abbre­chen, weil ihm sein Kir­chen­be­such zum Vor­wurf gemacht wurde.

Im Vor­wort spricht er aber nicht von sich, son­dern erin­nert an sei­nen Vor­gän­ger, Kazi­mierz Kar­di­nal ÅšwiÄ…tek (1914–2011), der ver­haf­tet und ins Gefäng­nis nach Brest gebracht wor­den war. Sei­ne ein­zi­ge Gesell­schaft „war eine Flie­ge“, doch irgend­wann gab auch sie kein Lebens­zei­chen mehr, „und ich wur­de nach Sibi­ri­en deportiert“.

Kon­dru­sie­wicz erzählt auch eine hei­te­re Geschich­te, die sich in der Ukrai­ne zuge­tra­gen habe: Als Juri Gaga­rin zum Mond flog, woll­ten die Kom­mu­ni­sten die Gele­gen­heit nüt­zen, um für den Athe­is­mus zu wer­ben. Ein Par­tei­funk­tio­när ging zum ortho­do­xen Dorf­pfar­rer und ver­lang­te, daß die­ser am Ende der Sonn­tags­mes­se bekannt­ge­be, daß Gaga­rin hin­ter den Mond geblickt und kei­nen Gott gese­hen habe, also Gott nicht exi­stie­re. Dem Prie­ster wur­de mit der Schlie­ßung der Kir­che gedroht, soll­te er sich wei­gern. Am Ende der hei­li­gen Lit­ur­gie tat der Prie­ster also, wie ihm unter Dro­hung befoh­len wor­den war und ver­kün­de­te: „Lie­be Gläu­bi­ge, Juri Ale­xe­je­witsch Gaga­rin, ist in das Welt­all geflo­gen und hat Gott nicht gese­hen. Der Herr aber hat ihn gese­hen, ihn geseg­net und so ist Gaga­rin wie­der unver­sehrt auf die Erde zurückgekehrt“.

Kon­dru­sie­wicz berich­tet auch ein per­sön­li­ches Erleb­nis. Anfang der 90er Jah­re, nach dem Ende der Sowjet­uni­on, nahm er die Grund­stein­le­gung und Seg­nung eines Kir­chen­neu­bau­es in Marx­stadt an der Wol­ga vor. Die Stadt war im 18. Jahr­hun­dert von Ruß­land­deut­schen als Katha­ri­nen­stadt (Jeka­ter­in­stadt) gegrün­det wor­den und von den Kom­mu­ni­sten 1920 nach Karl Marx in Marx­stadt umbe­nannt wor­den. 1941 hat­te unter Sta­lin auch der deut­sche Namens­be­stand­teil „Stadt“ zu ver­schwin­den, als er – wegen der Feind­schaft zum Deut­schen Reich – eine Mil­li­on Ruß­land­deut­sche nach Sibi­ri­en und Zen­tral­asi­en depor­tie­ren ließ.

Als Kon­dru­sie­wicz den Grund­stein legen woll­te, baten ihn ört­li­che Gläu­bi­ge einen ande­ren Stein als „Eck­stein“ zu neh­men. Er sei ganz erstaunt gewe­sen über eine so unge­wöhn­li­che Bit­te. Man habe sie ihm aber erklärt und er sei davon „tief­be­wegt“ gewe­sen. Die Kom­mu­ni­sten hat­ten unter Sta­lin die alte Kir­che von Marx­stadt zer­stört. Gläu­bi­ge ret­te­ten ein­zel­ne Stei­ne, die sie mit nach Hau­se nah­men. In der har­ten Ver­fol­gungs­zeit, als reli­giö­se Dar­stel­lun­gen schon eine Gefahr waren, bete­ten sie vor die­sen Stei­nen aus der Kir­che, da sie ein Teil des Got­tes­hau­ses waren.

Sie baten Kon­dru­sie­wicz einen die­ser Stei­ne, den sie so vie­le Jahr­zehn­te auf­be­wahrt hat­ten und den sie ihm nun brach­ten, als „Eck­stein“ für die neue Kir­che ein­zu­set­zen, was er auch tat.

Heu­te ver­fügt die katho­li­sche Kir­che in Ruß­land über eige­ne Struk­tu­ren „und ent­wickelt sich, trotz vie­ler Schwie­rig­kei­ten, auf dyna­mi­sche Wei­se und ist im pasto­ra­len Bereich sehr aktiv“, so der Erz­bi­schof von Minsk. Hun­der­te von rus­si­schen Büchern behan­deln die Geschich­te und Ent­wick­lung der katho­li­schen Kir­che in der Sowjet­uni­on, wäh­rend es im Westen kaum Lite­ra­tur und Beach­tung dafür gebe.

Des­halb sei das Buch von Pro­fes­sor Jan Mik­rut von „gro­ßer Bedeu­tung“, weil es dem Westen die „schwie­ri­ge Geschich­te der Kir­che in der Sowjet­uni­on“ schil­dert. „Hät­te es nicht die Mär­ty­rer und Glau­bens­hel­den in der Zeit der Ver­fol­gung geben, wäre das schnel­le Wie­der­auf­blü­hen der Kir­che, die der Ver­nich­tung preis­ge­ge­ben war, undenk­bar“, so der Erz­bi­schof. Der Wort Ter­tul­li­ans könn­te sich kaum deut­li­cher bewahr­hei­ten, daß das Blut der Mär­ty­rer zum Samen der Chri­sten wird, so Msgr. Kondrusiewicz.

„Ich hof­fe, daß die­ses Buch eine Zeug­nis des Glau­bens in der Ver­fol­gungs­zeit wird, das unse­re moder­ne Welt so drin­gend not­wen­dig hat.“

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: AsiaNews

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1 Kommentar

  1. Der Mar­xis­mus dürf­te von sei­nen Wur­zeln her sata­ni­stisch sein, wie Richard Wurm­brand in sei­nem Buch Marx & Satan dar­legt. Offen­bar wird die­se Ver­wur­ze­lung in der Ula­now-Fami­lie bis zum heu­ti­gen Tage wei­ter­ge­ge­ben bzw ‑gelebt, wor­über mir aus per­sön­li­cher Wahr­neh­mung immer­hin zwei Indi­zi­en bekannt sind.

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