(London) Der Geheimzirkel der Gruppe von Sankt Gallen verliert eines seiner führenden Mitglieder: Kardinal Cormac Murphy‑O’Connor ist am 1. September, um 15.35 Uhr, im Alter von 85 Jahren verstorben.
Kardinal Murphy‑O’Connor, bis 2009 Erzbischof von Westminister, erlangte zuletzt im November 2014 noch einmal internationale Bekanntheit, als sein ehemaliger Pressesprecher, Austen Ivereigh, das Buch „The Great Reformer : Francis and the Making of a Radical Pope“ (Der große Reformer. Franziskus oder wie man einen radikalen Papst macht“ vorlegte. Darin enthüllte er, daß vier Kardinäle, darunter neben Kasper, Lehmann und Danneels auch Murphy‑O’Connor, 2013 die Wahl von Jorge Mario Bergoglio stabsmäßig geplant hätten. Die Vierer-Gruppe nannte Ivereigh das „Team Bergoglio“.
Am 22. September 2015 folgte eine noch spektakulärere Enthüllung in einer Biographie über Kardinal Godfried Danneels, bis 2010 Erzbischof von Mecheln-Brüssel. Die beiden Autoren gaben die Existenz eines geheimen Zirkels in der Kirche bekannt, die sich nach dem Tagungsort „Gruppe von Sankt Gallen“ nannte. Die Gründung geht auf Kardinal Carlo Maria Martini SJ in den 90er Jahren zurück. Er sammelte einen Kreis höchster Kirchenvertreter, die eine gemeinsame progressive Grundüberzeugung einte und ihre Abneigung gegen die „Restauration“, die man den Päpsten Johannes Paul II. und Benedikt XVI. zum Vorwurf machte. Diese zu beenden, wurde zum Ziel der Gruppe, das nur durch die Wahl eines dieser Gruppe genehmen Papstes erreicht werden konnte. Bis dahin wurde das Wirken der genannten Päpste im Verborgenen boykottiert.
Kardinal Danneels, der die Existenz und seine Zugehörigkeit zu dieser Gruppe bestätigte, sprach sogar belustigt von einer „Mafia“. Kardinal Cormac Murphy‑O’Connor gehörte ebenfalls diesem Geheimzirkel an.
Er war von 2000 – 2009 Erzbischof von Westminster und Primas von England und Wales. Aufgrund einer Krebserkrankung mußte er im August ins Krankenhaus. Sein Nachfolger, Erzbischof Vincent Nichols, bat die Gläubigen, für ihren früheren Oberhirten zu beten. Die Nachricht vom Tod des Kardinals war vom Pressesprecher des Erzbistums Westminster bekanntgegeben worden.
Justin Welby, der anglikanische Primas von Canterbury, übermittelte seine Beileidsbekundung und rühmte die „Demut“ und „Heiligkeit“ des verstorbenen Kardinals
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Vatican.va (Screenshot)