Bischof Schneider: „Persönlich sehr traurig“ über Schreiben Roms an FSSPX – „Gegenüber den Orthodoxen würde man sich nicht so verhalten“


Bischof Schneider in Fatima über die Gespräche Roms mit der Piusbruderschaft
Bischof Schneider in Fatima über die Gespräche Roms mit der Piusbruderschaft

(Lis­sa­bon) Kurz bevor Kar­di­nal Ger­hard Mül­ler am ver­gan­ge­nen 30. Juni von Papst Fran­zis­kus als Glau­bens­prä­fekt ent­las­sen wur­de, über­mit­tel­te er Bischof Ber­nard Fel­lay, dem Gene­ral­obe­ren der Prie­ster­bru­der­schaft St. Pius X., ein Schrei­ben. Dar­in teil­te er mit, daß die Voll­ver­samm­lung der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on mit päpst­li­cher Bil­li­gung, als Bedin­gung für eine even­tu­el­le kirch­li­che Aner­ken­nung der Bru­der­schaft, wie­der die dok­tri­nel­le Prä­am­bel von 2012 verlangt.

Anzei­ge

Am 14. Juli wur­de Bischof Atha­na­si­us Schnei­der, Weih­bi­schof von Ast­a­na, im Rah­men eines Vor­tra­ges, den er in Fati­ma hielt, nach sei­ner Ein­schät­zung zur abrup­ten Wen­de in den Gesprä­chen zwi­schen der Pius­bru­der­schaft und dem Hei­li­gen Stuhl gefragt. Die Fra­ge kam von einem Mit­ar­bei­ter der spa­nisch­spra­chi­gen, katho­li­schen Nach­rich­ten­platt­form Adel­an­te la Fe, die Orga­ni­sa­tor der Ver­an­stal­tung war. Zu deren Grün­dern von Adel­an­te la Fe gehört der 2015 ver­stor­be­ne Lands­mann von Papst Fran­zis­kus, Bischof Roge­l­io Livi­e­res von Ciu­dad del Este, den Papst Fran­zis­kus ohne Anhö­rung und ohne Nen­nung von Grün­den 2014 abge­setzt hat­te. In einer Pres­se­er­klä­rung des Hei­li­gen Stuhls hieß es zur Abset­zung lapi­dar, nun sei die Har­mo­nie in der para­gu­ay­ischen Bischofs­kon­fe­renz wie­der­her­ge­stellt. Beim fol­gen­den Text han­delt es sich um die Nie­der­schrift eines Audio­mit­schnit­tes. Bischof Schnei­der sprach in Fati­ma portugiesisch.

Adel­an­te la Fe: Jüngst wur­de ein Schrei­ben der Kon­gre­ga­ti­on für die Glau­bens­leh­re an den Gene­ral­obe­ren der Pius­bru­der­schaft öffent­lich bekannt, mit dem – wie es scheint – Rom zu dem Punkt zurück­ge­kehrt ist, an dem die Gesprä­che unter Bene­dikt XVI. abge­bro­chen sind. Der Aus­gang der aktu­el­len Ver­hand­lun­gen hat­ten den Ein­druck ver­mit­telt, daß die pro­ble­ma­ti­schen Fra­gen im Zusam­men­hang mit dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil für Rom schein­bar Gegen­stand der Dis­kus­si­on sein könn­ten, wäh­rend nun als Bedin­gung a prio­ri eine schrift­li­che Zustim­mung zum gesam­ten Zwei­ten Vati­ca­num und auch zu eini­gen Tei­len des nach­kon­zi­lia­ren Lehr­am­tes gefor­dert wird, die eini­ge Zwei­fel auf­ge­wor­fen haben. Kön­nen Sie uns etwas zu die­ser Situa­ti­on und ihre Mei­nung dazu sagen?

Msgr. Schnei­der: Per­sön­lich macht mich die­ses Papier sehr trau­rig, weil ich einer der Visi­ta­to­ren des Hei­li­gen Stuhls war, der vor zwei Jah­ren zur Prie­ster­bru­der­schaft St. Pius X. ent­sandt wur­de. Es waren vier Bischö­fe. Ich war einer von ihnen. Ich habe einen Bericht vor­ge­legt und eini­ge Lösun­gen vor­ge­schla­gen, und nun hat sich fast alles, was wir gemacht haben, als völ­lig nutz­los erwie­sen. Ich den­ke, daß das sehr anti-pasto­ral ist. Drei Jah­re hin­durch hat der Hei­li­ge Stuhl Visi­ta­tio­nen geför­dert und kei­nen maxi­ma­li­sti­schen Weg ver­folgt, son­dern einen pasto­ra­len Weg, die­se Rea­li­tä­ten der Kir­che, die FSSPX, pasto­ral zu inte­grie­ren, um ihr eine Mög­lich­keit zu geben, voll­kom­men an den Struk­tu­ren der Kir­che teilzuhaben.

Ich den­ke daher, daß das eine sehr anti-pasto­ra­le Geste ist und im Wider­spruch zur gan­zen Barm­her­zig­keits-Rhe­to­rik, die gemacht wird – lei­der. Und gleich­zei­tig wird auf der ande­ren Sei­te impli­zit das gan­ze Kon­zil unfehl­bar gemacht, was der gesam­ten Tra­di­ti­on wider­spricht… Das Kon­zil ist nicht unfehl­bar, laut sei­nen eige­nen Aus­sa­gen, und die Päp­ste Johan­nes XIII. und Paul VI. haben bei zahl­rei­chen Gele­gen­hei­ten betont, daß das Zwei­te Vati­ca­num nur pasto­ra­le Zie­le hat­te. Paul VI. sag­te vie­le Male, daß das Kon­zil kei­ne neu­en Leh­ren und nichts im Wider­spruch zu den vor­he­ri­gen ver­kün­det hat. Wenn also nichts geän­dert wur­de, war­um dann die­se Hal­tung? Ich sehe kei­nen berech­tig­ten Grund, so etwas [aus­drück­lich erklä­ren, die Leh­ren des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils und der Nach­kon­zils­zeit anzu­er­ken­nen, wie es im Schrei­ben von Kar­di­nal Mül­ler heißt, Anm. d. Red.] abzufordern.

Zum Bei­spiel: Jetzt redet man viel von Öku­me­ne, mit beson­de­rer Groß­zü­gig­keit, und man ver­langt in den Gesprä­chen mit den Ortho­do­xen, mit den Luthe­ra­nern nur das Mini­mum.… Man ver­langt das Mini­mum. Inner­halb der Kir­che aber for­dert man das Maxi­mum. Die FSSPX aber glaubt an die ewig­gül­ti­gen Dog­men. Alle Dog­men. Alle. Wäh­rend die Ortho­do­xe Kir­che zum Bei­spiel das Dog­ma der Unfehl­bar­keit und des päpst­li­chen Pri­ma­tes leug­net, und der Hei­li­ge Stuhl ganz zurück­hal­tend nicht mehr als das Uner­läß­lich­ste fordert.

Zum Bei­spiel: Ich ken­ne die Ortho­do­xen sehr gut, weil ich mit­ten unter ihnen lebe. Ich ken­ne ihre Men­ta­li­tät. Bezüg­lich der Bekeh­rung Ruß­lands: Das gilt nicht nur für mich, es gibt auch ande­re, die es gese­hen haben. Ein gehei­mer Hei­li­ger, der in der Ver­fol­gung in Kasach­stan umge­kom­men ist, ist der­sel­ben Mei­nung. Er sag­te, daß die Bekeh­rung Ruß­lands letzt­lich bedeu­tet, daß die Ortho­do­xe Kir­che sich mit dem Papst, mit Rom ver­eint. Das ist ihre Bekeh­rung. Ich glau­be, ich hof­fe, daß dem so sein wird. Wenn die rus­sisch-ortho­do­xe Kir­che den Pri­mat des Pap­stes aner­kennt, wird das ein Wun­der sein, wenn sie das Dog­ma der Unfehl­bar­keit des Pap­stes, das Dog­ma der Unbe­fleck­ten Emp­fäng­nis aner­kennt, das sie heu­te nicht aner­kennt, und dem Hei­li­gen Stuhl sagt: Wir akzep­tie­ren alle eure Dog­men, aber das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil ist für uns selt­sam: es ist nur pasto­ral, sei­ne Spra­che ist nicht immer klar, das Gan­ze über die Reli­gi­ons­frei­heit, die Öku­me­ne usw. das über­zeugt uns nicht sehr, und eini­ge Aus­sa­gen des Lehr­am­tes, da sind wir uns nicht sicher. Den gan­zen Rest [die Dog­men] akzep­tie­ren wir.

Man stel­le sich das vor: Wenn sich die Ortho­do­xe Kir­che also bekeh­ren wür­de, wür­de der Hei­li­ge Stuhl sofort die kirch­li­che Gemein­schaft gewäh­ren, ohne zu for­dern, wor­in sie noch nicht über­ein­stim­men. Da bin ich mir sicher. Natür­lich könn­te man sich fra­gen: „Wür­den sie mit den Ortho­do­xen das­sel­be tun, was sie mit der FSSPX tun?“ Nein. Bei ihnen hal­te ich das für sehr zwei­fel­haft, aber die Gött­li­che Vor­se­hung wirkt immer, und ich glau­be auch, daß die Zeit noch nicht reif ist. Es wird statt­fin­den, wenn Gott es will.

Am 26. Juli gab Life­Si­teNews dem Brief von Kar­di­nal Mül­ler die Les­art, daß der ehe­ma­li­ge Glau­bens­prä­fekt damit die Gesprä­che mit der Pius­bru­der­schaft vor­erst plat­zen las­sen woll­te, um das Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum zu ret­ten. Anfang Juli, weni­ge Tage nach bekannt wer­den des Mül­ler-Schrei­bens, hat­ten La Croix, die Tages­zei­tung der Fran­zö­si­schen Bischofs­kon­fe­renz, und die New York Times, dar­über spe­ku­liert, daß Papst Fran­zis­kus die Aner­ken­nung der Pius­bru­der­schaft betrei­be, um damit Sum­morum Pon­ti­fi­cum rück­gän­gig machen zu kön­nen. Kar­di­nal Mül­ler habe, nach die­ser Les­art, die Plä­ne des Pap­stes durch­kreuzt und Sum­morum Pon­ti­fi­cum gerettet.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Adel­an­te la Fe (Screen­shot)

Print Friendly, PDF & Email
Anzei­ge

Hel­fen Sie mit! Sichern Sie die Exi­stenz einer unab­hän­gi­gen, kri­ti­schen katho­li­schen Stim­me, der kei­ne Gel­der aus den Töp­fen der Kir­chen­steu­er-Mil­li­ar­den, irgend­wel­cher Orga­ni­sa­tio­nen, Stif­tun­gen oder von Mil­li­ar­dä­ren zuflie­ßen. Die ein­zi­ge Unter­stüt­zung ist Ihre Spen­de. Des­halb ist die­se Stim­me wirk­lich unabhängig.

Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

Das ist müh­sam, es ver­langt eini­ges ab, aber es ist mit Ihrer Hil­fe möglich.

Unter­stüt­zen Sie uns bit­te. Hel­fen Sie uns bitte.

Vergelt’s Gott!