Anselm Grüns Abwege


Für den Benediktiner Anselm Grün und der ehemalige EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider sind die Gegensätze zwischen der katholischen Glaubenslehre und Sakramentenordnung und der Reformation nur eine Frage der Perspektiven, und die scheint man beliebig ändern zu können.
Für den Benediktiner Anselm Grün und der ehemalige EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider sind die Gegensätze zwischen der katholischen Glaubenslehre und Sakramentenordnung und der Reformation nur eine Frage der Perspektiven, und die scheint man beliebig ändern zu können.

(Ber­lin) Der Bene­dik­ti­ner­pa­ter Anselm Grün ist im deut­schen Sprach­raum bestens bekannt, doch mit der Recht­gläu­big­keit hat er so sei­ne Pro­ble­me. Der Mönch der Abtei Mün­ster­schwarz­ach ist ein uner­müd­li­cher Schrei­ber. Etli­che sei­ner Bücher wur­den zu Best­sel­lern. Nun hat Grün zusam­men mit dem frü­he­ren Rats­vor­sit­zen­den der Evan­ge­li­schen Kir­che in Deutsch­land (EKD), Niko­laus Schnei­der, das Buch Luther gemein­sam betrach­tet vorgelegt.

Kommunion für alle

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Die Inter­net­platt­form Katho​lisch​.de der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz ver­öf­fent­lich­te vor weni­gen Tagen ein Inter­view mit den bei­den Autoren. Gleich die erste Fra­ge von Mar­gret Nuß­baum lau­te­te: „Wie ste­hen Sie zum gemein­sa­men Abendmahl?“

Pater Anselm Grüns Ant­wort darauf:

„Wenn ich im Gäste­haus unse­rer Abtei in Mün­ster­schwarz­ach Kur­se gebe, lade ich immer alle aus­drück­lich ein, zur Kom­mu­ni­on zu gehen, weil man­che evan­ge­li­sche Chri­sten sich nicht trau­en. Aber wenn ich sie ein­la­de, kom­men sie gern. Dass der katho­li­sche Pfar­rer die Eucha­ri­stie etwas anders fei­ert als der evan­ge­li­sche, ent­spricht der Vor­stel­lung der jewei­li­gen Kon­fes­si­on. Wich­tig ist der Glau­be, dass Jesus in der Hostie prä­sent ist. Dazu gehö­ren die Ein­set­zungs­wor­te ‚Das ist mein Leib‘ und ‚Das ist mein Blut‘. Ist dies gege­ben, spricht nichts gegen ein gemein­sa­mes Abendmahl.“

Obwohl sich bei­de Autoren „gründ­lich mit die­ser The­ma­tik aus­ein­an­der­ge­setzt“ haben, sieht Grün dar­in kei­nen Wider­spruch, obwohl Mar­tin Luther einen unüber­wind­li­chen Gegen­satz beton­te und die Hei­li­ge Mes­se als Göt­zen­dienst schmäh­te, der vom Teu­fel ein­ge­flü­stert sei. Weder die Ver­wer­fung des Wei­he­sa­kra­ments noch des Altar- und Buß­sa­kra­ments sind dem Mün­ster­schwarz­a­cher Bene­dik­ti­ner ein Wort wert. Denn was er mit „alle aus­drück­lich“ ein­la­den noch meint, bleibt unaus­ge­spro­chen. Nach der poli­ti­schen „Ehe für alle“ dürf­te die kirch­li­che „Kom­mu­ni­on für alle“ ganz im Trend liegen.

Auch die Mari­en­ver­eh­rung, ein wei­te­rer ent­schei­den­der Bereich, der vom Pro­te­stan­tis­mus abge­lehnt wird, stellt für den Bene­dik­ti­ner Grün kein Pro­blem dar:

„Maria ist Typus des erlö­sten Men­schen. Und was von ihr gesagt wird, gilt auch für uns. Die unbe­fleck­te Emp­fäng­nis ist nichts ande­res als das, was im ersten Kapi­tel des Ephe­ser­brie­fes und auch in der Lit­ur­gie gesagt wird: Wir alle sind von Anbe­ginn der Welt in Chri­stus aus­er­wählt, hei­lig und makel­los zu sein. Es heißt also nicht, dass Maria etwas Beson­de­res ist und wir die armen Sün­der. So wird es lei­der oft inter­pre­tiert. Aber das ist nicht die katho­li­sche Dogmatik.“

Es ist „nicht die katho­li­sche Dog­ma­tik“, daß Maria „etwas Beson­de­res“ ist?

Gute Reformation, böse Päpste – ausgenommen „der jetzige Papst“

Es ver­wun­dert also nicht, daß Grün die Refor­ma­ti­on grund­sätz­lich posi­tiv sieht. Auf die Fra­ge, ob denn die Refor­ma­ti­on die Kir­che nicht gespal­ten habe, folgt aus sei­nem Mund nur ein Sei­ten­hieb gegen die Päp­ste und Bischö­fe – mit einer Ausnahme:

„Päp­ste und Bischö­fe waren damals unbe­weg­lich und ver­steck­ten sich hin­ter ihrer Macht. […] Sicher ist es ein Auf­trag der Refor­ma­ti­on an die katho­li­sche Kir­che, sich nicht zu sehr hin­ter der Macht zu ver­stecken. In Rom gibt es näm­lich immer noch kon­ser­va­ti­ves Den­ken – aller­dings nicht beim jet­zi­gen Papst.“

Unbefleckte Empfängnis? „Laßt das weg!“

Zum Dog­ma der Unbe­fleck­ten Emp­fäng­nis mein­te Grün:

„Es gab in der Mario­lo­gie Ten­den­zen, die über­trie­ben waren. Rein logisch wür­de ich sagen: Lasst das weg! Aber nun ist es ein­fach gesche­hen, und die Fra­ge bleibt, wie wir es inter­pre­tie­ren kön­nen, damit es stim­mig wird.“

Was der Bene­dik­ti­ner unter „stim­mig“ ver­steht, läßt sich erah­nen. Es hat jeden­falls wohl kaum etwas mit der Ver­hei­ßung Mari­ens vor hun­dert Jah­ren in Fati­ma zu tun, wo sie drei Hir­ten­kin­dern sag­te: „Am Ende wir mein Unbe­fleck­tes Herz triumphieren.“

Für Grün dürf­te das aller­dings mit fol­gen­dem zu tun haben:

„Ich muss aller­dings zuge­ben, dass es in der katho­li­schen Kir­che For­men aggres­si­ver Mari­en­ver­eh­rung gibt, die unan­ge­nehm und oft sehr kon­ser­va­tiv und infan­til sind.“

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Katho​lisch​.de (Screen­shot)

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