(Brüssel) Die Jesuitenhochschule Institut d’Etudes Théologiques (IET) in der belgischen Hauptstadt Brüssel steht vor dem Aus. Wie der Jesuitenorden mitteilte, wird die theologische Hochschule ab Herbst 2019 keine Lehrveranstaltungen mehr anbieten.
Die Presseerklärung des Ordens ist bemüht, dem Ereignis eine positive Note zu geben. Damit kann aber nicht über den Niedergang hinwegtäuschen. Das Institut wurde vor bald fünfzig Jahren im Gefolge des Zweiten Vatikanischen Konzils gegründet. 1968 wurde der Lehrbetrieb aufgenommen für Studenten, die ihre Zukunft als Priester im Jesuitenorden sahen. Bald fanden „Nachbesserungen“ statt. Wegen der sinkenden Ordenseintritte konnten nun auch Seminaristen aus zahlreichen französischen Diözesen an der Hochschule studieren, dann auch männliche und weibliche Ordensleute und schließlich sogar Laienmitglieder der neuen Gemeinschaften, die in den vergangenen Jahrzehnten entstanden sind.
2004 wurde der eigentliche Zweck aufgegeben. Die europäischen Jesuiten, die Theologie in französischer Sprache studieren, wurden in Paris konzentriert.
Trotz dieser Neuorganisation konnte die Einrichtung nicht gehalten werden, weil die Zahl der Studenten und der finanziellen Mittel von Jahr zu Jahr sanken. In der Presseerklärung des Ordens klingt das so:
„Die Gesellschaft Jesu hat daher beschlossen, seine theologische Präsenz in Brüssel neu auszurichten.“
Nach einem „intensiven“ internen Austausch und Dialog mit dem Erzbischof von Mecheln-Brüssel traf der neue Jesuitengeneral Arturo Sosa Abascal die Entscheidung, den Lehrbetrieb an der Theologischen Hochschule von Brüssel im September 2019 einzustellen.
Von Egenhoven nach Brüssel
Auf diese Weise bleibt die Möglichkeit, zuvor noch das 50. Bestandsjubiläum zu feiern. 1968 war die Gründung noch in Egenhoven bei Löwen erfolgt. Die neue Hochschule sollte dort das ältere, flämische Jesuitenkolleg – benannt nach dem heiligen Albert von Löwen (1191/1192 Bischof von Lüttich) – ablösen. Die Hochschule schreibt dazu auf ihrer Internetseite:
„La crise qui suivit le concile Vatican II (1962–1965) toucha de plein fouet l’Église et les différentes provinces de la Compagnie de Jésus, en particulier ses maisons de formation et d’études, entre autres les philosophats et théologats situés à Eegenhoven, près de Leuven. En 1968, au terme d’une réflexion lucide, les supérieurs jésuites faisaient un constat sévère sur la formation théologique de l’époque.“
Die Krise, die auf das Zweite Vatikanische Konzil folgte, traf den Jesuitenorden sehr hart, besonders seine Studienhäuser, darunter gerade auch Egenhoven. Eine Gruppe von Professoren wurde aufgefordert, eine neue philosophisch-theologische Hochschule zu gründen, die imstande sei, auf die „Herausforderungen“ durch die Entwicklung der Geistes- und Sozialwissenschaften und der Theologie antworten zu können. Vor diesem Hintergrund wurde der Studienzugang zunächst Laien, dann auch Frauen geöffnet. Eine Entwicklung, die einer „kleinen Revolution“ entsprach und „nicht ohne Schwierigkeiten“ vonstatten ging, wie es auf der Internetseite der Hochschule heißt.
1972 erfolgte die Verlegung der Hochschule von Egenhoven nach Brüssel. 1980 nahm der erste Nicht-Jesuit sein Studium auf. 1981 entsandte Kardinal Lustiger, damals Erzbischof von Paris, den ersten Diözesanseminaristen.
In den 48 Jahren ihres Bestehens wurden an der Brüsseler Hochschule mehr als 1.100 Priester ausgebildet. Sieben von ihnen sind heute Bischöfe. In den verbleibenden zwei Jahren will der Jesuitenorden seine Zusammenarbeit mit dem Erzbistum neu definieren. Sie soll weniger personelle und finanzielle Ressourcen binden, dafür auf den „Dienst an den Bewohnern Brüssels mit ihrer europäischen Dimension“ ausgerichtet sein.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: IET (Screenshots)
So nennen die belgische Bischöfe und ihre Internetpräsenz es kurz und prägnant:
„Auslöschszenario“.